Objekte des Monats: Der Kugelsternhaufen Messier 19

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Der Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 19 (NGC 6273), im äqua­tor­na­hen Stern­bild Schlan­gen­trä­ger (Ophiu­chus), wur­de am 5. Juni 1764 von dem fran­zö­si­schen Astro­no­men Charles Mes­sier ent­deckt. Er beschrieb ihn als run­den Nebel ohne Ster­ne, zwi­schen dem Skor­pi­on und dem rech­ten Fuß des Schlan­gen­trä­gers. Noch im sel­ben Jahr nahm Mes­sier den Kugel­stern­hau­fen in sei­nen berühm­ten Kata­log kome­ten­haf­ter Objek­te auf. Er konn­te ihn mit sei­nem beschei­de­nen Instru­ment aber noch nicht in Ein­zel­ster­ne auf­lö­sen. Charles Mes­sier beschrieb ihn des­halb als Nebel ohne Ster­ne von run­der Form. Eine Auf­lö­sung in Ein­zel­ster­ne gelang erst dem deutsch-bri­ti­sche Astro­nom Fried­rich Wil­helm Her­schel im Jahr 1784, mit sei­nem 20 Fuß gro­ßen Spie­gel­te­le­skop. Sein Sohn John beschrieb ihn als „einen her­vor­ra­gen­den Stern­hau­fen, der in unzäh­li­ge Ster­ne auf­lös­bar ist“. Admi­ral Wil­liam Hen­ry Smyth betrach­te­te Mes­sier 19 als „einen fei­nen, iso­lier­ten Kugel­stern­hau­fen, aus klei­nen und sehr kom­pri­mier­ten Ster­nen von creme­far­be­ner und wei­ßer Tönung, die in der Mit­te leicht glän­zend sind“.

Ein abgeflachter Kugelsternhaufen im Ophiuchus

Mes­sier 19 ist mit einem schein­ba­ren Durch­mes­ser von 17 Bogen­mi­nu­ten und einer Hel­lig­keit von 7,2 mag schon sehr leicht in Fern­glä­sern und klei­nen Tele­sko­pen beob­acht­bar. Er ist ein ster­nen­rei­cher und mit einer Kon­zen­tra­ti­ons­klas­se von VIII auch zum Zen­trum hin rela­tiv dicht gedräng­ter Kugel­stern­hau­fen, der sich 28.700 Licht­jah­re von der Erde ent­fernt befin­det. Sein wah­rer Durch­mes­ser beträgt rund 140 Licht­jah­re. Sei­ne Gesamt­mas­se wird auf 1,1 Mil­lio­nen Son­nen­mas­sen und sein Alter auf 11,9 Mil­li­ar­den Jah­ren geschätzt. In M 19 wur­den in den zurück­lie­gen­den Jahr­zehn­ten ins­ge­samt 8 Cep­hei­den und Ver­än­der­li­che vom Typ RV Tau­ri ent­deckt. Drei Ster­ne gehö­ren zum Typ RR Lyrae, zu den so genann­ten Hau­fen­ver­än­der­li­chen. Die hells­ten Ster­ne des Hau­fens errei­chen Hel­lig­kei­ten von 14 bis 15 Größenklassen.

Messier 19
Mes­sier 19 im Stern­bild Schlan­gen­trä­ger – Auf­nah­me von Micha­el Brei­te, Ste­fan Heutz & Wolf­gang Ries, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Mes­sier 19 ist ein metall­ar­mer Hau­fen des galak­ti­schen Bul­ge und befin­det sich von allen Mes­sier-Kugel­stern­hau­fen dem galak­ti­schen Zen­trum am nächs­ten. Metall­arm bedeu­tet, dass er eine gerin­ge Häu­fig­keit von Ele­men­ten hat, die schwe­rer sind als Heli­um. Gleich­zei­tig gilt er auch als der leucht­stärks­te Kugel­stern­hau­fen unse­rer Milch­stra­ße, nach Ome­ga Cen­tau­ri (NGC 5139). Dem Beob­ach­ter erscheint Mes­sier 19 in Nord-Süd-Rich­tung deut­lich abge­flacht. Gleich­zei­tig gehört er zu den am stärks­ten abge­plat­te­ten Kugel­stern­hau­fen unse­rer Milch­stra­ße. Die­se Abplat­tung könn­te durch sei­ne Nähe zum galak­ti­schen Zen­trum her­rüh­ren. Denn er befin­det sich momen­tan nur 5.200 Licht­jah­re vom galak­ti­schen Zen­trum ent­fernt und 9° ober­halb der galak­ti­schen Ebe­ne. Damit befin­det er sich, von der Son­ne aus gese­hen, auf der gegen­über­lie­gen­den Sei­te des Milch­stra­ßen­zen­trums. Offen­sicht­lich ver­for­men die Gezei­ten­kräf­te unse­rer Gala­xis ihn sicht­bar. Der ame­ri­ka­ni­sche Astro­nom Har­low Shap­ley (1885–1972) schätz­te, dass es auf der Haupt­ach­se von M 19 dop­pelt so vie­le Ster­ne geben könn­te wie auf der Nebenachse. 

Messier 19 (HST)
Der Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 19 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: NASA, STScI, WikiS­ky, Public domain, via Wiki­me­dia Common

Auf­grund der Nähe zum galak­ti­schen Zen­trum ist M 19 durch Gas und Staub, auf der Sicht­li­nie des Kugel­stern­hau­fens, sicht­bar gerö­tet. Dadurch gestal­tet sich eine exak­te Ent­fer­nungs­be­stim­mun­gen als recht schwie­rig. Beob­ach­tun­gen im Infra­ro­ten bele­gen aber, dass die­se Abfla­chung mög­li­cher­wei­se nicht genau die phy­si­ka­li­sche Form des Clus­ters wider­spie­gelt. Denn das Licht des Kugel­stern­hau­fens wird durch die inter­stel­la­re Mate­rie am öst­li­chen Rand stär­ker absor­biert. Dort erschei­nen die Mit­glieds­ster­ne auch deut­lich gerötet.

Pfeifennebel
Der Pfei­fen­ne­bel in der Milch­stra­ße – M 19 steht am rech­ten Rand des Bil­des © 2018 Chris­ti­an Schnei­der, Astro­farm Kiri­po­tib (Nami­bia)

In unmit­tel­ba­rer Nähe zu Mes­sier 19 befin­den sich wei­te­re Kugel­stern­hau­fen: nur 1,5 Grad ost­süd­öst­lich steht der 8,4 mag hel­le Kugel­stern­hau­fen NGC 6293. Ein wei­te­rer Kugel­stern­hau­fen, NGC 6284, befin­det sich 1,6 Grad nord­nord­öst­lich von M 19. Die­ser besitzt eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 9,5 mag. Nur 4 ½ Grad süd­lich von M 19 steht Mes­sier 62, mit einer schein­ba­ren Hel­lig­keit von 6,8 Grö­ßen­klas­sen. Ein beein­dru­cken­der Dun­kel­wol­ken­kom­plex der Milch­stra­ße befin­det sich nur 3° süd­öst­lich unse­res Kugel­stern­hau­fens. Die­ser trägt den Spitz­na­men „Pfei­fen­ne­bel“ und ist z.B. von Nami­bia aus selbst mit dem blo­ßen Auge leicht sichtbar.

Beobachtung

Auf­grund sei­ner süd­li­chen Lage erreicht Mes­sier 19, von Mit­tel­eu­ro­pa aus gese­hen, kei­ne gro­ße Höhe über dem Süd­ho­ri­zont. Von 50° nörd­li­cher Brei­te erreicht er gera­de ein­mal eine Höhe von 14°. M 19 liegt in einer stern­rei­chen Umge­bung unse­rer Milch­stra­ße. Unter guten Sicht­be­din­gun­gen soll­te der Stern­hau­fen bereits in einem 7x50 bzw. 10x50 Fern­glas als unschar­fes Stern­chen erkenn­bar sein. Mit 2 bis 3 Zoll Öff­nung und 60-facher Ver­grö­ße­rung bemerkt man bereits, dass das Scheib­chen zur Mit­te hin mäßig hel­ler wird. Mit 4 bis 6 Zoll Öff­nung und 80 bis 120-facher Ver­grö­ße­rung erscheint der Stern­hau­fen deut­lich hel­ler. Sei­ne Rän­der erschei­nen gra­nu­liert. Aller­dings ist er noch nicht sicht­bar in Ein­zel­ster­ne auf­ge­löst. Erst mit 8 bis 10 Zoll Öff­nung und 150-facher Ver­grö­ße­rung gelingt es dem Beob­ach­ter, eini­ge Dut­zend Mit­glieds­ster­ne in dem Stern­hau­fen zu ent­de­cken. Schon mit klei­ne­rer Öff­nung bemerkt man auch, dass M 19 eine deut­lich ova­le Form besitzt. Mit nied­ri­ger Ver­grö­ße­rung erscheint der Kugel­hau­fen wie eine ellip­ti­sche Gala­xie. Am nord­west­li­chen Rand­ge­biet des Hau­fens erkennt man einen auf­fäl­li­gen Stern der 11. Grö­ßen­klas­se. Am nörd­li­chen Rand ste­hen zwei mäßig schwa­che Ster­ne in Ost-West-Aus­rich­tung. Eini­ge Beob­ach­ter bemer­ken, dass der Hau­fen mit eini­gen schwa­chen dunk­len Fle­cken gespren­kelt ist. Viel­leicht han­delt es sich hier­bei um inter­stel­la­ren Staub zwi­schen dem Hau­fen und dem Beob­ach­ter. Voll­stän­dig ist der Kugel­stern­hau­fen aber erst mit deut­lich grö­ße­rer Tele­s­ko­pöff­nung von 14 bis 16 Zoll Öff­nung aufgelöst.

Aufsuchkarte Messier 19
Auf­such­kar­te für Mes­sier 19 – erstellt mit SkytechX

Mes­sier 19 ist am bes­ten im Früh­som­mer zu sehen, wenn das Stern­bild Skor­pi­on bereits den Süd­punkt über­schrit­ten hat. Der Kugel­stern­hau­fen befin­det sich 7 ½ Grad öst­lich von Ant­ares (Alpha Sco, 1,0 mag) und 4 ½ Grad west­süd­west­lich vom 3,3 mag hel­len Stern The­ta Ophiuchi, im süd­li­chen Bereich des Stern­bilds Ophiu­chus. Wenn wir von The­ta Oph aus­ge­hen, befin­det sich 2° süd­west­lich davon ein Stern der 4. Grö­ßen­klas­se. Hier­bei han­delt es sich um 36 Oph. Nun schwen­ken wir das Tele­skop unge­fähr 3° in Rich­tung Wes­ten. M 19 soll­te nun im Gesichts­feld eines Sucher­fern­roh­res, zusam­men mit dem 6 mag hel­len Dop­pel­stern 26 Oph (5,7 mag), erschei­nen, der sich 2° nord­west­lich des Kugel­stern­hau­fens befindet.

Auf­such­kar­te Mes­sier 19 (48,1 KiB, 220 hits)

Steckbrief für Messier 19

Objekt­na­meMes­sier 19
Kata­log­be­zeich­nungNGC 6273, GCL 52, ESO 518-SC7
TypKugel­stern­hau­fen, VIII
Stern­bildSchlan­gen­trä­ger (Ophiu­chus)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)17h 02m 37,7s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)-26° 16′ 03″
V Hel­lig­keit6,8 mag
Flä­chen­hel­lig­keit11,0 mag
Win­kel­aus­deh­nung17,0′
Durch­mes­ser140 Licht­jah­re
Ent­fer­nung28.700 Licht­jah­re
Beschrei­bungvB,L,R,vCM,rrr; One of the most obla­te globulars
Ent­de­ckerCharles Mes­sier, 1764
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 12 & 18
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 79
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 1395–1396 (Vol III)
Pocket Sky Atlas: Chart 56
Sky Atlas 2000: Chart 22
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 146

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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