In den letzten zwei Wochen gab es fast durchgehend die Gelegenheit, sich astronomisch zu betätigen. Dank des guten Wetters und der trockenen und klaren Luft, waren die astronomischen Bedingungen für zahlreiche ausgiebige Beobachtungsnächte gegeben. Auch ich beobachtete insgesamt 4 Mal am 15., 19., 20. und 22. April 2020 von meinem Standort aus, inmitten des Spreewaldes. In der 4. Beobachtungsnacht maß mein SQM‑L sogar 21,63 mag/arcsec². Und Aufgrund der sehr guten Durchsicht, konnten Sterne noch mit einer Helligkeit von 6,7 bis 6,8 mag erkannt werden. Der Große Wagen war mit schwachen Sternen regelrecht überfüllt und auch die noch sehr tief stehende Milchstraße im Nordosten, war gegen 2 Uhr morgens eine auffällige Erscheinung und schön strukturiert. Die Lichterglocken der Städte waren Dank der trockenen Luft – oft zeigte das Hygrometer eine Luftfeuchte von weniger als 50% an – weniger stark ausgeprägt als in anderen Nächten. Leider war das Seeing nicht immer optimal. Nur in den letzten beiden Nächten war es gut bis akzeptabel. Durch die vielen Beobachtungsnächte konnte innerhalb einer Woche die schwindende Phase des Venusscheibchens im Fernglas oder Teleskop verfolgt werden. Jeden Abend präsentierte sich der auffällige Abendstern im Westen als deutlich ausgeprägtere Sichel.
Die neue Pest der Astronomie: Starlink!
Auch das Thema Starlink war die ganze Zeit präsent, nicht nur in den Medien. Denn im Laufe des Abends machte der am 18. März 2020 mit einer Falcon 9 gestartete Starlink-Zug Nr. 5 von SpaceX auf sich aufmerksam. Gleich mehrere Dutzend Satelliten der 1. Größenklasse zogen in der fortgeschrittenen Abenddämmerung durch den Zenit. Stellenweise zeigten sich sogar Flares mit mehr als ‑7 mag Helligkeit, die die Helligkeit der Venus bei weitem übertrafen. Zum Teil ruinierten die Satelliten von Herrn Musk auch Himmelsaufnahmen der Hobbyastronomen (dazu später mehr). Die Erscheinung der Satellitenketten sorgten ebenso für viele besorgte Anrufe bei den UFO-Meldestellen in der Nacht und an den Folgetagen. Das ist wohl ein erster Vorgeschmack, was wir in Zukunft noch erwarten können, wenn alle 12.000 Satelliten oder vielleicht sogar noch 30.000 mehr, den nahen Erdorbit bevölkern. Auch in den astronomischen FB-Gruppen oder auf Twitter wurde Starlink breit diskutiert.
Am Abend des 22. April 2020 folgte schließlich der Start von Starlink-Zug Nr. 6. Der Überflug der Falcon 9 Oberstufe konnten auch von Deutschland aus in der fortgeschrittenen Abenddämmerung verfolgt werden. Leider verpasste ich den Start, obwohl die Oberstufe auch von meinem Standort aus sichtbar war. Zu diesem Zeitpunkt war ich nämlich beschäftigt, die Fotoausrüstung auszurichten. In den Folgetagen zog dann noch das dicht beisammen stehende Bündel an Satelliten, vor allem sichtbar im Westen und Süden der Republik, die Aufmerksamkeit der Himmelsbeobachter auf sich.
Drei helle Kometen
Aber auch Kometen standen auf dem Beobachtungsplan in diesen außergewöhnlichen Nächten. Der Komet C/2019 Y4 (ATLAS) im Sternbild Giraffe ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Ende März oder Anfang April erfuhr der Komet eine Kernteilung, die mit einem massiven Einbruch seiner Helligkeitsentwicklung einherging. Der Komet war nämlich auf dem besten Wege, sich zu einem beeindruckenden Objekt im Mai zu entwickeln. Mitte März zeigte sich der Komet auf Fotos noch mit einer ausgeprägten hellen Koma und einem schönen Schweif. Unter Umständen hätte der Schweifstern auch die Chance gehabt, am Taghimmel sichtbar zu sein. Die Chance ist nun leider vertan, denn Amateuraufnahmen und auch das Hubble-Weltraumteleskop zeigten in den letzten Wochen sich voneinander entfernende Bruchstücke des Kern.
Mittlerweile haben sich die einzelnen Bruchstücke des Kometen so weit voneinander entfernt, dass sie vom MPC eine eigene Bezeichnung bekommen haben. Im Teleskop erkannte man im April nur noch eine 9 mag helle, lang gezogenen und sehr diffuse Koma von 7 Bogenminuten Länge ohne zentrale Konzentration. Bei indirektem Sehen und höherer Vergrößerung konnte man auch hier und da einige Helligkeitsunterschiede in der Koma wahrnehmen. Auch im 10x50 Fernglas war der Komet unter einem dunklen Landhimmel noch zu erkennen. Hier präsentierte er sich als lang gezogener diffuser Nebelfleck zwischen den Sternen.
Ein weiterer Komet, der in den Nächten beobachtet wurde, ist der Komet C/2019 Y1 (ATLAS). Im Fernglas stach der Komet sofort ins Auge und war im nordöstlichen Bereich des Sternbilds Kassiopeia ein einfaches Objekt. Um den 20. April hatte der Komet einen kleinen Helligkeitsausbruch erlitten, der die Koma am Folgetag auf 7,7 mag Helligkeit brachte. Im Fernglas war die Koma sofort direkt erkennbar, allerdings recht klein. Im Teleskop präsentierte sich der Komet mit einer sehr hellen, knapp 5‘ großen, kreisrunden und gut kondensierten Koma mit deutlich sichtbaren Zentralbereich. Auch ein dünner und kurzer Schweifansatz war sichtbar. In den Folgenächten wurde die Koma wieder diffuser und etwas schwächer.
Der dritte Komet im Bunde war C/2017 T2 (PanSTARRS), der sich zur Zeit ebenfalls im Sternbild Giraffe aufhält. Der Schweifstern war als schwacher Nebelfleck bereits im Sucher sichtbar. Die leicht ovale, ca. 3‘ große, gut kondensierte und 8,5 mag helle Koma besaß eine deutlich sichtbare zentrale Kondensation. Den kleinen Schweif bestimmte ich mit 7‘ Länge. Auch im Fernglas präsentierte sich PanSTARRS als sehr einfaches Objekt und als leicht ovaler Lichtfleck. Interessant war, dass sich alle drei Kometen in der gleichen Himmelsgegend, nur ein paar Grad voneinander entfernt befanden. Sie sind nach wie vor zirkumpolar und können die gesamte Nacht beobachtet werden.
Galaxien, Sternhaufen, Nebel und ein veränderter Standort
Die noch relativ lange Frühlingsnächte sind prädestiniert für Galaxien und kugelförmige Sternhaufen. In jeder Nacht wurden mindestens 25 Deep-Sky-Objekte beobachtet. Oft erfolgte eine Parallelbeobachtung, wenn ein zweites Instrument zur Verfügung stand. So konnte ich in in der dritten Nacht in meinem 16x70 Fujinon Feldstecher alle Objekte sehen, die ich auch in meinem 80 mm Apo auffinden konnte. Es ist unglaublich, dass selbst helle NGC Galaxien kein Problem darstellen, wenn die äußeren Bedingungen (Dunkelheit, trockene Luft und gute Durchsicht) stimmen. Das ist man eigentlich nur von Namibia gewohnt. In der zweiten Nacht erfolgte die Beobachtung mit meinem 10 Zoll Schmidt-Newton auf der LXD55 Montierung. Trotz des Motortrainings und der exakten Ausrichtung mit einem Fadenkreuzokular, hatte ich wieder Probleme, die Objekte via Go-To anzufahren. Sie zeigten sich entweder nur am Rand des Aufsuchokulars oder nur nahe der Gesichtsfeldmitte im Sucherteleskop. So musste ich auch diesmal wieder auf die Methode des Starhoppings zurückgreifen. Dabei wird ein hellerer Stern angefahren und der weitere Weg mit Hilfe einer Sternkarte bestimmt, bis man das Objekt endlich gefunden hat. Nützlich in diesem Zusammenhang erwies sich auch hier mein Hyperion Zoom-Okular, das lästige Okularwechsel vermied.
Ab der 3. Beobachtungsnacht suchte ich mir eine neue Position knapp 200 Meter nördlich meines ursprünglichen Standortes. Denn der Untergrund war durch landwirtschaftliche Fahrzeuge stark aufgewühlt und extrem uneben geworden. Staub und Sand fand sich nach dem Ende der Beobachtung u.a. in meiner Rockerbox des 8 Zoll Dobson wieder, mit dem ich in der 1. Nacht den Sternenhimmel beobachtete. So musste das Lager zu Hause extra ausgebaut und gereinigt werden. Der zweite Standort ist deutlich besser, da ich mich nun auf einer Wiese befand und für das Instrumentarium sogar mehr Platz hatte. Auch der Blick in Richtung Süden ist nicht mehr durch mittelhohe Bäume verdeckt.
In der letzten Nacht beobachtete ich nur mit dem 10x70 und mit dem 10x50 Fujinon. Der Anblick der Objekte in beiden Instrumenten unterschieden sich kaum voneinander. Oft waren Objekte mit 70 mm Öffnung etwas heller. Parallel wurde in jener Nacht auch Himmelsaufnahmen angefertigt. Dafür verwendete ich die erst im Sommer zur Astrofotografie umgebaute Canon EOS 600D, mit dem 135 mm Objektiv von Sigma auf der Skywatcher Staradventurer und die EOS 1000D mit dem Canon EF 200 mm Objektiv auf der Astrotrac. Ziele waren u.a. der östliche Bereich des Virgo-Galaxienhaufens sowie das Galaxienpaar M 81/M 82 im Großen Bären, die Whirlpoolgalaxie M 51 in den Jagdhunden sowie der galaktische Nebel IC 1396 im Kepheus. Die Bilder müssen aber noch bearbeitet werden und werden zu gegebener Zeit nachgereicht.
Noch nie ist es mir gelungen die Galaxie M 108 sowie den Eulennebel M 97 im Großen Bären im Fernglas zu beobachten. Mit dem 10x70 Fujinon gelang mir das recht einfach. Auch der Ringnebel M 57 zeigte sich im Fujinon 16x70 Feldstecher als schwaches Sternenscheibchen. Das Gesichtsfeld war mit dem 80 mm Apo und dem 34 mm Aufsuchokular vergleichbar. Im Fernglas fand ich den Anblick ausgedehnterer heller Sternhaufen wie h & Chi Persei, die Plejaden und der Praesepe im Krebs deutlich angenehmer und plastischer. Wer den Nordamerikanebel mal ohne Filter sehen wollte, hatte in den zurückliegenden klaren Nächten die Gelegenheit dazu, obwohl sich die Milchstraße im Sternbild Schwan in nur 20 Grad Höhe niedrig im Nordosten befand. Am auffälligsten war die Golfregion nahe des s.g. „kleinen Orions“, einer Sterngruppe, die Auffälligkeiten mit dem Wintersternbild Orion besitzt. Und auch der östliche Teil des Cirrusnebels NGC 6992/6995 war schon ohne Nebelfilter direkt erkennbar. Leider konnte ich den westlichen Teil des Nebels nahe 52 Cygni nicht erkennen, obwohl ich mich darum bemühte.
Die hübsche Galaxiengruppe um M 65/M 66 und NGC 3628 im Sternbild Löwe waren in allen Instrumenten eine Augenweide und sehr einfach sichtbar. Vor allem im 10 Zöller konnte man auch erste Strukturen in den Galaxien erahnen. Erwähnenswert sind dann noch zwei Objekte in der Wasserschlange, die von Mitteleuropa aus nur sehr geringe Horizonthöhen erreichen, wenn sie zu ihrer Kulmination im Süden stehen. Der Kugelsternhaufen M 68 in der Wasserschlange ist selbst im Fernglas recht einfach zu erkennen, zeigt aber selbst im 10 Zöller mit hoher Vergrößerung nur einen unaufgelösten runden Nebelfleck. Die Galaxie M 83 war trotz der guten Bedingungen eine Herausforderung im 10x50 Feldstecher. Sie war nur blickweise zu erhaschen. In Namibia am Südhimmel steht die Galaxie in der Nähe des Zenits und offenbart schon in kleinem Instrumentarium ihre interessante Spiralstruktur.
Wenigstens zeigte die Whirlpoolgalaxie M 51 in den Jagdhunden Spiralarme vor allem mit 254 mm Teleskopöffnung. Die beiden markanten Spiralarme waren sehr gut ausgeprägt und selbst im 8 Zöller wahrnehmbar. NGC 3077 kennt wohl kaum jemand. Dabei handelt es sich um die kleine ovale Nachbargalaxie der M81/M82 Galaxiengruppe, die sogar im 10x50 Fujinon nahe eines Sterns der 8. Größenklasse zu erkennen war. Aber auch die reichen Galaxiengebiete in der Jungfrau und im Haar der Berenike waren Ziele meiner Beobachtung. Zum Ende der Beobachtung standen dann regelmäßig die kugelförmige Sternhaufen der Sommermilchstraße im Mittelpunkt. Beobachtungsende war dann immer zwischen 1:30 Uhr und 2:30 Uhr morgens.