Mit einem sehr großen Dobson zu beobachten ist alleine schon etwas Besonderes. Wir hatten während unserem Tivoli-Aufenthalt Ende Mai 2014 die Gelegenheit, mit einem halben Meter Spiegeldurchmesser den Südhimmel zu erforschen. Dafür mieteten wir in der Nacht vom 30. auf den 31. Mai den 25 Zoll Obsession Dobson von John Canady mit digitalen Teilkreisen. Das Argo Navis System nutzen wir aber nicht, sondern verwendeten zum Aufsuchen der Objekte ganz klassisch den Quickfinder und ein 35 mm Panoptic Übersichtsokular. Eigentlich standen uns in dieser Nacht sogar zwei Teleskope zur Verfügung. Unser treues Arbeitspferd auf Tivoli, der 12,5 Zoll ICS-Dobson von Martin Birkmaier, blieb für diese Nacht aber unangetastet. Aufgrund des Zeitmangels konnte in jener Nacht nur die Umgebung des südlichen Kreuzes sowie die Milchstraßenregion um die Schildwolke abgelichtet werden.
An jenem Abend ging der zunehmende Mond erst gegen 21.00 Uhr unter. Leider kamen wir auch relativ spät von unserem Sundowner zurück und mussten noch zu Abend essen. So verzögerte sich die Beobachtung an diesem Abend ein wenig nach hinten hinaus. Der 25-Zöller stand auf der weiter westlich gelegenen zweiten Beobachterplattform, knapp 30 Meter von unserem ICS-Dobson entfernt. Leider stand für das Teleskop, entgegen dem Hinweis auf der Tivoli-Webseite, nur ein 35 mm Okular zu Verfügung, so dass es zwischen Reinhold und dem Vormieter einige Querelen gab. Wir hatten aber das Glück, die Okulare von unserem kleineren Dobson nutzen zu können, so dass wir im Vorteil waren. Zur Ausstattung des 25-Zöllers zählten neben dem Übersichtsokular noch jeweils ein UHC und O‑III-Filter für die Beobachtung von Wasserstoff- und Planetarischen Nebeln. Das schon lieb gewonnene und überaus praktische Filterrad des 12,5‑Zöllers, mit jeweils einem H‑beta, O‑III und UHC-Filter, vermissten wir, da etwas Vergleichbares bei dem großen Gerät nicht vorhanden war. So mussten wir die Filter ganz klassisch manuell in die Okulare einschrauben. 😀 Meine AstroTrac baute ich wieder am Ort des 12,5‑Zöllers auf.
Es folgt nun eine Auflistung und kurze Beschreibung der Objekte, die wir mit 25 Zöller beobachten konnten. Es ist natürlich keine vollständige Liste dieser ganz besonderen Beobachtungsnacht. Alle beschriebenen Objekte sind auch mit deutlich kleineren Geräten sichtbar. Eine vollständige Beobachtungsliste der Deep-Sky-Objekte von unserem Aufenthalt auf Tivoli, werde ich bei Gelegenheit noch nachreichen.
Zu Beginn starteten wir wieder mit den hellen Standardobjekten des Südhimmels: Omega Centauri (NGC 5139), als hellster Kugelsternhaufen des Himmels, nahm das gesamte Gesichtsfeld im Übersichtsokular ein. Im Zentralbereich dieser riesigen Ansammlung wimmelte es nur von Sternen. Der Anblick erinnerte mich an einen riesigen Haufen funkelnder Diamanten. Ich war nur erstaunt, dass sich der Anblick von Omega Centauri im 25-Zöller nicht sehr stark von dem Anblick mit dem 12,5‑Zöller unterschied.
Da wir schon im Centaurus waren, schubsten wir den Dobson in Richtung Centaurus A (NGC 5128). Das dunkle Staubband zeigte Strukturen in Form von helleren und dunkleren Staubpartien. Der Galaxienkörper war sehr hell und nahezu kreisrund. Hier und da blitzen auch einige schwächere Vordergrundsterne hervor. Die Galaxie selber erschien im 25 Zoll Dobson genau so, wie wir sie auch auf Fotos kannten. Unser Astrokollege Josef war vom Anblick der Galaxie im 25-Zöller und mit hoher Vergrößerung so begeistert, dass er sie sogleich auf sein eigene Beobachtungsliste für die DSLR-Fotografie mit aufnahm.
Der Eta Carinae Nebel (NGC 3372) ist ein heller Nebel, der schon mit bloßem Auge leicht zu erkennen ist. Dieser erscheint im Fernglas beeindruckender als der berühmte Orionnebel. Die Form erinnert entfernt an eine Art Spinne. Die Filamente heller und dunkler Nebelanteile zogen sich über mehrere Okulargesichtsfelder hinweg. Im Zentrum entdeckten wir auch den berühmten Schlüssellochnebel, in der Nähe des veränderlichen Sterns Eta Carinae. Auch eine markante und ovale Dunkelwolke, etwas südöstlich des Nebelzentrums gelegen, war ebenfalls gut sichtbar.
Weil sich die Große Magellansche Wolke (LMC) sich schon recht nah am Horizont befand, stand das Teleskop nahezu horizontal zum Erdboden. So mussten wir uns auf den kalten Betonboden setzen. Erschien der Tarantelnebel (NGC 2070) im ICS-Dobson schon überaus beeindruckend, war der Anblick mit einem doppelt so großen Teleskop natürlich noch eindrucksvoller. Zahlreiche helle Nebelfilamente, die tatsächlich an die Beine einer Spinne erinnerten, waren erkennbar, die von schwächeren Nebelpartien und knotenartigen Gebilden unterbrochen wurden. Beeindruckend auch die Größe dieses Nebelkomplexes bei mittlerer Vergrößerung, befindet sich dieser doch 163.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Außerdem sahen wir noch zahlreiche weitere Nebel und Sternhaufen in unserer Nachbargalaxie, die wir allerdings nicht alle identifizieren konnten und auch nicht wollten. Durch die schiere Größe dieser Zwerggalaxie, hätte man wahrscheinlich mehrere Nächte gebraucht, um alle Objekte zu beobachten. In den Morgenstunden stellten wir schließlich noch die Kleine Magellansche Wolke (SMC) ein. Auch in dieser Galaxie waren viele Sternhaufen und Nebel sichtbar. Der deutlich mit bloßem Auge erkennbare Kugelsternhaufen 47 Tucanae, etwas nordöstlich der Kleinen Wolke gelegen, gilt wohl zurecht als zweitbester Kugelhaufen des Himmels. Selbst bei hoher Vergrößerung war das dichte Zentrum des Kugelhaufens nicht auflösbar und erschien mir wie das Licht einer entfernten Glühbirne, die von tausenden Glühwürmchen umschwärmt wird.
Neben den Magellanschen Wolken nahmen wir auch noch andere Galaxien aufs Korn. Zwei Objekte forcierten ebenfalls zu unseren Lieblinsgobjekten: Zum einen Messier 104 in der Jungfrau und Messier 83 im Sternbild Wasserschlange. M 83 war schon im 12,5 Zöller ein Sahnestück. Mit 25 Zoll erschien die Galaxie genau so, wie man sie auch auf Foto kannte: Zwei große balkenförmige Spiralarme, die von einem überaus hellen Zentrum ausgehen. Auch zwischen den Spiralarmen waren zahlreiche Strukturen sichtbar. Mittlerweile trägt M 83 für mich den Titel „schönste Spiralgalaxie des Himmels“ und übertrifft selbst M 51 in den Jagdhunden deutlich an Glanz. In eine ähnliche Presche schlug auch die Sombrerogalaxie M 104 in der Jungfrau, die bei hoher Vergrößerung Strukturen zeigt, die auch auch auf einem lang belichteten Foto zu erkennen sind. Das markante Staubband teilte die linsenförmige und tatsächlich wie ein mexikanischer Sombrero erscheinende Galaxie in zwei Hälften, wobei die nördliche Hälfte deutlich heller erschien. Selbst die Galaxien im Hintergrund, die sich südlich der Bulge bafanden und vor allem auf Fotografien zu erkennen sind, waren mit 25 Zoll Öffnung schon direkt sichtbar. Dagegen waren die ebenfalls im Sternbild Jungfrau liegenden und miteinander wechselwirkenden Antennengalaxien NGC 4038/4039 selbst mit diesem großen Instrument eine herbe Enttäuschung: Von den vor allem auf langbelichteten Fotos sichtbaren Antennen sahen wir keinerlei Spuren. Nur beide Galaxienscheiben erschienen ineinander verdreht und leicht unregelmäßig verformt. Dafür war die große Edge-On Galaxie NGC 4565 im Haar der Berenike eine schiere Augenweide. Ihr markantes Staubband und die helle, fast kreisrunden Bulge stachen mit dieser Öffnung besonders gut heraus.
Bei den Nebeln in den Sternbildern Schütze, Schlange und Schild, hatte ich überraschenderweise etwas Schwierigkeiten beim Aufsuchen. Hier wäre wohl der Argo Navis Computer hilfreich gewesen, den wir aber bekanntlich nicht benutzten. Zunächst stellte ich den Lagunen- und Trifidnebel (Messier 8 / Messier 20) ein, die ich auch relativ schnell fand. Schon bei mittlerer Vergrößerung zeigten sich um den im Zentrum des Lagunennebel liegenden Sternhaufen NGC 6530 herum viele Strukturen. Wirklich ein fantastischer Anblick. Viel interessanter fand ich aber das Aussehen des Trifidnebels: Dieser zeigte die auf Fotos bekannte Dreiteilung überaus deutlich. Deutlich schwieriger aufzufinden war dagegen der Adlernebel (Messier 16): Ich musste ein halbes Dutzend mal die Leiter rauf und wieder runter klettern, um den Himmelsanblick mit dem Anblick der Sternkarte auf meinem iPad zu vergleichen. Und immer wieder hatte ich den Omeganebel (Messier 17) im Gesichtsfeld, der ähnlich wie im 12,5 Zöller erschien. Nach 10 minütiger Suche – hier sehnte ich mich schon nach einem Telrad oder einem optischen Sucher – fand ich ihn schließlich beim Schwenken des Teleskops vom Omeganebel ausgehend in Richtung Osten. Manche behaupten ja, dass man den Dunkelnebel, der den Schattenriss eines Adlers nachzeichnet, visuell im Adlernebel nicht erkennen kann. Wir sahen ihn aber eindeutig im Gesichtsfeld des 12 mm Nagler Okulars!
Bevor wir das Teleskop in Richtung Osthimmel schwenkten, beobachteten wir noch einige Standardobjekte des Nordhimmels wie den Ringnebel Messier 57 in der Leier, den Hantelnebel Messier 27 im Füchschen, den Kugelsternhaufen Messier 13 im Herkules sowie den Zirrusnebel NGC 6992/6995 im Schwan. Das alleine stellt für manchen Hardcore Südhimmelbeobachter schon einen Affront dar. Diese Objekte sind nämlich schon sehr leicht von der nördlichen Halbkugel der Erde aus sichtbar, so dass man nicht unbedingt mehrere Tausend Kilometer auf die Südhalbkugel der Erde reisen muss, um diese zu beobachten. Allerdings hat man auch nicht alle Nächte einen 25-Zöller zur Verfügung – und das unter dem dunklen Himmel Namibias. 😉
Ein weiteres interessantes Objekt blieb mir ebenfalls noch gut in Erinnerung: Die Galaxie NGC 253 im Sternbild Bildhauer. Diese Galaxie kann von Deutschland aus im Spätsommer schon mit jedem Fernglas über dem Südhorizont gesehen werden, bleibt im Teleskop – aufgrund ihrer Nähe zum Horizont – doch recht unscheinbar. Am Südhimmel, wo die große Galaxie deutlich höher steht, entpuppt sie sich als Paradeobjekt schlechthin. Mit dem 25 Zoll Dobson und niedriger Vergrößerung springen einem sofort die Strukturen in der Galaxienscheibe ins Auge, wobei die meisten wohl HII-Regionen und junge Sternhaufen darstellen.
Ein schöne Galaxiengruppe darf bei einem Rundgang am Südhimmel natürlich nicht fehlen. Das so genannte Grus-Quartett im Sternbild Kranich ähnelt dem Leo-Triplett im Löwen und ist ein Geheimtipp unter Südhimmelbeobachtern. Hierbei handelt es sich um Galaxien, die auch untereinander räumlich sehr nahe stehen und in der Vergangenheit durch Gezeitenkräfte ihrer Nachbarn beeinflusst wurden. Die drei Exemplare NGC 7552, NGC 7590 und NGC 7599 stehen bei mittleren Vergrößerungen im selben Gesichtsfeld. NGC 7582 befindet sich etwas weiter vom Trio entfernt. Mit hoher Vergrößerung waren in den Scheiben der Mitglieder zahlreiche Strukturen wie Dunkelwolken und einzelne Knoten sichtbar.
Neue Bilder
Neben der Beobachtungen von Deep-Sky-Objekten fotografierte ich mit der AstroTrac auch wieder zwei Milchstraßenregion. Für eine Dritte blieb leider keine Zeit, da es kurz nach 3 Uhr morgens schon anfing zu dämmern und der mächtige Kegel des Zodiakallichts am Osthimmel aufzusteigen begann.
Die Milchstraßenregion, die ich zuerst aufnahm, kennen wir eigentlich schon: Es ist jene Region um das Kreuz des Südens, die ich schon mal in der 2. Nacht abgelichtet hatte. Dort ist mir allerdings ein Fehler beim Scharfstellen unterlaufen. Neben dem südlichen Kreuz, mit den beiden Zeigersternen Rigil Kentaurus & Toliman weiter östlich, sind auch einige Deep-Sky-Objekte erkennbar. Wie immer sticht die markante Dunkelwolke des Kohlensacks hervor. Des Weiteren sind der Eta Carinae Nebel, der Running Chicken Nebel (IC 2944), die südlichen Plejaden (IC 2602) und Omega Centauri erkennbar. Anschließend schwenkte ich die Kamera in Richtung Schildwolke, ein heller Milchstraßenteil, die sich weiter östlich der Bulge unserer Galaxis befindet. Die schon weiter oben angesprochenen Wasserstoffnebel in den Sternbildern Schild, Schlange und Schütze sind ebenfalls auf dem Foto vorhanden. Dieser Teil der Milchstraße ist vollständig von Deutschland aus sichtbar. Verwendung fand abermals das Canon EF 28 mm f/2.8 Objektiv bei f/3.5 und ISO-800. Beide Bilder wurden mit einer Gesamtbelichtungszeit von 112 Minuten un dem Cokin P820 Weichzeichner aufgenommen.
Schließlich wurden unsere beiden Nachbargalaxiengegen Morgen immer besser über dem Südhorizont sichtbar, weil sie nach und nach immer höher stiegen. Für die nachfolgenden Bilder verwendete ich die Canon EOS 600D mit dem 17–50 mm Tamron. Als das 10 Minuten belichtete und mit der AstroTrac nachgeführte Bild der Magellanschen Wolken aufgenommen wurde, hatte die Morgendämmerung schon längst begonnen!
Man mag es kaum für möglich halten, dass in der fortgeschrittenen Dämmerung immer noch der Zentralbereich der Milchstraße sichtbar war. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich schon die Schlagzeilen einer Zeitung lesen können. So schwenkte ich die Kamera in Richtung Westen. Über den Palmen von Tivoli stand das mächtige Zentrum unserer Galaxis, was ein wirklich beeindruckender und unbeschreiblicher Anblick war.
Nun wurde es schlagartig immer heller und die Milchstraße wich immer mehr zurück. Auch die Natur erwachte aus ihrem Schlaf. Mein Kumpel Uwe bekam von diesem Naturwunder nichts mit, da er zu diesem Zeitpunkt schon im Land der Träume weilte. Zum letzten Mal schwenkte ich die Kamera in Richtung Osten. Dort stand die Venus, in der schon weit fortgeschrittenen Morgendämmerung.
Hi Andreas,
immer wieder beeindruckende Bilder und Berichte von euer Astroerlebnisreise. Der Virus Namibia wird euch wohl nicht mehr los lassen :-))
Toll und weiter so!!
Cs Uwe
Hi Uwe,
wir hoffen, dass wir in zwei Jahren abermals fahren können. Dann wollen wir auch auch mal eine Tour durchs Land unternehmen, um noch andere Sehenswürdigkeiten Namibis, neben dem grandiosen Sternhimmel, zu sehen.