Objekte des Monats: Die Kleine Sombrerogalaxie NGC 7814

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Die Spi­ral­ga­la­xie NGC 7814, im nörd­li­chen Stern­bild Pega­sus, wur­de am 8. Okto­ber 1784 von dem deutsch-bri­ti­schen Astro­no­men Fried­rich Wil­helm Her­schel ent­deckt. Er beschrieb sie als „ziem­lich schwach, ziem­lich groß, unre­gel­mä­ßig rund, ein­fach auf­lös­bar“. John L. E. Drey­er ver­zeich­ne­te sie in sei­nem im Jahr 1888 erschie­nen „New Gene­ral Cata­lo­gue of Nebu­lae and Clus­ters of Stars“ eben­so. Auf­grund der Ähn­lich­keit zur Som­bre­ro­ga­la­xie (M 104) ist sie auch als „Klei­ner Som­bre­ro“ (Litt­le Som­bre­ro Gala­xy) bekannt und eben­so im Kata­log von Sir Patrick Cald­well-Moo­re als Cald­well 43 ent­hal­ten. Die­ser Kata­log ent­hält inter­es­san­te Deep-Sky-Objek­te jen­seits des berühm­te­ren Messier-Katalogs.

Eine Galaxie, die wir direkt von der Kante sehen

NGC 7814 ist eine hüb­sche Edge-On Spi­ral­ga­la­xie vom Hub­ble-Typ SAab, mit einer Hel­lig­keit von 10,8 mag und einem schein­ba­ren Win­kel­durch­mes­ser von 5,5 x 2,3 Bogen­mi­nu­ten. Sie ist bereits in mitt­le­ren Tele­sko­pen auf­find­bar. Wir bli­cken hier auf eine Wel­ten­in­sel, die sich rund 53 Mil­lio­nen Licht­jah­re von der Erde ent­fernt befin­det und eine wah­re Aus­deh­nung von unge­fähr 85.000 Licht­jah­ren besitzt. Damit ist sie etwas klei­ner als unser eige­nes Milch­stra­ßen­sys­tem. Wir bli­cken fast genau auf die Kan­te die­ser Gala­xie. Auf län­ger belich­te­ten Auf­nah­men erscheint ein dunk­les Staub­band. Die­ses Band ist mit deut­lich grö­ße­rer Tele­s­ko­pöff­nung auch schon visu­ell zu erah­nen. Es pro­ji­ziert sich auf das hel­le, aus­ge­dehn­te Kern­ge­biet (Bul­ge) und die hel­le aber deut­lich dün­ne­re Schei­be von NGC 7814. Die staub­hal­ti­gen Spi­ral­ar­me zeich­nen sich als dunk­le Strei­fen ab. Das stau­bi­ge Mate­ri­al blo­ckiert das hin­ter ihm lie­gen­de Ster­nen­licht, so dass das Staub­band dun­kel erscheint. Fotos mit hoher Auf­lö­sung zei­gen eine zwei­te, schwä­che­re Staub­spur ent­lang der Nord­ost­flan­ke. Es wird ver­mu­tet, dass in NGC 7814 zur­zeit nur eine gerin­ge Stern­ent­ste­hung stattfindet.

NGC 7814
NGC 7814 im Stern­bild Pega­sus – Auf­nah­me von Micha­el Brei­te, Ste­fan Heutz & Wolf­gang Ries, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Die Gala­xie besitzt gewis­se Ähn­lich­kei­ten zur berühm­ten Som­bre­ro­ga­la­xie Mes­sier 104 im Stern­bild Vir­go. Die­se sehen wir mit ihrem mar­kan­ten Staub­band eben­falls von der Kan­te. Sie besitzt unge­fähr die glei­che Grö­ße wie NGC 7814. Im Gegen­satz zum Klei­nen Som­bre­ro, ist sie aber deut­lich flä­chen­hel­ler und befin­det sich noch etwas näher an der Erde dran. Die Klei­ne Som­ber­ro­ga­la­xie gehört zu den weni­gen hel­len Gala­xien, die bei opti­schen Wel­len­län­gen eine leich­te Ver­zer­rung und Ver­dre­hung der Gala­xie­ne­be­ne auf­wei­sen. Die­se Eigen­schaft wird als Warp bezeich­net. Im Jahr 2003 wur­de mit Hil­fe des 3,5 Meter WIYN Tele­skops und Daten, die mit dem Hub­ble-Welt­raum­te­le­skop gewon­nen wur­den, mehr als 200 Kugel­stern­hau­fen in NGC 7814 ent­deckt. Fer­ner ist die Gala­xie das hells­te Mit­glied der soge­nann­ten NGC-7814-Grup­pe, einem klei­nen Gala­xien­hau­fen, ähn­lich unse­rer loka­len Gala­xien­grup­pe. Bekann­te Mit­glie­der sind zum Bei­spiel NGC 14, PGC 38, PGC 332 sowie PGC 889.

NGC 7814 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: ESA/Hubble & NASA Ack­now­led­ge­ment Josh Bar­ring­ton, CC BY 4.0, via Wiki­me­dia Commons

Im Juli 2021 wur­de in NGC 7814 die Typ-Ia-Super­no­va SN 2021 rhu beob­ach­tet. Sie erreich­te eine maxi­ma­le Hel­lig­keit von 12,2 mag. Hier­bei han­del­te es sich um einen Wei­ßen Zwerg in einem engen Dop­pel­stern­sys­tem. Die­ser akkre­di­tier­te Mate­ri­al von sei­nem Beglei­ter. Als der Wei­ße Zwerg genug Mate­ri­al ein­ge­sam­melt hat­te, explo­dier­te die­ser als Super­no­va und wur­de voll­stän­dig zer­stört. Auf­grund ihrer Eigen­schaf­ten gel­ten Super­no­va­ex­plo­sio­nen vom Typ Ia als Stan­dard­ker­zen des Uni­ver­sums. Nur 10 Bogen­mi­nu­ten süd­lich der Gala­xie befin­det sich die klei­ne Gala­xie IC 5381. Im Gegen­satz zu NGC 7814 steht sie mit einer Ent­fer­nung von 672 Mil­lio­nen Licht­jah­ren weit im Hin­ter­grund. Außer­dem ist das Ster­nen­feld hin­ter NGC 7814 für sei­ne Dich­te an schwa­chen und sehr weit ent­fern­ten Gala­xien bekannt.

Beobachtung

Der Klei­ne Som­bre­ro ist unter guten Bedin­gun­gen ein schö­nes Ziel für klei­ne­re bis mitt­le­re Tele­sko­pe. Licht­ver­schmut­zung beein­träch­tigt die Sicht­bar­keit der Gala­xie aller­dings recht stark. Mit 4 bis 6‑Zoll Öff­nung ist die Gala­xie ein rela­tiv ein­fa­ches Objekt. Sie erscheint bei mitt­le­ren Ver­grö­ße­run­gen als ellip­ti­scher und 2:3 elon­gier­ter dif­fu­ser Nebel. Der Kern ist win­zig, etwas hel­ler und erscheint eben­falls eher dif­fus. Mit hoher Ver­grö­ße­rung um 70-fach ist die Gala­xie etwas bes­ser defi­niert. Der Kern erscheint nun stern­för­mig. Mit noch höhe­rer Ver­grö­ße­rung ist sie deut­lich schwe­rer erkenn­bar. Mit 8 bis 10-Zoll Öff­nung und 100-facher Ver­grö­ße­rung erscheint die Gala­xien­schei­be sehr hell und ziem­lich groß. Ihr Halo besitzt eine über­ra­schend gerin­ge Flä­chen­hel­lig­keit. Sie ist stark in nord­west­li­cher bis süd­öst­li­cher Rich­tung elon­giert. Schwä­che­re Aus­läu­fer erstre­cken sich in Rich­tung Süd­os­ten. Der nord­öst­li­che Rand der Schei­be ist etwas hel­ler als der süd­west­li­che. Das Zen­trum ist deut­lich hel­ler, kom­pakt und läng­lich. Der stel­la­re Kern scheint zum Zen­trum hin ver­setzt zu sein. Ein wei­tes Paar von 9 mag hel­len Ster­nen befin­det sich gut 8 Bogen­mi­nu­ten süd­west­lich des Kerns. Ab 12-Zoll Öff­nung ist der Halo von NGC 7814 sehr hell. Im Gala­xien­kör­per ein­ge­bet­tet befin­det sich ein hel­ler, gut kon­den­sier­ten und brei­ter Kern. Der Halo der Gala­xie besitzt nach wie vor eine gerin­ge Flä­chen­hel­lig­keit. Bei 200-facher Ver­grö­ße­rung besitzt NGC 7814 Ähn­lich­kei­ten mit der Som­bre­ro­ga­la­xie (M 104) in einem 5 Zoll Refrak­tor. Das Staub­band ist aber nur in sehr gro­ßen Tele­sko­pen ab 20-Zoll Öff­nung und sehr hoher Ver­grö­ße­rung um 400-fach zu erkennen.

Aufsuchkarte NGC 7814
Auf­such­kar­te für NGC 7814 – erstellt mit SkytechX

NGC 7814 ist ein typi­sches Objekt für die aus­klin­gen­den Som­mer- und dunk­len Herbst­näch­te. Die Gala­xie ist rela­tiv ein­fach auf­zu­fin­den, befin­det sie sich doch knapp 2 ½ Grad nord­west­lich von Alge­nib (Gam­ma Peg, 2,8 mag), dem süd­öst­li­chen Ecks­tern des Pega­sus­qua­drats. Um die Gala­xie auf­zu­su­chen, stel­len wir Gam­ma Pega­si in die Sucher­feld­mit­te ein. Nun schwen­ken wir das Tele­skop unge­fähr 3° in Rich­tung Nord­wes­ten, bis ein auf­fäl­li­ger 7 mag hel­ler Stern in das Gesichts­feld des Suchers gelangt. Die Gala­xie befin­det sich ca. eine hal­be Voll­mond­brei­te süd­öst­lich die­ses Sterns und ober­halb einer Grup­pe aus zwei gleich hel­len Ster­nen, die mit NGC 7814 ein fla­ches Drei­eck bilden.

Auf­such­kar­te Klei­ne Som­bre­ro­ga­la­xie (NGC 7814) (77,0 KiB, 219 hits)

Steckbrief für NGC 7814

Objekt­na­meNGC 7814
Kata­log­be­zeich­nungUGC 8, PGC 218, MCG 3–1‑20, ZWG 456.24
Eigen­na­meKlei­ner Som­bre­ro, Litt­le Som­bre­ro Galaxy
TypGala­xie, Sab
Stern­bildPega­sus (Pega­sus)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)00h 03m 14,8s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)+16° 08′ 43″
V Hel­lig­keit10,8 mag
Flä­chen­hel­lig­keit13,2 mag
Win­kel­aus­deh­nung5,5′ x 2,3′
Posi­ti­ons­win­kel135°
Abso­lu­te Helligkeit-20,05 mag
Durch­mes­ser85.000 Licht­jah­re
Ent­fer­nung53 Mil­lio­nen Lichtjahre
Beschrei­bungcB,cL,E,vgbM; H II 240;Equatorial dust lane;Nearly edge-on
Ent­de­ckerFried­rich Wil­helm Her­schel, 1784
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 8 & 13 
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 40 & 51
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 197–198 (Vol I)
Pocket Sky Atlas: Chart 5
Sky Atlas 2000: Chart 10
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 81

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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