Objekte des Monats: Der Kugelsternhaufen Messier 56

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Der Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 56 (NGC 6779) im Stern­bild Lei­er (Lyra) wur­de am 23. Janu­ar 1779, anläss­lich einer Beob­ach­tung des Kome­ten von 1779, von dem fran­zö­si­schen Astro­no­men Charles Mes­sier ent­deckt. Mes­sier 56 ist einer der weni­ger hel­len kugel­för­mi­gen Stern­hau­fen, die Mes­sier in sei­ne berühm­te Lis­te auf­ge­nom­men hat. Er beschrieb den Stern­hau­fen als Nebel ohne Stern von gerin­ger Hel­lig­keit nahe der Milch­stra­ße. Der ers­te Beob­ach­ter, der den Kugel­stern­hau­fen unter Zuhil­fe­nah­me sei­nes 20 Fuß Tele­skops in Ein­zel­ster­ne auf­lö­sen konn­te, war der deutsch-bri­ti­sche Astro­nom Wil­helm Her­schel im Jahr 1784. Er beschrieb ihn als fei­nen, run­den kom­pri­mier­ten Hau­fen, zur Drei­ecks­form nei­gend, mit einem hel­le­ren Zen­trum und Ster­nen der 12. bis 14. Größenklasse.

Ein Kugelsternhaufen am Rand des Sommerdreiecks

Mes­sier 56 kann bereits in Feld­ste­chern am Rand der Som­mer­milch­stra­ße und an der Gren­ze zum Stern­bild Schwan auf­ge­fun­den wer­den. Im Gegen­satz zu den meis­ten Kugel­stern­hau­fen unse­rer Gala­xis, besitzt M 56 kein hel­les Zen­trum. Trotz sei­ner rela­tiv gro­ßen Ent­fer­nung von 32.900 Licht­jah­ren, sei­ner gerin­gen Kon­zen­tra­ti­on und sei­ner ver­gleichs­wei­se gerin­gen Grö­ße ist es rela­tiv ein­fach, ihn mit Ama­teur­te­le­sko­pen in ein­zel­ne Ster­ne auf­zu­lö­sen. Nur die Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 55 im Stern­bild Schüt­ze und Mes­sier 71 im Pfeil sind noch gerin­ger kon­zen­triert als M 56. Der Stern­hau­fen besitzt eine Mas­se von knapp 230.000 Son­nen­mas­sen, eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 8,3 mag und einen Durch­mes­ser von 8,8 Bogen­mi­nu­ten. Das ent­spricht in etwa einer wah­ren Grö­ße von unge­fähr 84 Licht­jah­ren. Aller­dings ist visu­ell nur der inne­re Teil des Stern­hau­fens, von unge­fähr 3 Bogen­mi­nu­ten Aus­deh­nung, visu­ell über­haupt erkennbar. 

Messier 56
Mes­sier 56 im Stern­bild Lei­er – Auf­nah­me von Micha­el Brei­te, Ste­fan Heutz & Wolf­gang Ries, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Mes­sier 56 nähert sich uns mit einer sehr hohen Geschwin­dig­keit von 145 km/s und erscheint visu­ell nicht ganz rund, son­dern leicht ellip­tisch. Er befin­det sich zur Zeit 31.000 Licht­jah­re vom galak­ti­schen Zen­trum ent­fernt und liegt unge­fähr 4.800 Licht­jah­re ober­halb der galak­ti­schen Ebe­ne. Er kann sich bis zu 50.000 Licht­jah­re vom Zen­trum unse­rer Milch­stra­ße ent­fer­nen. Er folgt einer retro­gra­den Umlauf­bahn um das Zen­trum unse­rer Gala­xis, mit einer Umlauf­zeit von 250 Mil­lio­nen Jahren.

Überrest einer Zwerggalaxie?

Die hells­ten Ster­ne in M 56 errei­chen Hel­lig­kei­ten von unge­fähr 13 Grö­ßen­klas­sen, wobei der inter­stel­la­re Staub das Licht des Kugel­hau­fens um 0,3 Grö­ßen­klas­sen abschwächt. Rund ein Dut­zend ver­än­der­li­cher Ster­ne wur­den in den letz­ten Jah­ren in M 56 ent­deckt. Dar­un­ter sind zwei Ster­ne vom RR-Lyrae-Typ, ein RV-Tau­ri-Stern sowie ein Cep­hei­de, der sogar hell genug ist, um ihn mit Ama­teur­instru­men­ten zu über­wa­chen. Mes­sier 56 besitzt nur eine sehr gerin­ge Metal­li­zi­tät, die 1% die der Son­ne ent­spricht. Als Metal­le wer­den in der Astro­no­mie Ele­men­te in Ster­nen bezeich­net, die schwe­rer sind als Was­ser­stoff und Heli­um. Somit gehört der Kugel­stern­hau­fen, mit einem Alter von 13,7 Mil­li­ar­den Jah­re, auch zu den ältes­ten Kugel­stern­hau­fen unse­rer Milchstraße.

Messier 56 (HST)
Zen­tral­be­reich von Mes­sier 56 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: NASA & ESA. Ack­now­led­ge­ment: Gil­les Chap­de­lai­ne, CC BY 3.0, via Wiki­me­dia Commons

Auf­grund sei­ner retro­gra­den Umlauf­bahn um die Milch­stra­ße wird ver­mu­tet, dass M 56 als Über­rest bei der Ver­schmel­zung einer Zwerg­ga­la­xie mit der Milch­stra­ße ent­stan­den ist. Der Kern die­ser ehe­ma­li­gen Zwerg­ga­la­xie ist wahr­schein­lich der Kugel­stern­hau­fen Ome­ga Cen­tau­ri (NGC 5139) am Süd­him­mel. Auch ande­re Kugel­stern­hau­fen der Milch­stra­ße besit­zen eine ähn­li­che che­mi­sche Zusam­men­set­zung wie M 56 und bewe­gen sich in der glei­chen Ebe­ne im Halo um das Zen­trum der Milch­stra­ße. Im Jahr 2000 wur­de eine dif­fu­se Rönt­gen­emis­si­on in der Nähe von M 56 ent­deckt. Höchst­wahr­schein­lich han­delt es sich hier­bei um inter­stel­la­res Gas, das durch den Durch­gang des Hau­fens durch den galak­ti­schen Halo auf knapp 940.000 Kel­vin auf­ge­heizt wurde.

Beobachtung

Schwan & Leier
Die Stern­bil­der Schwan und Leier

Mes­sier 56 ist unter einem dunk­len Land­him­mel und mit Hil­fe eines 7x50 oder 10x50 Fern­glas bereits als unschar­fes Stern­chen, inmit­ten eines rei­chen Ster­nen­fel­des, zu erken­nen. Mit einem 16x70 Feld­ste­cher erscheint er als blas­ses kom­pak­tes Nebel­fleck­chen. Ein oran­ge­far­be­ner Stern der 6. Grö­ßen­klas­se befin­det sich knapp ½ Grad nord­west­lich des Hau­fens. Mit einem klei­nen Refrak­tor von 2 bis 3 Zoll Öff­nung und 60-facher Ver­grö­ße­rung erkennt man einen dif­fu­sen Licht­ball, mit einer leich­ten Hel­lig­keits­zu­nah­me zur Mit­te. Er ähnelt ein klein wenig einem Kome­ten. Ein Stern der 10. Grö­ßen­klas­se befin­det sich direkt am west­li­chen Rand des Hau­fens. Mit 4 bis 5 Zoll Öff­nung erscheint M 56 in Nord-Süd-Rich­tung lang­ge­streckt, deut­lich hel­ler und leicht gra­nu­liert. Spä­tes­tens ab 6 bis 8 Zoll Öff­nung und 150-facher Ver­grö­ße­rung soll­te es nun gelin­gen, ihn vor allem in sei­nem Rand­be­reich in ein­zel­ne Ster­ne auf­zu­lö­sen. Im süd­li­chen Bereich erkennt man eine Art Fächer gespren­kel­ten Ster­nen­lichts. Zum Zen­trum hin zeigt sich eine all­mäh­li­che Auf­hel­lung, im ziem­lich asym­me­trisch erschei­nen­den Kern. Ab 10 bis 12 Zoll Öff­nung und 100-facher Ver­grö­ße­rung ist der Kugel­hau­fen, im Gegen­satz zum nach wie vor eher dif­fus erschei­nen­den Zen­trum, nahe­zu voll­stän­dig in Ein­zel­ster­ne auf­ge­löst. Der Hin­ter­grund bleibt aber immer noch neb­lig. Unter einem dunk­len Land­him­mel ist der Anblick des Stern­hau­fens spek­ta­ku­lär und er steht hin­ter einem Vor­hang zahl­rei­cher schwä­che­rer Vordergrundsterne.

Ausuchkarte
Auf­such­kar­te für Mes­sier 56 – erstellt mit SkytechX

Mes­sier 56 ist am bes­ten in den Som­mer- und Herbst­mo­na­ten zu beob­ach­ten, wenn das Som­mer­drei­eck hoch am Him­mel steht. Der Kugel­stern­hau­fen befin­det sich am öst­li­chen Rand des Stern­bilds Lei­er, direkt an der Gren­ze zum Stern­bild Schwan und unge­fähr auf 45 Pro­zent der Stre­cke zwi­schen dem hüb­schen Dop­pel­stern Albi­reo (Beta Cyg­ni, 3,1 mag) und Sul­a­fat (Gam­ma Lyrae, 3,3 mag). Um M 56 auf­zu­fin­den, ver­län­gert man die Stre­cke zwi­schen She­li­ak (Beta Lyr, 3,3 mag) und Sul­a­fat um das zwei­fa­che in Rich­tung Süd­os­ten. Auf dem Weg dort­hin pas­sie­ren wir ein auf­fäl­li­ges Drei­eck aus Ster­nen, die genau auf M 56 weisen.

Auf­such­kar­te Mes­sier 56 (149,8 KiB, 227 hits)

Steckbrief für Messier 56

Objekt­na­meMes­sier 56
Kata­log­be­zeich­nungNGC 6779, GCL 110
TypKugel­stern­hau­fen, X
Stern­bildLei­er (Lyra)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)19h 16m 35,5s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)+30° 11′ 07″
V Hel­lig­keit8,4 mag
Flä­chen­hel­lig­keit12,0 mag
Win­kel­aus­deh­nung8,8′
Durch­mes­ser84 Licht­jah­re
Ent­fer­nung32.900 Licht­jah­re
Beschrei­bungB,L,iR,gvmCM,rrr; Stars 11…
Ent­de­ckerCharles Mes­sier, 1779
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 6 & 7
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 30
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 1173–1174 (Vol III)
Pocket Sky Atlas: Chart 63
Sky Atlas 2000: Chart 8
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 49

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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