Der Kugelsternhaufen Messier 107 (NGC 6171), im äquatornahen Sternbild Schlangenträger (Ophiuchus), wurde im April 1782 von dem französischen Astronomen Pierre Méchain entdeckt. Messiers Freund und Kollege erwähnte seine Entdeckung in einem Brief vom 6. Mai 1783 an Johann Bernoulli. Ursprünglich war M 107 in Charles Messiers Endversion seines Katalogs noch nicht enthalten. Erst die kanadische Astronomin Helen Sawyer Hogg fügte das Objekt im Jahr 1947 Messiers Nebelliste hinzu, zusammen mit den Galaxien Messier 105 und Messier 106. M 107 ist übrigens der letzte im Katalog aufgeführte Kugelsternhaufen und chronologisch gesehen auch das letzte Messier-Objekt, das entdeckt wurde. Der deutsch-britische Astronom Friedrich Wilhelm Herschel entdeckte den Kugelsternhaufen am 12. Mai 1793 unabhängig von Messier und nahm ihn als H VI.40 in seine Objektliste auf. Er beschrieb ihn als sehr dichten und reichen Sternhaufen. Er war vermutlich auch der erste Beobachter, der den Haufen mit seinem Teleskop in Einzelsterne auflösen konnte. Herschels Sohn John beschrieb M 107 in seinem Gesamtkatalog von 1864 als „Kugelsternhaufen, groß, sehr reichhaltig, stark komprimiert, rund, gut aufgelöst, eindeutig aus Sternen bestehend“.
Ein lockerer und alter Kugelsternhaufen der Milchstraße
Messier 107 ist aufgrund seiner südlichen Position ein eher unattraktives Objekt für den mitteleuropäischen Beobachter. Aus diesem Grund wird er von vielen Amateurastronomen bei der Beobachtung des Sommerhimmels oft übergangen. Gleichzeitig steht er etwas isoliert von den anderen Kugelsternhaufen im Sternbild Ophiuchus. Er ist auch der lichtschwächste der Messier-Haufen in diesem Sternbild. Nach aktuellen Erkenntnissen steht der Kugelhaufen 20.900 Lichtjahre von der Erde entfernt und erscheint, mit seiner Shapley-Sawyer-Konzentrationsklasse von X, locker und eher weniger konzentriert als andere Haufen seiner Art. Mit einer scheinbaren Helligkeit von 7,8 mag und einem visuellen Durchmesser von 3 Bogenminuten ist M 107 bereits in lichtstarken Ferngläsern auffindbar.
Länger belichtete Aufnahmen zeigen auch seine äußeren Randgebiete, die sich sogar bis in eine Entfernung von 7,5 Bogenminuten vom Zentrum her erstrecken. Der wahre Durchmesser des 182.000 Sonnenmassen schweren Sternhaufens beträgt demzufolge rund 80 Lichtjahre. Damit ist er deutlich kleiner als der berühmte Herkuleshaufen Messier 13 im gleichnamigen Sternbild. Mit einem Alter von 13,95 Milliarden Jahren gehört Messier 107 aber zu den ältesten bekannten Kugelsternhaufen der Milchstraße. Er steht räumlich gesehen nahe der galaktischen Ebene und nur 9.800 Lichtjahre vom galaktischen Zentrum entfernt. Bei seinem Umlauf um die Galaxis hält er sich stets in der Nähe der Bulge auf. Seine Umlaufzeit um das galaktische Zentrum beträgt mehr als 100 Millionen Jahren. Seine Bahn ist 45° gegen die Scheibenebene unserer Galaxis geneigt. Er tritt somit regelmäßig in den galaktischen Balken ein, was seine eher lockere Konzentration erklären könnte.
In M 107 sind bisher 25 veränderliche Sterne, die meisten davon vom RR-Lyrae-Typ, ein wahrscheinlicher SX-Phoenicis-Veränderlicher und einige Blaue Nachzügler entdeckt worden. Alle Mitglieder des Kugelsternhaufen enthalten für ein Objekt dieser Art eine eher durchschnittliche Metallizität und offenbar einige dunkle Regionen, wo kaum Sterne zu erkennen sind. Das ist für einen Kugelsternhaufen eher untypisch. Man vermutet hier interstellarer Staub, die das Licht der dahinter liegenden Sterne blockieren.
Beobachtung
Messier 107 steht mit einer Deklination von ‑13° von Mitteleuropa aus gesehen immer sehr niedrig über dem Horizont. Der Sternhaufen ist aufgrund seiner geringen Ausdehnung recht schwierig in einem 10x50 Fernglas zu sehen. Er erscheint nahezu stellar und selbst im 16x70 Fujinon-Feldstecher nur als heller, kleiner Nebelfleck ohne Konzentration. Deutlich besser geeignet, für das Auffinden des Sternhaufens, ist ein kleines Teleskop mit höherer Vergrößerung. Im 2 bis 3 Zoll großen Refraktor erscheint M 107 nur als schwaches, kleines, diffuses Objekt. Mit Vergrößerungen ab 50-fach bemerkt man allerdings ein helleres Zentrum. Mit 4 bis 6 Zoll Öffnung können unter guten Sichtbedingungen schon die Randbereiche des Kugelhaufens annähernd in Einzelsterne aufgelöst werden. Trotzdem bleibt seine Auflösung schwierig, da seine Mitgliedssterne nur eine scheinbare Helligkeit von 13 Magnituden erreichen. M 107 erscheint demzufolge auch mit höherer Vergrößerung eher granuliert, vor einem milchigen Hintergrund. Der Kugelsternhaufen wird von 4 Sternen der 11. Größenklasse eingerahmt. Diese bilden eine Art Kreuz und verleihen dem Haufen einen unverwechselbaren Anblick. Mit hoher Vergrößerung erscheint M 107 in Ost-West-Richtung leicht abgeflacht. In 8 bis 10 Zoll großen Reflektoren wird M 107 bereits in bis zu 100 Mitgliedssterne aufgelöst, die alle eine relativ gleichmäßige Helligkeitsverteilung zeigen. Selbst das Zentrum ist nun schon in sehr viele Einzelsterne aufgelöst. Die hellsten Sterne befinden sich in der nordwestlichen Region des Haufens. Am südöstlichen Rand ist eine dunklere Zone zu erkennen. Mit 12 bis 14 Zoll großen Teleskopen erscheint M 107 als überwältigendes Deep-Sky-Objekt, mit sehr vielen Sternen, die über die gesamte Fläche des Haufens verteilt sind. Auffallend ist auch hier die Lockerheit des Kugelsternhaufens zum Zentrum hin.
Messier 107 ist am besten im Frühling bis in den Sommer hinein zu beobachten und relativ leicht am Himmel aufzufinden. Er befindet sich nur 2 ¾ Grad südwestlich des 2,6 mag hellen Sterns Zeta Ophiuchi und liegt rund 14° nördlich von Antares (Alpha Sco, 1,0 mag), dem Hauptstern des Sternbilds Skorpion. Nur 6° südlich von Zeta Oph befindet sich der Stern Phi Oph (4,3 mag). Wir schwenken das Teleskop auf rund 2/3 der Verbindungslinie dieser beiden Sterne. Messier 107 sollte nun schon im Randbereich des Sucherteleskops als kreisrunder Nebelfleck sichtbar sein.
Aufsuchkarte Messier 107 (50,5 KiB, 305 hits)
Steckbrief für Messier 107
Objektname | Messier 107 |
Katalogbezeichnung | NGC 6171, GCL 44 |
Typ | Kugelsternhaufen, X |
Sternbild | Schlangenträger (Ophiuchus) |
Rektaszension (J2000.0) | 16h 32m 31,9s |
Deklination (J2000.0) | -13° 03′ 11″ |
V Helligkeit | 7,8 mag |
Flächenhelligkeit | 12,0 mag |
Winkelausdehnung | 13,0′ |
Durchmesser | 80 Lichtjahre |
Entfernung | 20.900 Lichtjahre |
Beschreibung | L,vRi,vmC,R,rrr; H VI 40 |
Entdecker | Pierre Méchain, 1782 |
Sternatlanten | Cambridge Star Atlas: Chart 12 Interstellarum Deep Sky Atlas: Chart 67 Millennium Star Atlas: Charts 1349–1350 (Vol III) Pocket Sky Atlas: Chart 56 Sky Atlas 2000: Chart 15 Uranometria 2nd Ed.: Chart 127 |