Die Balkenspiralgalaxie Messier 106 (NGC 4258) im Sternbild Jagdhunde (Canes Venatici) wurde im Juli 1781 vom französischen Astronomen Pierre Méchain entdeckt und in einem persönlichen Brief an Bernouli am 6. Mai 1783 erwähnt. Er beschrieb das Objekt als Nebel in der Nähe des Sterns 3 Canum Venaticorum. Das Objekt wurde aber erst im Jahr 1947 von der kanadischen Astronomin Helen Sawyer Hogg, zusammen mit Messier 105 und Messier 107, zum Messier-Katalog hinzugefügt. Möglicherweise wäre M 106, in einer späteren Publikation von Messiers Katalog, mit aufgenommen worden. Der deutsch-britische Astronom Wilhelm Herschel beobachtete die Galaxie am 9. März 1788 unabhängig von Méchain und nahm sie in seinen Katalog der Sternhaufen und Nebel auf. Er beschrieb sie als brillant, mit hellem, nicht rundem Kern und schwach milchigen Zweigen im Norden und Süden. Auch Herschels Sohn John beobachtet die Galaxie im Jahr 1830. Später wurde diese als NGC 4288 in Dreyers 1888 erschienenen „New General Catalogue of Nebulae an Star Cluster“ katalogisiert.
Eine verkleinerte Version des Andromedanebels
Messier 106 ist eine Balkenspirale vom Hubble-Typ SABbc in 23,7 Millionen Lichtjahren Entfernung. Sie besitzt eine Ausdehnung von 18,6 x 7,2 Bogenminuten am Himmel und eine scheinbare Helligkeit von 8,3 mag. Damit ist sie einer der hellsten Galaxien an unserem Himmel und schon in einem lichtstarken 7x50 Fernglas beobachtbar. Die Galaxie ist eine Mischform aus einer normalen Spirale und einer Balkenspirale, die 20° zu unserer Sichtlinie geneigt ist. Ihre Scheibe erscheint auf lang belichteten Aufnahmen recht ungewöhnlich und verzerrt. Vom äußeren Erscheinungsbild ähnelt sie der Andromedagalaxie (Messier 31). Allerdings ist sie vom Durchmesser und von der Masse her etwas kleiner: ihr Durchmesser beträgt 124.000 Lichtjahre und ihre Masse 400 Milliarden Sonnen.
Messier 106 zählt zu den größten und hellste Galaxien, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Milchstraße. Gleichzeitig ist sie das hellste Mitglied der Canes-Venatici-II-Gruppe die, wie unsere Lokale Galaxiengruppe, ein Mitglied des Virgo-Superhaufens ist. Weitere Mitglieder dieser Gruppe sind die Edge-on Spiralgalaxie NGC 4242, das Galaxienpaar NGC 4485/4490 und die irreguläre Galaxie NGC 4449. Aufgrund von Emissionsspektren von schwach ionisiertem Gas im Kerngebiet, wird die Galaxie auch als LINER-Typ (Low Ionisation Nuclear Emission-line Region) klassifiziert.
Massereiches Schwarzes Loch im Zentrum
Untersuchungen belegen, dass die Galaxie einen aktiven Kern vom Seyfert-II-Typ besitzt. Dieser ist schon seit den 50er Jahren als starke Radioquelle bekannt. Im Kern befindet sich vermutlich ein massereiches und besonders aktive Schwarzes Loch, mit ungefähr 39 Millionen Sonnenmassen. Denn der überwiegende Teil dieser Masse konzentriert sich auf eine Region mit einem Radius von nur 27.000 bis 54.000 AE zum Zentrum. Das dunkle Objekt wird wiederum von einer 10 Millionen Sonnenmassen schweren Scheibe aus molekularem Gas umkreist, innerhalb von nur einem Lichtjahr zum Zentrum. Die aktive Region selber ist nicht sichtbar, weil sie von Staub verdeckt wird. In der Nähe des Kerngebiets erkennt man auf lang belichteten Aufnahmen sowie im Röntgenlicht zwei zusätzliche Arme aus heißem ionisiertem Gas. Diese beiden Arme stammen wahrscheinlich aus der Kernregion um das Schwarze Loch. Das aktive Zentrum selber akkretiert rund 0,01 Sonnenmassen an Materie pro Jahr. Ein Teil diese Materie wird durch zwei bipolare Jets wieder in das All geschleudert, die 30° zur Galaxienebene geneigt sind. Sie machen sich im Röntgenlicht durch zwei riesige Gasblasen bemerkbar.
Messier 106 besitzt eine zusätzliche dichte Scheibe im Zentrum, die als Wasserdampf-Megamaser, bei einer Wellenlänge von 22 GHz, fungiert. Der Maser weist auf dichtes molekulares Gas hin und ermöglicht auch die direkte Messung der Entfernung zu der Galaxie, unabhängig von anderen Messmethoden. Auch ihre Cepheiden-Veränderlichen, die sich von der Metallizität her den Cepheiden unserer Galaxis ähneln, haben mitgeholfen, die Cepheiden in anderen Galaxien zu eichen. M 106 hat demzufolge eine wichtige Rolle für die Kalibrierung der kosmischen Entfernungsskala gespielt. Ferner belegen Aufnahmen der Galaxie, dass M 106 zur Zeit einen massiven Sternentstehung erfährt. Dieser Starburst macht sich durch eine hohe Anzahl an jungen Sternhaufen in den Spiralarmen, die viele massereiche und heiße Sterne enthalten, sowie rötlich erscheinende Sternentstehungsregionen bemerkbar. Insgesamt wurden bis zu 137 dieser HII-Regionen katalogisiert.
Am 20. Mai 2014, 40 Tage nach ihrem Maximum, wurde die Supernova SN 2014bc in Messier 106 entdeckt, die eine Helligkeit von 14,8 Größenklassen erreichte und dem Supernova Typ II zugerechnet wurde. Die erste Supernova in der Galaxie, SN 1981K, wurde im August 1981 nachgewiesen und erreichte die 16. Größenklasse. Sie wurde ebenfalls dem Typ II (Kernkollaps-Supernova eines alten, massereichen Sterns) zugerechnet. In unmittelbarer Nähe zu Messier 106 gibt es zwei hellere Galaxien: NGC 4217 (11,3 mag) und NGC 4248 (12,4 mag). NGC 4217, die wir von der Kante sehen, besitzt einen Durchmesser von 80.000 Lichtjahre und befindet sich mit 49 Millionen Lichtjahren ungefähr doppelt so weit entfernt im Hintergrund. Die irregulär erscheinende Galaxie NGC 4248, in unmittelbarer Nähe zu M 106, ist vermutlich ein echter Begleiter von M 106 und steht ebenfalls nur 24 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt.
Beobachtung
Messier 106 ist, neben Messier 51, einer der Galaxien im Messier-Katalog, mit der am leichtesten erkennbaren Spiralstruktur. Die Galaxie besitzt eine relativ hohe Flächenhelligkeit und ist unter einem dunklen Landhimmel bereits im 10x50 Feldstecher als länglicher Nebelfleck erkennbar. Mit 3 bis 4 Zoll Öffnung ist ebenfalls nur ein länglicher, von Nordwest nach Südost ausgerichteter Lichtstreifen sichtbar, der ein helleres, fast sternförmiges Zentralgebiet umgibt. Bei indirektem Sehen erscheint die nördliche Hälfte der Scheibe etwas heller als die südliche. Mit 6 bis 8 Zoll Öffnung und mittlerer Vergrößerung erscheint die Galaxie recht flächenhell. Der helle und breite Spiralarm, im Nordosten der Galaxienscheibe, kann schon direkt als Aufhellung im Halo erkannt werden und reicht bis zu einem Stern der 11. Größenklasse. Der schmale, südwestliche Arm macht sich erst bei indirektem Sehen bemerkbar. Somit besitzt die Galaxie eine deutliche S‑Form. Der Kern erscheint konzentriert aber nicht stellar und ist in einem helleren Balken eingebettet. Der Kernbereich erscheint bei höhere Vergrößerung bereits gemottelt, mit einer ebenfalls S‑förmigen Struktur. Der äußere Halo ist deutlich schwächer und diffus. Mit Teleskopen von 10 bis 12 Zoll Öffnung sind die Spiralarme, nördlich und südlich in der Galaxienscheibe, deutlich besser zu erkennen, die von einem zentralen Balken ausgehen. Der Kern erscheint hell und kompakt, mit einem sternförmigen Zentrum. Nördlich des Kerns ist ein Knoten sichtbar. Die Scheibe ist nun ebenfalls gemottelt und mit größerer Öffnung ziehen dunkle Staubspuren und Verdichtungen spiralförmig nach außen. Außerhalb der Hauptachse ist ein Halo mit einer vage sichtbaren Spiralstruktur sichtbar, die den 11. mag Stern im Norden mit einschließt.
Messier 106 ist am besten in den Frühlingsmonaten zu beobachten, wenn das Sternbild der Jagdhunde hoch am Himmel steht. Von südlichen Breiten der Erde aus ist die Galaxie nicht so einfach zu beobachten. Die Galaxie liegt auf einer gedachten Linie zwischen Dubhe (Alpha UMa, 1,8 mag), Phecda (Gamma UMa, 2,4 mag) sowie Cor Caroli (Alpha CVn, 2,8 mag) und ungefähr in der Mitte zwischen den beide Sternen Alpha Canum Venaticorum und Gamma Ursae Majoris. 4,5° ostsüdöstlich von Gamma UMa befindet sich 5 CVn (4,8 mag). Wenn wir diesen Stern an das nördliche Ende des Suchergesichtsfeld stellen, entdecken wir nahe der Gesichtsfeldmitte den Stern 3 CVn (5,3 mag). M 106 steht knapp 2° südlich dieses Sterns, in einer relativ sternarmen Umgebung und rund ein halbes Grad westlich eines Sterns der 6. Größenklasse.
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Steckbrief für Messier 106
Objektname | Messie 106 |
Katalogbezeichnung | NGC 4258, UGC 7353, PGC 39600 |
Typ | Galaxie, SBbc |
Sternbild | Jagdhunde (Canes Venatici) |
Rektaszension (J2000.0) | 12h 18m 57,8s |
Deklination (J2000.0) | +47° 18′ 25″ |
V Helligkeit | 8,3 mag |
Flächenhelligkeit | 13,6 mag |
Winkelausdehnung | 18,6′ x 7,2′ |
Positionswinkel | 150° |
Absolute Helligkeit | -21,024 mag |
Durchmesser | 124.000 Lichtjahre |
Entfernung | 23,7 Millionen Lichtjahre |
Beschreibung | H V 43; !,vB,vL,vmE0,sbMBN |
Entdecker | Pierre Méchain, 1781 |
Sternatlanten | Cambridge Star Atlas: Chart 4 & 5 Interstellarum Deep Sky Atlas: Chart 21 Millennium Star Atlas: Charts 591–592 (Vol II) Pocket Sky Atlas: Chart 43 Sky Atlas 2000.0: Chart 7 Uranometria 2nd Ed.: Chart 37 |