Objekte des Monats: Der Kugelsternhaufen Messier 12

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Der Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 12 (NGC 6218), im Stern­bild Schlan­gen­trä­ger (Ophiu­chus), wur­de am 30. Mai 1764, einen Tag nach Mes­sier 10, von dem fran­zö­si­schen Astro­no­men Charles Mes­sier ent­deckt. Er beschrieb den Stern­hau­fen als 3 Bogen­mi­nu­ten gro­ßen schwa­chen Nebel ohne Ster­ne, in der Nähe eines 9 mag hel­len Sterns. Auch der deut­sche Astro­nom Johann Elert Bode sah ihn im Jahr 1774 eben­falls als Nebel. Erst der deutsch-bri­ti­sche Astro­nom Fried­rich Wil­helm Her­schel gelang es im Jahr 1783 die Auf­lö­sung des Stern­hau­fens in ein­zel­ne Ster­ne. Der iri­sche Astro­nom Wil­liam Par­sons, der 3. Earl of Ros­se, ver­mu­te­te eine Spi­ral­struk­tur im Hau­fen. Von den 5 Mes­sier-Kugel­stern­hau­fen im Schlan­gen­trä­ger (M 9, M 10, M 12, M 14 und M 107) ist Mes­sier 12 das hells­te Exemplar.

Ein lockerer und sich auflösender Kugelsternhaufen

Mes­sier 12 ist ein recht locke­rer kugel­för­mi­ger Stern­hau­fen des inne­ren galak­ti­schen Halos. Er ist mit einer schein­ba­ren Hel­lig­keit von 6,1 mag und einer Aus­deh­nung von 16 Bogen­se­kun­den bereits sehr leicht in Fern­glä­sern zu sehen. Ursprüng­lich wur­de Mes­sier 12, ähn­lich wie Mes­sier 11 im Stern­bild Schild, als Über­gang zwi­schen einem dich­ten offe­nen Hau­fen und einem locke­ren Kugel­stern­hau­fen betrach­tet. Heut­zu­ta­ge wird er zu den Kugel­stern­hau­fen der Kon­zen­tra­ti­ons­klas­se IX gerech­net. Damit zählt er zu den am ein­fachs­ten auf­lös­ba­ren kugel­för­mi­gen Stern­hau­fen des Him­mels, jeden­falls für grö­ße­re Tele­sko­pe. Mes­sier 12 ist ähn­lich weit ent­fernt wie sein Nach­bar Mes­sier 10, der dem Beob­ach­ter aller­dings deut­lich kon­zen­trier­ter erscheint. Der Kugel­stern­hau­fen steht rund 15.650 Licht­jah­re von der Erde ent­fernt und besitzt einen wah­ren Durch­mes­ser von rund 75 Licht­jah­ren. Damit ist M 12 unge­fähr um die Hälf­te klei­ner als der berühm­te Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 13 im Stern­bild Her­ku­les. Die gegen­sei­ti­ge Distanz zu M 10 beträgt rund 3.700 Licht­jah­re. Bei­de Kugel­stern­hau­fen sind wahr­schein­lich gemein­sam zusam­men ent­stan­den und dem­zu­fol­ge ech­te kos­mi­sche Nach­barn. Poten­ti­el­le Bewoh­ner der bei­den Kugel­stern­hau­fen könn­ten den jeweils ande­ren Hau­fen als 2 mag hel­les Objekt am Nacht­him­mel erken­nen. Das Alter von Mes­sier 12 wird auf 12,67 Mil­li­ar­den Jah­ren geschätzt.

Messier 12
Mes­sier 12 im Schlan­gen­trä­ger – Auf­nah­me von Bern­hard Hubl, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Zur Zeit steht M 12 knapp 2.000 Licht­jah­re ober­halb der galak­ti­schen Ebe­ne und 14.700 Licht­jah­re vom galak­ti­schen Zen­trum ent­fernt. Die hells­ten Ster­ne in Mes­sier 12 errei­chen die 12. Grö­ßen­klas­se. Ins­ge­samt gibt es 25 Ster­ne hel­ler als 14 mag und 5 ver­än­der­li­che Ster­ne: zwei Bede­ckungs­ver­än­der­li­che, zwei RR-Lyrae-Ster­ne und ein Typ II Cep­heid. Die Gesamt­mas­se des Hau­fens beläuft sich auf gut 250.000 Son­nen­mas­sen. Laut einer Stu­die aus dem Jah­re 2006, die sich auf Beob­ach­tun­gen mit dem Very Lar­ge Telescope der ESO stützt, besitzt der Stern­hau­fen unge­wöhn­lich wenig Ster­ne gerin­ge­rer Mas­se. Man ver­mu­tet, dass die­se Ster­ne durch Gezei­ten­kräf­te unse­rer Milch­stra­ße ver­lo­ren gegan­gen sind. Denn wäh­rend sei­nes 130 Mil­lio­nen Jah­re dau­ern­den Umlauf um das galak­ti­sche Zen­trum, durch­stößt M 12 regel­mä­ßig dich­te­ren Regio­nen der galak­ti­sche Scheibe. 

Messier 12 (HST)
Der Zen­tral­be­reich von Mes­sier 12 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: ESA/Hubble & NASA, Public domain, via Wiki­me­dia Commons

Nur zwei Kugel­stern­hau­fen der Milch­stra­ße, mit einer ähn­li­chen Anoma­lie an Ster­nen, sind bekannt: NGC 6712 und Palo­mar 5. Man ver­mu­tet, dass der Kugel­stern­hau­fen, im Lau­fe der Zeit, rund 1 Mil­li­on Ster­ne an den Halo der Gala­xis ver­lo­ren hat. Das ent­spricht unge­fähr 4/5 sei­ner ursprüng­li­chen Mas­se. Dies erklärt auch, war­um es im Hau­fen kaum rote Zwer­ge der Klas­se M zu geben scheint. Mes­sier 12 ent­fernt sich aller­dings nie wei­ter als 20.000 Licht­jah­re vom galak­ti­schen Zen­trum. Der letz­te Durch­gang durch die galak­ti­sche Ebe­ne liegt nur weni­ge Mil­lio­nen Jah­re zurück. Bei jedem Umlauf um das Zen­trum der Gala­xis ver­liert M 12 ca. 5.000 Son­nen­mas­sen. In rund 4,5 Mil­li­ar­den Jah­ren könn­te sich der Kugel­stern­hau­fen sogar voll­stän­dig auflösen.

Beobachtung

Mes­sier 12 ist unter einem dunk­len Land­him­mel schon mit einem nor­ma­len 10x50 Fern­glas als klei­ner und kreis­run­der Nebel­fleck, mit­samt sei­nem Nach­barn Mes­sier 10, sicht­bar. Im 16x70 Fuji­non ist der Kugel­stern­hau­fen ein ein­fa­ches Objekt, selbst bei mäßig guten Him­mel. Mit einem 3 Zoll Refrak­tor erscheint M 12 hel­ler, leicht kör­nig, aber noch nicht auf­ge­löst. Mit 4 bis 5 Zoll Öff­nung und hoher Ver­grö­ße­rung erscheint Stern­hau­fen schon deut­li­cher gra­nu­liert. Die immer noch nicht auf­ge­löst und ziem­lich kom­pakt erschei­nen­de Kern­re­gi­on ist nun etwas brei­ter. Ers­te Ein­zel­ster­ne schä­len sich bereits in den Rand­ge­bie­ten des Hau­fens her­aus. Erst ab einer Öff­nung 6 bis 8 Zoll Öff­nung und 100 bis 150-facher Ver­grö­ße­rung beginnt der Stern­hau­fen sich in eini­ge Dut­zend Ein­zel­ster­ne auf­zu­lö­sen. Die­se ste­hen vor einem schwä­che­ren Hin­ter­grund vie­ler unauf­ge­lös­ter Mit­glie­der. Nun erkennt man auch, dass er deut­lich locke­rer als sein unmit­tel­ba­rer Nach­bar M 10 im Oku­lar erscheint. Außer­dem sind bei gutem See­ing und höhe­rer Ver­grö­ße­run­gen, um 200-fach, ein­zel­ne Äste aus Ster­nen zu sehen, die sich vom dif­fu­sen Kern des Hau­fens aus­ge­hend, nach außen hin erstre­cken. In den Außen­be­rei­chen des Hau­fens sind auch stern­ar­me­re Gebie­te erkenn­bar. Ab 10 bis 12 Zoll Öff­nung erscheint Mes­sier 12 über­aus beein­dru­ckend. Sein Kern ist knapp 3 Bogen­mi­nu­ten groß, wenig kon­zen­triert und deut­lich gra­nu­liert. Umge­ben ist der Kern von einem 10 Bogen­mi­nu­ten gro­ßen Halo aus hun­der­ten locker ver­teil­ten Ster­nen. Die­se bil­den auf­fäl­li­ge Ster­nen­ket­ten, Arme und Mus­ter, vor allem im Süden und Osten des Hau­fens. Nur 2,2 Bogen­mi­nu­ten süd­öst­lich des Hau­fen­zen­trums erkennt man den schon von Mes­sier ange­spro­che­nen Vor­der­grund­stern der 10. Grö­ßen­klas­se. Noch grö­ße­re Tele­sko­pe ver­mit­teln den Ein­druck eines rela­tiv offe­nen Kugel­stern­hau­fens, mit einer sehr gro­ßen Anzahl von teils far­bi­gen Einzelsterne.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für Mes­sier 10 und Mes­sier 12 – erstellt mit SkytechX

Mes­sier 12 ist in den Som­mer­mo­na­ten und frü­hen Herbst­näch­ten ein dank­ba­res Objekt. Er befin­det sich in einem recht stern­ar­men Gebiet des Stern­bilds Ophiu­chus und liegt unge­fähr 3° nord­west­lich von Mes­sier 10 sowie 5 ½ Grad öst­lich vom 3,8 mag hel­len Stern Lamb­da Ophiuchi. Um den Kugel­stern­hau­fen auf­zu­su­chen, kon­zen­trie­ren wir uns zuerst auf den Haupt­stern des Schlan­gen­trä­gers: Rasal­ha­gue (Alpha Oph, 2,1 mag). Wir fol­gen nun den Ster­nen des Schlan­gen­trä­gers nach Süd­wes­ten. Dort sto­ßen wir schließ­lich auf Yed Pri­or (Del­ta Oph, 2,7 mag) und Yed Pos­te­ri­or (Epsi­lon Oph, 3,2 mag). Mes­sier 12 befin­det sich etwa 8° nord­öst­lich die­ser bei­den Ster­ne. Wir stel­len Yed Pri­or in die Mit­te des Suchers ein und schwen­ken 2 ½ Grad in Rich­tung Nord­os­ten, bis wir auf einen Stern der 6. Grö­ßen­klas­se tref­fen. Nun schwen­ken wir das Tele­skop 3° in Rich­tung Osten, bis 12 Oph (6,6 mag) im Sucher erscheint. Wei­te­re 3° wei­ter öst­lich befin­det sich Mes­sier 12, nahe an der Spit­ze eines gleich­sei­ti­gen Dreiecks.

Auf­such­kar­te Mes­sier 12 (53,1 KiB, 121 hits)

Steckbrief für Messier 12

Objekt­na­meMes­sier 12
Kata­log­be­zeich­nungNGC 6218, GCL 46
TypKugel­stern­hau­fen, IX
Stern­bildSchlan­gen­trä­ger (Ophiu­chus)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)16h 47m 14,5s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)-01° 56′ 50″
V Hel­lig­keit6,1 mag
Flä­chen­hel­lig­keit12,0 mag
Win­kel­aus­deh­nung16,1′
Durch­mes­ser75 Licht­jah­re
Ent­fer­nung15.650 Licht­jah­re
Beschrei­bungvB,vL,iR,gmbM; Some­what loo­se structure
Ent­de­ckerCharles Mes­sier, 1764
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 12
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 55
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 1299–1300 (Vol III)
Pocket Sky Atlas: Chart 56
Sky Atlas 2000: Chart 15
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 107

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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