Messier 8 (NGC 6523) im Sternbild Schütze (Sagittarius) wurde vor dem Jahr 1654 von dem sizilianischen Astronomen Giovanni Battista Hodierna als erster beobachtet und im Jahr 1680 von dem britischen Astronomen John Flamsteed wiederentdeckt, der wahrscheinlich auch den in ihm eingebetteten offenen Sternhaufen NGC 6530 zum ersten mal beschrieb. Am 23. Mai 1764 wurde der Nebel, zusammen mit dem Sternhaufen, von dem französischen Astronomen Charles Messier beobachtet. Dieser nahm das Objekt als Nummer 8 in seinen berühmten Nebelkatalog auf. Er beschrieb in seiner Beobachternotiz den länglichen Sternhaufen, mit seiner großen Anzahl schwacher Sterne, der in einem schwachen Nebel eingebettet zu sein schien, sowie einen besonders hellen Stern, der aus einem Nebel herausstach. Der schweizer Astronom Jean-Philippe de Chéseaux beobachtete den Sternhaufen im Jahr 1746 und konnte ihn ebenfalls in einzelne Sterne auflösen, bevor der französische Astronom Guillame Le Gentil den Nebel sowie den Sternhaufen 1747 schließlich unabhängig von den Vorbeobachtern wiederentdeckte. Beobachtungen des deutsch-britische Astronom Wilhelm Herschel führten im Jahr 1784 zu weiteren Entdeckungen einzelner Nebelteile, die im NGC-Katalog sogar eigene Bezeichnungen bekamen. Der südlichste Teil von Messier 8 sowie der irreguläre östliche Teil sind unter der Bezeichnung NGC 6526 und NGC 6533 katalogisiert. Sein Sohn John beschrieb den Nebel im Jahr 1830 detaillierter und bemerkte auch ein helleres Gebiet in M 8, der heutzutage als „Sanduhrnebel“ bzw. „Stundenglasnebel“ (Hourglass Nebula) bekannt ist. Der Name Lagunennebel (Lagoon Nebula) geht auf die amerikanische Astronomin Agnes M. Clerke aus ihrem Werk „The System of Stars“ zurück, die im Jahr 1890 eine bogenförmige Dunkelregion im Nebel beschrieb, die den östlichen Teil, mit dem Sternhaufen, vom helleren Nebelteil trennte.
Ein großes Sternentstehungsgebiet in der Milchstraße
Die große aktive Sternentstehungsregion Messier 8 befindet sich, zusammen mit dem sehr jungen Sternhaufen NGC 6530, ungefähr 5.200 Lichtjahre von der Erde entfernt und ist der größte und hellste Nebel im südlichen Sternbild Schütze. Diese Entfernungsangabe ist aber nach wie vor mit großen Unsicherheiten behaftet, weil in der Literatur auch Entfernungen von 4.100 bzw. 6.000 Lichtjahre angegeben werden. Der Emissionsnebel, der auch einige Reflexionsnebel enthält, ist mit einer scheinbaren Helligkeit von 5,0 mag an sehr dunklen Standorten – zum Beispiel von Namibia aus – bereits sehr leicht mit dem bloßen Auge zu erkennen. Obwohl der Nebel schon bei kurz belichteten Aufnahmen deutlich rötlich erscheint, erscheint er dem unbewaffneten Auge nur als grau-weißer Nebelfleck, weil das menschliche Sehen bei schlechten Sichtverhältnissen eine schlechte Farbempfindlichkeit aufweist. Der Lagunennebel besitzt einen scheinbaren Durchmesser von 90 x 40 Bogenminuten, was die 3‑fache Ausdehnung des Vollmondes entspricht. Auf die Entfernung zur Erde gerechnet beträgt sein wahrer Durchmesser demzufolge ungefähr 160 x 60 Lichtjahre. Das ist ein Vielfaches der Größe des berühmten Orionnebels (Messier 42/43), der sich in der entgegengesetzten Richtung des Himmels, inmitten der Wintermilchstraße befindet. Man vermutet, dass im Lagunennebel genug Gas vorhanden ist, um weitere 1.000 Sterne zu bilden.
Die mit Abstand hellste Region im Lagunenenebel ist eine 30 Bogensekunden große und helle Struktur, die von John Herschel als Stundenglasnebel (NGC 6523/6530) bezeichnet wurde. Dort findet zur Zeit die heftigste Sternentstehung statt. Der heiße und nur 10.000 Jahre alte Stern Herschel 36, mit der Spektralklasse O7 und einer Helligkeit von 9,5 Größenklassen, ionisiert mit seiner ultravioletten Strahlung das Wasserstoffgas in unmittelbarer Nähe dieses Nebelgebiets. Dieses tritt mit dem relativ dichten und kühleren Gas in Wechselwirkung. Dadurch werden Strukturen erzeugt, die wie interstellare „Tornados“ erscheinen. Durch die Temperaturunterschiede in den Nebelmassen und aufgrund der intensiven UV-Strahlung der umgebenden Sterne, wurden weitere Strukturen erzeugt, die aus der Nebelmasse wie herausgeschält wirken. Diesen Vorgang nennt man Photoevaporation. Es wird geschätzt, dass der Stundenglasnebel das gleiche Alter wie Herschel 36 besitzt und etwa ein halbes Lichtjahr breit ist. Innerhalb des Staubbandes dieser Nebelregion steht ein weiterer Stern, der nur im Infraroten sichtbar ist. 1998 wurde unweit dieser Nebelstruktur eine protostellare Wolke gefunden, die den Proplyds im Orionnebel ähnlich sieht. Wahrscheinlich entsteht dort zur Zeit ein neues Planetensystem.
Hochaufgelöste Fotos des Lagunennebels zeigen mehrere kollabierende dunkle protostellare Wolken, die so genannten Bok-Globulen. Durch die eigene Schwerkraft fällt Materie in sich zusammen und bildet Protosterne, die sich später zu jungen Hauptreihensternen entwickeln. Sie befinden sich momentan im letzten Stadium ihrer Entwicklung. Einige dieser Globulen wurden von dem amerikanischen Astronomen E. E. Barnard entdeckt und in seinem Katalog der Dunkelnebel katalogisiert. Meist besitzen diese protostellaren Wolken Durchmesser von rund 10.000 Astronomische Einheiten oder mehr. Sie stechen als kleine schwarze Flecken auf Fotos heraus. Im Jahr 2006 wurden auch die ersten Herbig-Haro-Objekte im Stundenglasnebel entdeckt, die den ersten direkten Beweis für die aktive Sternentstehung durch Akkretion in dieser Geburtsstätte für neue Sterne lieferten. Diese Objekte sind kleine Nebelflecken die entstehen, wenn Gas, das von neu gebildeten Sternen an ihren Polen ausgestoßen wird, mit hoher Geschwindigkeit mit anderen Nebelteilen kollidieren. Im Jahr 2011 wurden Dutzend weitere Herbig-Haro-Objekte im Lagunennebel gefunden.
Auf länger belichteten Aufnahmen dieser Region erkennt man in Richtung Osten einen schwächeren Teil des Lagunennebels, der mit IC 4678 ebenfalls eine eigene Katalognummer besitzt. Außerdem steht in der selben Himmelsregion ein weiterer heller Emissionsnebel, der sich nur ein halbes Grad nördlich von Messier 8 befindet. Dieser ist auch als Trifidnebel (Messier 20) bekannt. Insgesamt scheint M 20, zusammen mit NGC 6559 und IC 4681, Teil eines größeres Nebelkomplexes zu sein, der auch als Sagittarius OB1 Assoziation bekannt ist, zu dem auch der Lagunennebel gehört. Zu dieser Assoziation wird noch der Sternhaufen Messier 21 sowie der Stern My Sagittarii (3,9 mag) gezählt, der sich ca. 5° nordöstlich von Messier 8 befindet. Alle diese Objekte sind Mitglieder des Sagittarius-Carina-Spiralarms unserer Milchstraße.
Der junge Sternhaufen NGC 6530
NGC 6530 ist ein junger, knapp 15 Lichtjahre großer und 4,6 mag heller offener Sternhaufen, der sich im östlichen Teil des Nebelkomplexes befindet. Mit einem Durchmesser von ungefähr 14 Bogenminuten, erscheint er ungefähr halb so groß wie der Vollmond. Seine Mitgliedssterne sind eher lose und nur wenig zur Mitte des Haufens konzentriert. Der Sternhaufen enthält 113 sehr junge Sterne, die sich aus dem Material des Nebels vor weniger als 5 Millionen Jahren gebildet haben. Viele von diesen Sternen sind heiße und helle Überriesen der Spektralklasse O und B. Diese regen mit ihren energiereichen Photonen das ihnen umgebende Gas zum Leuchten an.
Als hellster Stern des Sternhaufens gilt der nur 2 Millionen Jahre alte Stern 9 Sagittarii (Spektralklasse O5, 5,97 mag). Dieser besitzt eine absolute Helligkeit von ‑10,7 mag und produziert den größten Teil der energetischen Strahlung, um den Lagunennebel im Licht des zweifach ionisierten Wasserstoffs (HII) leuchten zu lassen. Der blaue Überriese ist in Wahrheit ein Doppelstern, dessen Komponenten die 50-fach und 30-fache Masse unserer Sonne, sowie eine Leuchtkraft von mehreren 100.000 Sonnen besitzt. Er befindet sich 2,5 Bogenminuten nordöstlich des Stundenglasnebels, der hellsten Region innerhalb des Lagunennebels. Auch einige weitere O‑Sterne in der Umgebung tragen mit ihrer energiereichen Strahlung zur Anregung des Nebels bei. Im Jahr 1919 wurde mit Hilfe des 42 Zoll Reflektors am Lowell-Observatorium 18 irregulär veränderliche Sterne gefunden. Diese Sterne des T‑Tauris-Typs sind junge Sterne, die noch nicht die Hauptreihe des Hertzsprung-Russel-Diagramms erreicht haben. Diese Babysterne emittieren einen starken Sternenwind und blasen die letzte Reste des Gases in den interstellaren Raum, aus dem sie entstanden sind. Das H‑R-Diagramm von NGC 6530 ähnelt dem Weihnachtsbaumsternhaufen (NGC 2264) im Sternbild Einhorn. Beide zählen zu den jüngsten bekannten Sternhaufen unserer Milchstraße.
Beobachtung
Der Lagunennebel ist der zweithellste Gasnebel, nach dem berühmten Orionnebel, den wir von Mitteleuropa aus beobachten können. Er gehört zu den spektakulärsten Objekten des sommerlichen Sternenhimmels und ist bereits in jedem optischen Instrument ein Genuss. Unter einem dunklen Landhimmel ist Messier 8 für das unbewaffnete Auge nur schwach zu sehen. Von unseren Breiten aus gesehen erreicht M 8 nur eine Höhe von gut 16 Grad über dem Horizont, so dass oft Dunst und horizontale Lichtverschmutzung den Anblick des Nebels trüben. Er befindet sich etwas westlich der hellen Sagittarius-Sternenwolke und östlich von Messier 24, nahe des Zentrums unserer Milchstraße. Mit Hilfe eines 7x50 oder 10x50 Feldstechers erscheint M 8 als ovaler, in Ost-West-Richtung orientierter Lichtfleck, mit einem deutlich heller erscheinenden Zentralbereich. Der östliche Nebelteil erscheint etwas heller. Unter einem dunklen Himmel sind drei voneinander getrennte Sternknoten mit rund ein Dutzend Sternen sichtbar, die durch helle Nebelanteile umgeben sind. Auf der westlichen Seite des Nebels fallen zwei helle Sterne auf, wobei der hellere der beiden der besagte Überriese 9 Sgr ist. Im 3 Zöller ist der Sternhaufen in 20 Einzelsterne der 7. bis 11. Größenklasse aufgelöst. Dieser wird durch ein ovale Nebelmasse umrahmt, in dessen Zentrum sich ein dunkles Staubband, die Lagune, befindet. Es durchzieht den Nebel von Nordost nach Südwest und ist rund 2 Bogenminuten breit. Selbst mit dieser geringen Teleskopöffnung lohnt es sich bereits, mit einem UHC-Filter zu beobachten. Denn der Kontrastgewinn zum Himmelshintergrund ist beeindruckend.
Mit 4 bis 5 Zoll Öffnung erscheint die dunkle und gebogene Lagune im Nebel viel deutlicher und teilt den Nebel in zwei Teile. Diese wird von einem schwachen, strukturlosen Leuchten flankiert. Bereits mit nur 30-facher Vergrößerung sind im Sternhaufen 25 bis 30 Mitglieder sichtbar. Mit einem 6 bis 8 Zoll Teleskop ergibt sich ein deutlich differenzierter Anblick: nun sind auch einzelne Hell- und Dunkelstrukturen, Bögen und Knoten im Nebel unterscheidbar. NGC 6530 sticht mit seinen 40 bis 50 Sternen markant aus der östlichen Nebelmasse heraus. Am besten beobachtete man den Nebel mit geringen Vergrößerung zwischen 20 und 40-fach. Auch Schmalbandfilter vom Typ UHC oder ein O‑III sind hilfreich, um die Nebelanteile noch kontrastreicher erscheinen zu lassen. Mit rund 50-facher Vergrößerung sind nun zahlreichen Strukturen im Nebel deutlich zu sehen und nehmen fast das gesamte Gesichtsfeld ein. Besonders auffällig ist der südöstliche Nebelteil, der einen länglichen, hellen Nebelbalken besitzt, der von einem diffusen Glow umgeben ist. Mit 10 bis 12 Zoll Öffnung und 100 bis 150-facher Vergrößerung sticht im Zentrum der Stundenglasnebel besonders gut heraus. Hier erkennt man abwechselnd helle Nebelfelder, die durch zahlreiche Dunkelwolken unterbrochen werden. In der Lagune selber sind einige schwächere Sterne erkennbar sowie parallel verlaufende Dunkelstreifen. Ein schwaches Nebelband verläuft in Ost-West-Richtung und kreuzt das nördliche Gebiet.
Messier 8 ist aufgrund seiner Lage im südlichen Teil der Milchstraße, am besten vom Mittelmeeraum aus und vor allem südlich des Äquators von Juni bis August gut beobachtbar. Der Lagunennebel befindet sich einige Grad oberhalb und westlich des Ausguss der auffälligen Teekannenfigur des Sternbilds Schütze, sowie etwas südlich der verlängerten Linie, die durch die hellen Sterne Phi (3,2 mag) und Lambda Sagittarii (2,8 mag) gebildet werden. Man findet ihn auch, wenn man von der Verbindungslinie zwischen Antares (Alpha Sco, 1,0 mag) und Lambda Sgr ausgeht. Messier 8 steht dann etwas oberhalb dieser Strecke, knapp 6° nördlich von Gamma Sgr (3,0 mag) und in ungefähr ¼ der Distanz zum Hauptstern Antares im Skorpion.
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Steckbrief für Messier 8 & NGC 6530
Objektname | Messier 8 NGC 6530 |
Katalogbezeichnung | NGC 6523, LBN 25, Sh2-25 OCL 19, ESO 521-SC21 |
Eigenname | Lagunennebel, Lagoon Nebula |
Typ | Emissionsnebel, EN+RN offener Sternhaufen, II 2 m n |
Sternbild | Schütze (Sagittarius) |
Rektaszension (J2000.0) | 18h 03m 48,0s 18h 04m 30,9s |
Deklination (J2000.0) | -24° 23′ 00″ ‑24° 20′ 54″ |
V Helligkeit | 5,0 mag 4,6 mag |
Flächenhelligkeit | 13,0 mag |
Winkelausdehnung | 45,0′ x 30,0′ 25,0′ |
Anzahl der Sterne | 100 |
Hellster Stern | 6,9 mag |
Durchmesser | 160 x 60 Lichtjahre 18 Lichtjahre |
Entfernung | 5.200 Lichtjahre |
Beschreibung | !!!,vB,eL,eiF,w L Cl; Lagoon Nebula;Cl NGC 6530 invl;dark lane crosses neb Cl,B,L,pRi,f M8; In Lagoon nebula M8;25* mags 7… |
Entdecker | Giovanni Battista Hodierna, um 1654 John Flamsteed, 1680 |
Sternatlanten | Cambridge Star Atlas: Chart 12 & 18 Interstellarum Deep Sky Atlas: Chart 78, 79, D6 Millennium Star Atlas: Charts 1391–1392 (Vol III) Pocket Sky Atlas: Chart 67 Sky Atlas 2000.0: Chart 22 Uranometria 2nd Ed.: Chart 145 |