Der Planetarische Nebel Messier 57 (NGC 6720) im Sternbild Leier (Lyra) wurde Mitte Februar 1779 von dem französischen Astronomen Antoine Darquer de Pellepoix aufgefunden. Er beobachtet den Kometen Bode (C/1779 A1 Bode), der nahe an M 57 vorbeizog. Lange Zeit galt Darquer als Erstentdecker des Nebels in der astronomischen Literatur. Der französische Astronom Charles Messier, der den selben Kometen einige Tage vorher ebenfalls beobachtete, fand M 57 bereits früher, nämlich am 31. Januar des selben Jahres. Er beschrieb den Nebel als runden Lichthaufen, der zwischen den Sternen Gamma und Beta in der Leier gelegen ist. Fälschlicherweise nahm er an, dass dieser aus schwachen Sternen zusammengesetzt sei. Darquer beschrieb das Aussehen des Objekts viel treffender: „Nebel zwischen Gamma und Beta der Leier; er ist sehr matt, aber perfekt begrenzt, er ist groß wie Jupiter & ähnelt einem verlöschenden Planeten“. Damit beschreibt er den Planetarischen Nebel genau so, wie er uns in einem 2 bis 3 Zöller erscheinen würde. Auch ist seine Beschreibung ein guter Hinweis auf die Namensgebung solcher Nebel. Denn der deutsch-britische Astronom Wilhelm Herschel prägte den Namen „Planetarischer Nebel“ in Zusammenhang mit seiner Uranus-Entdeckung. Herschel glaubte im Jahr 1803 aber, dass der ovale Ring von M 57 aus nicht aufgelösten Sternen zusammengesetzt sei. Sein Sohn John beschrieb im Jahr 1830 nebelhafte Strukturen innerhalb des Rings. Der irische Astronom Lord Rosse konnte im Jahr 1844 ebenfalls bemerkenswerte Strukturen innerhalb des Rings wahrnehmen. Die wahre Natur von M 57 wurde aber erst im Jahr 1864 offensichtlich, als der englische Amateurastronom William Huggins Spektren mehrerer Nebel untersuchte und entdeckte, dass einige dieser Objekte helle Emissionslinien aufwiesen. Demzufolge bestehen Planetarische Nebel aus leuchtendem Gas und nicht aus Sternen. Aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes ist Messier 57 auch als „Ring Nebula“ bzw. „Ringnebel in der Leier“ bekannt. Er war erst der zweite Planetarische Nebel der entdeckt wurde.
Ein heller Planetarischer Nebel für den Liebhaberastronomen
Der Ringnebel im Sternbild Leier gehört sicher zu den bekanntesten Deep-Sky-Objekten des Sommerhimmels, der auch von Anfängern in der Astronomie als einer der ersten Objekte ins Visier genommen wird. Selbst bei erfahrenden Beobachtern steht der Ringnebel regelmäßig auf der Beobachtungsliste. Wahrscheinlich ist er auch der meisten untersuchte und fotografierte Objekt seiner Art. Ein Grund für seine Berühmtheit ist seine einprägsame Form, die einem Rauchring nachempfunden ist. Selbst durch kleine Öffnungen ist dieser Ring sichtbar. Außerdem ist Messier 57, zwischen den Sternen Sheliak und Sulafat gelegen, relativ leicht aufzufinden. Zusammen mit anderen hellen Messier-Objekten gilt er als Vorzeigeobjekt des nördlichen Sternenhimmels und als Prototyp der Planetarischen Nebel schlechthin. Messier 57 ist nur einer von 4 Planetarischen Nebeln, die in Messiers berühmten Nebelkatalog aufgeführt sind. Die anderen sind Messier 27 im Sternbild Füchschen, Messier 76 im Perseus und Messier 97 im Großen Bären.
Messier 57 ist relativ flächenhell und besitzt eine scheinbare Helligkeit von 8,8 mag und einen scheinbaren Durchmesser von 80x60 Bogensekunden. Der Planetarische Nebel steht in einer Entfernung von 2.300 Lichtjahren und besitzt demzufolge einen wahren Durchmesser von ungefähr 60.000 Astronomische Einheiten oder 0,9 Lichtjahre. Der helle Ring ist von einem schwachen, inneren Halo von 156 x 136 Bogensekunden Ausdehnung umgeben. Der sehr viel schwächeren äußeren Halo des Nebels misst 3,8 Bogenminuten. Dieser Halo ist nur auf lang belichteten Fotos sichtbar und wurden erst im Jahr 1935 durch den englischen Astronomen John Charles Duncan entdeckt. Dieser besitzen eine wahre Ausdehnung von rund 2,5 Lichtjahren. Aufgrund der Ausdehnungsgeschwindigkeit der Nebelhülle – mit ca. 1 Bogensekunde pro Jahrhundert – lässt sich die untere Grenze für das Alter des Ringnebels von ungefähr 10.000 Jahren abschätzen. M 57 ist somit jünger als die Planetarischen Nebel M 27 und M 97. Vor ca. 20.000 Jahren hat ein sonnenähnlicher Stern, am Ende seines Lebens, seine äußeren Schichten abgestoßen. Die Nebelhülle wird dabei von dem heißen Überrest des Sterns mit seiner intensiven UV-Strahlung zum Leuchten angeregt.
Die Struktur des Ringnebels
Messier 57 gehört zur Klasse der so genannten Starburst-Nebel, mit einer bipolaren Struktur. Die Nebelhülle ist ein gestreckter Sphäroid, mit zwei deutlich getrennten Gaslappen und offenen Polen, ähnlich eines Stundenglases. Die Nebelhülle besitzt starke Materiekonzentration entlang des Äquators und ist 30° zu unserer Sichtlinie geneigt, so dass uns der Ringnebel oval erscheint. Der innere Halo ist bipolar und in dem sphärischen äußeren Halo eingebettet. Mit sehr hoher Auflösung sind filamentartige Knoten in der Nebelhülle erkennbar, die auch bei anderen Planetarischen Nebeln gefunden wurden. Hierbei handelt es sich um hydrodynamische Strukturen. Diese entstanden durch Photoionisation des Gases, aufgrund des schnellen und heißen Sternenwind des Weißen Zwerg im Zentrum. Sie besitzen typische Größen von 1,2 bis 3,2 Bogensekunden. Der schnelle Wind vom Zentralstern trifft auf das langsame expandierende Halogas, dass sich mit einer Geschwindigkeit zwischen 10 und 19 km/s ausbreitet. Der uns als heller Ring erscheinende ellipsoide Teil der Nebelhülle, dehnt sich dagegen mit 50 km/s in den interstellaren Raum aus und drückt die Materie der langsamer expandierenden Hülle zusammen.
Die nur auf Fotos sichtbare sehr schwache äußere Halo ist entlang der Äquatorebene des Zentralsterns konzentriert und besitzt die Form einer Gasscheibe. Auf Farbfotos ist sehr schön der allmählich abnehmende Ionisationsgrad des Gases nachweisbar. Im inneren Bereich des Nebels erkennt man eine blau-grüne Färbung der Nebelhülle, die durch doppelt ionisierte Sauerstoff bei 495,7 und 500,7 nm und durch heißes Helium in der Nähe des Zentralsterns verursacht wird. Im äußeren Teil des Nebels wird der rötliche Farbton durch Wasserstoffemissionen der Balmer-Serie verursacht, die bei 656,3 nm leuchten. „Verbotene Linien“ von ionisierten und molekularem Stickstoff tragen ebenfalls zur Rötung bei einer Wellenlänge von 654,8 und 658,3 nm bei. Molekularer Schwefel ist in der Nebelhülle ebenfalls vorhanden.
Der Weiße Zwerg im Zentrum von M 57
Der Zentralstern, der den Ringnebel zum Leuchten anregt, ist eine Herausforderung für visuelle Beobachter. Denn die Sichtbarkeit hängt von der Güte der Optik, der Vergrößerung, der Dunkelheit und Transparenz des Himmels, dem Seeing und von der Erfahrung und Fähigkeiten des Beobachters ab. Der Ursprungsstern besaß ursprünglich eine etwas höhere Masse als unsere Sonne. Dieser hat vor ca. 2.000 Jahren den asymptotischen Riesenast im Hertzsprung-Russell-Diagramm verlassen, nachdem sein Vorrat an Wasserstoff in seinem Inneren erschöpft war. Die für uns sichtbare Schale wurde von dem sterbenden Roten Riesen erst vor ca. 6.000 bis 8.000 Jahren ausgestoßen. Der Zentralstern selber besteht nun hauptsächlich aus Kohlenstoff und Sauerstoff, mit einer dünnen Außenhülle aus leichteren Elementen. Seine Masse beträgt noch 0,61 bis 0,62 Sonnenmassen, bei einer Oberflächentemperatur von 125.000 Kelvin und 200-facher Sonnenleuchtkraft. Er wurde im Jahr 1800 von dem deutschen Amateurastronomen Friedrich von Hahn entdeckt. Man vermutet, dass der Zentralstern unregelmäßig veränderlich ist. Denn visuelle Messungen der Helligkeiten ergaben Werte zwischen 14,2 und 16 Magnituden. Wahrscheinlich wird die Helligkeit des Sterns aber durch die umgebenden Nebel im inneren des Rings beeinflusst.
Beobachtung
Messier 57 erscheint schon in einem 10x50 Feldstecher als 9 mag heller Stern. Allerdings lässt er sich dabei oft nicht von einem Stern unterscheiden. Das Schwierige ist nicht, M 57 zu sehen sondern herauszufinden, welche schwache Stern im Feld tatsächlich der Ringnebel ist. Unter Zuhilfenahme meines 16x70 Fujinon Feldstechers erscheint M 57 leicht unschärfer als die Umgebungssterne und ist deshalb etwas leichter zu erkennen. Im 2 bis 3 Zoll Refraktor bei 30-facher Vergrößerung erkennt man dann ein kleines nahezu rundes Nebelscheibchen, der selbst aus der helleren Stadt heraus oder bei Mondschein erkennbar ist. Mit einer Vergrößerung um 100-fach erscheint dann auch der berühmte Rauchring. Der Nebel sieht nun leicht elliptisch aus. Erste Strukturen, in Form von Helligkeitsvariationen im Ring, sind mit 4 bis 5 Zoll Öffnung und unter guten Bedingungen sichtbar. Nordwestlich und südöstlich des Zentrums erscheint der Ring ungleichmäßig hell. Nur eine Bogenminute östlich des Zentrums steht ein Stern der 12. Größenklasse. Mit höherer Vergrößerung und 6 bis 8 Zoll Öffnung erkennt man die Strukturen des Nebels schon deutlicher. Hier bemerkt man auch, dass der Umriss des Nebels eher unregelmäßig und das zentrale Loch nicht ganz schwarz und von einem zarten Nebelschleier gefüllt ist. Im Nebelkörper selber sind einige hellere und dunklere Helligkeitsabstufungen, vor allem an den Rändern, wahrnehmbar. Bei schwacher Vergrößerung erscheint nun der Ring blass-blau. Aufgrund seiner Helligkeit verträgt der Ringnebel selbst hohe Vergrößerungen recht gut. Nebelfilter sind dabei in der Regel nicht nötig. Man kann auch versuchen, die Vergrößerung bis auf das doppelte des Objektivdurchmessers zu steigern. Die Sichtung des Zentralsterns, mit einer Helligkeit von 15,8 mag, sind Teleskopen mit einer Öffnung von 14 bis 16 Zoll, hoher Vergrößerung und gutem Seeing vorbehalten. Nur 4 Bogenminuten nordwestlich von M 57 erscheint dann auch mit großen Instrumenten oder auf Fotografien die 14,4 mag helle Balkenspiralgalaxie IC 1296. Mit einer Entfernung von 230 Millionen Lichtjahren befindet sich diese Welteninsel aber weit im Hintergrund.
Messier 57 ist am besten in den Sommer- und Herbstmonaten beobachtbar, wenn das Sternbild Leier bei uns hoch am Himmel steht. Um den Ringnebel aufzusuchen, nimmt man sich die Verbindungsstrecke der beiden südlich von Wega liegenden Sterne Sheliak (Beta Lyr, 3,5 mag) und Sulafat (Gamma Lyr, 3,2 mag) vor, und sucht mit geringer Vergrößerung das Sternfeld zwischen diesen beiden Sternen ab. Ungefähr auf 40% Strecke fällt dann ein leuchtendes graugrünes Scheibchen auf, das inmitten eines hübschen Sternfeldes gelegen ist. Wenn man einen Telrad besitzt, ist das Aufsuchen sogar noch einfacher: Hier stellt man den mittleren Kreis ungefähr in die Mitte dieser Verbindungslinie. Dann sollte mit rund 50-facher Vergrößerung der Planetetarische Nebel im Gesichtsfeld des Teleskops erscheinen.
Aufsuchkarte Ringnebel (Messier 57) (159,1 KiB, 367 hits)
Steckbrief für Messier 57
Objektname | Messier 57 |
Katalogbezeichnung | NGC 6720, PK 63+13.1, PN G063.1+13.9, IRAS 18517+3257, ARO 9, VV 214 |
Eigenname | Ringnebel, Ring Nebula |
Typ | Planetarischer Nebel, PN 4(3) |
Sternbild | Leier (Lyra) |
Rektaszension (J2000.0) | 18h 53m 35,1s |
Deklination (J2000.0) | +33° 01′ 47″ |
V Helligkeit | 8,8 mag |
Flächenhelligkeit | 9,3 mag |
Winkelausdehnung | 1,4′ x 1,0′ |
Helligkeit Zentralstern | 15,8 mag |
Expansionsgeschwindigkeit | 26,5 km/s |
Durchmesser | 0,9 Lichtjahre |
Entfernung | 2.300 Lichtjahre |
Beschreibung | B,pL,cE; Ring Nebula;central* var 14 to 16 mag;PK63+13.1 |
Entdecker | Charles Messier, 1779 |
Sternatlanten | Cambridge Star Atlas: Chart 6 Interstellarum Deep Sky Atlas: Chart 30 Millennium Star Atlas Charts: 1153–1154 (Vol III) Pocket Sky Atlas: Chart 63 Sky Atlas 2000: Chart 8 Uranometria 2nd Ed.: Chart 49 |