Objekte des Monats: Die Galaxie Messier 87

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Die ellip­ti­sche Rie­sen­ga­la­xie Mes­sier 87 (NGC 4486), im Stern­bild Jung­frau (Vir­go), wur­de am 5. Mai 1779 von dem deut­schen Astro­no­men Johann Köh­ler auf­ge­fun­den. Am 18. März 1781 wur­de die Gala­xie von dem fran­zö­si­schen Astro­no­men Charles Mes­sier, zusam­men mit 7 wei­te­ren Gala­xien des Vir­go-Gala­xien­hau­fens sowie Mes­sier 92 im Her­ku­les, unab­hän­gig wie­der­ent­deckt. Mes­sier beschrieb das Objekt als Nebel ohne Ster­ne, mit der glei­chen Hel­lig­keit wie die bei­den Nebel mit der Num­mer 84 und 86 in sei­nem Kata­log. Der ame­ri­ka­ni­sche Astro­nom Heber Cur­tis bemerk­te im Jahr 1918 kei­ner­lei Spi­ral­struk­tur in M 87. Aller­dings ent­deck­te er eine Art Jet, der aus dem Kern der Gala­xie zu kom­men schien. Zu die­ser Zeit war die Exis­tenz extra­ga­lak­ti­scher Objek­te noch unbe­kannt. Der ame­ri­ka­ni­sche Astro­nom Edwin P. Hub­ble kate­go­ri­sier­te Mes­sier 87 im Jahr 1926 als einen ellip­ti­schen extra­ga­lak­ti­schen Nebel ohne erkenn­ba­re Aus­deh­nung. Damals war M 87 die ein­zi­ge ellip­ti­sche Gala­xie mit auf­lös­ba­ren Ster­nen. Der ame­ri­ka­ni­sche Astro­nom Hal­ton Arp glie­der­te das Objekt zur der Klas­se der Gala­xien mit Jets ein. Somit ist Mes­sier 87 auch als Arp 152 in sei­nem Kata­log der unge­wöhn­li­chen Gala­xien (Atlas of Pecu­li­ar Gala­xies) ver­zeich­net. Im 1959 ver­öf­fent­lich­ten „Drit­ten Cam­bridge Kata­log der Radio­quel­len“ trägt M 87 die Bezeich­nung 3C 274. Sie steht an fünf­ter Stel­le der stärks­ten Radio­quel­len an unse­rem Himmel.

Die größte und massereichste Galaxie des Virgohaufens

Mes­sier 87 gehört zu den am bes­ten unter­such­ten Gala­xien des loka­len Uni­ver­sums und ist auch ein belieb­tes Beob­ach­tungs­ob­jekt für Hob­by­as­tro­no­men. Sie ist eine sehr akti­ve Gala­xie und eine der hells­ten Radio- und Rönt­gen­quel­len des Him­mels. In der Astro­phy­sik ist sie auch als Vir­go A bzw. Vir­go X‑1 bekannt. Die ellip­ti­sche Rie­sen­ga­la­xie, vom Hub­ble Typ E0p, besitzt eine Hel­lig­keit von 8,6 mag und eine schein­ba­re Aus­deh­nung von 8,3 x 6,6 Bogen­mi­nu­ten. M 87 wird auch als Über­rie­sen­ga­la­xie mit aus­ge­dehn­tem dif­fu­sen, aber staub­frei­en Halo im Zen­trum eines Gala­xien­hau­fens klas­si­fi­ziert. Die Ent­fer­nung zu M 87 wird mit 53,5 Mil­lio­nen Licht­jah­ren ange­ge­ben. Somit besitzt die Gala­xie eine wah­re Aus­deh­nung von 132.000 Licht­jah­ren. Der Durch­mes­ser unse­rer Milch­stra­ße beträgt nach neus­ten Erkennt­nis­sen sogar 170.000 Licht­jah­ren. Aller­dings besitzt M 87, durch ihr kugel­för­mi­ges Erschei­nungs­bilds, ein deut­lich grö­ße­re Volu­men als unse­re Gala­xis. Gleich­zei­tig ist sie die leucht­kräf­tigs­te, größ­te und mas­se­reichs­te Gala­xie des Vir­go-Super­hau­fens. Mit einer Gesamt­mas­se von 2,7 Bil­lio­nen Son­nen­mas­sen, ver­ei­nigt sie rund eine Bil­lio­nen Sterne.

Virgohaufen Zentrum
Das Zen­trum des Vir­go-Gala­xien­hau­fens mit „Markarian’s Chain“ – Auf­nah­me von Tom­my Nawra­til, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Zusam­men mit ihren Nach­barn Mes­sier 84 (NGC 4374) und Mes­sier 86 (NGC 4406) befin­det sich Mes­sier 87 im gra­vi­ta­ti­ven Zen­trum des Vir­go-Gala­xien­hau­fens. Dies drückt sich durch die gerin­ge Eigen­ge­schwin­dig­keit die­ser Gala­xien gegen­über ande­ren Mit­glie­dern des Hau­fen aus. M 87 und M 86 bewe­gen sich dabei auf­ein­an­der zu. Ihr Zusam­men­tref­fen könn­te sogar die ers­te Begeg­nung der bei­den Gala­xien sein. In der Ver­gan­gen­heit gab es wahr­schein­lich eine nahe Begeg­nung von M 87 mit M 84. Dar­auf deu­tet der abge­schnit­te­ne Halo von M 87 hin, der durch Gezei­ten­kräf­te ver­lo­ren gegan­gen ist. Der abge­schnit­te­ne Halo könn­te aller­dings auch durch eine Kon­trak­ti­on ver­ur­sacht wor­den sein. Ellip­ti­sche Rie­sen­ga­la­xien ent­ste­hen übli­cher­wei­se nach einer Rei­he von Ver­schmel­zun­gen gro­ßer Spi­ral­ga­la­xien wie die der Milch­stra­ße. Die Regi­on um M 87 ist auch stark von ellip­ti­schen und S0-Gala­xien bevöl­kert. Schät­zungs­wei­se wird sie von min­des­tens 50 klei­nen Satel­li­ten­ga­la­xien umkreist. Die hells­ten von ihnen sind NGC 4476, NGC 4478, NGC 4486A und NGC 4486B.

Virgohaufen
Der Zen­tral­be­reich des Vir­go-Gala­xien­hau­fens im Stern­bild Jungfrau

Der Vir­go-Gala­xien­hau­fen befin­det sich im Zen­trum des deut­lich grö­ße­ren Vir­go-Super­hau­fens, an des­sen Rand sich auch unse­re Loka­le Gala­xien­grup­pe mit der Milch­stra­ße befin­det. Neben M 87, ent­hält der Vir­go­hau­fen rund 200 gro­ße und ca. 2000 klei­ne­re Gala­xien. Die Mas­se von M 87 beträgt, inner­halb eines Radi­us von 32 Kilo­par­sec (ca. 104.000 Licht­jah­re), zwi­schen 2 bis 3 Mil­li­ar­den Son­nen­mas­sen, was dem Dop­pel­ten unse­rer Milch­stra­ße ent­spricht. Die Gesamt­mas­se der Rie­sen­ga­la­xie könn­te sogar das 200-fache der gesam­ten Milch­stra­ße über­tref­fen. Nur 1/6 die­ser Mas­se ist in Form von Ster­nen kon­zen­triert. Die Ster­ne in der Gala­xie haben eine kugel­sym­me­tri­sche Ver­tei­lung. Die am dich­tes­ten besie­del­ten Regio­nen sind die­je­ni­gen, die dem Kern der Gala­xie am nächs­ten sind. Die Dich­te nimmt mit zuneh­men­der Ent­fer­nung vom Zen­trum ab.

Messier 87
Mes­sier 87 im Stern­bild Jung­frau – Auf­nah­me von Micha­el Brei­te, Ste­fan Heutz & Wolf­gang Ries, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Mes­sier 87 ent­hält nur noch sehr wenig Staub und Gas, um dif­fu­se Nebel zu bil­den. Nor­ma­ler­wei­se fin­det man die­se Nebel in den Armen der Spi­ral­ga­la­xien wie unse­rer Milch­stra­ße. Die Gesamt­mas­se des Staubs beträgt nicht mehr als 70.000 Son­nen­mas­sen. Im Gegen­satz beträgt die Mas­se des Staubs in unse­rem Milch­stra­ßen­sys­tem etwa 100 Mil­lio­nen Son­nen­mas­sen. Somit kön­nen heut­zu­ta­ge kaum noch neue Ster­ne ent­ste­hen. M 87 wird des­halb von alten „metall­ar­men“ Ster­nen der Popu­la­ti­on II domi­niert. Die gesam­te Gala­xie wird von einer aus­ge­dehn­ten Koro­na aus hei­ßem Gas gerin­ger Dich­te umgeben. 

Messier 87 (Hubble)
Mes­sier 87 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: Cre­dits: NASA, ESA and the Hub­ble Heri­ta­ge Team (STScI/AURA); Ack­now­ledgment: P. Cote (Herz­berg Insti­tu­te of Astro­phy­sics) and E. Baltz (Stan­ford Uni­ver­si­ty), Public domain, via Wiki­me­dia Commons

Auf sehr lang belich­te­ten Auf­nah­men erscheint der Halo von Mes­sier 87 sehr aus­ge­dehnt und so groß wie der schein­ba­re Voll­mond­durch­mes­ser an unse­rem Him­mel. Die­ser erscheint auch eher lang­ge­streckt als kreis­för­mig zu sein. Die schein­ba­re Grö­ße des Halos ent­spricht einer wah­ren Aus­deh­nung von über einer Mil­lio­nen Licht­jah­ren! Damit zählt M 87 zu den mas­se­reichs­ten Gala­xien am gesam­ten Him­mel. An abso­lu­ter Hel­lig­keit und Mas­se wird Mes­sier 87 nur noch von der ellip­ti­schen Rie­sen­ga­la­xie IC 1101 über­trof­fen. IC 1101 ist die größ­te Gala­xie im bekann­ten Uni­ver­sum und befin­det sich im Zen­trum des mehr als 1 Mil­li­ar­de Licht­jah­re ent­fern­ten Abell 2029 Gala­xien­hau­fens im Stern­bild Jung­frau. Die Rie­sen­ga­la­xie ist fast drei­mal so groß wie M 87 und beher­bergt etwa vier­mal so vie­le Sterne!

Kugelsternhaufen und eine Supernova

Mes­sier 87 besitzt die bis­her größ­te Anzahl an bekann­ten Kugel­stern­hau­fen in einer Gala­xie. Man schätzt, dass es in ihrem Halo mehr als 12.000 die­ser Objek­te gibt. Rund 1.000 von ihnen sind schon auf län­ger belich­te­ten Auf­nah­men zu erken­nen. Sie besit­zen aller­dings nur eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 23 mag. Unse­re Milch­stra­ße besitzt gera­de ein­mal 150 bis 200 die­ser alten Stern­hau­fen. Vie­le Kugel­stern­hau­fen in M 87 über­tref­fen Ome­ga Cen­tau­ri, den größ­ten Kugel­stern­hau­fen der Gala­xis, an Grö­ße und Mas­se deut­lich. Die Kugel­stern­hau­fen von M 87 sind ver­gleich­bar mit Mayall II, dem größ­ten Kugel­stern­hau­fen der Loka­len Grup­pe, der eine abso­lu­te Hel­lig­keit von ‑9,8 mag besitzt. Ein­zel­ne Kugel­hau­fen von M 87 über­tref­fen sogar noch die­se und besit­zen eine abso­lu­te Hel­lig­keit von ‑12 Grö­ßen­klas­sen. Neben den Kugel­hau­fen, wur­den in der Umge­bung von M 87 vie­le klei­ne Satel­li­ten­ga­la­xien nach­ge­wie­sen. Die­se sind vor allem auf lang belich­te­ten Fotos zu erken­nen. Des Wei­te­ren gibt es Hin­wei­se auf einen linea­ren Ster­nen­strom im Nord­wes­ten von M 87, der sich durch Gezei­ten­wir­kung der Nach­bar­ga­la­xien oder durch Kol­li­sio­nen mit klei­ne­ren Satel­li­ten­ga­la­xien gebil­det haben könn­te. Beob­ach­tun­gen der Bewe­gung von 300 Pla­ne­ta­ri­schen Nebeln im Halo von M 87 legen nahe, dass die Gala­xie in den letz­ten Mil­li­ar­den Jah­ren mit einer stern­bil­den­den mit­tel­gro­ßen Spi­ral­ga­la­xie ver­schmol­zen ist. Die­se Kol­li­si­on füg­te M 87 auch eini­ge jün­ge­re, blaue Ster­ne hinzu.

Materiejet
Mate­rie­jet von Mes­sier 87 (die hel­len Punk­te sind Kugel­stern­hau­fen in M 87) – Cre­dit: NASA and The Hub­ble Heri­ta­ge Team (STScI/AURA), Public domain, via Wiki­me­dia Commons

Im Jahr 1922 wur­de vom rus­si­schen Astro­no­men I.A. Bala­now­ski auch eine Super­no­va nach­ge­wie­sen, die auf foto­gra­fi­schen Plat­ten aus dem Jahr 1919 gefun­den wur­de. Zum Ent­de­ckungs­zeit­punkt wur­de die Super­no­va noch als mög­li­che Nova ein­ge­ord­net. Die­se erreich­te am 24. Febru­ar 1919 eine maxi­ma­le Hel­lig­keit von 11,5 mag. Einen Monat spä­ter war sie bereits wie­der auf 12,4 mag gefal­len. Bis heu­te war sie die ein­zi­ge ent­deck­te Super­no­va in M 87. Im Jahr 2002 berich­te­te eine Stu­die über die Ent­de­ckung von über 400 Novae in Mes­sier 87. Zwei Jah­re spä­ter wur­de höchst­wahr­schein­lich auch eine Nova in einem ihrer Kugel­stern­hau­fen beobachtet.

Ein Supermassereiches Schwarzes Loch und sein Materiejet

Im Jahr 1947 wur­de eine star­ke Radio­quel­le nach­ge­wie­sen, die aus der sel­ben Rich­tung wie M 87 zu kom­men schien und als Vir­go A kata­lo­gi­siert wur­de. Hier­bei han­delt es sich um die stärks­te Radio­quel­le im Stern­bild der Jung­frau. Der im Jahr 1918 durch Cur­tis ent­deck­te Jet wur­de als Quel­le die­ser Strah­lung iden­ti­fi­ziert. Im April 1965 ent­deck­te eine Aero­bee-For­schungs­ra­ke­te eine extra­ga­lak­ti­sche Rönt­gen­quel­le, die als Vir­go X‑1 bezeich­net wur­de. Im Jahr 1967 wur­de die­se Rönt­gen­quel­le eben­falls mit der Gala­xie Mes­sier 87 in Ver­bin­dung gebracht. Wei­te­re Unter­su­chun­gen mit den Rönt­gen-For­schungs­sa­tel­li­ten HEAO‑1 und Ein­stein zeig­ten, dass die­se Rönt­gen­quel­le eine kom­ple­xe Struk­tur auf­weist und mit dem Akti­ven Galak­ti­schen Kern (AGN) von M 87 in Ver­bin­dung steht.

Zentrum M87
Zen­tral­ge­biet von Mes­sier 87 mit dem Schwar­zen Loch – Cre­dit: NASA/­JPL-Cal­tech/I­PAC/E­vent Hori­zon Telescope Col­la­bo­ra­ti­on, Public domain, via Wiki­me­dia Commons

Am 10. April 2019 wur­de mit Hil­fe der „Event Hori­zon Telescope“ (EHT) – die Zusam­men­schal­tung von acht über den Glo­bus ver­teil­ten Radio­te­le­sko­pen mit­tels Very Long Base­line Inter­fe­ro­me­try (VLBI) – bestä­tigt, dass sich im Zen­trum von Mes­sier 87 ein super­mas­se­rei­ches Schwar­zes Loch mit einer Mas­se von 6,6 Mil­li­ar­den Son­nen­mas­sen befin­det. Es han­delt sich hier­bei um eines der mas­se­reichs­ten bekann­ten Schwar­zen Löcher über­haupt. Die­ses Objekt gilt als Zen­trum des Akti­ven Galak­ti­schen Kerns von M 87. Sein Schwarz­schild­ra­di­us besitzt eine Aus­deh­nung von 18 Mil­li­ar­den Kilo­me­ter bzw. 120 AE. Das ist etwas grö­ßer als die Halb­ach­se der Umlauf­bahn von Plu­to und alle ande­ren bekann­ten Zwerg­pla­ne­ten in unse­rem Son­nen­sys­tems. Die Kol­la­bo­ra­ti­on des EHT prä­sen­tier­ten ein Bild mit dem „Schat­ten“ des Ereig­nis­ho­ri­zon­tes. Die Radio­auf­nah­me zeigt ein klar ring­för­mi­ges dif­fu­ses Leuch­ten in der unmit­tel­ba­ren Umge­bung des Lochs, mit einer dunk­len Zen­tral­re­gi­on. Die Auf­nah­me zeigt gute Über­ein­stim­mung mit Simu­la­tio­nen auf Basis der All­ge­mei­nen Rela­ti­vi­täts­theo­rie. Peta­bytes an Daten, die mit den ver­schie­de­nen Radio­te­le­sko­pen der Kol­la­bo­ra­ti­on auf­ge­nom­men wur­den, wur­den hier­für in einem Super­com­pu­ter ver­ar­bei­tet. Nach­dem das Schwar­ze Loch abge­bil­det wor­den war, wur­de es „Pōwehi“ genannt. Der Name ist ein hawai­ia­ni­sches Wort, das „die geschmück­te uner­gründ­li­che dunk­le Schöp­fung“ bedeutet.

Radiobild M87
Radio­bild (links oben), opti­sches (rechts oben) und VLBI Radio­bild (unten) der Gala­xie Mes­sier 87 – Cre­dit: NASA, Natio­nal Radio Astro­no­my Observatory/National Sci­ence Foun­da­ti­on, John Biret­ta (STScI/JHU), and Asso­cia­ted Uni­ver­si­ties, Inc., Public domain, via Wiki­me­dia Commons

Das Schwar­ze Loch in M 87 ist von einer rotie­ren­den Akkre­ti­ons­schei­be aus ioni­sier­tem Gas, mit einem Durch­mes­ser von 0,39 Licht­jah­ren bzw. 25.000 AE, umge­ben. Das Gas in der Schei­be bewegt sich mit 1000 km/s um das Schwar­ze Loch, bis es von ihm akkre­tiert wird. Die Akkre­ti­ons­ra­te beträgt rund 0,1 Son­nen­mas­sen pro Jahr. Hier gehen auch zwei sich gegen­über­lie­gen­de und rund 6.000 Licht­jah­re lan­ge dün­ne und pola­ri­sier­te Mate­rie­jets aus. Die­se sind genau senk­recht zur Akkre­ti­ons­schei­be ori­en­tiert und in ver­schie­de­nen Wel­len­län­gen zu beob­ach­ten. Der linea­re rela­ti­vis­ti­sche Jet erscheint schon auf rela­tiv kurz belich­te­ten Auf­nah­men im sicht­ba­ren Licht und besitzt eine Län­ge von 20 Bogen­se­kun­de und eine Brei­te von 2 Bogen­se­kun­den. Die Mate­rie des Jets stammt direkt aus der Akkre­ti­ons­schei­be, die das Schwar­ze Loch umgibt. Die Mate­rie schießt dabei mit annä­hernd Licht­ge­schwin­dig­keit aus dem Zen­trum von M 87 heraus.

Röntgenbild M87
Kom­bi­nier­tes Rönt­gen- und Radio­bild des „galak­ti­schen Super­vul­kans“ in Mes­sier 87 – Cre­dit: X‑ray: NASA/CXC/KIPAC/N. Wer­ner et al Radio: NSF/NRAO/AUI/W. Cot­ton, Public domain, via Wiki­me­dia Commons

Das Leuch­ten des Jets rührt von Syn­chro­tron Strah­lung her, die durch beschleu­nig­te Elek­tro­nen nahe der Licht­ge­schwin­dig­keit in einem Magnet­feld ent­ste­hen. Die Ener­gie der Elek­tro­nen beträgt etwa 100 bis 1.000 Giga­elek­tro­nen­volt. Die Gesamt­ener­gie der Elek­tro­nen wird auf 5x10^49 Joule geschätzt. Das ent­spricht der 10^13 fachen Ener­gie, die in der gesam­ten Milch­stra­ße in einer Sekun­de erzeugt wird! Die Mate­rie des Jets konn­te mit Hil­fe des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops, bis in eine Ent­fer­nung von 260.000 Licht­jah­re vom Zen­trum, nach­ge­wie­sen wer­den. Mes­sun­gen von Hub­ble im Jahr 1999 ergab eine geo­me­tri­sche Geschwin­dig­keit vom 4 bis 5‑fachen der Licht­ge­schwin­dig­keit. Die schein­ba­re Über­licht­ge­schwin­dig­keit ist aller­dings nur ein opti­scher Effekt der spe­zi­el­len Rela­ti­vi­täts­theo­rie, der bei Strö­mun­gen in Rich­tung des Beob­ach­ters auf­tre­ten. Neue Unter­su­chun­gen aus dem Jahr 2021 legen nahe, dass das Schwar­ze Loch im Zen­trum von Mes­sier 87 wahr­schein­lich stark rotiert und das Plas­ma im Jet stark pola­ri­siert ist. Die Radio- und Rönt­gen­quel­le in M 87 steht somit im direk­ten Zusam­men­hang mit dem super­mas­se­rei­chen Schwar­zen Loch im Zen­trum. Außer­dem ist ein Radio­ha­lo von 200.000 Licht­jah­ren Aus­deh­nung bekannt, der durch den Jet auf­ge­heizt wird.

Der Kern von M 87 ist auch eine Quel­le star­ker Gam­ma­strah­lung, deren Fluss inner­halb nur weni­ger Tage vari­iert. Somit muss die­se Quel­le eine sehr gerin­ge Aus­deh­nung besit­zen. Ein Zusam­men­hang die­ser Quel­le mit der direk­ten Umge­bung des Schwar­zen Lochs ist des­halb nahe­lie­gend. Mes­sun­gen der Posi­ti­on des Schwar­zen Lochs erga­ben, dass es sich wahr­schein­lich nicht direkt im geo­me­tri­schen Zen­trum von Mes­sier 87 befin­det son­dern um etwa 23 Licht­jah­re ver­scho­ben ist. Eine Ursa­che könn­te der Jet sel­ber sein, der das Schwar­ze Loch, rela­tiv zum Kern, in Bewe­gung gesetzt haben könn­te. Die Ver­schie­bung könn­te auch durch die Ver­schmel­zung von zwei super­mas­se­rei­chen Schwar­zer Löcher im Zen­trum zustan­de gekom­men sein. Neue­re Ergeb­nis­se legen aller­dings den Schluss nahe, dass die­se Ver­schie­bung auch ein opti­scher Effekt sein könn­te, ver­ur­sacht auf­grund zeit­li­cher Schwan­kun­gen der Hel­lig­keit des Jets. For­schun­gen an M 87 in den letz­ten Jah­ren haben erge­ben, dass Qua­sa­re, BL-Lacer­tae-Objek­te und Radio­ga­la­xien alle dem­sel­ben astro­phy­si­ka­li­schen Mecha­nis­mus unter­lie­gen. Der Kern von M 87 sel­ber besitzt Eigen­schaf­ten eines BL-Lacer­tae-Objekts und besitzt auch Merk­ma­le von Gala­xien­ker­nen vom Typ LINER.

Beobachtung

Mes­sier 87 ist, auf­grund ihrer gro­ßen schein­ba­ren Hel­lig­keit, bereits als kreis­run­des, ver­wa­sche­nes Stern­chen mit Fern­glä­sern und klei­nen Tele­sko­pen beob­acht­bar. Dabei befin­det sie sich in einem über­ra­schend stern­ar­men Gebiet. Im 7x50 oder 10x50 Feld­ste­cher erscheint M 87 wie ein unschar­fer Stern der 9. Grö­ßen­klas­se. Im 16x70 Fuji­non und in Tele­sko­pen mit bis 3 Zoll Öff­nung erscheint M 87 ziem­lich flä­chen­hell und als leicht ellip­ti­scher Nebel, der zur Mit­te hin hel­ler wird. Mit 4 bis 6 Zoll Öff­nung ist der Kern­be­reich sehr auf­fäl­lig. Die Hel­lig­keit fällt, von Zen­trum aus­ge­hend, schnell in die Rand­be­rei­che der Gala­xie ab. Es sind kei­ne wei­te­ren Struk­tu­ren, außer das stel­lar erschei­nen­de Kern­ge­biet, wahr­nehm­bar. So ähnelt sie eher einem unauf­ge­lös­ten Kugel­stern­hau­fen. Die­ser Anblick ändert sich auch nicht mit noch grö­ße­rer Öff­nung von 8 bis 10 Zoll. M 87 erscheint bei die­ser Öff­nung und mit 100-facher Ver­grö­ße­rung all­ge­mein hel­ler und ihr Zen­trum aus­ge­dehn­ter, mit einem annä­hernd stel­la­ren Kern. In der Nähe der Gala­xie erkennt man noch einen Stern der 9. Grö­ßen­klas­se sowie zwei wei­te­re schwä­che­re Beglei­ter (NGC 4476 & NGC 4378). 

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für Mes­sier 87 – erstellt mit SkytechX

Um den rund 20 Bogen­se­kun­den lan­ge Mate­rie­jet zu sehen, sind sehr gro­ße Tele­sko­pen von 20 Zoll Öff­nung und dar­über hin­aus erfor­der­lich. Er ist bei sehr hoher Ver­grö­ße­rung, um 300-fach, unter exzel­len­ten Beob­ach­tungs­be­din­gun­gen zumin­dest zu erah­nen. Der Jet gilt bei Ama­teur­as­tro­no­men als visu­el­le Her­aus­for­de­rung, zumal die­ser Jet deut­lich leich­ter zu foto­gra­fie­ren ist. Der Jet darf aber nicht mit einem 16 mag hel­len Gala­xien­paar ver­wech­selt wer­den. Für die zahl­rei­chen Kugel­stern­hau­fen, die die Gala­xie umge­ben, sind sogar noch grö­ße­re Öff­nun­gen jen­seits der 24 Zoll erfor­der­lich. Nicht weit von M 87 ent­fernt befin­det sich eine Ansamm­lung von Gala­xien, die unter dem Namen „Markarian’s Chain“ bekannt ist. Die Gala­xien in die­ser Ket­te sind bereits in mitt­le­ren Tele­sko­pen beob­acht­bar. Die ellip­ti­sche Gala­xie M 89 befin­det sich etwas mehr als ein Grad öst­lich von M 87. Das Gala­xien­paar M 84/M 86 liegt 1,5° nord­west­lich davon.

Mes­sier 87 – und die zahl­rei­chen Gala­xien des Vir­go-Gala­xien­hau­fens – sind typi­sche Objek­te des Früh­lings­him­mels. Die Gala­xie liegt unweit der Gren­ze des Stern­bil­des Jung­frau zum Stern­bild Haar der Bere­ni­ke. Sie steht unge­fähr auf hal­ber Linie zwi­schen den Ster­nen Vin­dem­ia­trix (Epsi­lon Vir­gi­nis, 2,8 mag) und Denebo­la (Beta Leo­nis, 2,1 mag), in Rich­tung des Sterns Epsi­lon Vir­gi­nis versetzt.

Auf­such­kar­te Mes­sier 87 (60,1 KiB, 133 hits)

Steckbrief für Messier 87

Objekt­na­meMes­sier 87
Kata­log­be­zeich­nungNGC 4486, UGC 7654, PGC 41361, MCG 2–32-105, 3C 274 
Eigen­na­meVir­go A
TypGala­xie, E/P
Stern­bildJung­frau (Vir­go)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)12h 30m 49,4s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)+12° 23′ 26″
V Hel­lig­keit8,6 mag
Flä­chen­hel­lig­keit13,0 mag
Win­kel­aus­deh­nung8,3′ x 6,6′
Posi­ti­ons­win­kel170°
Abso­lu­te Helligkeit-21,957 mag
Durch­mes­ser135.000 Licht­jah­re
Ent­fer­nung53,5 Mil­lio­nen Lichtjahre
Beschrei­bungB in Vir­go cluster;NGC 4486A @ 7.5′ ssf;NGC 4486B @ 7.3′
Ent­de­ckerJohann Köh­ler, 1779
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 11
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 45 & D2
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 725–726 (Vol II)
Pocket Sky Atlas: Chart 45
Sky Atlas 2000: Chart 14
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 91

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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