Am späten Nachmittag des dritten Tages wurde der große 24 Zoll Binodobson aus der Scheune an unseren Platz gerollt. Dieser sollte für den Rest unserer Zeit auf Tivoli unser Hauptinstrument zur Beobachtung sein. Die Technik des Dobson machte mich aber schon vorher etwa skeptisch. Für dieses in seinem Umfang doch recht komplizierte Teil, war nur eine kurze Beschreibung für die Handhabe vorhanden. Auch weckte die Tatsache, dass der Dobson hier mit uns zum 2. Mal auf Tivoli seine Verwendung fand, eher wenig Vertrauen. Reinhold kannte sich auch nicht so richtig mit der Gerätschaft aus und so suchten wir eine Zeit lang den Anschluss für den Azimutalmotor. Auch die Kollimation des Instruments war nicht so trivial, wie bei normalen Dobsons. Und als ich den dejustierten China-Plaste-Billiglaser sah, der dem Zubehör beilag, wollte ich den Laser am liebsten sofort ins nächste Erdferkelloch befördern.
Zuerst mussten wir die beiden Fangspiegel mit Hilfe des Lasers und danach die beiden Hauptspiegel justieren, was Dank des Billiglasers nicht gelang. Wir mussten uns den Kollimator vom 25 Zoll Obsession Dobson leihen. Anschließend musste die Binovorrichtung an unseren Augenabstand angepasst werden. Nun mussten die beiden Einzelbilder der Teleskope im Okular, mit Hilfe von zwei Knäufen, die die Hauptspiegel zueinander verschoben, zur Deckung gebracht werden. Und je nach Stellung des Teleskops, musste vor allem der letzte Vorgang ständig wiederholt werden. So war selbst das Wechseln der Okulare kein Vergnügen und wir wurden in regelmäßigen Abständen mit Doppelbilder belohnt. Die Einrichtung des Argo-Navis Go-To-Systems mit den Encodern war ebenfalls nicht gerade selbsterklärend. Wir mussten uns auf der einen Seite des Meridians zwei hellere Sterne aussuchen, die in der Argo-Navis-Datenbank vorhanden waren.
Diese Sterne durften nur eine Horizonthöhe zwischen 45 bis 80 Grad besitzen und nicht weiter als 120 Grad auseinander stehen. Denn sonst war die Abweichung der Encoder zu groß und das Teleskop fand das Objekt selbst mit großem Gesichtsfeld nicht. Es bestand zwar die Möglichkeit, dass Teleskop manuell zu bedienen, dieses Vorhaben gaben wir aufgrund des fehlenden optischen Sucher bzw. Telrads auf. Nur ein grüner Laserpointer, der durch eine selbstgebastelte Vorrichtung auf Kopfhöhe gehalten wurde, war vorhanden und diente dazu, die Referenzsterne am Himmel anzupeilen. Dieser Laser war für die empfindlichen Beobachteraugen nicht gerade ungefährlich. Außerdem sollte so ein Teil auf einer Astrofarm auch nichts zu suchen haben. Dementsprechend lange brauchten wir, bis wir alle Einzelschritte erfolgreich durchgeführt hatten und nach 2 1/2 Stunden endlich beobachten konnten. Hin und wieder mussten wir sogar von vorne starten, wenn das Allignment eine zu große Abweichung aufwies.
Das Rumgefummel am Binodobson war mir zu viel. Deshalb widmete ich mich erstmal meiner Astrotrac, die nach 2 Tagen Abstinenz endlich mit meinen Wechselklamotten auf der Astrofarm eintraf. Ich positionierte mich auf einer freien Fläche in der Nähe von Marios Gerätschaften. Denn schließlich musste ich ja die letzten zwei Tage nachholen. Aufgrund der unfreiwilligen Verzögerung musste ich meinen Plan etwas umstellen und bei den einzelnen Objekten kürzere Belichtungszeiten wählen. Glücklicherweise stellte mir Uwe auch seine Polari zur Verfügung, so dass ich mit zwei Kameras gleichzeitig arbeiten konnte. Aber er hatte aufgrund des Binodobson für seine Aufnahmen sowieso keine Zeit. Trotz der Probleme beobachten wir an diesem Abend noch eine Menge Standardobjekte des Südhimmels. Vom Anblick der Planeten Jupiter, Saturn und Mars waren wir enttäuscht. Denn mit dem 15 Zöller in den beiden vorhergehenden Nächten sahen wir deutlich mehr. Trotz des beidäugigen Sehens, zeigte das Teleskop nicht unbedingt mehr Details. Im Vergleich mit Beas 25 Zoll Obsession Dobsons, sahen wir kaum einen signifikanten Unterschied.
Vom Binodobson hatten wir uns alle am Ende mehr erhofft und wir bereuten schon, den schicken 15 Zoll Dobson abgegeben zu haben, vor allem wenn ich an die nun kommende Nacht zurückdenke, als mit Dobson fast überhaupt nichts gelang.
Zwei interessante Aspekte dieser Nacht müssen noch Erwähnung finden: Wir sahen eine unglaubliche Anzahl hellerer Sternschnuppen, die sich wie ein Ei dem anderen glichen und beim Verglühen einen fast kreisrunden sternförmigen Kopf zeigten. Hier vermutete ich Nachzügler der Eta-Aquariden, die vor allem auf der Südhalbkugel der Erde im Mai sehr auffällig sind. Des Weiteren hatten wir in dieser Nacht sogar leichten Bodenfrost, der sich als dünne Reifschicht auf meinen beiden DSLR-Timern bemerkbar machte.