NGC 1647 ist ein heller und ausgedehnter offener Sternhaufen im Sternbild Stier (Taurus). Er wurde am 15. Februar 1784 von dem deutsch-britischen Astronomen Friedrich Wilhelm Herschel entdeckt. Er beschrieb ihn als „eine Ansammlung von Sternen von beträchtlicher Größe, sehr grob verstreut“. Johan Ludvig Emil Dreyer nahm ihn im Jahr 1888 als NGC 1647 in den „New General Catalogue“ auf, wobei er die Beschreibung von Herschels Sohn John übernahm: „Haufen, sehr groß, Sterne groß, verstreut“. Stephen James O’Meara, Herausgeber der amerikanischen Fachzeitschrift Astronomy, gab NGC 1647 den Namen „Pirate Moon Cluster“. Er ist auch unter dem weniger bekannten Eigennamen „The Crab Cluster“ bekannt.
Ein junger Sternhaufen in kosmischer Nachbarschaft
NGC 1647 befindet sich in einer abwechslungsreichen Himmelsregion im Stier mit einigen interessanten Sternhaufen und Nebeln. Diese Himmelsregion wird als „Goldenes Tor der Ekliptik“ bezeichnet. Der ausgedehnte Sternhaufen befindet sich knapp 4° nordöstlich des Hauptsterns Aldebaran in der Nähe der weitaus bekannteren Sternhaufen Hyaden – auch „Regengestirn“ genannt – und des „Siebengestirns“ der Plejaden. Wegen seiner Nähe zu seinen berühmten Nachbarn wird er jedoch viel zu wenig von Amateurastronomen beobachtet und oft übersehen. NGC 1647 besitzt eine scheinbare Helligkeit von 6,4 mag und besteht aus etwa 200 Sternen, die über eine Fläche von 45 Bogenminuten am Himmel verteilt sind. Seine Fläche entspricht etwa dem 1 ½‑fachen Durchmesser des Vollmondes am Himmel. Aus diesem Grund erscheinen seine Mitglieder, die eine mittlere Helligkeit zwischen der 9. und 12. Größenklasse aufweisen, weit verstreut.
NGC 1647 wahrer Durchmesser wird in der astronomischen Literatur meist mit 23 Lichtjahren und seine Masse mit gut 1.000 Sonnenmassen angegeben. Mit einer Entfernung von gut 1.750 Lichtjahren befindet sich der Sternhaufen noch in unserer unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft. Der Sternhaufen ähnelt dem „Ptolemaeus Cluster“ (Messier 7) im südlichen Sternbild Skorpion sowohl in seinem Alter als auch in seiner tatsächlichen physikalischen Ausdehnung. Stünde NGC 1647 uns 1.000 Lichtjahre näher, wäre er genauso auffällig wie M 7. Der Sternhaufen befindet sich direkt hinter dem 521 Lichtjahre entfernten Taurus Dunkelnebelkomplex. Die scheinbare Helligkeit des Haufens wird durch die Extinktion des interstellaren Mediums um etwa eine Größenklasse abgeschwächt. Trotzdem ist NGC 1647 ein leichtes Objekt für jedes Fernglas.
Mit einem geschätzten Alter von nur 150 Millionen Jahren gilt das Objekt als jung, etwa so alt wie die Plejaden und etwa 400 Millionen Jahre jünger als die Hyaden. Neben den 200 Mitgliedssternen wurden auch zwei kühle Rote Zwergsterne der Spektralklasse M gefunden. Die Sterne bedecken sich regelmäßig und besitzen eine Masse von jeweils einer halben Sonnenmasse. Aufgrund der Doppelsternnatur lassen sich die Massen der beiden Sterne sehr gut bestimmen und das Alter des Sternhaufens recht gut eingrenzen. Die hellsten Hauptreihensterne sind vom Spektraltyp B7 und konzentrieren sich auf den zentralen Bereich von ungefähr 15 Bogenminuten Ausdehnung. Eine zentrale Konzentration der Mitgliedssterne in Richtung Haufenzentrum ist nicht erkennbar.
Beobachtung
Die große, etwas spärlich anmutende Ansammlung von Sternen ist im Fernglas deutlich besser zu sehen als im Teleskop. Und unter einem dunklen Himmel ist der Sternhaufen gerade noch mit bloßem Auge zu erkennen. Er erscheint dem unbewaffneten Auge als wabernder Halo aus gleichmäßigem Licht mit einem gesprenkelten Kern. Mit einem handelsüblichen 7x50 Feldstecher, unter einem dunklen Landhimmel, erscheint NGC 1647 als geisterhafter, blasser Nebelfleck, größer als der Vollmond, in dem indirekt bereits einzelne Sterne an der Nachweisgrenze zu erkennen sind. In guten Nächten kann man etwa 15 Sterne entdecken. Mit meinem Fujinon 10x70 Feldstecher erhöht sich die Zahl der Mitgliedssterne auf 25 bis 30. Im 3 bis 4‑Zoll Refraktor, bei geringer Vergrößerung von 50 bis 60-fach, erscheinen bereits einige Dutzend Sterne der 9. Größenklasse. Diese sind recht locker über das gesamte Gesichtsfeld verteilt. Der Sternhaufen erscheint nun recht ausgedehnt, so dass bei höheren Vergrößerungen der Haufencharakter bereits verloren geht. Auffällig ist eine Art Sternenkette aus hellen Mitgliedssternen, die von Nordosten nach Südwesten verläuft und das Haufenzentrum schneidet. Das Zentrum selbst erscheint dreieckig.
Unmittelbar südlich des Sternhaufens befindet sich ein hübscher Doppelstern mit einer orange leuchtenden Komponente von etwa 6. Größe. Auch im Sternhaufen selbst wimmelt es von Doppel- und Dreifachsternen. Einige Bogenminuten nördlich des Zentrums steht der Doppelstern AG 311, der aus zwei 9 mag hellen Komponenten besteht, in 32 Bogensekunden Abstand. Bei 6 bis 8‑Zoll Öffnung sind etwa 50 bis 60 Einzelsterne der 9. und 12. Größenklasse zu sehen, die sich eher im südlichen Teil von NGC 1647 konzentrieren. Sie laufen entlang gekrümmter Sternketten, die sich spiralförmig um das Zentrum winden. Auch Bögen und Klumpen sind zu sehen. Man sollte mit dieser Öffnung nicht mehr als 30-fach vergrößern. Ab 10-Zoll Öffnung wird es zudem immer schwieriger, NGC 1647 vom Himmelshintergrund zu lösen. Der Sternhaufen verschmilzt förmlich mit dem Sternenhintergrund. Bei noch größerer Öffnung ist der Sternhaufen nicht mehr als solcher zu erkennen.
Am besten lässt sich der offene Sternhaufen in den Herbst- und Wintermonaten beobachten, wenn das Sternbild Stier hoch am Himmel steht. Um NGC 1647 zu finden, stellen wir den Hauptstern Aldebaran (Alpha Tau, 0,9 mag) in die Mitte des Suchers ein. Nun schwenken wir das Teleskop um etwa 3 ½ Grad nach Nordosten. Jetzt sollte der Sternhaufen, am westlichen Ende einer Sternenkette von 6 mag hellen Sternen und nördlich eines auffälligen Feldsterns der 6. Größenklasse, bereits im Sucher zu sehen sein. Wir finden ihn auch, wenn wir Aldebaran an den südwestlichen Rand des Sucherfeldes verschieben. Der Sternhaufen befindet sich nun etwa in der Mitte des Gesichtsfeldes eines schwach vergrößernden Okulars.
Aufsuchkarte NGC 1647 (103,6 KiB, 23 hits)
Steckbrief für NGC 1647
Daten und Fakten für den offenen Sternhaufen NGC 1647 im Stier (Taurus)Objektname | NGC 1647 |
Katalogbezeichnung | Collinder 54, Melotte 26, Raab 18OCL 333 |
Eigenname | The Crab Cluster, Pirate Moon Cluster |
Typ | offener Sternhaufen, III 2 m |
Sternbild | Stier (Taurus) |
Rektaszension (J2000.0) | 04h 45m 54,0s |
Deklination (J2000.0) | +19° 06′ 00″ |
V Helligkeit | 6,4 mag |
Winkelausdehnung | 40,0′ |
Anzahl der Sterne | 200 |
Hellster Stern | 8,6 mag |
Durchmesser | 23 Lichtjahre |
Entfernung | 1.750 Lichtjahre |
Beschreibung | H VIII 8; Cl,vL,st L,sC |
Entdecker | Friedrich Wilhelm Herschel, 1784 |
Sternatlanten | Cambridge Star Atlas: Chart 3 & 9 Interstellarum Deep Sky Atlas: Chart 49 Millennium Star Atlas: Charts 183–184 (Vol I) Pocket Sky Atlas: Chart 14 Sky Atlas 2000: Chart 5 Uranometria 2nd Ed.: Chart 77 |
[…] des Hauptsterns Aldebaran in der Nähe der weitaus bekannteren Sternhaufen Hyaden – auch „Regengestirn“ genannt – und des „Siebengestirns“…