Objekte des Monats: Der Kugelsternhaufen Messier 79

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Der Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 79 (NGC 1904) im süd­li­chen Stern­bild Hase (Lepus) wur­de am 26. Okto­ber 1780 von dem fran­zö­si­schen Astro­no­men Pierre Méchain ent­deckt und wahr­schein­lich schon von dem ita­lie­ni­schen Natur­for­scher Gio­van­ni Bat­tis­ta Hodier­na vor dem Jahr 1654 auf­ge­fun­den. Méchains Freund Charles Mes­sier beschrieb den Kugel­hau­fen als wun­der­schö­nen Nebel ohne Ster­ne im Hasen, mit leuch­ten­dem Zen­trum und dif­fu­ser Nebu­lo­si­tät. Er beob­ach­te­te ihn am 17. Dezem­ber 1780 und nahm ihn anschlie­ßend als 79. Objekt in sei­nen berühm­ten Nebel­ka­ta­log auf. Der deutsch-bri­ti­sche Astro­nom Wil­helm Her­schel, der den Stern­hau­fen am 13. Janu­ar 1806 beob­ach­te­te, war wahr­schein­lich der ers­te Beob­ach­ter, der den Stern­hau­fen in Ein­zel­ster­ne auf­lö­sen konnte.

Der am weitesten entfernte Kugelhaufen im Messier-Katalog

Mes­sier 79 ist einer der weni­gen Kugel­stern­hau­fen des win­ter­li­chen Nord­him­mels und befin­det sich nahe­zu in ent­ge­gen­ge­setz­ter Rich­tung zum galak­ti­schen Zen­trum. Die meis­ten Kugel­stern­hau­fen unse­rer Gala­xis kon­zen­trie­ren sich nahe des galak­ti­schen Zen­trums und sind des­halb Objek­te des Som­mer­him­mels. Der schö­ne Kugel­hau­fen ist mit einer Hel­lig­keit von 7,7 Grö­ßen­klas­sen und mit einem schein­ba­ren Durch­mes­ser von 9,6 Bogen­mi­nu­ten unter einem dunk­len Him­mel schon im Fern­glas sicht­bar. Auf die Ent­fer­nung von 41.000 Licht­jah­ren gerech­net, beträgt sein wah­rer Durch­mes­ser rund 118 Licht­jah­re. Damit gehört M 79 zum ent­fern­tes­ten Kugel­hau­fen in Mes­siers berühm­ten Nebel­ka­ta­log. Die Ent­fer­nung zum Zen­trum unse­rer Milch­stra­ße beträgt 60.000 Licht­jah­re. M 79 kann sich sogar bis zu 90.000 Licht­jah­re vom galak­ti­schen Zen­trum ent­fer­nen und sich dem Zen­trum auf bis zu 5.000 Licht­jah­re annä­hern. Die Bahn von M 79 ist 45° zur galak­ti­schen Ebe­ne geneigt, mit einer Umlauf­zeit von rund 400 Mil­lio­nen Jahren. 

Mes­sier 79 in einer Auf­nah­me des Siding Spring Obser­va­to­ri­um (NSW, Aus­tra­li­en) – Cre­dit: public domain, via Wiki­me­dia Commons

Des Wei­te­ren besitzt Mes­sier 79 rund 150.000 Ster­ne und eine Mas­se von 400.000 Son­nen­mas­sen. Mit einem Alter von 11,7 Mil­li­ar­den Jah­ren gehört der Kugel­stern­hau­fen zu den ältes­ten Objek­ten sei­ner Klas­se. Denn die Ster­ne in M 79 wei­sen nur 1/40 der Metal­li­zi­tät unse­rer Son­ne auf. Die äuße­re Form von M 79 ist leicht ellip­tisch und er ist zum Zen­trum hin nur mit­tel­mä­ßig kon­zen­triert. Die hells­ten Ster­ne in M 79 besit­zen Hel­lig­kei­ten von 13 bis 14 mag. Im Lau­fe der Zeit wur­den 13 ver­än­der­li­che Ster­ne in M 79 gefun­den, von denen 10 Ster­ne zum Typ RR Lyrae gehö­ren, die wich­ti­ge Ent­fer­nungs­in­di­ka­to­ren sind. Die meis­ten Ster­ne sind aber rote Rie­sen. Im Jahr 1992 wur­den im ultra­vio­let­ten Licht auch über 100 blaue Ster­ne gefun­den, so genann­te Blue Stragg­lers. Die „Blau­en Nach­züg­ler“ ent­ste­hen wahr­schein­lich, wenn zwei mas­se­är­me­re Ster­ne mit­ein­an­der ver­schmel­zen oder durch einen Mas­sen­trans­fer auf einen Nach­bar­stern in einem engen Dop­pel­stern­sys­tem. Sehr vie­le von die­sen wur­den in einem gro­ßen Abstand vom Zen­trum des Kugel­hau­fens gewun­den, was im Wider­spruch zur gän­gi­gen Theo­rie steht. Außer­dem wird ver­mu­tet, dass Mes­sier 79 einen Kern­kol­laps, ähn­lich wie bei den Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 15, Mes­sier 30 und Mes­sier 70 erlit­ten hat. Sein Kern ent­hält außer­dem noch ein mit­tel­schwe­res zen­tra­les Schwar­zes Loch, mit einer Mas­se von rund 3.000 Sonnenmassen.

M 79 ein Mitglied der Canis-Major-Zwerggalaxie?

Messier 79 (HST)
Der Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 79 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: ESA/Hubble, S. Djor­gov­ski (Cal­tech) and F. Fer­ra­ro (Uni­ver­si­ty of Bolo­gna), CC BY 4.0, via Wiki­me­dia Commons

Auf­grund sei­ner Posi­ti­on am Him­mel und die Ent­fer­nung von 60.000 Licht­jah­ren zum Zen­trum unse­res Milch­stra­ßen­sys­tems wird ver­mu­tet, dass der Kugel­hau­fen, zusam­men mit den Kugel­stern­hau­fen NGC 1851, NGC 2298 und NGC 2808, ein Mit­glied der erst im Jahr 2003 ent­deck­ten Canis-Major-Zwerg­ga­la­xie ist. Denn in Rich­tung des Stern­bilds Gro­ßer Hund exis­tiert eine unge­wöhn­lich hohe Dich­te roter Rie­sen­stern. Die­se Zwerg­ga­la­xie, die sich heut­zu­ta­ge inmit­ten der Schei­be unse­rer Milch­stra­ße befin­det, ist mit einer Ent­fer­nung von 25.000 Licht­jah­re unse­re nächs­te Nach­bar­ga­la­xie und befin­det sich sogar noch etwas näher an unse­rem Son­nen­sys­tem, als das Zen­trum unse­rer eige­nen Gala­xie. Gezei­ten­schwei­fe, die als Mono­ce­ros-Ring bezeich­net wer­den legen nahe, dass die Canis-Major-Zwerg­ga­la­xie zur Zeit von unse­rer eige­nen Gala­xis zer­ris­sen und ver­ein­nahmt wird. Der ande­re extra­ga­lak­ti­sche Kugel­stern­hau­fen ist Mes­sier 54, der ver­mut­lich ein Mit­glied der ellip­ti­schen und 70.000 Licht­jah­re ent­fern­ten Sagit­ta­ri­us-Zwerg­ga­la­xie ist. Auch M 79 besitzt einen Gezei­ten­schweif, der in Rich­tung galak­ti­sches Zen­trum weist. In naher Zukunft wird der Stern­hau­fen, auf­grund der Gezei­ten­kräf­te unse­rer Gala­xis, eben­falls zer­stört werden.

Beobachtung

Mes­sier 79 ist schon in jedem 10x50 Fern­glas als dif­fu­ser Licht­ball und mit Tele­sko­pen sogar aus der Stadt her­aus erkenn­bar. Im 3 Zoll Refrak­tor mit 40-facher Ver­grö­ße­rung ähnelt M 79 einem klei­nen Kome­ten, mit hel­lem Kern und dif­fu­sen Rand­be­rei­chen. Im 4 bis 5 Zoll Refrak­tor und mitt­le­rer Ver­grö­ße­run­gen wirkt M 79 schon leicht kör­nig. Außer­dem fällt bei die­ser Öff­nung schon sei­ne leich­te ellip­ti­sche Form und sei­ne star­ke Kon­zen­tra­ti­on zur Mit­te auf. Bei 6 Zoll Öff­nung und rund 100-facher Ver­grö­ße­rung sind ein­zel­ne Ster­ne in den Rand­be­rei­chen des Hau­fens wahr­nehm­bar. Das Zen­trum des Kugel­stern­hau­fens wirkt sehr klein, dicht und stark kon­zen­triert. Nörd­lich und süd­lich wird der Hau­fen von zwei Ster­nen der 9. Grö­ßen­klas­se flan­kiert, die jeweils 20 Bogen­mi­nu­ten vom Kugel­stern­hau­fen ent­fernt ste­hen. Ein wei­te­rer Stern der 12. Grö­ßen­klas­se ist am nörd­li­chen Rand des Hau­fens erkenn­bar. Bei 8 bis 10 Öff­nung gelingt es, den Stern­hau­fen bis fast ins Zen­trum hin­ein in Ein­zel­ster­ne auf­zu­lö­sen. Bei sehr hoher Ver­grö­ße­rung erscheint der Zen­tral­be­reich asym­me­trisch. Der Kern erscheint aber immer noch stel­lar. Fünf mar­kan­te Stern­ket­ten wei­sen in unter­schied­li­che Rich­tun­gen vom Hau­fen­zen­trum weg. Der Hin­ter­grund des Hau­fens bleibt aber trotz­dem nahe­zu dif­fus. Ab 12 bis 14 Zoll Öff­nung ist der Kugel­hau­fen schließ­lich voll­stän­dig in Ein­zel­ster­ne aufzulösen.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für Mes­sier 79 – erstellt mit SkytechX

Auf­grund sei­ner süd­li­chen Dekli­na­ti­on von ‑24,5°, erreicht M 79 von unse­ren Brei­ten aus gese­hen in den Win­ter­mo­na­ten nur gerin­ge Höhen über dem Hori­zont. Der Kugel­stern­hau­fen ist aber rela­tiv ein­fach auf­zu­fin­den. Unter­halb der mar­kan­ten Figur des Stern­bil­des Ori­on, befin­det sich die rela­tiv auf­fäl­li­ge Figur des Hasen. 4 Ster­ne davon bil­den ein etwas ver­scho­be­nes Recht­eck. Wenn wir die gedach­te Linie zwi­schen Arneb (Alpha Lep, 2,6 mag) und Nihalk (Beta Lep, 2,8 mag) ver­bin­den und die glei­che Stre­cke nach Süden 1 ⅓ Mal ver­län­gern, trifft man auf Mes­sier 79. Wir stel­len Beta Lepo­ris in die Sucher­mit­te ein. 0,7° süd­lich die­ses Sterns steht ein wei­te­rer Stern 6. Grö­ßen­klas­se. Nun schwen­ken wir das Tele­skop, ent­lang der Ver­bin­dungs­li­nie bei­der Ster­ne, unge­fähr 4° in Rich­tung Süden. Im Sucher taucht nun ein mar­kan­ter Dop­pel­stern der 5. Grö­ßen­klas­se mit der Bezeich­nung h 3752 auf. M 79 befin­det sich rund ein hal­bes Grad nord­öst­lich die­ses Sterns und soll­te schon im Sucher als dif­fu­ser run­der Fleck zu erken­nen sein.

Auf­such­kar­te Mes­sier 79 (92,2 KiB, 254 hits)

Steckbrief für Messier 79

Objekt­na­meMes­sier 79
Kata­log­be­zeich­nungNGC 1904, ESO 487-SC7, GCL 10 
TypKugel­stern­hau­fen, V
Stern­bildHase (Lepus)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)05h 24m 10,6s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)-24° 31′ 25″
V Hel­lig­keit7,7 mag
Flä­chen­hel­lig­keit12,0 mag
Win­kel­aus­deh­nung9,6′
Durch­mes­ser118 Licht­jah­re
Ent­fer­nung41.000 Licht­jah­re
Beschrei­bungpL,eRi,eC,rrr; Stars vF
Ent­de­ckerPierre Méchain, 1780
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 9 & 15
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 85
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 349–350 (Vol I)
Pocket Sky Atlas: Chart 16
Sky Atlas 2000.0: Chart 19
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 71

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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