Objekte des Monats: Der Wildentenhaufen Messier 11

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Der offe­ne Stern­hau­fen Mes­sier 11 (NGC 6705) im Stern­bild Schild wur­de am 1. Sep­tem­ber 1681 vom deut­schen Astro­no­men Gott­fried Kirch, dem Direk­tor der Ber­li­ner Stern­war­te, ent­deckt. Kirch nahm aller­dings nur einen dif­fu­sen Nebel wahr und ver­glich das Objekt mit dem Kern eines Kome­ten. Im Jahr 1715 wur­de das Objekt von dem eng­li­schen Astro­no­men Edmund Hal­ley in sei­ner Lis­te nebel­haf­ter Ster­ne auf­ge­nom­men. Der eng­li­sche Geist­li­che und Ama­teur­as­tro­nom Wil­liam Der­ham konn­te den Stern­hau­fen im Jahr 1733 als ers­ter Beob­ach­ter in Ein­zel­ster­ne auf­lö­sen. Das gelang auch dem Fran­zo­sen Guil­laume Le Gen­til, der M 11 als Hau­fen sehr klei­ner Ster­ne mit Nebel beschrieb. Am 30. Mai 1764 nahm Charles Mes­sier den Stern­hau­fen schließ­lich als 11. Objekt in sei­ne berühm­te Nebel­lis­te auf und beschrieb ihn als Hau­fen mit einer gro­ßen Zahl schwa­cher Ster­ne, der von einem schwa­chen Nebel umge­ben war. Auch der deutsch-bri­ti­sche Astro­nom Wil­helm Her­schel beob­ach­te­te M 11 und bemerk­te, im Gegen­satz zu sei­nen Vor­be­ob­ach­tern, kei­nen Nebel. Sein Name Wild­enten­hau­fen (Wild Duck Clus­ter) stammt von dem Bri­ten Admi­ral Wil­liam Hen­ry Smith aus sei­nem Buch „A Cycle of Celes­ti­al Objects“. Smith beob­ach­te­te M 11 im Jahr 1835 und bemerk­te, dass die hells­ten Ster­ne im Hau­fen in Form eines „V“ aus­ge­rich­tet sind, was ihn an einem flie­gen­den Wild­enten­schwarm im For­ma­ti­ons­flug erinnerte.

Ein offener Sternhaufen mit hoher Sternendichte

Der Wild­enten­hau­fen gehört zu den schöns­ten offe­nen Stern­hau­fen des Som­mer­him­mels. Er befin­det sich am nörd­li­chen Rand der Schild­wol­ke, einem für das blo­ße Auge recht auf­fäl­li­gen Teil der Som­mer­milch­stra­ße. Mes­sier 11 ist aber nicht direkt in ihr ein­ge­bet­tet, son­dern befin­det sich im Vor­der­grund, im Sagit­ta­ri­us-Spi­ral­arm unse­rer Milch­stra­ße. Der 250 Mil­lio­nen Jah­re alte Hau­fen zählt zu den kom­pak­tes­ten und stern­reichs­ten sei­ner Art. Ähn­li­che kom­pak­te offe­ne Stern­hau­fen sind NGC 2158 im Stern­bild Zwil­lin­ge sowie NGC 6791 in der Lei­er. Der Stern­hau­fen ist mit einer Hel­lig­keit von 5,8 mag und einem schein­ba­ren Durch­mes­ser von 14 Bogen­mi­nu­ten – was unge­fähr dem hal­ben Voll­mond­durch­mes­ser ent­spricht – unter einem dunk­len Stand­ort schon mit dem blo­ßen Auge sicht­bar. Auf­grund der inter­stel­la­ren Extink­ti­on, erscheint uns der Stern­hau­fen rund 1,3 mag licht­schwä­cher. In Mes­sier berühm­ten Nebel­ka­ta­log ist M 11, mit einer Ent­fer­nung von 6.100 Licht­jah­ren, sogar der ent­fern­tes­te offe­ne Stern­hau­fen, den wir mit blo­ßem Auge erken­nen kön­nen. Stün­de unse­re Son­ne in die­ser Ent­fer­nung, erschie­ne sie uns wie ein Stern der 16. Grö­ßen­klas­se! Abso­lut gese­hen besitzt der Wild­enten­hau­fen einen wah­ren Durch­mes­ser von gut 25 Licht­jah­ren. Zusam­men mit den Ster­nen im Außen­be­reich, die nur schwach gra­vi­ta­tiv an die Hau­fen­mas­se gebun­den sind, erreicht M 11 eine Aus­deh­nung von unge­fähr 60 Lichtjahre.

Wildentenhaufen Messier 11
Der Wild­enten­hau­fen Mes­sier 11 – Auf­nah­me von Micha­el Brei­te, Ste­fan Heutz & Wolf­gang Ries, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Mes­sier 11 ver­ei­nigt mehr als 2.900 Ster­ne und sei­ne Mas­se wird auf rund 3.500 bis 11.000 Son­nen­mas­sen geschätzt. 500 sei­ner Mit­glie­der sind hel­ler als 14 mag und 870 sogar hel­ler als 16,5 Grö­ßen­klas­sen. Der hells­te Stern (HD 174512, J107), öst­lich des Hau­fen­zen­trums, besitzt die Spek­tral­klas­se B 8 und eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 8,5 Magni­tu­den. Er ist 10.000-Mal hel­ler als unse­re Son­ne und Mit­glied eines Mehr­fach­sys­tems. Die meis­ten Mit­glieds­ster­ne sind aber leucht­kräf­ti­ge jun­ge Rie­sen der Spek­tral­klas­sen A und F. Aller­dings ent­hält der Wild­enten­hau­fen auch zahl­rei­che gel­be und rote Rie­sen, mit abso­lu­ten Grö­ßen­klas­sen um 0 bis ‑1,0 mag, sowie gut 82 ver­än­der­li­che Ster­ne. Der mitt­le­re Abstand zwi­schen zwei Ster­nen im Hau­fen beträgt weni­ger als ein Licht­jahr. Sei­ne mitt­le­re Dich­te von 2,4 Ster­nen pro Kubiklicht­jahr, ähnelt der eines locke­ren Kugel­stern­hau­fen. Ein Beob­ach­ter, der sich inner­halb des Stern­hau­fens befin­den wür­de, wür­de einen beein­dru­cken­den Stern­him­mel, mit hun­der­ten von Ster­nen der 1. Grö­ßen­klas­se und dar­über hin­aus, erle­ben. M 11 ist auf sein Alter bezo­gen sehr metall­reich. Man ver­mu­tet, dass eine Super­no­va vom Typ II die Mole­kül­wol­ke, aus dem sich der Stern­hau­fen gebil­det hat, mit schwe­ren Ele­men­ten ange­rei­chert hat.

Beobachtung

Schildwolke
Die Scu­tum-Ster­nen­wol­ke mit dem Wild­enten­hau­fen im Zentrum

Mes­sier 11 ist unter einem dunk­len Land­him­mel als schwa­cher Licht­fleck rela­tiv schwer zu erken­nen. Das liegt vor allem an sei­ner Posi­ti­on inmit­ten der Som­mer­milch­stra­ße, am nörd­li­chen Rand der Scu­tum-Stern­wol­ke, die einen hel­len Hin­ter­grund bil­det. Im 10x50 Fern­glas ist nur ein aus­ge­dehn­ter und irre­gu­lä­rer Licht­fleck mit hel­le­rem Zen­trum erkenn­bar, der sich inmit­ten von Stern­wol­ken und Dun­kel­ne­beln befin­det. Die Dun­kel­wol­ke Bar­nard 111 liegt direkt am nörd­li­chen Rand des Hau­fens. Bar­nard 112 befin­det sich süd­lich von M 11. Mit einem 2 bis 3 Zoll Refrak­tor und gerin­ger Ver­grö­ße­rung ähnelt der Wild­enten­hau­fen einem locke­ren Kugel­stern­hau­fen. Man erkennt hier etwa 100 ein­zel­ne Ster­ne vor einem dif­fu­sen Hin­ter­grund, die sich um den hells­ten Hau­fens­tern der 8. Grö­ßen­klas­se grup­pie­ren. Ein Groß­teil die­ser Ster­ne befin­det sich nord­west­lich die­ses Sterns. Ein 4 bis 5 Zoll Tele­skop löst den Stern­hau­fen in ca. 400 hel­le wei­ße Ein­zel­ster­ne auf, wobei im West­teil von M 11 eine Dun­kel­struk­tur mit gerin­ge­rer Ster­nen­dich­te aus­ge­macht wer­den kann. Die Außen­be­rei­che ver­lie­ren sich in unre­gel­mä­ßi­gen Ster­nen­bö­gen, die vor allem vom nörd­li­chen Ende aus­ge­hen. Mit 6 bis 8 Zoll Öff­nung und mitt­le­ren Ver­grö­ße­run­gen ergibt sich ein spek­ta­ku­lä­rer Anblick: Nun sind meh­re­re 100 wei­ße Ster­ne vor einem Hin­ter­grund­schlei­er aus nicht auf­ge­lös­ten Ster­nen erkenn­bar. Eini­ge die­ser Ster­ne erschei­nen gelb und röt­lich. Die stern­ar­me­ren Gebie­te des Hau­fens tre­ten nun deut­li­cher her­vor. Das Zen­trum erscheint recht­eckig. Ein gelb­lich-oran­ge leuch­ten­der Stern steht auf­fäl­lig nahe am Rand des Hau­fen­zen­trums. Direkt nord­west­lich des Stern­hau­fens befin­den sich zwei Ster­ne der 6. Grö­ßen­klas­se, wobei der West­li­che der schö­ne und leicht zu tren­nen­der Dop­pel­stern Struve 2391 ist. Sein Beglei­ter der 9. Grö­ßen­klas­se steht 39 Bogen­se­kun­den von der Haupt­kom­po­nen­te ent­fernt. Nur 1 Grad nord­west­lich von M 11 befin­det sich der halb­re­gel­mä­ßi­ge rote Ver­än­der­li­che R Scu­ti, des­sen Hel­lig­keit alle 143 Tage zwi­schen 4,8 und 6,0 mag schwankt.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für Wild­enten­hau­fen (Mes­sier 11) – erstellt mit SkytechX

Die bes­te Zeit, den Stern­hau­fen zu beob­ach­ten, sind die war­men Som­mer­näch­te, wenn das Zen­trum unse­rer Milch­stra­ße im Süden kul­mi­niert. Um Mes­sier 11 auf­zu­su­chen, begin­nen wir bei Alta­ir, dem Haupt­stern des Stern­bilds Adler, der zusam­men mit Wega in der Lei­er und Deneb im Schwan das berühm­te Som­mer­drei­eck bil­den. Am Kopf des Adlers, an des­sen süd­li­chen Spit­ze, befin­den sich unge­fähr zwei gleich hel­le Ster­ne, wobei es sich bei den obe­ren Stern um Lam­ba­da Aqui­lae (3,5 mag) und bei dem unte­ren Stern um 12 Aqui­lae (4,0 mag) han­delt. Wir stel­len den unters­ten der bei­den Ster­ne in die Sucher­mit­te ein und bil­den eine Linie mit Eta Scu­ti (4,8 mag). Wir ver­län­gern die­se Ver­bin­dungs­li­nie um 2,5° in Rich­tung Wes­ten. Nun soll­te M 11 als auf­fäl­li­ger Licht­fleck, rund ein hal­bes Grad süd­öst­lich einer auf­fäl­li­gen Rau­te aus Ster­nen, bereits im Sucher­fern­rohr erkenn­bar sein.

Auf­such­kar­te Wild­enten­hau­fen (Mes­sier 11) (81,7 KiB, 324 hits)

Steckbrief für Messier 11

Objekt­na­meMes­sier 11
Kata­log­be­zeich­nungNGC 6705, Col­lin­der 391, Melot­te 213, OCL 76 
Eigen­na­meWild­enten­hau­fen, Wild Duck Cluster
Typoffe­ner Stern­hau­fen, I 2 r
Stern­bildSchild (Scu­tum)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)18h 51m 06,0s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)-06° 16′ 00″
V Hel­lig­keit5,8 mag
Flä­chen­hel­lig­keit9,0 mag
Win­kel­aus­deh­nung11,0′
Anzahl der Sterne500
Hells­ter Stern8,0 mag
Durch­mes­ser25 Licht­jah­re
Ent­fer­nung6.100 Licht­jah­re
Beschrei­bung!!Cl,vB,L,iR,Ri,*9..; 500 stars to 14th mag;Wild duck cluster
Ent­de­ckerGott­fried Kirch, 1681
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 12
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 54 & 66
Mill­en­ni­um Star Atlas Charts: 1317–1318 (Vol III)
Pocket Sky Atlas: Chart 67
Sky Atlas 2000: Chart 16
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 125

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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