Der Emissions- und Reflexionsnebel Messier 20 (NGC 6514) im Sternbild Schütze (Sagittarius) wurde im Jahr 1747 von dem französischen Astronom Guillaume Le Gentil während seiner Beobachtung von M 8, dem berühmten Lagunennebel, entdeckt. Der französische Astronom Charles Messier beobachtete das Objekt am 5. Juni 1764 und nahm es als Nummer 20 in seine berühmte Liste der Sternhaufen und Nebel auf. Er beschrieb aber nur zwei Sternhaufen, die nahe beieinanderstehen und die sich zwischen dem Bogen des Schützen und dem rechten Fuß des Ophiuchus, etwas oberhalb der Ekliptik, befinden. Offensichtlich konnte Messier den Nebel, mit seinem bescheidenen Fernrohr, selber nicht direkt erkennen, bemerkte aber den Nachbarsternhaufen, der als Messier 21 bekannt ist. Der deutsch-britische Astronom Wilhelm Herschel beobachtete den Nebel am 12. Juli 1784 und katalogisierte die hellsten Nebelteile zwei Jahre später mit verschiedenen Katalognummern. Der Name Trifidnebel (Trifid Nebula) geht allerdings auf seinen Sohn John Herschel zurück, der die unregelmäßige Dreierteilung von M 20 am 1. Juli 1826 begeistert in seinen Aufzeichnungen beschrieb. Der Name entstammt vom lateinischen Wort „trifidus“, was dreigeteilt bzw. dreigespalten bedeutet.
Eine dreigeteilte junge Sternentstehungsregion
Der Eigenname von Messier 20 verrät es schon: Der Nebel erscheint dem Teleskopbeobachter dreigeteilt. Der Grund ist eine vor allem auf Fotos auffällige X‑förmige Dunkelwolke mit der Bezeichnung Barnard 85, die sich direkt im Zentrum des Nebels befindet. Diese separiert den Nebel in 4 einzelne Segmente, wobei nur die drei südlichsten Teile davon visuell auffällig sind und schon mit kleinen Fernrohren beobachtet werden können. Das Sternentstehungsgebiet, mit seinem sehr jungen offenen Sternhaufen Collinder 360 im Zentrum, befindet sich wahrscheinlich 5.200 Lichtjahre von der Erde entfernt. Allerdings ist diese Entfernungsangabe sehr unsicher, da zum Beispiel auch Entfernungen von nur 2.700 bzw. 4.100 Lichtjahren in der astronomischen Literatur zu finden sind. Der wahre Durchmesser der visuell sichtbaren Nebelregion beträgt ungefähr 40 Lichtjahre.
Aufgrund seiner Helligkeit von 6,3 mag und einem scheinbaren Durchmesser von 28 Bogenminuten, was ungefähr der Größe des Vollmondes am Himmel entspricht, ist der Trifidnebel bereits mit einem einfachen Fernglas zu erkennen. Er steht knapp 1,5° nordwestlich des Lagunennebels (Messier 8), der ebenfalls ein attraktives Ziel für Beobachter der sommerlichen Milchstraße ist. Das Hauptnebelgebiet ist von einem schwächeren und bläulich erscheinenden Reflexionsnebel umgeben, der viel Staub enthält. Die hellsten Teile des Nebels leuchten noch rund und regelmäßig, in der Balmer-Linie des zweifach ionisierten Wasserstoffs (H‑II) rötlich. Damit befindet sich M 20 noch in einem früheren Entwicklungsstadium als der berühmte Orionnebel (Messier 42). Wahrscheinlich war eine nahe Supernova der Auslöser für die Sternentstehung im Trifidnebel. Ein massives Filament interstellarer Materie verbindet den Nebel mit dem 12 Bogenminuten weiter südwestlich gelegenen Supernova-Überrest mit der Bezeichnung W28.
Die Zentralregion des Trifinebels
Etwas westlich des Nebelzentrums steht ein heller Stern der 7. Größenklasse, der in Wahrheit ein Dreifachstern ist und mit höheren Vergrößerungen in seine einzelne Komponenten aufgelöst werden kann. Hierbei handelt es sich um HN 40 (HD 164492, ADS 10991). Die Hauptkomponente des Mehrfachsterns ist ein massereicher, 35.000 Kelvin heißer und extrem leuchtkräftiger blauer Riese vom Spektraltyp O7, mit rund 20 Sonnenmassen und 21.000 Sonnenleuchtkräften. Dieser nur 400.000 Jahre alte Stern regt mit seiner intensiven UV-Strahlung den Nebel zum Leuchten an – vergleichbar mit den Trapezsternen im Orionnebel – wobei die anderen Komponenten des Mehrfachsterns an der Ionisation des Nebels nicht beteiligt sind. Bei besonders guten Sichtbedingung ist nördlich des Hauptnebels ein schwächerer Nebelanteil bereits visuell zu erkennen. In dessen Zentrum befindet sich ebenfalls ein Stern (HD 164514) der 7. Größenklasse vom Spektraltyp A5. Dieses Nebelgebiet wird allerdings nicht angeregt, sondern reflektiert und streut das blauweiße Licht des Sterns.
Das Spitzer-Weltraumteleskop beobachtete M 20 im Januar 2005 und entdeckte 120 junge Sterne sowie 30 Protosterne innerhalb des Nebelgebiets. Diese Sterne sind allerdings nur im infraroten Licht sichtbar und haben sich erst vor einigen Hunderttausend Jahren aus der Nebelmasse gebildet. Die Protosterne befinden sich überwiegend an den knotenartigen Rändern der X‑förmigen Dunkelwolke, die als „Evaporating Gaseous Globules“ (EGG) bezeichnet werden. Sie wurden im Jahr 1999 auch vom Hubble-Weltraumteleskop (HST) beobachtet. Diese fingerförmigen Knoten aus Wasserstoffgas enthalten jeweils einen sehr jungen Stern im Endstadium seiner Entstehung. Die intensive Strahlung von HN 40 wird den Staub und das Gas in den nächsten 10.000 Jahren erodieren. Des Weiteren enthält M 20 zahlreiche veränderliche Sterne, darunter 85 vom Typ T‑Tauri, die typisch für junge Nebel sind. Diese Sterne haben noch nicht die Hauptreihe des Herzsprung-Russell-Diagramms erreicht. Die Masse von M 20 reicht übrigens aus, um tausend weitere Sonnen zu bilden.
Nur 40 Bogenminuten nordöstlich des Trifidnebels kann der offene Sternhaufen Messier 21 beobachtet werden. Dieser, nur 8 Millionen Jahre junge Sternhaufen besteht aus 200 Mitgliedssternen und befindet sich mit knapp 4.000 Lichtjahren Entfernung vermutlich im Vordergrund. Südlich des Trifidnebels steht mit dem Lagunennebel ein weiteres, großes Sternentstehungsgebiet, so dass diese Himmelsregion Teil eines größeres Nebelkomplexes zu sein scheint. Dieses Gebiet ist auch als Sagittarius OB1 Assoziation bekannt und befindet im Sagittarius-Carina-Spiralarm unserer Milchstraße.
Beobachtung
Aufgrund seiner Position, im nordwestlichen Teil des Sternbilds Schütze, steigt der Trifidnebel bei uns nie besonders hoch über dem Horizont. Am besten beobachtet man ihn deshalb von Südeuropa bzw. von den Kanarischen Inseln. Auf der Südhalbkugel der Erde, zum Beispiel in Namibia, läuft M 20 durch den Zenit und ist dort in einer mondlosen Nacht schon mit bloßem Auge, als schwacher Nebelfleck sichtbar. Durch seine Helligkeit ist der Trifidnebel mit Hilfe eines 7x50 oder 10x50 Fernglas leicht zu erkennen. Er erscheint dem Betrachter als rundliches und formloses Nebelwölkchen, in dem einige helle Sterne eingebettet sind. Im 3 Zoll Refraktor sind schon ein paar mehr Einzelheiten zu erkennen: bei mittleren Vergrößerungen um 70-fach erscheint der Nebel sehr hell und länglich, mit einem dunkleren Streifen und zwei helleren Sternen. Mit 4 Zoll Öffnung ist der zentrale Mehrfachstern HN 40 deutlich zu erkennen. Die beiden 8 und 10 mag hellen Komponenten befinden sich 5 bzw. 10 Bogensekunden von der Hauptkomponente entfernt. Um die markante Dunkelwolke sicher vollständig zu erfassen, benötigt man allerdings Öffnungen von 6 bis 8 Zoll. Dann erscheint der Nebel durch die Dunkelwolke nahezu in gleichen Teilen dreigeteilt. Die einzelnen Komponenten der Dunkelwolke B 85 treffen sich im Zentrum des Nebels beim Stern HN 40. Die einzelnen Staubbänder besitzen eine Breite von etwa 45 Bogensekunden. Ein Nebelfilter vom Typ UHC und O‑III kann helfen, den Kontrast der Nebelregion etwas zu steigern. Unter guten Bedingungen ist einige Bogenminuten nördlich der hellen Nebelpartie auch der Reflexionsnebel als schwacher Schimmer zu erkennen. Im 10 bis 12 Zöller sticht die Dreiteilung des Nebels, mit den dunklen Bändern, besonders gut heraus und wirkt bei mittleren Vergrößerung regelrecht plastisch, ähnlich dem fotografischen Erscheinungsbild. Der Nebel beherbergt nun ca. 25 sichtbare Sterne. Auch der Reflexionsnebel wirkt mit größerer Öffnung deutlich heller. Im östlichen Teil von M 20 sind ebenfalls schwache Reflexionsnebel erkennbar.
Der Trifidnebel ist ein typisches Objekt für die Sommermonate, wenn sich das Sternbild Schütze über den südlichen Horizont erhebt. Um Messier 20 aufzusuchen, orientieren wir uns am Lagunennebel (M 8), der sich nur 1,5° Grad südwestlich des Trifidnebels befindet. Unter einem dunklen Himmel ist der Lagunennebel bereits mit dem bloßen Auge zu sehen. Wir orientieren uns an der Teekannenfigur des Sternbilds Schütze. Am Deckel der Teekanne, die aus den Sternen Kaus Borealis (Lambda Sgr, 2,8 mag), Kaus Media (Delta Sgr, 2,7 mag) und Theta Sgr (3,2 mag) gebildet wird, verlängern wir die Verbindungslinie zwischen Theta und Gamma Sgr (3,0 mag) knapp 6° in Richtung Nordwesten. Wir können aber auch von Lambda Sgr ausgehen und das Teleskop 6° nach Norden schwenken, bis wir auf den Lagunennebel stoßen. Der Trifidnebel befindet sich unmittelbar nordwestlich dieses Nebelgebiets und direkt südlich einer auffälligen Raute aus 6 bis 7 mag hellen Sternen.
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Steckbrief für Messier 20
Objektname | Messier 20 |
Katalogbezeichnung | NGC 6514, OCL 23, LBN 27 |
Eigenname | Trifidnebel, Trifid Nebula |
Typ | Emissionsnebel, EN+OCL |
Sternbild | Schütze (Sagittarius) |
Rektaszension (J2000.0) | 18h 02m 18,0s |
Deklination (J2000.0) | -23° 02′ 00″ |
V Helligkeit | 6,3 mag |
Flächenhelligkeit | 13,0 mag |
Winkelausdehnung | 45,0′ x 30,0′ |
Anzahl der Sterne | 67 |
Hellster Stern | 6,0 mag |
Durchmesser | 40 Lichtjahre |
Entfernung | 5.200 Lichtjahre |
Beschreibung | vB,vL,Trifid,D* inv; Trifid nebula;sev dark lanes;H IV 41 & V 10;D* HN 40 invl |
Entdecker | Guillaume Le Gentil, 1747 |
Sternatlanten | Cambridge Star Atlas: Chart 12 & 18 Interstellarum Deep Sky Atlas: Chart 78, 79, D6 Millennium Star Atlas: Charts 1391–1392 (Vol III) Pocket Sky Atlas: Chart 67 Sky Atlas 2000.0: Chart 22 Uranometria 2nd Ed.: Chart 145 |