Objekte des Monats: Carolines Sternhaufen NGC 2360

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Der offe­ne Stern­hau­fen NGC 2360, im süd­li­chen Stern­bild Gro­ßer Hund (Canis Major), wur­de am 23. Febru­ar 1783 von der deut­schen Astro­no­min Caro­li­ne Lucre­tia Her­schel – der jün­ge­ren Schwes­ter von Fried­rich Wil­helm Her­schel – mit einem klei­nen Refrak­tor ent­deckt. Das Objekt trägt daher inof­fi­zi­ell den Namen „Caroline‘s Clus­ter“ (Caro­li­nes Stern­hau­fen), wie auch der Stern­hau­fen NGC 7789 im nörd­li­chen Stern­bild Cas­sio­peia. Es war übri­gens ihre ers­te Ent­de­ckung eines Deep-Sky-Objekts. Sie beschrieb ihn als hüb­schen Hau­fen, mit dicht ste­hen­den Ster­nen, von einem hal­ben Grad Durch­mes­ser. Ihr berühm­ter Bru­der nahm den Stern­hau­fen schließ­lich am 4. Febru­ar 1786 in sei­nen Kata­log der 1.000 Stern­hau­fen und Nebel auf und nann­te sei­ne Schwes­ter als Ent­de­cke­rin des Objekts. Und auch im „Cald­well-Kata­log“ von Sir Patrick Cald­well-Moo­re ist der Stern­hau­fen als Cald­well 58 verzeichnet.

Ein heller Sternhaufen südlich des Himmelsäquators

Der Stern­hau­fen, der bereits in han­dels­üb­li­chen Fern­glä­sern zu sehen ist, hat eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 7,2 mag und einen Durch­mes­ser von 13 Bogen­mi­nu­ten. In einem klei­nen Tele­skop ist NGC 2360 ein abso­lut spek­ta­ku­lä­rer Hau­fen aus schwa­chem Ster­nen­staub. Er befin­det sich süd­lich des Him­mels­äqua­tors, knapp 8° ost­nord­öst­lich des hells­ten Sterns unse­res Him­mels, Siri­us. Des­halb steigt er bei uns nie sehr hoch über den Hori­zont. Dank sei­ner nörd­li­che­ren Lage ist NGC 2360 in unse­ren Brei­ten leich­ter zu errei­chen als die offe­nen Stern­hau­fen Mes­sier 41 und NGC 2362 im sel­ben Stern­bild. Der Hau­fen befin­det sich in einem stern­rei­chen Gebiet unse­rer Milch­stra­ße, so dass sein schein­ba­rer Durch­mes­ser am Him­mel von Beob­ach­ter zu Beob­ach­ter stark schwankt.

Sternhaufen
Die Win­ter­milch­stra­ße im Grenz­be­reich der Stern­bil­der Pup­pis und Canis Major mit zahl­rei­chen offe­nen Stern­hau­fen – Auf­nah­me Gün­ter Kersch­hu­ber, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Die Ent­fer­nung zu NGC 2360 wird in der astro­no­mi­schen Lite­ra­tur mit 3.725 Licht­jah­ren und sein Durch­mes­ser mit 15 Licht­jah­ren ange­ge­ben. Eini­ge Quel­len geben die Ent­fer­nung des Stern­hau­fens mit 6.000 Licht­jah­ren sogar fast dop­pelt so groß an. Die mehr als 50 bis 60 visu­ell sicht­ba­ren Hau­fen­mit­glie­der haben alle ein hohes Alter von etwa 1,3 bis 2,2 Mil­li­ar­den Jah­ren erreicht. Die hells­ten Ster­ne in NGC 2360 sind Rote Rie­sen der Spek­tral­klas­se K mit 1,8 bis 1,9 Son­nen­mas­sen. Der Stern HD 56405 am West­rand des Hau­fens, mit einer Hel­lig­keit von 5,5 mag, ist kein ech­tes Mit­glied von NGC 2360 und steht im Vor­der­grund. Auch der zweit­hells­te Stern in die­sem Bereich, HD 56847 mit einer Hel­lig­keit von 8,96 mag, ist eben­falls kein ech­tes Mit­glied des Stern­hau­fens. Die hells­ten Ster­ne gehö­ren zur 10. Grö­ßen­klas­se, der Rest zur 11. bis 12. Größe.

NGC 2360 in einer Auf­nah­me des Slo­an Digi­tal Sky Sur­vey – Cre­dit: Slo­an Digi­tal Sky Sur­vey, CC BY 4.0, via Wiki­me­dia Commons

Im Jahr 1968 wur­den zwei mög­li­che „Blaue Nach­züg­ler“ (Blue Stragg­lers) ent­deckt, die häu­fig in Kugel­stern­hau­fen zu fin­den sind. Sie erschei­nen deut­lich hel­ler und jün­ger als die ande­ren Ster­ne in sei­ner Umge­bung. Wahr­schein­lich ent­stan­den sie in einem engen Dop­pel­stern­sys­tem durch einen Mate­rie­trans­port auf einen ihren Beglei­ter. Offi­zi­ell sind der­zeit vier Blaue Nach­züg­ler in dem Stern­hau­fen bekannt. Die Gesamt­mas­se des Stern­hau­fens wird auf 1.800 Son­nen geschätzt. Die Raum­son­de Gaia hat 332 Mit­glie­der des Hau­fens iden­ti­fi­ziert, sein Alter auf 891 Mil­lio­nen Jah­re und sei­ne Ent­fer­nung zu 982±132 Par­sec (1 Par­sec = 3,26 Lj) bestimmt. Somit ist der Stern­hau­fen unge­fähr nur noch halb so alt und liegt der Erde rund 500 Licht­jah­re näher wie ihn älte­re Quel­len verzeichnen.

Beobachtung

NGC 2360 ist auf­grund sei­ner Hel­lig­keit ein schö­nes Objekt für Fern­glä­ser und klei­ne Tele­sko­pe. Durch sei­ne rela­tiv gro­ße Flä­chen­hel­lig­keit ist der Stern­hau­fen auch bei licht­ver­schmutz­tem Him­mel noch gut zu sehen. In einem 7x50 oder 10x50 Feld­ste­cher erscheint NGC 2360 als run­der, hel­ler Licht­fleck vor dem dra­ma­tisch rei­chen Ster­nen­feld der Win­ter­milch­stra­ße. In einem Tele­skop mit 2 ½ bis 3‑Zoll Öff­nung und mitt­le­ren Ver­grö­ße­run­gen ist der Stern­hau­fen bereits in ein­zel­ne Ster­ne auf­ge­löst. Er erscheint vor einem Schlei­er aus unauf­ge­lös­ten Mit­glie­dern. Bei mitt­le­ren Ver­grö­ße­run­gen sind bereits Dut­zen­de von Ster­nen sicht­bar, die sich auf einer Flä­che von etwa 14 Bogen­mi­nu­ten Durch­mes­ser grup­pie­ren. Mit einem 4 bis 6‑Zoll Tele­skop las­sen sich bereits 30 bis 45 Ster­ne etwa glei­cher Hel­lig­keit und Far­be erken­nen. Sie ord­nen sich in gebo­ge­nen Stern­ket­ten an. Das Zen­trum erscheint ellip­tisch und der Stern­hau­fen eher drei­eckig mit einer Spit­ze, die in Rich­tung SSO zeigt. Am öst­li­chen Rand befin­det sich ein 9 mag hel­ler Stern. Bei 100-facher Ver­grö­ße­rung erkennt man eine Drei­er­grup­pe von Ster­nen im Zen­trum und einen von Ost nach West ver­lau­fen­den Stern­bal­ken. Der Bal­ken hat drei oder vier hori­zon­ta­le Rei­hen von Ster­nen. Ein auf­fäl­li­ger Sporn knickt nach Süd­os­ten ab.

Canis Major
Das Stern­bild Gro­ßer Hund (Canis Major) am Winterhimmel

Bei 8 bis 10-Zoll Öff­nung und höhe­rer Ver­grö­ße­rung ver­liert der Stern­hau­fen noch nicht sei­nen Hau­fen­cha­rak­ter. Die Ster­ne erschei­nen nun deut­lich hel­ler und heben sich bes­ser vom stern­rei­chen Hin­ter­grund unse­rer Gala­xis ab. Er erscheint nun fast drei­di­men­sio­nal. Die hells­ten Mit­glie­der kon­zen­trie­ren sich im nörd­li­chen Teil des Hau­fens. Am Ost­rand erscheint der Milch­stra­ßen­hin­ter­grund so dicht, dass man Schwie­rig­kei­ten haben könn­te zu bestim­men, wo der Hau­fen endet. Beson­ders auf­fäl­lig sind die drei par­al­le­len Stern­ket­ten am Rand von NGC 2360. Die nun mit Ster­nen über­sä­ten Arme ragen aus dem Kern her­aus und bil­den ein leicht seit­lich erschei­nen­des X. Im Zen­trum sind zwei dunk­le­re Berei­che zu erken­nen. In wirk­lich kla­ren und dunk­len Näch­ten erscheint der gesam­te Stern­hau­fen von inten­si­ven schwar­zen Ris­sen durch­zo­gen. Nur 5° nord­öst­lich von NGC 2360 steht auch das berühm­te Stern­hau­fen­paar Mes­sier 46 und Mes­sier 47.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für NGC 2360 – erstellt mit SkytechX

NGC 2360 ist am bes­ten in den Win­ter­mo­na­ten zu beob­ach­ten, wenn das Stern­bild Canis Major mit Siri­us im Süden kul­mi­niert. Er befin­det sich etwa 2 ½ Grad west­lich der Gren­ze zum Stern­bild Pup­pis. Der Stern­hau­fen liegt nur 3 ½ Grad öst­lich von Muli­phein (Gam­ma CMa, 4,1 mag) und weni­ger als ein Grad nord­öst­lich des bede­ckungs­ver­än­der­li­chen Sterns R Canis Majo­ris (5,7 mag). Wir stel­len Gam­ma in die Mit­te des Suchers ein und schwen­ken das Tele­skop 3° in Rich­tung Osten. Dort befin­det sich ein Stern der 5. Grö­ßen­klas­se. Die­ser Stern mar­kiert eine sehr dün­ne, rau­ten­för­mi­ge Stern­grup­pe von 3 x 1 Grad Aus­deh­nung mit Gam­ma CMa an ihrem west­li­chen Ende. Die Rau­te zeigt direkt auf den Stern­hau­fen. NGC 2360 steht direkt öst­lich die­ses Sterns und ein paar Bogen­mi­nu­ten von einem 9 mag hel­len Stern ent­fernt. Der Hau­fen ist bereits im Sucher­te­le­skop gut zu erkennen.

Auf­such­kar­te Caro­li­nes Stern­hau­fen (NGC 2360) (106,2 KiB, 41 hits)

Steckbrief für NGC 2360

Daten und Fak­ten für Caro­li­nes Stern­hau­fen (NGC 2360) im Gro­ßen Hund (Canis Major)
Objekt­na­meNGC 2360
Kata­log­be­zeich­nungCol­lin­der 134, Melot­te 64, Raab 51, OCL 589
Eigen­na­meCaro­li­nes Stern­hau­fen, Caroline’s Cluster
Typoffe­ner Stern­hau­fen, II 2 m
Stern­bildGro­ßer Hund (Canis Major)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)07h 17m 43,1s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)-15° 38′ 29″
V Hel­lig­keit7,2 mag
Win­kel­aus­deh­nung14,0′
Anzahl der Sterne80
Hells­ter Stern10,4 mag
Durch­mes­ser15 Licht­jah­re
Ent­fer­nung3.725 Licht­jah­re
Beschrei­bungH VII 12; Cl,vL,Ri,pC,st9…12
Ent­de­ckerCaro­li­ne Her­schel, 1783
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 9 & 15
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 72
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 321–322 (Vol I) 
Pocket Sky Atlas: Chart 27
Sky Atlas 2000: Chart 12
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 135

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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