NGC 188 ist ein offener Sternhaufen im nördlichen Sternbild Kepheus (Cepheus). Er wurde am 3. November 1831 von dem britischen Astronomen John Herschel, dem Sohn von Friedrich Wilhelm Herschel, mit Hilfe seines 18,3 Zoll großen Spiegelteleskops entdeckt. Er beschrieb ihn als sehr großen und ziemlich reichhaltigen Haufen von 100 bis 200 Sternen, der das gesamte Gesichtsfeld komplett ausfüllt. Herschel nahm ihn im Jahr 1833 als h34 in seinen Katalog auf. Im Jahr 1864 trug er ihn als GC92 in seinen Gesamtkatalog ein. Der dänische Astronom John L.E. Dreyer verzeichnete den Sternhaufen im Jahr 1888 in seinen „New General Catalogue“ als NGC 188. Des Weiteren ist NGC 188 als erstes Objekt in Sir Patrick Moores Caldwell-Katalog gelistet. Weniger bekannt ist dagegen sein Eigenname aufgrund seiner Nähe zum nördlichen Himmelspol: „Polarissima Cluster“.
Einer der ältesten offenen Sternhaufen unserer Galaxis
Bei NGC 188 handelt es sich um einen lockeren und besonders alten offenen Sternhaufen. Er zählt zu den ältesten unseres eigenen Milchstraßensystems. Ferner gilt er mit einer Deklination von +85° als der nördlichste aller galaktischen Sternhaufen. Denn er befindet sich nur 4 ¾ Grad vom nördlichen Himmelspol entfernt. Aus diesem Grund ist er von Mitteleuropa aus das ganze Jahr hindurch zu beobachten. Mit einer Helligkeit von 8,1 mag und einer Ausdehnung von 15 Bogenminuten am Himmel, die dem halben scheinbaren Durchmesser des Vollmondes entspricht, ist der 5.400 Lichtjahre entfernte Haufen nur in lichtstarken Ferngläsern und Teleskopen auffindbar. Sein wahrer Durchmesser wird mit 11,8 Lichtjahren angegeben. Die hellsten Sterne von NGC 188 besitzen Helligkeiten um 12 bis 14 mag und sind deshalb nur mittelgroßen Teleskopen vorbehalten.
Altersschätzungen für den Sternhaufen reichen zwischen 5 bis 6,8 Milliarden Jahre. Er wäre damit deutlich älter als Messier 67 im Sternbild Krebs und unsere eigene Sonne, aber nicht der älteste offene Sternhaufen unserer Galaxis. Der offene Haufen NGC 6791, im Sternbild Leier, ist mit einem Alter von 8 Milliarden Jahre sogar noch deutlich älter. Zum Vergleich beträgt das Alter der berühmten Plejaden (Messier 45) im Sternbild Stier gerade einmal 115 Millionen Jahre. Der Sternhaufen steht räumlich gesehen weiter vom Zentrum unserer Galaxis entfernt als die Sonne. Aufgrund seiner Lage in der Nähe des nördlichen Himmelspols ist er ein dankbares Objekt für wissenschaftliche Untersuchungen. Denn nur wenig vorgelagerte Staubmassen trüben den Blick auf NGC 188. Normalerweise lösen sich offene Sternhaufen, aufgrund von gravitativen Störungen der Mitgliedssterne unserer Milchstraße, schon nach wenigen 100 Millionen Jahren auf. NGC 188 befindet sich aber so weit oberhalb der galaktischen Ebene, ca. 1.800 Lichtjahre, dass seine rund 550 Mitgliedssterne von größeren Störungen der mit Sternen dichter besiedelten galaktischen Scheibe verschont geblieben sind. Die typische Lebensdauer für Sternhaufen in der galaktischen Ebene beträgt nämlich nur mehrere 100 Millionen Jahre.
Die meisten offenen Sternhaufen der Milchstraße enthalten zumeist hunderte helle und junge blaue Sterne. Die massereichsten von ihnen verbrennen schnell ihren primären Wasserstoffvorrat. Sie entwickeln sich schon sehr bald zu roten Riesensternen, die entweder in Supernovaexplosionen vergehen oder sich zu leuchtschwachen Weißen Zwergen entwickeln. Aus diesem Grund enthalten alte Sternhaufen keine massereichen, leuchtkräftigen Sterne mehr. Sie werden nur noch von alten und vergleichsweise recht lichtschwachen gelben und roten Sternen dominiert. Der heißeste Hauptreihenstern im Haufen besitzt den Spektraltyp F2. Die 10 hellsten Sterne von NGC 188 sind gelbe Riesen vom Spektraltyp G8 bis K4, mit absoluten Helligkeiten zwischen 0 bis +2 mag. Das entspricht einer Leuchtkraft von 45 Sonnen. Im Schnitt besitzen die in mittleren Teleskopen sichtbaren Hauptreihensterne nur noch Massen um 1,25 Sonnenmassen. Die Gesamtmasse des Haufens wird mit 620 Sonnenmassen angegeben. In den nächsten paar Milliarden Jahren werden seine Sterne langsam auseinanderdriften und der Sternhaufen sich vollständig auflösen.
Beobachtung
Unter einem wirklich dunklen Landhimmel ist NGC 188 bereits in einem 10x50 Feldstecher andeutungsweise als schwacher Lichtfleck zu erahnen. Unter Zuhilfenahme eines 16x70 Fernglases ist er deutlich besser sichtbar. Allerdings ist der Sternhaufen selbst mit 3 bis 4‑Zoll Öffnung recht schwierig zu finden, aufgrund seiner geringen Flächenhelligkeit. Im Regelfall erkennt man im Fernrohr nur eine schwaches Wölkchen, das von helleren Vordergrundsternen umrahmt wird. Mit 6 bis 8‑Zoll Öffnung und einer Vergrößerung von 45-fach erkennt man eine leicht ovale Sternenwolke, die zunächst nicht aufgelöst werden kann. Bei höherer Vergrößerung um 100-fach zeigen sich ungefähr 30 bis 40 schwache Einzelsterne der 13. Größenklasse und schwächer vor einem milchigen Hintergrundleuchten. Mit 10 bis 12-Zoll großen Teleskopen und mittleren Vergrößerungen ist der Anblick spektakulär. Nun sind rund 100 schwache Sterne zu erkennen, die über das gesamte Gesichtsfeld gleichmäßig verteilt sind. Eine Kondensation der Sterndichte zur Mitte hin ist nicht zu erkennen. Die Sterne im nördlichen Bereich des Haufens sind schwächer als die im Süden. Die Sterne bilden zahlreiche gekrümmte Linien und Haken. In der nördlichen Hälfte ist auch eine dunkle Spur zu erkennen, die von Ost nach West verläuft. Die Spur krümmt sich an beiden Enden in Richtung Süden zwischen zwei Sternketten ähnlicher Helligkeit hindurch. Noch größere Fernrohre zeigen nicht unbedingt mehr Details. Der Haufen erscheint eher als eine sehr lose, zufällige und undeutliche Ansammlung von entfernten Sonnen. Die Sterndichte wird zum Zentrum hin leicht größer und es finden sich Sternklumpen und sternärmere Stellen im Haufen.
Der Sternhaufen ist für Beobachter von der Nordhalbkugel aus zirkumpolar und das gesamte Jahr auffindbar. Um NGC 188 aufzusuchen, stellen wir den Polarstern (Alpha UMi) in die Suchermitte ein, der sich etwa 4° von NGC 188 entfernt befindet. Nun schwenken wir das Teleskop in Richtung des Sternbilds Kassiopeia, bis der 4,3 mag helle Stern SAO 181 ins Gesichtsfeld gelangt. Anschließend schwenken wir nur noch ein Grad in Richtung Süden, bis ein schwaches Wölkchen bei niedriger Vergrößerung im Sucher auftaucht.
Aufsuchkarte Polarissima Cluster (NGC 188) (108,7 KiB, 277 hits)
Steckbrief für NGC 188
Objektname | NGC 188 |
Katalogbezeichnung | Collinder 6, Melotte 2, Raab 1, OCL 309 |
Eigenname | Polarissima Cluster |
Typ | offener Sternhaufen, II 2 r |
Sternbild | Kepheus (Cepheus) |
Rektaszension (J2000.0) | 00h 47m 28,0s |
Deklination (J2000.0) | +85° 15′ 18″ |
V Helligkeit | 8,1 mag |
Flächenhelligkeit | 12,0 mag |
Winkelausdehnung | 15,0′ |
Anzahl der Sterne | 20 |
Hellster Stern | 12,1 mag |
Durchmesser | 12 Lichtjahre |
Entfernung | 5.400 Lichtjahre |
Beschreibung | Cl,vL,R,150–200 st 10…18 |
Entdecker | John Herschel, 1831 |
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