Der Kugelsternhaufen Messier 13 (NGC 6205) im Sternbild Herkules wurde im Jahr 1714 von dem englischen Astronomen Sir Edmund Halley mit dem bloßen Auge, als diffuses Nebelchen entdeckt. Am 1. Juni 1764 fand ihn auch der französische Astronom Charles Messier und nahm ihn anschließend in seine berühmte Nebelliste auf. Er beschrieb den Sternhaufen als 6 Bogenminuten großen, runden leuchtenden Nebel ohne Sterne, im Gürtel des Herkules und mit hellerem Zentrum, in der Nähe zweier Sterne. Erst der deutsch-britische Astronom Wilhelm Herschel gelang es am 22. August 1779 den Kugelsternhaufen in seine Einzelsterne aufzulösen. Er fertigte auch die erste Zeichnung von M 13 an. Herschel beschrieb M 13 als sehr schönen komprimierten Sternhaufen, der in der Mitte sehr reich ist, mit mindestens 14.000 Sternen. Der irische Astronom William Parson, der 3. Earl of Rosse, beobachtete und zeichnete den Sternhaufen im Jahr 1861 ebenfalls von seinem Landsitz in Birr Castle aus und bemerkte eine Y‑förmige dunkle Struktur im Zentrum des Kugelhaufens sowie „eigenartig gefranste Anhängsel“. Die beiden französischen Brüder Paul-Pierre und Mathieu-Prosper Henry konnten den Kugelhaufen 1887 zum ersten Mal auf eine Fotoplatte bannen. Bei einer zweistündigen Belichtung gelang es den beiden Optikern und Astronomen die Randbereiche des Haufens ganz und das Zentrum teilweise in Einzelsterne aufzulösen. Messier 13 ist in der astronomischen Literatur auch als Herkuleshaufen bzw. im englischen Sprachraum als „Great (Globular) Cluster in Hercules“ bekannt.
Der bekannteste Kugelsternhaufen des Nordhimmel
Messier 13 ist sicherlich der bekannteste und beeindruckendste Kugelsternhaufen des nördlichen Sternhimmels, weil er sich von unseren Breiten aus gesehen leicht auffinden und beobachten lässt. Viele andere Kugelsternhaufen, die heller und sogar noch größer sind, sind am besten von der südlichen Hemisphäre der Erde aus zu sehen, wenn man von Messier 5 im Kopf der Schlange einmal absieht. Mit einer Helligkeit von 5,8 mag und einen scheinbaren Durchmesser von 20 Bogenminuten, ist der Kugelhaufen unter einem dunklen Landhimmel bereits als schwacher Lichtfleck erkennbar. Er befindet sich in einer Entfernung von 25.100 Lichtjahren zur Erde und enthält bis zu eine Million Mitgliedssterne, deren älteste Mitglieder ein Alter von 11,65 Milliarden Jahren aufweisen. Mit einem Durchmesser von 160 Lichtjahren, einer Masse von 500.000 und einer Leuchtkraft von 300.000 Sonnen, ist der Kugelsternhaufen etwas masseärmer und kleiner als Messier 15 im Pegasus oder Messier 53 im Sternbild Haar der Berenike.
Die Sternendichte im rund 3 Lichtjahre großen Zentralbereich des Kugelhaufens beträgt ungefähr das 500-fache der Sonnenumgebung. Auf einem hypothetischen Planeten im Zentrum von M 13 würden hunderte Sterne so hell wie die scheinbare Helligkeit der Venus vom Himmel strahlen! Im Zentralbereich des Haufens stehen die Sterne auch so nah beieinander, dass sie kollidieren und miteinander wechselwirken können. Diese Sterne, die von den Astronomen „Blaue Nachzügler“ (Blue Stragglers) genannt werde, erscheinen deutlich jünger als die anderen Mitgliedssterne im Haufen und sind für die Forschung besonders interessant. Nur 15 dieser Sterne wurden in den letzten Jahren in M 13 gefunden. Der hellste Stern des Kugelsternhaufens ist der rote Cepheiden-Veränderliche V1554 Herculis, mit einer scheinbaren Helligkeit von 11,95 mag. Stünde die Sonne in der gleichen Entfernung wie M13, würde sie uns als Stern von nur noch 19. Größenklasse erscheinen. Auffällig, im Gegensatz zu anderen Kugelhaufen, ist die geringe Anzahl von veränderlichen Sternen. Momentan sind nur 40 von ihnen bekannt. 9 von diesen Sternen sind RR-Lyrae-Sterne, die so genannten Haufenveränderlichen, die für die kosmische Entfernungsleiter wichtig sind. Der Grund für diesen Mangel an Veränderlichen ist weiterhin Forschungsgegenstand der Astronomen.
Wie alle Kugelsternhaufen im Halo unseres Milchstraßensystems, umkreisen diese das Zentrum unserer Heimatgalaxie. Dabei kann sich M 13 bis zu 80.000 Lichtjahre vom Zentrum der Galaxis entfernen. Die Entfernung zum galaktischen Zentrum beträgt momentan rund 30.000 Lichtjahre. Die Bahn von M 13 ist zur galaktischen Ebene stark geneigt und durchdringt diese zwei Mal im Laufe einer Umrundung, was ungefähr eine halbe Milliarde Jahre dauert. Auf lange Sicht wird der Sternhaufen deshalb seine Sterne an die galaktische Scheibe verlieren. Ein Hinweis auf diesen Masseverlust sind vor- und nachlaufende Gezeitenschweife, die im Jahr 1997 gefunden wurden und sich über mindestens 15° am Himmel erstrecken. Einen Stern hat M 13 auf seiner Tour durch die Scheibe der Milchstraße allerdings dazugewonnen: Barnard 29 ist ein sehr junger blauer Riese vom Spektraltyp B2. Vermutlich hat der Kugelhaufen ihn bei seinem letzten Durchgang durch galaktische Ebene aufgesammelt. Im Jahr 1989 wurde sogar ein Millisekunden-Pulsar in M 13 gefunden, der nicht in einem Doppelsternsystem gebunden ist.
Irdische Botschaft zu Messier 13
Am 16. November 1974 wurde mit Hilfe des neu überarbeiteten und verbesserten 305 Meter großen Arecibo-Radioteleskops in Puerto Rico – das im Dezember 2020 leider zerstört wurde – eine 1679 Binärzeichen umfassende Botschaft, bei einer Frequenz von 2,38 Gigahertz, an hypothetische Außerirdische in Messier 13 gesendet. Diese enthielt u.a. Informationen über die Biologie und Anatomie des Menschen, die menschliche Population sowie die Herkunft des Signals. Die nur 3 Minuten lange SETI-Nachricht wurde von dem amerikanischen Astronomen Frank Drake und dem amerikanischen Astronomen und Wissenschaftspublizisten Carl Sagan zusammengestellt und mit einer Energie von 20 Billionen Watt gesendet, was auf die Frequenz gerechnet, heller als die Sonne war. Der Kugelsternhaufen wurde ausgewählt, weil hier relativ viele alte Sterne auf engen Raum versammelt sind. Aufgrund des Vorhandenseins nur sehr wenig schwere Elemente jenseits des Wasserstoffs und Heliums, sind erdähnliche Planeten in dieser Art von Sternensystemen allerdings recht rar gesät. Die Sterne in M 13 besitzen nämlich nur 1/5 des Metallgehalts unserer Sonne. Der Test war deshalb eher eine technologische Demonstration als ein ernsthafter Kommunikationsversuch mit Aliens. Nicht desto trotz müssten wir mit einer möglichen Antwort von den Außerirdischen sowieso frühestens erst in 50.000 Jahren rechnen. Die Arecibo-Botschaft wird Messier 13 nach neusten Kenntnissen allerdings knapp verfehlen, weil nach einer Reisezeit von 25.000 Jahren M 13 sich bereits räumlich weiterbewegt hat und sich demzufolge nicht mehr an der gleichen Stelle des Himmels befinden wird!
Der Inhalt der Arecibo-Nachricht: Dualzahlen 1–10 (weiß); Atomzahlen von Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Phosphor (violett); Chemische Formeln für Zucker und Basen der Nukleotide der DNA (grün); Zahl der Nukleotide in der menschlichen DNA (weiß); Doppel-Helix der DNA (blau); Bevölkerungszahl der Erde (weiß); der Mensch (rot); Größe des Menschen (blau/weiß); Sonnensystem mit der Erde zum Menschen hin versetzt (gelb); Arecibo-Teleskop (violett); Durchmesser des Teleskops.
Beobachtung
Messier 13 gilt als Indikator für eine gute Beobachtungsnacht. Unter dem dunklen Landhimmel Südbrandenburgs ist das Objekt überraschend einfach indirekt mit dem bloßen Auge zu sehen. Grundsätzlich hängt das Aussehen des Sternhaufen von der Öffnung des Teleskops ab. Aber auch die Dunkelheit und die Transparenz des Himmels ist für das Erscheinungsbild von M 13 ausschlaggebend. Mit Hilfe eines 10x50 Fernglases erkennt man bereits aus der Stadt heraus nur einen runden Lichtball mit hellem Zentrum, der von zwei gleich hellen gelblichen Sternen (SAO 46502 & SAO 46524) eingerahmt wird. Diese beiden Sterne bilden zusammen mit dem Kugelsternhaufen ein gleichschenkliges Dreieck. Unter Zuhilfenahme meines 16x70 Fujinon Feldstechers erscheint der Kugelsternhaufen nun deutlich heller und der Randbereich bereits leicht granuliert. Mit einem Fernrohr von 3 Zoll Öffnung kann man Messiers Beschreibung gut nachvollziehen. Bei hoher Vergrößerung ab 80-fach erscheint M 13 an seinen Rändern ebenfalls schon leicht körnig. Unter optimalen Bedingungen und noch höherer Vergrößerung um 140-fach kann das Randgebiet des Haufens schon in einzelne Sterne aufgelöst werden. Mit Öffnungen von 4 bis 5 Zoll erscheinen auch immer mehr Einzelsterne der 11. bis 12. Größenklasse, die einzelne Gruppen und Sternenketten bilden. Zwei dieser Sternenketten sind besonders auffällig. Das Zentrum erscheint mäßig kondensiert.
Ab 6 bis 8 Zoll Öffnung sieht M 13 schon sehr beeindruckend aus. Nun sind bei mittleren bis höheren Vergrößerungen einige hundert Sterne im Gesichtsfeld wahrnehmbar, die lange Sternketten und Bögen bilden. Spätestens mit 8 Zoll ist auch der Zentralbereich vollständig in Einzelsterne aufgelöst. Im Gegenzug zu manch anderem Kugelsternhaufen, erscheint dieser nicht sehr konzentriert. Mit 10 Zoll Öffnung erscheinen hunderte Sterne, die sich über das gesamte Gesichtsfeld und entlang gebogener Sternenketten verteilen. Der Sternhaufen erscheint nun dreidimensional. Mit sehr hohen Vergrößerungen und 12 Zoll Öffnung sind innerhalb des Kerns einige kleine, dunkle Stellen sowie eine Sternenkette in Form eines X wahrnehmbar. Südöstlich des Kerns erscheint eine Y‑förmige Dunkelstruktur, die auch als „Propeller“ bekannt ist und von Lord Rosse beschrieben wurde. Rund 40 Bogenminuten nordöstlich von Messier 13 ist ab 4 Öffnung und mittleren Vergrößerungen die ziemlich flächenhelle Edge-on Spiralgalaxie NGC 6207 als längliches Wölkchen wahrnehmbar. Mit einer Helligkeit von 11,4 mag und einem Abstand von 43 Millionen Lichtjahren, befindet sich dieses Sternensystem aber deutlich im Hintergrund.
Die Frühlings- und Sommermonate sind die beste Zeit Messier 13 zu beobachten. Anfang Juli steht der Sternhaufen bereits gegen 23 Uhr Sommerzeit hoch am Himmel im Meridian und ist relativ einfach auffindbar. Betrachtet man das Sternbild Herkules, fällt zuerst das markante trapezförmige Viereck auf, das durch die Sterne Epsilon (3,92 mag), Zeta (2,81 mag), Eta (3,48 mag) und Pi Herculis (3,16 mag) gebildet wird. Dieser Asterismus befindet sich etwa auf zwei Drittel des Weges zwischen den Sternen Wega in der Leier und Arktur im Sternbild Bärenhüter und ist im englischen Sprachraum auch als „Keystone“ bekannt. M 13 steht dann etwa auf einem Drittel der Verbindungslinie zwischen Eta und Zeta Her, knapp 2,5° südlich von Eta. Im Sucherteleskop erkennt man an dieser Stelle ein rundes Nebelchen, das von zwei helleren Sternen der 7. Größenklasse nordöstlich und südwestlich flankiert wird.
Aufsuchkarte Herkuleshaufen (Messier 13) (88,3 KiB, 466 hits)
Steckbrief für Messier 13
Objektname | Messier 13 |
Katalogbezeichnung | NGC 6205, GCL 45 |
Eigenname | Herkules Haufen, Hercules Cluster, Great (Globular) Cluster in Herkules, Keystone Cluster |
Typ | Kugelsternhaufen, V |
Sternbild | Herkules (Hercules) |
Rektaszension (J2000.0) | 16h 41m 41,5s |
Deklination (J2000.0) | +36° 27′ 39″ |
V Helligkeit | 5,8 mag |
Flächenhelligkeit | 12,0 mag |
Winkelausdehnung | 23,2′ |
Durchmesser | 160 Lichtjahre |
Entfernung | 21.500 Lichtjahre |
Beschreibung | !!eB,vRi,vgeCM,*11…; Hercules cluster;Messier said round nebula contains no star |
Entdecker | Edmund Halley, 1764 |
Sternatlanten | Cambridge Star Atlas: Chart 6 Interstellarum Deep Sky Atlas: Chart 19, 31 Millennium Star Atlas: Charts 1159–1160 (Vol III) Pocket Sky Atlas: Chart 52 Sky Atlas 2000: Chart 8 Uranometria 2nd Ed.: Chart 50 |