Objekte des Monats: Die Galaxie NGC 4236

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Die Bal­ken­spi­ral­ga­la­xie NGC 4236, im nörd­li­chen Stern­bild Dra­che (Dra­co), wur­de am 6. April 1793 von dem deutsch-bri­ti­schen Astro­no­men Fried­rich Wil­helm Her­schel ent­deckt. Er beschrieb sie als eine „sehr gro­ße Nebel­wol­ke, sehr schwach und sehr aus­ge­dehnt“. Sein Sohn John Her­schel beob­ach­te­te die Gala­xie am 28. Okto­ber 1831 und beschrieb sie eben­falls als sehr gro­ßen und aus­ge­dehn­ten Nebel. Im Deep-Sky-Kata­log von Sir Patrick Cald­well-Moo­re wird NGC 4236 auch als Cald­well 3 bezeichnet.

Ein Mitglied der M81-Galaxiengruppe

NGC 4236 ist eine 21,9 x 7,2 Bogen­mi­nu­ten gro­ße und 9,6 mag hel­le, stark geneig­te Bal­ken­spi­ral­ga­la­xie vom mor­pho­lo­gi­schen Typ SB(s)dm. Sie kann bereits mit mit­tel­gro­ßen Tele­sko­pen und unter einem dunk­len Land­him­mel beob­ach­tet wer­den. Die Gala­xie hat einen wah­ren Durch­mes­ser von etwa 76.000 Licht­jah­ren und eine Mas­se von 100 Mil­li­ar­den Son­nen. Damit ist sie etwas klei­ner als unser eige­nes Milch­stra­ßen­sys­tem. Im Ver­gleich zu ande­ren Gala­xien ihres Typs ist sie recht licht­schwach. Sie besitzt neben ihrem lan­gen, schwa­chen Bal­ken kei­nen hel­len Kern und kein klar defi­nier­tes Zen­trum. Dafür wird sie von mar­kan­ten und beson­ders blau leuch­ten­den Spi­ral­ar­me geprägt, in denen zahl­rei­che Was­ser­stoff­ne­bel zu erken­nen sind, die auf akti­ve Stern­ent­ste­hung hin­deu­ten. Im UV-Licht ist die Spi­ral­struk­tur stär­ker aus­ge­prägt als im sicht­ba­ren Licht, vor allem in den akti­ven Regio­nen an den Enden der Bal­ken. Außer­dem ent­hält die Gala­xie jun­ge, mas­se­rei­che Stern­hau­fen, die zehn­mal mas­se­rei­cher sind als die Stern­hau­fen in unse­rer eige­nen Galaxie.

NGC 4236
NGC 4236 im Stern­bild Dra­che – Auf­nah­me von Man­fred Washu­ber, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

NGC 4236 wur­de in den ver­gan­ge­nen Jah­ren mit dem 100-Meter-Radio­te­le­skop von Effels­berg in der Eifel im Radio­licht unter­sucht. Dabei zeig­te sich, dass die Stern­ent­ste­hungs­ge­bie­te gleich­mä­ßig über die Schei­be der Gala­xie ver­teilt sind. Hel­le­re H‑II-Regio­nen in den Spi­ral­ar­men sind vor allem auf län­ger belich­te­ten Auf­nah­men zu erken­nen. Zwei gro­ße H‑II-Regio­nen befin­den sich an den bei­den Enden der Schei­be. NGC 4236 wird auch als schwa­che, aber aus­ge­dehn­te UV-Schei­ben­ga­la­xie (XUV-dis­ce) klas­si­fi­ziert. XUV-Schei­ben zeich­nen sich durch eine anhal­ten­de Stern­ent­ste­hung aus. Die­se akti­ven Regio­nen lie­gen außer­halb der opti­schen Schei­be und damit jen­seits der Gren­ze der tra­di­tio­nel­len Stern­ent­ste­hungs­ge­bie­te in Bal­ken­spi­ral­ga­la­xien. Im Jahr 1994 wur­de eine „Super­no­va“ im Bereich der Radio­strah­lung ent­deckt, von denen bis­her nur etwa 50 bekannt sind. Die­se Art von Radio-Super­no­vae sen­det extrem star­ke Radio­wel­len aus und ist immer noch Gegen­stand der For­schung. Denn man weiß bis heu­te nicht, wor­um es sich dabei handelt.

NGC 4236 Hubble
NGC 4236 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: NASA Hub­ble, CC BY 2.0, via Wiki­me­dia Commons

Die Gala­xie gehört zur 11,7 Mil­lio­nen Licht­jah­re ent­fern­ten M81-Gala­xien­grup­pe und steht 14,5 Mil­lio­nen Licht­jah­re von der Erde ent­fernt. Zu die­ser Grup­pe gehö­ren neben NGC 2403 und NGC 2976 auch die bei­den wesent­lich bekann­te­ren und hel­le­ren Gala­xien Mes­sier 81 (Bodes Gala­xie) und Mes­sier 82 (Zigar­ren­ga­la­xie) im Nach­bar­stern­bild Ursa Major. Von die­sem klei­nen Gala­xien­hau­fen sind heu­te etwa 34 Mit­glie­der bekannt. Zusam­men mit LEDA 2731233 bil­det sie das Gala­xien­paar Holm 357 und steht am Ran­de der M81-Gruppe.

Beobachtung

NGC 4236 besitzt nur eine gerin­ge Flä­chen­hel­lig­keit. Sie ist unter sehr guten Bedin­gun­gen bereits in klei­nen Tele­sko­pen als schwa­cher, schma­ler Licht­fleck sicht­bar. Die Struk­tu­ren ent­lang ihrer Spi­ral­ar­me wer­den jedoch erst in deut­lich grö­ße­ren Tele­sko­pen nach­weis­bar. Schon gerin­ge Licht­ver­schmut­zung ver­rin­gert die Chan­ce, NGC 4236 zu sehen, selbst bei 12-Zoll Öff­nung. Mit einem 3 bis 4‑Zoll-Refrak­tor und einer gerin­gen Ver­grö­ße­rung von 16-fach ist indi­rekt nur ein schwa­ches, läng­li­ches Leuch­ten in Form einer dün­nen Licht­na­del wahr­nehm­bar, die sich in Rich­tung SSO bis NNW erstreckt. Bei Öff­nun­gen zwi­schen 6 und 8‑Zoll erkennt man bei mitt­le­rer Ver­grö­ße­rung in der rela­tiv aus­ge­dehn­ten und 6:1 elon­gier­ten Gala­xie ein hel­le­res Zen­trum, das vor allem ab 8‑Zoll Öff­nung bereits leich­te Hel­lig­keits­struk­tu­ren (Mott­ling) zeigt. Die Haupt­ach­se erscheint etwas hel­ler und glat­ter. Die Gala­xie wird von zwei hel­le­ren Ster­nen im Nor­den und Süden ein­ge­rahmt. In der Nähe des Kerns ist zeit­wei­se ein sehr schwa­cher Stern zu sehen, der an einen stel­la­ren Kern imitiert.

Aufsuchkarte NGC 4236
Auf­such­kar­te für NGC 4236 – erstellt mit SkytechX

Mit 10 bis 12-Zoll gro­ßen Tele­sko­pen und schwa­cher Ver­grö­ße­rung soll­ten die ers­ten kno­ten­för­mi­gen und fle­cki­gen Struk­tu­ren in den Spi­ral­ar­men sicht­bar wer­den, die H‑II-Regio­nen in der Gala­xien­schei­be nach­zeich­nen. Die auf­fäl­ligs­ten Fle­cken befin­den sich 5 ½ Bogen­mi­nu­ten süd­öst­lich des Zen­trums. Die Enden der Gala­xie blei­ben dif­fus. Der Zen­tral­be­reich, der schma­le Bal­ken der Gala­xie, erscheint hier deut­lich hel­ler, oval und ziem­lich aus­ge­dehnt. Nur ein Grad süd­west­lich von NGC 4236 befin­det sich eine win­zi­ge Gala­xie der 12. Grö­ßen­klas­se: NGC 4128. Sie besitzt nur einen hel­len stel­la­ren Kern, der von einem schwa­chen, leicht ellip­ti­schen Halo umge­ben ist.

NGC 4236 ist von mit­tel­eu­ro­päi­schen Brei­ten aus zir­kum­po­lar, steht also ganz­jäh­rig über dem Hori­zont. Die bes­ten Mona­te für eine Beob­ach­tung sind jedoch die Früh­lings­mo­na­te, wenn NGC 4236 am höchs­ten steht. Die Gala­xie befin­det sich im nörd­li­chen Teil des Stern­bilds Dra­che, etwa 15° nörd­lich der berühm­ten Figur des Gro­ßen Wagens. Um das Objekt zu fin­den, beob­ach­ten wir zunächst Dub­he (Alpha UMa, 1,8 mag) im Gro­ßen Bären. Unmit­tel­bar nörd­lich die­ses Sterns befin­den sich die bei­den Ster­ne Kap­pa (3,9 mag) und Lamb­da Dra­co­nis (3,8 mag). Wenn wir von der gedach­ten Ver­bin­dungs­li­nie zwi­schen den bei­den Ster­nen aus­ge­hen, befin­det sich NGC 4236 auf etwa zwei Drit­teln die­ser Stre­cke in öst­li­cher Rich­tung. Wir stel­len nun Kap­pa Dra­co­nis in die Mit­te des Suchers ein. Etwa 1 ½ Grad west­süd­west­lich von Kap­pa soll­te NGC 4236, nur 45 Bogen­mi­nu­ten süd­lich eines 5,7 mag hel­len Sterns, bei gerin­ger Ver­grö­ße­rung im Gesichts­feld erscheinen.

Auf­such­kar­te NGC 4236 (72,3 KiB, 56 hits)

Steckbrief für NGC 4236

Daten und Fak­ten für die Gala­xie NGC 4236 im Dra­chen (Dra­co)
Objekt­na­meNGC 4236
Kata­log­be­zeich­nungNGC 4236–1, NGC 4236–2, UGC 7306, PGC 39346, MCG 12–12‑4, Cald­well 3
TypGala­xie, SBdm
Stern­bildDra­che (Dra­co)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)12h 16m 43,3s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)+69° 27′ 49″
V Hel­lig­keit10,1 mag
Flä­chen­hel­lig­keit15,0 mag
Win­kel­aus­deh­nung21,9′ x 7,2′
Posi­ti­ons­win­kel162°
Abso­lu­te Helligkeit-18,131 mag
Durch­mes­ser76.000 Licht­jah­re
Ent­fer­nung14,5 Mil­lio­nen Lichtjahre
Beschrei­bungvF,eL,mE160,vgbM; H V 51;P w Ho 357b @ 9′;L;F spi­ral structure
Ent­de­ckerFried­rich Wil­helm Her­schel, 1793
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 1
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 4 & 5
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts Charts 535–536 (Vol II)
Pocket Sky Atlas: Chart 41
Sky Atlas 2000: Chart 2
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 13

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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