Objekte des Monats: Die Galaxie Messier 108

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Die Gala­xie Mes­sier 108 (NGC 3556) im Stern­bild Gro­ßer Bär (Ursa Major) wur­de am 16. Febru­ar 1781 von dem fran­zö­si­schen Astro­no­men Pierre Méchain ent­deckt, nur drei Tage nach­dem er den Eulen­ne­bel (Mes­sier 97) gefun­den hat­te. Méchains Freund Charles Mes­sier beob­ach­te­te die Gala­xie am 24. März 1781, zusam­men mit Mes­sier 109, als er die Posi­ti­on von M 97 bestimm­te. Er konn­te aller­dings ihre Posi­ti­on nicht mes­sen und ver­zeich­ne­te das Objekt spä­ter nur als hand­schrift­li­chen Ein­trag in einer per­sön­li­chen Aus­ga­be sei­nes Nebel­ka­ta­logs. Mes­sier beschrieb die Gala­xie als noch schwä­che­ren Nebel als M 97. Spä­ter erwähn­te Méchain M 108 und M 109 in einem im Mai 1783 ver­fass­ten Brief an Johann Ber­noul­li. Ursprüng­lich hat­te Charles Mes­sier vor­ge­habt, das Objekt in einer erwei­ter­ten Ver­si­on des Mes­sier-Kata­logs auf­zu­neh­men und num­me­rier­te sie sogar als #98 in einem vor­läu­fi­gen Manu­skript. Offi­zi­ell wur­de das Objekt erst von dem ame­ri­ka­ni­schen Astro­no­men Owen Gin­ge­rich im Jahr 1953 in den Kata­log inte­griert. Der deutsch-bri­ti­sche Astro­nom Wil­helm Her­schel ent­deck­te die Gala­xie am 17. April 1789 unab­hän­gig von den bei­den Fran­zo­sen und nahm sie in sei­nen Kata­log der Stern­hau­fen und Nebel auf. Er beschrieb die Gala­xie als sehr hell, läng­lich und auf­ge­löst. Im angel­säch­si­schen Sprach­raum wird die Gala­xie auch als „Surf­board Gala­xy“ (Surf­brett-Gala­xie) bezeichnet.

Eine helle Galaxie und ungewöhnliche Galaxie

Mes­sier 108 ist eine Bal­ken­spi­ral­ga­la­xie, mit locker gewun­de­nen Armen, vom Hub­ble-Typ SBbc, die wir nahe­zu direkt von der Kan­te sehen. Ihr Nei­gung zu unse­rer Sicht­li­nie beträgt 75°. Die Gala­xie besitzt eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 9,9 mag und einen Win­kel­durch­mes­ser von 8,7 x 2,2 Bogen­mi­nu­ten. Die Ent­fer­nung wird in der astro­no­mi­schen Lite­ra­tur mit 45,9 Mil­lio­nen Licht­jah­re ange­ge­ben, was einem wah­ren Durch­mes­ser von unge­fähr 110.000 Licht­jah­ren ent­spricht. Sie ist ein iso­lier­tes Mit­glied der 32 Mit­glie­der umfas­sen­den Ursa-Major-Gala­xien­grup­pe, zu der auch Mes­sier 109 im sel­ben Stern­bild gehört. M 108 steht dabei als ziem­lich iso­lier­tes Mit­glied in der Grup­pe. Die Gala­xien­grup­pe ist wie­der­um ein Mit­glied des Vir­go-Super­clus­ters, zu dem auch unse­re Loka­le Grup­pe gehört. Mit einer Gesamt­mas­se von 400 Mil­li­ar­den Son­nen­mas­sen und rund 125 Mil­li­ar­den Ster­nen, ist ihre Mas­se und Grö­ße ver­gleich­bar mit der unse­rer eige­nen Gala­xis. Aller­dings besitzt sie mit 290 fast dop­pelt so viel kugel­för­mi­ge Stern­hau­fen im Halo als die Milch­stra­ße. Auf lang belich­te­ten Fotos sind eini­ge weni­ge HII-Regio­nen, jun­ge Stern­hau­fen sowie dunk­le Staub­wol­ken erkenn­bar, die der Gala­xie ein chao­ti­sches Aus­se­hen ver­lei­hen. Der inter­stel­la­re Staub, als dunk­le Absorp­ti­ons­struk­tu­ren in der Gala­xien­schei­be, ist in Mes­sier 108 sehr pro­mi­nent aus­ge­prägt und vor allem nahe des Zen­trums und an der Nord­flan­ke sehr dicht. Dafür besitzt M 108 kei­ne sicht­ba­re Bul­ge, kei­nen her­vor­ste­chen­den Kern und kei­ne klar defi­nier­te Spi­ral­struk­tur. Mor­pho­lo­gisch ähnelt die Gala­xie NGC 253 im süd­li­chen Stern­bild Bild­hau­er. Trotz­dem befin­det sich in ihrem Zen­trum ein super­mas­se­rei­ches Schwar­ze Loch, mit einer Gesamt­mas­se von 24 Mil­lio­nen Son­nen, was der 6 bis 8‑fachen Mas­se des Schwar­zen Lochs im Zen­trum unse­res Milch­stra­ßen­sys­tems entspricht.

Messier 108
Mes­sier 108 – Auf­nah­me von Harald Strauß, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Mit dem Rönt­gen­te­le­skop Chandra wur­den in jüngs­ter Ver­gan­gen­heit zahl­rei­che Star­burst-Regio­nen in der Schei­be gefun­den, wo auch heut­zu­ta­ge noch eine gro­ße Anzahl an Ster­nen ent­ste­hen. Die Schei­be ist umge­ben von zwei hei­ßen Gas­bla­sen und Scha­len aus neu­tra­lem Was­ser­stoff­gas, am öst­li­che und west­li­chen Ende. Die­se wur­den wahr­schein­lich vor 50 Mil­lio­nen Jah­ren durch Super­no­va­ex­plo­sio­nen und von hei­ßen Ster­nen­win­den mas­se­rei­cher Ster­ne, an Orten mas­si­ver Stern­ent­ste­hung, aus der Gala­xien­schei­be her­aus­ge­trie­ben. Die­se Supers­hells besit­zen Aus­deh­nun­gen von 10.000 bis 20.000 Licht­jah­ren und eine Gesamt­mas­se von ca. 50 Mil­lio­nen Son­nen. Ins­ge­samt wur­den mit Chandra 83 Rönt­gen­quel­len gefun­den. Die hells­te Quel­le ist das Schwar­ze Loch im Zen­trum von Mes­sier 108. Am 6. Febru­ar 1969 wur­de eine Super­no­va vom Typ II ent­deckt (SN 1969B), die eine maxi­ma­le Hel­lig­keit von 13,9 Grö­ßen­klas­sen erreich­te. Hier­bei han­del­te es sich um eine Kern­kol­laps­su­per­no­va eines mas­se­rei­chen und in sei­ner Ent­wick­lung weit fort­ge­schrit­te­nen Sterns.

Messier 97 & Messier 108
Mes­sier 97 & Mes­sier 108 – Auf­nah­me von Micha­el Deger, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salz­kam­mer­gut

Nur 48 Bogen­mi­nu­ten süd­öst­lich von Mes­sier 108 befin­det sich der pla­ne­ta­ri­sche Nebel Mes­sier 97, der auch als Eulen­ne­bel bekannt ist, und schon bei gerin­ger Ver­grö­ße­rung im sel­ben Gesichts­feld mit M 108 beob­ach­tet wer­den kann. Den Eulen­ne­bel habe ich bereits in einem sepa­ra­ten Blog­ar­ti­kel vorgestellt.

Beobachtung

Mes­sier 108 gehört zu den Objek­ten mit der gerings­ten Ober­flä­chen­hel­lig­keit im Mes­sier­ka­ta­log. Unter einem dunk­len Him­mel ist die Gala­xie für klei­ne bis mitt­le­re Tele­sko­pe ein rela­tiv ein­fa­ches Objekt, aller­dings äußerst schwer im 10x50 Fern­glas zu hal­ten. Man benö­tigt dafür einen sehr dunk­len Land­him­mel und eine gute Durch­sicht. Mir gelang die Sich­tung von M 108 in einer kla­ren Früh­lings­nacht im Jahr 2020 mit Hil­fe eines 10x70 Fuji­non Feld­ste­chers. Und auch im 10x50 Fuji­non war die Gala­xie bereits zu sehen, erschien aller­dings nur als schwa­cher Licht­strei­fen nord­west­lich von M 97. Im 3 Zoll Refrak­tor erscheint die Gala­xie eben­falls läng­lich, struk­tur­los und ziem­lich flä­chen­hell, mit einem hel­le­rem Kern. Mit 4 Zoll Öff­nung und mitt­le­rer bis hoher Ver­grö­ße­rung ist die Gala­xie schon leicht gemot­telt, mit einer leich­ten Hel­lig­keits­zu­nah­me zur Mit­te. Ein Stern der 12. Grö­ßen­klas­se ist in der Nähe des Zen­trums eben­falls erkenn­bar und soll­te nicht mit einer Super­no­va ver­wech­selt werden. 

Großer Wagen
Blick in Rich­tung Nor­den auf das Stern­bild Gro­ße Bär

Mit 6 bis 8 Zoll Öff­nung ist die Gala­xien­schei­be deut­lich struk­tu­rier­ter, mit zahl­rei­chen hel­len Kno­ten und einer hel­len und irre­gu­lär geform­ten Zen­tral­re­gi­on. Sie erscheint vom Erschei­nungs­bild her ähn­lich wie Mes­sier 82 im glei­chen Stern­bild. Die­se Struk­tu­ren sind vor allem öst­lich des 12 mag hel­len Sterns sowie an der öst­li­chen Spit­ze der Schei­be am deut­lichs­ten zu erken­nen. Ver­grö­ßert man bis 100-fach, über­rascht ihr Detail­reich­tum. West­lich des Sterns ist nun eine dunk­le Lücke und dahin­ter ein ellip­ti­scher Kno­ten wahr­nehm­bar. Ent­lang des nörd­li­chen Ran­des der Gala­xie erkennt man einen dunk­le­ren Strei­fen. Am süd­li­chen Rand der Schei­be ist eben­falls eine Dun­kel­struk­tur sicht­bar. Mit 10 bis 12 Zoll und 100 bis 150-facher Ver­grö­ße­rung tau­chen nun auch wei­te­re Vor­der­grund­ster­ne auf, die sich ent­lang der Gala­xien­schei­be ver­tei­len, die nun in zahl­rei­che hel­le und dunk­le­re Kom­po­nen­ten zer­fällt. Die Schei­be ist nun 1:8 elon­giert und ent­hält eine stark elon­gier­te Zen­tral­re­gi­on. Nur 11 Bogen­mi­nu­ten west­lich des Kerns befin­det sich ein Dop­pel­stern (h 2560), mit zwei Kom­po­nen­ten der 10. und 12. Grö­ßen­klas­se, in 40 Bogen­se­kun­den Abstand. In jedem Tele­skop ist unter Zuhil­fe­nah­me eines Weit­fel­doku­lars auch der pla­ne­ta­ri­sche Nebel M 97, nur 48 Bogen­mi­nu­ten süd­öst­lich von M 108, erkennbar.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für Mes­sier 108 – erstellt mit SkytechX

Mes­sier 108 ist vor allem im Spät­win­ter bis in das Früh­jahr hin­ein beob­acht­bar und von unsern Brei­ten aus gese­hen zir­kum­po­lar. Sie befin­det sich unge­fähr auf einem Fünf­tel der Stre­cke zwi­schen Merak (Beta UMa, 2,3 mag) und Phecda (Gam­ma Uma, 2,4 mag) und 1,5° süd­öst­lich von Merak, der den rech­ten unte­ren Stern des Wagen­kas­tens mar­kiert. Unge­fähr 45 Bogen­mi­nu­ten süd­öst­lich von Beta Ursae Majo­ris befin­det sich ein Stern der 7. Grö­ßen­klas­se. Wei­te­re 45 Bogen­mi­nu­ten in der­sel­ben Rich­tung, ent­lang einer auf­fäl­li­gen Ster­nen­ket­te, gelangt man schließ­lich zu M 108, die bereits im Sucher­te­le­skop sicht­bar ist.

Auf­such­kar­te Surf­brett-Gala­xie (Mes­sier 108) (83,9 KiB, 307 hits)

Steckbrief für Messier 108

Objekt­na­meMes­sie 108
Kata­log­be­zeich­nungNGC 3556, UGC 6225, PGC 34030 
Eigen­na­meSurf­brett Gala­xie, Surf­board Galaxy
TypGala­xie, SBc
Stern­bildGro­ßer Bär (Ursa Major)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)11h 11m 29,4s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)+55° 40′ 22″
V Hel­lig­keit10,6 mag
Flä­chen­hel­lig­keit13,1 mag
Win­kel­aus­deh­nung8,6′ x 2,4′
Posi­ti­ons­win­kel80°
Abso­lu­te Helligkeit-21,000 mag
Durch­mes­ser110.000 Licht­jah­re
Ent­fer­nung46 Mil­lio­nen Lichtjahre
Beschrei­bungcB,vL,vmE 79,pBM; H V 46;M 97 is 48′ SE;nearly edge-on
Ent­de­ckerPierre Méchain, 1781
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas Chart: 1, 4, 5
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 12
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 575–576 (Vol II) 
Pocket Sky Atlas: Chart 32
Sky Atlas 2000.0: Chart 2
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 24

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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