In der Nacht vom 24. auf den 25. Mai 2019 wurden an zahlreichen Standorten in Europa eine Satellitenkette beobachtet und fotografiert. Viele wussten nicht, worum es sich dabei handelt und meldeten ihre Sichtungen bei verschiedenen UFO-Meldestellen, auf Facebook, Twitter oder in den Astronomieforen der üblichen Verdächtigen. Dabei handelte es sich um 60 Starlink-Testsatelliten von SpaceX, die von einer Falcon 9 am 24. Mai 2019 um 2:30 Uhr Weltzeit von Cape Canaveral in Florida aus in eine Erdumlaufbahn gebracht wurden und zur Zeit auch über Europa sichtbar sind.
Diese Satelliten sind die ersten Vorboten für ein gigantisches Satelliten-Kommunikationsnetz, das in seiner größten Ausbaustufe rund 12.000 Satelliten umfassen wird. Die Satelliten werden die Erde in verschiedenen Umlaufbahnen von 340, 550 und 1.100 bis 1.325 Kilometer Höhe umkreisen und in Zukunft Hochgeschwindigkeitsinternet ermöglichen. Somit kann jeder Punkt auf der Erde, mit einer Bandbreite von 1 GB/s pro Nutzer, abgedeckt werden. Der Aufbau des Satellitensystems soll schließlich im Jahr 2025 2027 abgeschlossen werden.
Nun mehren sich Bedenken vor allem bei Astrofotografen, die in nächster Zeit womöglich noch mehr Satellitenspuren auf ihren Bildern finden werden. Diese Spuren lassen sich zwar mit Hilfe der Bildbearbeitung und der Stacking-Methode des Kappa-Sigma-Clipping eliminieren, allerdings wäre das wohl Ende der Astro-Single-Shot-Aufnahmen vor allem im Weitwinkelbereich.
Moderne digitale Kameras besitzen ein immer besseres Signal-zu-Rausch-Verhältnis vor allem bei höheren ISO-Werten. Aus diesem Grund gab es in den letzten Jahren vermehrt astronomische Landschaftsbilder zu sehen, die mit einer oder nur wenigen Einzelaufnahmen entstanden sind. In den meisten Bildern waren einige wenige Satellitenspuren sichtbar, die mitunter auch ihren eigenen Reiz hatten, zum Beispiel wenn es sich um Flares von Iridium-Satelliten handelte. In der größten Aufbaustufe des Starlink-Satellitennetzwerks sollen aber zeitgleich rund 500 Satelliten über dem Horizont stehen. Alleine bei der minimalen Ausbaustufe wären dann immer noch rund 80 Satelliten über dem Ort des Beobachters sichtbar.
So hätte man vor allem in den mittleren Breiten in den Sommermonaten, wenn die Satelliten noch bis spät in die Nacht vom Sonnenlicht getroffen werden, gleich mehrere Dutzend Satellitenspuren von vielleicht 5 bis 9 mag Helligkeit auf seinen Weitwinkelaufnahmen. Und auch die Anzahl der Spuren, bei Aufnahmen mit größerer Brennweite durch ein Teleobjektiv oder Teleskop, werden dementsprechend wachsen. So ist es kein Wunder, dass vor allem von Hobbyastronomen vor dem Ende der Astrofotografie gewarnt wird. Entsprechende Threads tauchen nun vermehrt in den Astro-Internetforen auf. Ob die Sorge tatsächlich begründet ist, werden wir in den kommenden Jahren sehen.
Kritik kam nicht nur von Hobbyastronomen, sondern auch von Raumfahrtexperten. Diese befürchten bei der zunehmenden Zahl von Kleinstsatelliten eine mögliche Entstehung und Anhäufung von Weltraumschrott im niedrigen Erdorbit, wenn es zum Beispiel zu Kollisionen mit anderen Satelliten oder Weltraumschrott kommt. Denn SpaceX wird nicht das einzige Unternehmen sein, dass Mini-Satelliten in nächster Zeit in den niedrigen Erdorbit bringen wird. Im Februar hat das Unternehmen OneWeb zum Beispiel 6 Minisatelliten in die Umlaufbahn gebracht. 642 weitere Satelliten sollen noch folgen. Des Weiteren haben auch andere Unternehmen Lizenzen erworben, um ihre eigene Satellitenflotte in den Erdorbit zu bringen zum Beispiel OneWeb sowie Amazon mit ihrem Project Kuiper.
Weiterführende Links:
Astrotreff.de – Lichterkette über Österreich | Astrotreff.de – 1000 Spacelink-Satelliten – ade Astrofotografie? | Astronomie.de – Trümmerwolke? | Cloudy Nights – Is STARLINK going to impact astrophotography? | Bilder vom Transit am 26. Mai vom Astroblog Lippspringe | Winfuture.de – Sat-Internet mit 25ms | heise.de – Starlink: SpaceX bringt erste 60 Satelliten für Satelliten-Internet ins All | Spiegel-Online – SpaceX schießt 60 Internet-Satelliten ins All | Dresdner Neuste Nachrichten – Starlink: Künftig mehr Satelliten als Sterne am Himmel? | Astronews.com – Starlink – IAU besorgt über Satelliten-Konstellationen
EDIT
Hier noch ein (aktualisierter) Artikel in der Frankfurter Rundschau zur „Starlink-Problematik“ für die Astronomen. Im Text stehen dann auch weitere sichtbare Überflüge der Satelliten für die nächsten Tage.
Wie es ausschaut, teilen auch andere Amateure und Profiastronomen Bedenken den Starlink-Satelliten betreffend, was Elon Musk zu einer eigentümliche Aussage auf Twitter animiert hat, dass die ISS ja deutlich größer und beleuchtet sei [sic!].
Und gestern musste ich noch lesen, dass eventuell sogar 60.000+ Satelliten demnächst die Erde umkreisen könnten, wenn andere Unternehmen ihre Pläne eigener Satellitenflotten verwirklichen. Astronomische Fotos würden in Zukunft wohl in etwa so aussehen:
Jan Hattenbach hat zur „Starlink-Problematik“ in der Astronomie gestern einen eigenen Artikel in seinem Blog „Himmelslichter“ verfasst, der sehr lesenswert ist: Elon Musks “Starlink” – das Ende des Nachthimmels, wie wir ihn kennen?
Und wer den „Starlink-Train“ selber mal beobachten möchte, kann das mit der Android-App ISS Detector bewerkstelligen, wo man die Satellitenüberflüge für seinen eigenen Standort berechnen lassen kann. Denn in den nächsten Nächten soll es für Europa weitere Überflüge geben. Die Zeiten kann man auch hier online berechnen lassen.
Nun hat sich auch SPIEGEL-ONLINE dem Thema angenommen: Vermüllt SpaceX den Nachthimmel?
Elon Musk verspricht Verschlechterung der Albedo-Eigenschaften künftiger Starlink-Satelliten. 😉 Einen (in Englisch) Artikel gibt es hier.
Mittlerweile werden regelrechte Grabenkämpfe zwischen Astronomie- und Raumfahrtfans bezüglich der Satelliten ausgetragen. Siehe diesen Artikel…
Elon Musk scheint mit der „Satellitenproblematik“ in der Astronomie beschwichtigen zu wollen oder halt nur wenig Ahnung von der Materie zu haben. Er weiß offenbar nicht, dass zur Zeit sehr große erdgebundene optische Teleskope in der Entwicklung- bzw. in der Bauphase sind, die den Einfluss der Atmosphäre auf das Bild mittels adaptiver Optik zu 100% kompensieren können. Ein Indiz gibt dieser Tweet von ihm:
Einen sehr gutes Video, die die Problematik von Satelliten-Megakonstellationen in der Astronomie erläutert, gibt es von diesem englischsprachigen Youtuber:
Auf Twitter machte gestern auch diese Simulation des künftigen Starlink-Netzwerkes die Runde. Hier wird simuliert, was Astrofotografen mit 14 mm Brennweite und einer Gesamtbelichtungszeit von nur 5 Minuten erwarten können:
Nun hat sich auch die amerikanische Astronomie-Zeitschrift Sky & Telescope dem Thema angenommen.
In response to online concerns from amateur and professional astronomers, planetary astronomer Alex Parker tweeted his concerns that „If SpaceX launches all 12,000, they will outnumber stars visible to the naked eye,“ and estimates that „at midsummer midnight in Seattle about 500 of them will both be above the horizon and directly illuminated by the Sun.“
Sky & Telescope
Interessant dieser Spektrum.de Artikel von Jan Hattenbach der die Frage aufwirft: Wie gefährlich sind Elon Musks Sterling-Stelliten?
Starlink Sichtbarkeit: Simulation von Mark Handley
Und hier noch ein kritischer Artikel des „Astronomie Teilen“ Blogs
Mittlerweile hat sich sogar die IAU zum Starlink-Problem auf Twitter geäußert. Siehe auch hier den Artikel in der Frankfurter Rundschau vom 3.6.2019