Messier 10 (NGC 6254) ist ein Kugelsternhaufen im äquatornahen Sternbild Schlangenträger (Ophiuchus). Er wurde am 29. Mai 1764 von dem französischen Astronomen Charles Messier entdeckt, der ihn als Nummer 10 in seinen berühmten Katalog aufnahm. Er beschrieb den Sternhaufen als nebulösen Stern, im Gürtel des Schlangenträgers, schön, rund und nur schwer in seinem Teleskop zu erkennen. Der deutsche Astronom Johann Elert Bode erkannte in ihm 1774 ebenfalls nur einen nebligen blassen Fleck ohne Sterne. Erst der deutsch-britische Astronom Friedrich Wilhelm Herschel gelang vermutlich als erster Beobachter überhaupt, den Kugelsternhaufen in Einzelsterne aufzulösen. Herschel beobachtete ihn mit seinem 20 Fuß Reflektor und beschrieb M 10 als wunderschönen und extrem kompakten Sternhaufen. Der irische Astronom William Parsons, 3. Earl of Rosse, bemerkte eine lichtschwächere Stelle am oberen Sechstel des Sternhaufens. Nach Messier 12, der nur einen Tag später von Messier aufgefunden wurde und 3° von M 10 entfernt sich befindet, ist Messier 10 der zweithellste Kugelsternhaufen in diesem Sternbild, von denen Messier alleine sieben katalogisiert hat.
Ein heller und wenig kompakter Kugelsternhaufen
Der Kugelsternhaufen ist zusammen mit seinem Nachbar Messier 12 ein reizvolles Objekt im reichlich mit kugelförmigen Sternhaufen gesegneten Sternbild Schlangenträger. Zusammen mit M 12, gehört M 10 zu den hellsten Exemplaren in diesem Sternbild. Er erscheint mit seiner Konzentrationsklasse von VII aber deutlich kompakter als sein Nachbar. Der Kugelsternhaufen besitzt eine scheinbare Helligkeit von 6,6 mag und einen scheinbaren Durchmesser von 19,3 Bogenminuten. Somit ist er schon sehr leicht in Ferngläsern und kleinen Teleskopen auffindbar und besitzt ungefähr zwei Drittel des scheinbaren Durchmesser unseres Vollmondes. Messier 10 zählt zu den größeren Vertretern seiner Klasse. Seine Gesamtmasse wird mit rund 200.000 Sonnenmassen angegeben und sein Alter auf 11,39 Milliarden Jahre geschätzt. Damit ist M 10 einer der jüngeren bekannten Kugelsternhaufen unserer Milchstraße. Mit einer Entfernung von 14.300 Lichtjahren, beläuft sich der wahre Durchmesser des Sternhaufens auf ungefähr 83 Lichtjahre. Er steht uns 2.000 Lichtjahre näher als Messier 12. Wahrscheinlich sind beide Sternhaufen, räumlich gesehen, sogar echte Nachbarn.
Messier 10 weist eine mittlere Metallizität für Kugelhaufen auf. Diese beträgt 3,5% des Metallgehalts unserer Sonne. Die Metallizität beschreibt in der Astronomie die Häufigkeit schwererer Elemente in Bezug auf Wasserstoff und Helium. Ferner zeigt der Sternhaufen Anzeichen für eine Anreicherung mit Elementen, die durch den s‑Prozess in massereichen Sternen und Supernovae vom Typ II entstehen. Überraschenderweise wurden im Laufe der Geschichte nur 4 veränderliche Sterne in M 10 gefunden, darunter zwei Veränderliche von Typ Delta Cephei sowie ein Haufenveränderlicher vom RR Lyrae-Typ. Der Sternhaufen wird vor allem von alten und gelblich erscheinenden Sternen dominiert. Die hellsten Mitgliedssterne erreichen dabei die 12. Größenklasse. Die Kernregion beherbergt viele Doppelsterne, die aufgrund ihrer größeren Masse dazu neigen, in Richtung des Kerns zu wandern. Doppelsterne machen schätzungsweise 14% der Kernregion des Haufens aus. Die Randregionen beherbergen nur 1,5 % Doppelsterne. Im Zentralbereich des Haufens findet man bis zu 120 blaue Nachzüglersterne. Diese entstanden vor 2 bis 5 Milliarden Jahren, durch Verschmelzung mit anderen Sternen. Die Dichte der Sterne in der Kernregion beträgt etwa 3,8 Sonnenmassen pro Kubikparsec. Dynamische Modelle für Messier 10 sagen einen Kernkollaps innerhalb der nächsten 10 Milliarden Jahren voraus. Dabei wird eine extrem hohe Sterndichte in seinem Zentrum erzeugt, ähnlich wie bei Messier 15 im Sternbild Pegasus.
Der Kugelsternhaufen befindet sich momentan 16.000 Lichtjahre vom galaktischen Zentrum entfernt. Er umrundet das Zentrum unserer Milchstraße in 140 Millionen Jahre, wobei er alle 53 Millionen Jahre die Ebene der galaktischen Scheibe durchquert. Die letzte Durchquerung fand vor 20 Millionen Jahren statt. In 15 bis 20 Milliarden Jahren wird Messier 10 von den Gravitationskräften der Galaxis zerrissen und sich wahrscheinlich auflösen. Im Jahr 2000 wurde auch ein 500 Lichtjahre langer Gezeitenschweif von M 10 nachgewiesen.
Beobachtung
Messier 10 und Messier 12 sind zusammen schon im 7x50 bzw. 10x50 Feldstecher als kreisrunde verschwommene Nebelflecken erkennbar. M 10 ist dabei das hellere Exemplar und sogar ein Objekt für das Opernglas. Im 16x70 Fujinon ist der Kugelsternhaufen ein einfaches Objekt. M 10 zeigt in diesem Instrument eine sehr deutliche Aufhellung des Kerns im Vergleich zu M 12. Im 3 Zoll Refraktor und 50-facher Vergrößerung ist der Kugelsternhaufen ziemlich flächenhell. Er erscheint als leicht länglicher unscharfer Lichtball von 8 Bogenminuten Größe. Sein flächiges Zentrum wird zur Mitte hin etwas heller. Einzelsterne sind mit diesem Instrument allerdings noch nicht auszumachen. Allerdings erscheinen seine Ränder bereits körnig. Rund zwei bis drei Dutzend Einzelsterne in den Randbereichen tauchen erst ab 4 bis 5 Zoll Öffnung und einer Vergrößerung von 60 bis 140-fach auf. Der Kern erscheint dann leicht granuliert aber überwiegend noch neblig, ebenso der Hintergrund. Ab 6 Zoll Öffnung, spätestens aber mit 8 Zoll und 150-facher Vergrößerung, ist der Kugelsternhaufen schon bis in das Zentrum hinein aufgelöst. Er erscheint kreisrund, sehr symmetrisch und mit einem dichten hellen Zentrum. Auffällig ist, dass der Kugelsternhaufen viele helle Einzelsterne in seinem Zentrum besitzt. Der Hintergrund der unaufgelösten Sterne erscheint dabei aber immer noch körnig und diffus. Mit 10 bis 12 Zoll Öffnung – und darüber hinaus – ist der Kugelsternhaufen ein sehr beeindruckendes Objekt, vor allem in dunklen und klaren Nächten. Das Zentrum erscheint relativ kompakt, leicht länglich und 4 Bogenminuten groß. Der Sternhaufen ist mit unzähligen Einzelsternen im Zentrum und mit langen, zum Teil tangential verlaufenden Sternketten in den äußeren Regionen des Haufens übersät. Stellenweise sind diese Sternengruppen spiralförmig um das Zentrum und entgegen dem Uhrzeigersinn angeordnet. Im Vergleich zu Messier 13 im Herkules, ist das Aussehen von Messier 10 bei weiten nicht so spektakulär, obwohl M 10 uns deutlich näher steht.
Messier 10 ist am besten in den Frühlings- und Sommermonaten zu beobachten, wenn das Sternbild Schlangenträger im Süden kulminiert. M 10 liegt mit M 12 auf einer schrägen Linie, im unteren Drittel des Sternbildes Ophiuchus, die nach rechts zum Stern Marfik (Lambda Oph, 3,8 mag) verläuft. Der Sternhaufen befindet sich in der Nähe des 4,8 mag hellen orangefarbenen Riesen 30 Ophiuchi. Um den Kugelsternhaufen aufzufinden, betrachten wir die Strecke, die die beiden Sterne Yed Prior (Delta Oph, 2,7 mag) und Yed Posterior (Epsilon Oph, 3,2 mag) bilden. Wir stellen Yed Prior in die Suchermitte ein und schwenken das Teleskop ungefähr 12° in Richtung Osten, bis M 10 als heller und runder Nebelfleck im Sucher auftaucht. 30 Ophiuchi befindet sich knapp 1° östlich des Sternhaufens. Er bildet zusammen mit dem 5,2 mag hellen Stern 23 Ophiuchi, der 3° südlich des Kugelsternhaufens steht, eine Art Dreieck.
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Steckbrief für Messier 10
Objektname | Messier 10 |
Katalogbezeichnung | NGC 6218, GCL 46 |
Typ | Kugelsternhaufen, VII |
Sternbild | Schlangenträger (Ophiuchus) |
Rektaszension (J2000.0) | 16h 57m 08,9s |
Deklination (J2000.0) | -04° 05′ 56″ |
V Helligkeit | 6,1 mag |
Flächenhelligkeit | 12,0 mag |
Winkelausdehnung | 20,0′ |
Durchmesser | 83 Lichtjahre |
Entfernung | 14.300 Lichtjahre |
Beschreibung | B,vL,R,gvmBM,rrr; Lord Rosse reported dark lane in cluster |
Entdecker | Charles Messier, 1764 |
Sternatlanten | Cambridge Star Atlas: Chart 12 Interstellarum Deep Sky Atlas: Chart 55 Millennium Star Atlas: Charts 1323–1324 (Vol III) Pocket Sky Atlas: Chart 56 Sky Atlas 2000: Chart 15 Uranometria 2nd Ed.: Chart 107 |