Die Spiralgalaxie Messier 94 (NGC 4736), im nördlichen Sternbild der Jagdhunde (Canes Venatici), wurde am 22. März 1781 vom französischen Astronomen Pierre Méchain entdeckt. Sein Freund und Kollege Charles Messier beschrieb die Galaxie zwei Tage später als diffusen Nebel ohne Sterne, mit einem leuchtenden Zentrum, das Ähnlichkeiten mit Messier 79 im Sternbild Hase aufweist. Messier nahm das Objekt schließlich als Nummer 94 in seinen berühmten Nebelkatalog auf. Der irische Astronom Lord Rosse war der erste Beobachter, der im Jahr 1855 einen dunklen Ring um das Zentrum und einen hellen Ring außerhalb des Kerns bemerkte und einen Spiralnebel vermutete. M 94 ist auch als Katzenaugengalaxie (Cat’s Eye Galaxy) und vor allem im englischen Sprachraum als Croc’s Eye bekannt.
Eine heller Nachbar unserer Milchstraße
Messier 94 besitzt eine scheinbaren Helligkeit von 8,1 Größenklassen und einen Durchmesser von 14,4 x 12,1 Bogenminuten am Himmel. Somit kann man sie bereits in lichtstarken Ferngläsern und kleinen Teleskopen aufspüren. Die Spiralgalaxie vom Hubble-Typ Sab, auf der wir direkt von oben auf die Scheibe blicken, steht ungefähr 16 Millionen Lichtjahren von der Erde entfernt. Sie ist das hellste Mitglied der 16 bis 24 Mitglieder umfassenden Canes-Venatici-I-Galaxiengruppe, zu der auch die Blackeye Galaxie Messier 64 im Sternbild Haar der Berenike gehört. Sie steht somit noch in unmittelbarer Nachbarschaft zu unserer Lokalen Gruppe. Zusammen mit unserer Galaxiengruppe, ist die Canes-Venatici-I-Galaxiengruppe ebenfalls Mitglied des Virgo-Superhaufens. Allerdings weisen Untersuchungen darauf hin, dass die Mitglieder dieses kleinen Galaxienhaufens gravitativ schwach einander gebunden sind, was durch den Mangel an spheroidalen Zwerggalaxien und der Radialgeschwindigkeiten einzelner Mitglieder bestätigt wird. Die hellsten Galaxien dieser Gruppe sind neben M 94 noch NGC 4449, NGC 4214, NGC 4395 und NGC 4214, die alle in kleineren bis mittleren Teleskopen beobachtet werden können. M 94 besitzt einen Ausdehnung von ungefähr 56.000 Lichtjahren und eine Gesamtmasse von ungefähr 60 Milliarden Sonnenmassen. Damit ist sie ungefähr 1/3 so groß wie unser eigenes Milchstraßensystem. Einige Quellen klassifizieren Messier 94 als Balkenspirale, aber der „Balken“ ist nur schwer visuell zu erfassen und erscheint eher oval.
Galaxie mit ungewöhnliche Spiralstruktur
Messier 94 gehört zur Gruppe der Seyfert II Galaxien und besitzt einen aktiven und extrem hellen Kern vom LINER-Typ, einer Region mit geringer ionisierender Kernemission. Das bedeutet, dass der Kern von M 94 ionisiertes Gas enthält, aber dass das Gas nur schwach ionisiert ist. Der Kern selber enthält eine helle Röntgenquelle, vermutlich ein sehr kompakter Sternhaufen oder ein Schwarzes Loch von 7 Millionen Sonnenmassen. Das Kerngebiet ist von einer kreisförmigen hellen Scheibe umgeben, die auf Fotos bläulich erscheint. Dieser 5.400 Lichtjahre vom Zentrum entfernte und scharf begrenzte Ring, mit einem Durchmesser von 70 Bogensekunden, ist ein Ort hoher Sternentstehung. Aus diesem Grund wird dieser Ring auch als Starburst-Ring bezeichnet. Die hohe Sternbildungsrate wird durch Ausstoß heißen Gases und einer Schockwelle aus dem Zentrum der Galaxie hervorgerufen. Das dort enthaltene Gas wird schließlich komprimiert und löst die Sternentstehung aus. Der Ring besteht aus zahlreichen HII-Regionen sowie blauen und jungen Sternhaufen, die wahrscheinlich nicht älter als 10 Millionen Jahre sind.
Die Galaxienscheibe besitzt noch einen deutlich größeren Außenring, mit einem Radius von 45.000 Lichtjahren und einem Durchmesser von 600 Bogensekunden. Dieser besteht aus gelblichen Sternen älterer Population. Untersuchungen aus dem Jahr 2009 legen nahe, dass dieser Ring kein geschlossener Sternring zu sein scheint, sondern aus einer komplexeren Struktur eng anliegender und glatter Spiralarmen besteht. Dieser Ring scheint ebenfalls aktiv zu sein, da er 10% der neu entstanden Sterne dieser Galaxie beisteuert. Gleichzeitig enthält der Ring rund 23% der gesamten stellaren Masse von M 94. Tatsächlich ist die Sternentstehungsrate im äußeren Ring rund doppelt so hoch, weil die Sternentstehung pro Zeiteinheit, bezogen auf die Sternenmasse, effektiver ist. Somit kann in M 94 zwei Wellen der Sternentstehung beobachtet werden. Die Zentralregion der Galaxie selber besteht aus 10 Milliarden Jahre alten Sternen.
Kreisförmiger äußerer Ring
Auf sehr lang belichten Fotos erscheint noch ein weiterer und deutlich schwächerer äußerer Ring, der einen Durchmesser von ungefähr 15 Bogenminuten aufweist. Man vermutete zuerst, dass dieser Ring durch Akkretion einer Satellitengalaxie bzw. durch die Gravitationswechselwirkung mit einer nahe gelegenen Galaxie im Haufen gebildet wurde. Neuere Untersuchungen mit dem Spitzer-Weltraumteleskop und dem Galaxy Evolution Explorer der NASA legen allerdings nahe, dass es sich dabei um, vom Zentrum der Galaxie ausgehend, zwei getrennte, sehr schwache Spiralarme handelt, die sich durch unsere Perspektive zufälligerweise zu einem Kreis verbinden. Die Spiralstruktur der äußeren Scheibe ist überraschend komplex und in anderen Wellenlängen, wie im mittleren Infraroten und Ultravioletten, deutlich auffälliger als im Optischen. Der äußere Ring erstreckt sich weitere 30.000 Lichtjahre in den Raum hinaus, so dass der Durchmesser von M 94 tatsächlich 80.000 Lichtjahre beträgt.
Eine weitere Studie aus dem Jahr 2008 zeigt auf, dass Messier 94 nur sehr wenig dunkle Materie enthält. Die Studie analysierte die Rotationskurven der Sterne der Galaxie und die Dichte des Wasserstoffgases und stellte fest, dass die gesamte Masse der Galaxie vorwiegend aus gewöhnlicher leuchtender Materie zu bestehen scheint. Der Grund für diese Anomalie ist unbekannt und Gegenstand weiterer Forschung.
Beobachtung
Schon in einem 7x50 Fernglas ist die ziemlich flächenhelle Galaxie als 8 mag helles unscharfes Sternchen sichtbar. Man benötigt zur Sichtung aber einen dunklen Himmel und gute Durchsicht. In meinem 16x70 Fujinon-Feldstecher ähnelt M 94 vom Aussehen her einem planetarischen Nebel. Im 3 bis 4 Zoll Refraktor und 50 bis 80-facher Vergrößerung erscheint die Galaxie als runder Nebel, mit einem flächigen und deutlich ausgeprägtem hellen Zentrum. Vom äußeren Erscheinungsbild ähnelt sie einer leicht elliptische Galaxie oder ein unaufgelöster Kugelsternhaufen. Mit 5 bis 6 Zoll Öffnung kann man schon auf 100-fach vergrößern. Man erkennt nun einen 30 Bogensekunden großen hellen Kern. Dieser ist von einer nur ein Bogenminuten großen und nahezu kreisrunden Scheibe umgeben. Dieser ist wiederum in einen oval erscheinenden, diffusen Halo von 3 Bogenminuten Durchmesser eingebettet. Mit 8 Zoll Öffnung sind die Spiralarme schon andeutungsweise als schwacher Ring um das helle Zentrum sichtbar. Der äußere Halo ist nun leicht elliptisch, leicht gemottelt, in Ost-West-Richtung elongiert und nicht scharf begrenzt. Der Kern erscheint als stark kondensierter Lichtpunkt, der durch eine Art Nebel hindurchscheint. Mit 10 bis 12 Zoll Öffnung erscheint die Zentralregion scheibenförmig, hell und leicht oval. Der äußere Halo ist schwach, nicht gleichmäßig hell und geht diffus in den Hintergrund über. Der helle Ring um den Kern besitzt nun deutlich mehr Details. Bei hoher Vergrößerung erkennt man bereits Ansätze der Spiralstruktur in der Nähe des Kerns.
Die Galaxie ist am besten in den Frühlingsmonaten beobachtbar, wenn das Sternbild Großer Bär hoch am Himmel steht. Das Sternbild Jagdhunde befindet sich direkt südlich des Großen Wagen Asterismus. Der erste Anlaufpunkt, um Messier 94 aufzusuchen, ist der Doppelstern Cor Caroli (Alpha Cvn, 2,8 mag), der Hauptstern in den Jagdhunden, sowie Chara (Beta Cvn, 4,3 mag). Die Galaxie steht ungefähr 2° nordöstlich der Verbindungslinie dieser beiden Sterne und ist im Sucherfernrohr schon sehr leicht zu erkennen.
Aufsuchkarte Katzenaugengalaxie (Messier 94) (72,0 KiB, 404 hits)
Steckbrief für Messier 94
Objektname | Messie 94 |
Katalogbezeichnung | NGC 4736, UGC 7996, PGC 43495 |
Eigenname | Katzenaugengalaxie, Cat’s Eye Galaxy, Croc’s Eye |
Typ | Galaxie, Sab |
Sternbild | Jagdhunde (Canes Venatici) |
Rektaszension (J2000.0) | 12h 50m 53,1s |
Deklination (J2000.0) | +41° 07′ 17″ |
V Helligkeit | 8,1 mag |
Flächenhelligkeit | 13,1 mag |
Winkelausdehnung | 14,4′ x 12,1′ |
Positionswinkel | 117° |
Absolute Helligkeit | -20,762 mag |
Durchmesser | 56.000 Lichtjahre |
Entfernung | 16 Millionen Lichtjahre |
Beschreibung | Ring, vB,L,iR,vsvmbM,BN,r |
Entdecker | Pierre Méchain, 1781 |
Sternatlanten | Cambridge Star Atlas: Chart 4 & 5 Interstellarum Deep Sky Atlas: Chart 21 Millennium Star Atlas: Charts 609–610 (Vol II) Pocket Sky Atlas: Chart 43 Sky Atlas 2000.0: Chart 7 Uranometria 2nd Ed.: Chart 37 |