Objekte des Monats: Der Eulenhaufen NGC 457

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Der offe­ne Stern­hau­fen NGC 457, im nörd­li­chen Stern­bild Kas­sio­peia (Cas­sio­peia), wur­de am 18. Okto­ber 1787 von dem deutsch-bri­ti­schen Astro­no­men Fried­rich Wil­helm Her­schel ent­deckt. Er beschrieb ihn als rei­chen und bril­lan­ten Hau­fen aus hel­len und sehr schwa­chen Ster­nen. NGC 457 zählt zu den hells­ten und beein­dru­ckends­ten Hau­fen in die­sem mit offe­nen Stern­hau­fen reich geseg­ne­ten Stern­bild. Gleich­zei­tig gehört er zu den schöns­ten Objek­ten sei­ner Art am Nord­him­mel, die nicht in Charles Mes­siers berühm­ten Nebel­ka­ta­log auf­ge­führt sind. Man fragt sich des­halb wohl zurecht, war­um Mes­sier die­ses schö­ne und in klei­nen Instru­men­ten kome­ten­ähn­li­che Objekt nicht bemerkt hat. Durch sein äuße­res Erschei­nungs­bil­des, das an eine (flie­gen­de) Eule mit gro­ßen, her­vor­ste­chen­den Augen und aus­ge­brei­te­ten Flü­geln erin­nert, ist NGC 457 auch als „Eulen­hau­fen“ (Owl Clus­ter) bekannt. Fer­ner wird NGC 457 mit der Film­fi­gur in Ste­ven Spiel­bergs Kino­film „E.T. – The Extra­ter­restri­an“ ver­gli­chen und als „ET-Hau­fen“ (E.T. Clus­ter) bezeich­net. Wei­te­re bekann­te Namen sind „Dra­gon­fly Clus­ter“, „Kachi­na Doll Clus­ter“ oder „Phi Cas­sio­peiae Clus­ter“. Im Kata­log von Sir Patrick Cald­well-Moo­re wird NGC 457 als Cald­well 13 geführt.

Ein junger und beeindruckender Sternhaufen in der Kassiopeia

Eulenhaufen
Der Eulen­hau­fen NGC 457 in der Kas­sio­peia – Auf­nah­me von Micha­el Brei­te, Ste­fan Heutz & Wolf­gang Ries, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

NGC 457 ist ein hel­ler und stern­rei­cher galak­ti­scher Hau­fen in der Herbst­milch­stra­ße und viel­leicht der schöns­te aller offe­nen Stern­hau­fen in der Cas­sio­peia. Er besitzt einen schein­ba­ren Durch­mes­ser von 13 Bogen­mi­nu­ten und eine Hel­lig­keit von 6,4 Grö­ßen­klas­sen. Die rela­tiv unbe­kann­ten Stern­hau­fen Stock 2 („Mus­kel­männ­chen“) und Stock 5 in der Kas­sio­peia sind sogar noch etwas hel­ler aber unschein­ba­rer. NGC 457 ist ein leich­tes Ziel für Ama­teur­as­tro­no­men und kann selbst in Feld­ste­chern und klei­nen Tele­sko­pen am licht­ver­schmutz­ten Him­mel auf­ge­fun­den wer­den. Sein wah­rer Durch­mes­ser wird mit rund 30 Licht­jah­ren und sein Alter mit rund 21 Mil­lio­nen Jah­ren ange­ge­ben. Damit zählt der Eulen­hau­fen noch zu den sehr jun­gen Objek­ten sei­ner Art in unse­rer Gala­xis. Der berühm­te Dop­pel­stern­hau­fen, im benach­bar­ten Stern­bild Per­seus, ist nur unwe­sent­lich jün­ger. Ins­ge­samt wur­den rund 150 Ster­ne hel­ler als 13. Grö­ßen­klas­se gezählt, die zum Hau­fen gehö­ren. Etwa 60 Ster­ne davon wur­den als ech­te Mit­glie­der iden­ti­fi­ziert. Die Gesamt­mas­se von NGC 457 beträgt ca. 3.000 Sonnen.

Phi Cassiopeiae

Die bei­den gelb und blau erschei­nen­den Ster­ne Phi Cas­sio­peiae (5,0 mag) und HD 7902 (7,0 mag) ste­chen bei der Betrach­tung von NGC 457 regel­recht aus dem Hau­fen her­aus. Sie bil­den die Augen der Eule bzw. des Außer­ir­di­schen. In Wahr­heit ste­hen die bei­den Ster­ne ver­mut­lich weit im Vor­der­grund und nur zufäl­lig auf der glei­chen Sicht­li­nie. Ver­mut­lich befin­det sich der hüb­sche Dop­pel­stern Phi Cas rund 4.500 Licht­jah­re von der Erde ent­fernt. NGC 457 sel­ber steht aber in einer Distanz von rund 9.300 Licht­jah­ren. Damit ist der offe­ne Hau­fen bereits im benach­bar­ten Per­seus-Arm unse­rer Milch­stra­ße zu loka­li­sie­ren. Es ist der nächs­te Spi­ral­arm, der sich von unse­rer Posi­ti­on aus in der Gala­xis nach außen erstreckt. Es ist nach wie vor noch nicht ganz klar, ob Phi Cas­sio­peiae viel­leicht doch ein ech­tes Mit­glied von NGC 457 ist. Soll­te dies der Fall sein, so wäre er einer der hells­ten bekann­ten gel­ben Über­rie­sen der Milch­stra­ße. Von der Leucht­kraft her wür­de der Stern sogar Rigel im Stern­bild Ori­on bei wei­tem über­tref­fen. Abzüg­lich der inter­stel­la­ren Absorp­ti­on, die 1 ½ Grö­ßen­klas­sen ent­spricht, wür­de der Stern ein abso­lu­te Hel­lig­keit von ‑8.8 mag besit­zen. Das ent­spricht einer Leucht­kraft von 275.000 Son­nen! Unse­re Son­ne wür­de in der glei­chen Ent­fer­nung wie der Stern­hau­fen nur mit einer schein­ba­ren Hel­lig­keit von 17,3 Magni­tu­den leuchten.

NGC457 & NGC436
NGC 436 & NGC 457 – Auf­nah­me von Bern­hard Hubl, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Das hells­te ech­te Mit­glied von NGC 457, ein roter Über­rie­se der Spek­tral­klas­se M0, besitzt eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 8,6 mag und die 10.000-fache Son­nen­leucht­kraft. Er ist ein ver­än­der­li­cher Stern und steht knapp öst­lich des Hau­fen­zen­trums. Der Stern trägt die Bezeich­nung V466 Cas­sio­peiae. Nur 40 Bogen­mi­nu­ten nord­west­lich des Eulen­hau­fen befin­det sich der offe­nen Stern­hau­fen NGC 436. Mit einer Hel­lig­keit von 8 Grö­ßen­klas­sen und einem schein­ba­ren Durch­mes­ser von 5 Bogen­mi­nu­ten erscheint die­ser deut­lich klei­ner und licht­schwä­cher als NGC 457.

Beobachtung

Der Eulen­hau­fen ist bereits sehr ein­fach als unschar­fer Licht­fleck mit einem 7x50 oder 10x50 Feld­ste­cher zu erken­nen. Die bei­den hells­ten Ster­ne, Phi Cas und HD 7902, sind am Auf­fäl­ligs­ten. Sie erschei­nen als eine Art Dop­pel­stern vor neb­li­gen Hin­ter­grund. Mit einem 16x70 Fern­glas erscheint der Stern­hau­fen läng­lich. Er ist bereits annä­hernd in ein Dut­zend schwa­che Ein­zel­ster­ne auf­ge­löst, die sich in zwei nach Süden gerich­te­te Ster­nen­ket­ten anord­nen. NGC 457 zeigt im Feld­ste­cher eine flo­cki­ge Struk­tur, mit einem neb­li­gen Hin­ter­grund vie­ler unauf­ge­lös­ter Ster­ne. Ein 3 Zoll Refrak­tor zeigt den Stern­hau­fen bei mitt­le­rer Ver­grö­ße­run­gen in zwei Dut­zend wei­ße Ein­zel­ster­ne auf­ge­löst. Das Zen­trum ist nur mäßig zur Mit­te hin kon­zen­triert. Eine Grup­pe aus Ster­nen der 9. und 10. Grö­ßen­klas­se, in einer recht­ecki­gen Anord­nung, zeich­net den Kör­per der Eule, mit ihren aus­ge­brei­te­ten Flü­geln, nach. Die Flü­gel erstre­cken sich in Nord-Süd-Richtung. 

Kassiopeia
Milch­stra­ße im Stern­bild Kassiopeia

Mit 4 bis 6 Zoll Öff­nung und mitt­le­rer Ver­grö­ße­rung um 50-fach sind bereits über 50 bis 75 Ster­ne im Eulen­hau­fen zu erken­nen. Die bei­den Haupt­ster­ne Phi Cas und HD 7902 leuch­ten nun wie Dia­man­ten vor einen samt­schwar­zen Hin­ter­grund. Die Hau­fen­mit­glie­der sind in auf­fäl­li­gen Lini­en und Kur­ven ange­ord­net. Mit 8 bis 10 Zoll gro­ßen Reflek­to­ren ergibt sich der bes­te Anblick des Stern­hau­fens. Mit einer Ver­grö­ße­rung von 100-fach tau­chen über 100 Ster­ne, in einem Feld von der hal­ben Grö­ße des Voll­mon­des, auf. Die Außen­be­rei­che erschei­nen drei­ecks­för­mig. Süd­lich des Zen­trum exis­tiert ein Kon­zen­tra­ti­on aus hel­len Ster­nen. Im nörd­li­chen Teil von NGC 457 erscheint eine dunk­le­re Stel­le. Noch höhe­re Ver­grö­ße­run­gen tra­gen wenig zur Ver­bes­se­rung der Sicht bei.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für NGC 457 – erstellt mit SkytechX

Der Eulen­hau­fen ist von unse­ren Brei­ten aus zir­kum­po­lar und das gan­ze Jahr über beob­acht­bar. Die lan­gen Herbst- und Win­ter­näch­te sind die bes­te Zeit, den offe­nen Stern­hau­fen zu beob­ach­ten. Der Hau­fen befin­det sich knapp 2° süd­öst­lich des Bede­ckungs­ver­än­der­li­chen Ruch­bah (Del­ta Cas, 2,7 mag) und auf der nach Süd­wes­ten ver­län­ger­ten Ver­bin­dungs­li­nie zwi­schen Kap­pa (4,3 mag) und Gam­ma Cas (2,3 mag). Er steht direkt unter­halb des öst­li­chen „W‑Balkens“ der Kas­sio­peia. Somit ist NGC 457 rela­tiv leicht auf­zu­fin­den. Der Stern­hau­fen bil­det mit den bei­den Ster­nen ein gleich­schenk­li­ges Drei­eck. Auch der 5,0 mag hel­le Stern Phi Cas ist in dunk­len Näch­ten bereits mit dem blo­ßen Auge zu sehen. Er steht unmit­tel­bar am äuße­ren Rand von NGC 457.

Auf­such­kar­te Eulen­hau­fen (NGC 457) (197,6 KiB, 414 hits)

Steckbrief für NGC 457

Objekt­na­meNGC 457
Kata­log­be­zeich­nungCol­lin­der 12, Melot­te 7, OCL 321, Cald­well 13
Eigen­na­meEulen­hau­fen, Owl Nebu­la, ET-Hau­fen, E.T. Clus­ter, Dra­gon­fly Clus­ter, Kachi­na Doll Clus­ter, Phi Cas­sio­peiae Cluster
Typoffe­ner Stern­hau­fen, I 3 r
Stern­bildKas­sio­peia (Cas­sio­peia)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)01h 19m 32,6s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)+58° 17′ 27″
V Hel­lig­keit6,4 mag
Win­kel­aus­deh­nung20,0′
Anzahl der Sterne80
Hells­ter Stern8,6 mag
Durch­mes­ser30 Licht­jah­re
Ent­fer­nung9.300 Licht­jah­re
Beschrei­bungCl,B,L,pRi,*7,8,10; H VII 42;Phi Cas is not a member;Not incl in mag
Ent­de­ckerFried­rich Wil­helm Her­schel, 1787
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 1, 2, 7
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 15
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 47–48 (Vol I)
Pocket Sky Atlas: Chart 3
Sky Atlas 2000: Chart 1
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 29

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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