Objekte des Monats: Die Galaxie NGC 2403

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NGC 2403 ist eine hel­le Gala­xie im nörd­li­chen Stern­bild Giraf­fe (Came­lo­pard­a­lis). Sie wur­de am 1. Novem­ber 1788 von dem deutsch-bri­ti­schen Astro­no­men Fried­rich Wil­helm Her­schel ent­deckt. Er beschrieb sie als beträcht­lich hell, rund und mit hel­le­rem Kern. Her­schel wird auch die Sich­tung eines schwa­chen Astes, der sich vom Kern aus­ge­hend in Rich­tung Nord­wes­ten erstreckt, zuge­schrie­ben. Die­se Sich­tung Her­schels war ein ers­ter Hin­weis auf ihre Spi­ral­struk­tur. Im Febru­ar 1886 ent­deck­te der fran­zö­si­sche Astro­nom Guil­laume Bogo­ir­dan, an der Pari­ser Stern­war­te, einen sehr schwa­chen Kno­ten, der eine eige­ne NGC-Num­mer bekam (NGC 2404). Die Gala­xie gehört zu den 110 bes­ten NGC-Objek­ten an unse­rem Him­mel und ist auch in Sir Patrick Moo­res Deep-Sky-Lis­te als Cald­well 7 verzeichnet.

Ein Mitglied der M81-Galaxiengruppe

NGC 2403 gehört zu den hells­ten Gala­xien nörd­lich des Him­mels­äqua­tors, die nicht in den Mes­sier-Kata­log auf­ge­nom­men wur­den. Denn offen­sicht­lich wur­de die Gala­xie von Charles Mes­sier oder sei­nem Freund und Kol­le­gen Pierre Méchain über­se­hen. Die Gala­xie wird als Misch­form einer nor­ma­len Spi­ral­ga­la­xie und einer Bal­ken-Spi­ral­ga­la­xie vom Hub­ble-Typ SAB(s)cd betrach­tet, mit einer aus­ge­präg­ten und wei­test­ge­hend unge­stör­te Spi­ral­struk­tur. NGC 2403 ist ein wei­ter außen lie­gen­des Mit­glied der 11 Mil­lio­nen Licht­jah­re ent­fern­ten M81-Gala­xien­grup­pe. Zusam­men mit unse­rer Loka­len Grup­pe, wird die­se Grup­pe eben­falls zur Coma-Sculp­tor-Gala­xien­wol­ke gezählt. Ins­ge­samt besitzt die M81-Grup­pe einen Radi­us von 5 Mil­lio­nen Licht­jah­re. Die Distanz von NGC 2403 zur Erde wird mit 9,65 Mil­lio­nen Licht­jah­re ange­ge­ben. Somit ist sie ein direk­ter Nach­bar unse­rer Loka­len Gala­xien­grup­pe. Die Gala­xie befin­det sich knapp 14° von Mes­sier 81 & Mes­sier 82 im Stern­bild Gro­ßer Bär entfernt.

NGC2403
NGC 2403 im Stern­bild Giraf­fe – Auf­nah­me von Jens Zip­pel, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

NGC 2403 ist rela­tiv schwer am Him­mel zu fin­den, weil sie sich im rela­tiv licht­schwa­chen und unschein­ba­ren Stern­bild der Giraf­fe befin­det. Mit einer Win­kel­aus­deh­nung von 23,4 x 12,3 Bogen­mi­nu­ten und einer schein­ba­ren Hel­lig­keit von 8,4 mag, erscheint sie annä­hernd genau so hell und groß wie Mes­sier 81. Trotz ihrer rela­tiv gerin­gen Flä­chen­hel­lig­keit, ist sie mit einem guten Feld­ste­cher über­ra­schend leicht zu erken­nen. Die Gala­xie besitzt einen Durch­mes­ser von rund 77.000 x 45.000 Licht­jah­ren und einer Mas­se von 95 Mil­li­ar­den Son­nen. Somit ist NGC 2403 um die Hälf­te klei­ner, als unser eige­nes Milch­stra­ßen­sys­tem. Sie hat eine ver­blüf­fen­de Ähn­lich­kei­ten mit der Drei­ecks­ga­la­xie (Mes­sier 33) im Stern­bild Drei­eck, die ein Mit­glied unse­rer eige­nen Gala­xien­grup­pe ist. Ähn­lich wie bei M 33, schau­en wir unter einem Win­kel von 28° schräg auf die Ebe­ne der Gala­xie, mit meh­re­ren, locker gewun­de­nen Spi­ral­ar­men. Die Arme, in der Nähe des Kerns, sind eng gewun­den. Wei­ter außen erschei­nen die Spi­ral­ar­me deut­lich wei­ter und locke­rer. Fer­ner besitzt sie, wie M 33, einen klei­nen Kern. NGC 2403 steht aber drei Mal so weit ent­fernt wie die Dreiecksgalaxie.

NGC2403 HST & Subaru
Kom­bi­nier­te HST & Sub­aru Auf­nah­me von NGC 2403 – Cre­dit: ESA/Hubble, CC BY 4.0, via Wiki­me­dia Commons

NGC 2403 war die ers­te Gala­xie außer­halb der Loka­len Grup­pe, in denen Cep­hei­den-Ver­än­der­li­che nach­ge­wie­sen wur­den. Unge­fähr 10 von ihnen, mit Peri­oden zwi­schen 18 und 54 Tagen, sind bekannt. Sie gilt als wich­ti­ge Stan­dard­ga­la­xie der Astro­phy­sik. Denn die Peri­oden-Leucht­kraft-Bezie­hung der Cep­hei­den ist ein wich­ti­ges Instru­ment zur extra­ga­lak­ti­schen Ent­fer­nungs­be­stim­mung im Uni­ver­sum. NGC 2403 besitzt zwei bekann­te Begleit­ga­la­xien. DDO 44 ist mit 20 bis 60 Mil­lio­nen Son­nen­mas­sen eine rela­tiv mas­se­rei­che Zwerg­ga­la­xie, die von NGC 2403 gra­vi­ta­tiv gestört wird. Es exis­tiert ein Gezei­ten­strom, der sich 82.000 Licht­jah­ren auf bei­den Sei­ten von DDO 44 erstreckt. Die zwei­te Gala­xie, MADCASH‑1, ist eine typi­sche licht­schwa­che sphä­ro­ide Zwerg­ga­la­xie und besitzt nur eine alte, metall­ar­me Popu­la­ti­on an roten Riesensternen.

Ein Starburst in jüngster Vergangenheit

Die Gala­xie durch­läuft zur­zeit eine inten­si­ve Stern­ent­ste­hung, einen so genann­ten Star­burst. Zahl­rei­che Stern­hau­fen, jun­ge OB-Asso­zia­tio­nen, H‑II Regio­nen und inter­stel­la­rer Staub sind in ihren Spi­ral­ar­men zu sehen, die der Gala­xie einen leicht irre­gu­lä­ren Ein­druck ver­lei­hen. Auch im Zen­trum der Gala­xie befin­den sich zahl­rei­che gro­ße offe­ne Stern­hau­fen, mit mas­se­rei­chen, sehr hei­ßen Ster­nen, die in Stern­ent­ste­hungs­re­gio­nen ein­ge­bet­tet sind. Die­se Stern­hau­fen sind nur weni­ge Mil­lio­nen Jah­re alt. NGC 2403 leuch­tet auch sehr hel­len im Ultra­vio­let­ten und im wei­chen Rönt­gen­licht. Die mas­se­reichs­ten Ster­ne in den OB-Asso­zia­tio­nen sind bereits als Super­no­va explo­diert. Die Stoß­wel­len die­ser Super­no­va­ex­plo­sio­nen kom­pri­mie­ren das ihn umlie­gen­de Gas und erhit­zen es stark, so dass es Rönt­gen­strah­lung aus­sen­det. Das rest­li­che Gas wird von der ultra­vio­let­ten Strah­lung der mas­se­rei­chen O‑Sterne, die eine Tem­pe­ra­tur bis zu 40.000 Kel­vin auf­wei­sen, zum Leuch­ten ange­regt. Sie erschei­nen im Licht des ioni­sier­ten Was­ser­stoffs rötlich.

NGC2403 Hubble
Hub­ble-Detail­auf­nah­me von NGC 2403, mit der gro­ßen HII-Regio­nen NGC 2404 und der Super­no­va SN2004dj (rech­ter obe­rer Rand) – Cre­dit: NASA, ESA, A.V. Filip­pen­ko (Uni­ver­si­ty of Cali­for­nia, Ber­ke­ley), P. Chal­lis (Har­vard-Smit­h­so­ni­an Cen­ter for Astro­phy­sics), et al., Public domain, via Wiki­me­dia Commons

Im nörd­li­chen Spi­ral­arm, nur 2 Bogen­mi­nu­ten nord­nord­öst­lich des Kerns befin­det sich die HII-Regi­on NGC 2404. Die­se besitzt einen Durch­mes­ser von 940 Licht­jah­ren und ist damit eine der größ­ten bekann­ten Stern­ent­ste­hungs­re­gio­nen in unmit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft zu unse­rer Gala­xis. Der Gro­ße Ori­on­ne­bel (Mes­sier 42/43) hat unge­fähr eine Aus­deh­nung von 30 Licht­jah­ren. Die­se Stern­ent­ste­hungs­re­gi­on in NGC 2403 hat eine ver­blüf­fen­de Ähn­lich­keit, sowohl was die Grö­ße und Lage betrifft, mit NGC 604 in Mes­sier 33. Mehr als 100 die­ser Emis­si­ons­ne­bel sind in NGC 2404 bekannt, von denen eini­ge bis zu 800 Licht­jah­re Durch­mes­ser auf­wei­sen. Radio­da­ten lie­fern ein wei­te­res detail­lier­tes Bild von neu­tra­len Was­ser­stoff­gas in der Schei­be und im Halo der Gaöa­xie. Dabei ist die Radio­schei­be unge­fähr dop­pelt so groß wie die opti­sche. Das neu­tra­le Was­ser­stoff­gas wur­de durch die hei­ßen Win­de jun­ger, mas­se­rei­cher Ster­ne aus der Schei­be hin­aus trans­por­tiert. Sie bil­den eine so genann­te galak­ti­sche Fontäne.

Supernovae

Ein Hin­weis für die hohe Super­no­va­ra­te sind drei Super­no­vae vom Typ II, die in den zurück­lie­gen­den Jah­ren in NGC 2403 ent­deckt wur­den. Die 1. Super­no­va, SN 1954J, wur­de von dem schwei­zer Phy­si­ker und Astro­nom Fritz Zwi­cky am 24. Okto­ber 1954 gefun­den und erreich­te eine maxi­ma­le Hel­lig­keit von 16 mag. Heut­zu­ta­ge wird die­se Super­no­va aller­dings als Hel­lig­keits­aus­bruch eines mas­se­rei­chen Sterns, ähn­lich der von Eta Cari­nae am Süd­him­mel, inter­pre­tiert. Die zwei­te Super­no­va, SN 2002kg, leuch­te­te im Jahr 2002 in der Gala­xie auf. Die jüngs­te Super­no­va wur­de im August 2004 vom japa­ni­schen Astro­no­men Koi­chi Itag­aki ent­deckt. SN 2004dj ent­wi­ckel­te sich zu einer der hells­ten Super­no­vae der letz­ten Jahr­zehn­te und erreich­te eine maxi­ma­le Hel­lig­keit von 11,2 mag. Gleich­zei­tig war sie die nächst­ge­le­ge­ne und 9. hells­te Super­no­va in der astro­no­mi­schen Geschich­te. Der Vor­gän­ger-Stern im San­da­ge 96 Clus­ter war ein hei­ßer Blau­er Rie­se der Spek­tral­klas­se O, mit 8 bis 40 Sonnenmassen.

Beobachtung

NGC 2403 erscheint im 7x50 Fern­glas als schwa­cher, ova­ler Nebel­fleck. Mit dem 16x70 Fuji­non Feld­ste­cher erkennt man auch das run­de, dif­fu­se Kern­ge­biet. Das Objekt erscheint ähn­lich einem schwei­flo­sen Kome­ten. Die Gala­xie wirkt mit 2 bis 3 Zoll Öff­nung deut­lich hel­ler, ist aber immer noch struk­tur­los. Auf­fäl­lig ist das hel­le­re Kern­ge­biet. Mit 4 bis 5 Zoll Öff­nung erscheint der hel­le Kern deut­lich flä­chig. Die­ser ist von einem nebe­li­gen ova­len Halo umge­ben. Der Halo ist zwi­schen zwei hel­le­ren und auf­fäl­li­gen Feld­ster­nen 10. Grö­ßen­klas­se ein­ge­bet­tet. Dazwi­schen befin­det sich ein wei­te­rer, schwä­che­rer Stern. Mit 6 bis 8 Zoll Öff­nung und indi­rek­tem Sehen erscheint der west­li­che Teil der Gala­xien­schei­be schon leicht gemot­telt – ein ers­ter Hin­weis auf die Spi­ral­struk­tur, die vor allem ab 120-facher Ver­grö­ße­rung am bes­ten zu erken­nen ist. Der hel­le­re, nörd­li­che Spi­ral­arm ist indi­rekt andeu­tungs­wei­se zu erah­nen. Bei genaue­rer Betrach­tung erscheint der Kern leicht oval. Im 10-Zöl­ler erscheint die Gala­xien­schei­be sehr hell und von hel­len und dunk­le­ren Zonen durch­setzt, die die H‑II-Regio­nen in der Schei­be andeu­ten. Rund ein hal­bes Dut­zend die­ser Nebel sind bei gutem See­ing beob­acht­bar. Öst­lich des Zen­trums befin­det sich ein klei­ner Kno­ten. Mit 12 bis 14 Zoll Tele­s­ko­pöff­nung sind die H‑II Regio­nen in den Spi­ral­ar­men deut­lich bes­ser erkenn­bar. Das hells­te Exem­plar, NGC 2404, befin­det sich im west­li­chen Spi­ral­arm von NGC 2403. Der Gala­xien­kern erscheint hell und aus­ge­dehnt. Die Spi­ral­ar­me sind eher schwach aber deut­lich struk­tu­riert. Ein dunk­ler Bereich befin­det sich zwi­schen dem Zen­trum und dem 11 mag hel­len Stern im Süd­os­ten. Nörd­lich des Kerns befin­det sich ein wei­te­rer dunk­ler Bereich von 2,5 Bogen­mi­nu­ten Ausdehnung.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für NGC 2403 – erstellt mit SkytechX

NGC 2403 ist von unse­ren Brei­ten aus zir­kum­po­lar. Sie ist am bes­ten in den Win­ter­mo­na­ten sowie im Früh­jahr zu beob­ach­ten, wenn das Stern­bild Came­lo­pard­a­lis am höchs­ten steht. Das Objekt befin­det sich in der süd­süd­öst­lich Ecke die­ser Kon­stel­la­ti­on. Um die Gala­xie auf­zu­su­chen, gehen wir vom 3,4 mag hel­len Stern Musci­da (Omi­kron UMa) aus, der die Nase der Gro­ßen Bärin (Ursa Major) mar­kiert. Wir schwen­ken das Tele­skop über die Stern­ket­te, die aus den Ster­nen 29 Lyn sowie 53, 49 und 51 Cam gebil­det wird, unge­fähr 7° in Rich­tung Süd­wes­ten. Nun taucht ein Stern­mus­ter auf, das aus einem hel­le­ren und schwä­che­ren Stern besteht. Anschlie­ßend schwenkt man unge­fähr 0,7° nach Nord­wes­ten. Die Gala­xie ist bereits im Sucher­te­le­skop erkenn­bar und wird durch zwei auf­fäl­li­ge Ster­ne der 8. Grö­ßen­klas­se im Wes­ten flankiert.

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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