Objekte des Monats: Die Galaxie NGC 2903

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Die Bal­ken­spi­ral­ga­la­xie NGC 2903 im Stern­bild Löwe (Leo) wur­de am 16. Novem­ber 1784 von dem deutsch-bri­ti­schen Astro­no­men Wil­helm Her­schel ent­deckt. Her­schel hielt das Objekt für einen Dop­pel­ne­bel. Der iri­sche Astro­nom Wil­liam Par­son, der 3. Earl of Ros­se, konn­te im 19. Jahr­hun­dert unter Zuhil­fe­nah­me sei­nes Rie­sen­te­le­skops Levia­than in Birr Cast­le, ers­te Spi­ral­ar­me in der Gala­xie erken­nen. NGC 2903 zählt zu den schöns­ten und hells­ten nicht Mes­sier-Objek­ten an unse­rem Himmel.

Eine helle Galaxie des Nordhimmels

NGC 2903 gehört zu den hells­ten Gala­xien, die wir von der nörd­li­chen Hemi­sphä­re aus beob­ach­ten kön­nen. Sie besitzt den Hub­ble-Typ SBbc, eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 9,3 mag und eine Aus­deh­nung von 12,6 x 6 Bogen­mi­nu­ten am Him­mel. Damit ist sie bereits in Fern­glä­sern und klei­nen Tele­sko­pen wahr­nehm­bar. Auf­grund ihrer rela­tiv gro­ßen Hel­lig­keit wun­dert man sich, war­um Charles Mes­sier die Gala­xie über­se­hen hat. Wei­te­re hel­le Gala­xien im Löwen sind M 65, M 66, M 95, M 96 und M 105, die aller­dings alle etwas licht­schwä­cher sind. NGC 2903 steht in einer Ent­fer­nung von 21,5 Mil­lio­nen Licht­jah­ren ziem­lich iso­liert im All und ist noch ein ent­fern­ter Nach­bar unse­rer Loka­len Gala­xien­grup­pe. Die Gala­xie besitzt einen Durch­mes­ser von 79.000 Licht­jah­ren, eine Gesamt­mas­se von 100 Mil­li­ar­den Son­nen und ist unge­fähr halb so groß wie unser eige­nes Milch­stra­ßen­sys­tem. Auf­fal­lend bei die­ser Gala­xie sind ihre dicht gewun­de­nen Spi­ral­ar­me und eine schwa­che Bal­ken­struk­tur in ihrem Zen­trum, das von Staub­struk­tu­ren geprägt wird. Von außen besitzt NGC 2903 des­halb Ähn­lich­kei­ten mit unse­rer Gala­xis. Ihre Gala­xien­schei­be ist 60° zu unse­rer Sicht­li­nie geneigt.

NGC2903
NGC 2903 im Löwen – Auf­nah­me von Johan­nes Sched­ler, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Unter­su­chun­gen mit dem Hub­ble-Welt­raum­te­le­skop im Jahr 2001 zei­gen einen 2.000 Licht­jah­re vom Zen­trum der Gala­xie ent­fern­ten zir­kum­nu­klea­rer Ring aus jun­gen Ster­nen und akti­ven Stern­ent­ste­hungs­ge­bie­ten. Der Bal­ken im Zen­trum, so ver­mu­tet man, löst die hohe Stern­ent­ste­hungs­ra­te im Ring aus. Dabei strömt nicht ioni­sier­tes, neu­tra­les Was­ser­stoff­gas, von den Außen­be­rei­chen der Gala­xie, nach innen und kom­pri­miert das Gas. Rund 0,7 Son­nen­mas­sen pro Jahr an neu­en Ster­nen wer­den so erzeugt. Der Bal­ken erscheint im Infra­ro­ten noch deut­lich aus­ge­präg­ter. Die jun­gen, mas­se­rei­chen Stern­hau­fen im Ring ent­stan­den vor 6,5 bis 9,5 Mil­lio­nen Jah­ren. Die hel­len HII-Regio­nen sind ähn­lich hell, wie die rie­si­ge Stern­ent­ste­hungs­re­gi­on 30 Dora­dus in der Gro­ßen Magel­lan­sche Wol­ke. Auch sonst ist die gesam­te Schei­be von NGC 2903 von dich­ten Staub­schwa­den, röt­li­chen HII-Regio­nen und jun­gen blau­en Stern­hau­fen geprägt. Zwei dicke Spi­ral­ar­me mit hoher Flä­chen­hel­lig­keit set­zen direkt am Bal­ken an. Zwei dün­ne Spi­ral­ar­me sind auch in den äuße­ren Regio­nen der Schei­be sicht­bar. Rund 72% der stel­la­ren Mas­se befin­det sich in der äuße­ren Schei­be der Gala­xie und 20% im Bal­ken. Im Zen­trum sind 5% der Stern­mas­se vor­han­den, wobei sich hier eine deut­lich älte­re Popu­la­ti­on an Ster­nen fin­det. Radio­be­ob­ach­tun­gen zei­gen eine Schei­be aus neu­tra­lem Was­ser­stoff­gas, die drei­mal so weit in den Raum reicht, wie die im opti­schen sicht­ba­re Schei­be von NGC 2903. Es gibt kei­ner­lei Anzei­chen für einen akti­ven Kern.

NGC2903 (HST)
Der Zen­tral­be­reich von NGC 2903 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: ESA/Hubble & NASA, L. Ho, J. Lee and the PHANGS-HST Team, CC BY 4.0, via Wiki­me­dia Commons

Nur 1,2 Bogen­mi­nu­ten nord­öst­lich des hel­len Gala­xien­kerns exis­tiert ein wei­te­res Objekt mit eige­ner NGC-Num­mer (NGC 2905). Hier­bei han­delt es sich um eine hel­le und kom­pak­te HII-Regi­on im nord­öst­li­chen Spi­ral­arm der Gala­xie, die eben­falls von Wil­helm Her­schel ent­deckt wur­de. Die schwa­che irre­gu­lä­re Zwerg­ga­la­xie UGC 5086, in 9,3 Bogen­mi­nu­ten Abstand, ist ver­mut­lich ein ech­ter Beglei­ter von NGC 2903.

Beobachtung

Die Gala­xie ist schon in einem 10x50 Feld­ste­cher deut­lich zu sehen. Mit 2 bis 3 Zoll Öff­nung zeigt sich ein ziem­lich gro­ßer, ova­ler Licht­fleck, mit einem etwas hel­ler erschei­nen­den kom­pak­ten Zen­trum. Die Schei­be ist 8 x 4 Bogen­mi­nu­ten groß und in NNO-SSW Rich­tung elon­giert. Die Außen­par­tien der Gala­xie erschei­nen sehr dif­fus. Im 4 bis 6 Zöl­ler und mitt­le­ren Ver­grö­ße­run­gen ist die Gala­xien noch etwas deut­li­cher zu sehen und es zeigt sich ein hel­ler, klei­ner aber nicht stern­för­mi­ger Kern. Der äuße­re Halo ist schwach und dif­fus. Unter einem dunk­len Land­him­mel, mit min­des­tens 8 bis 10 Zoll Tele­s­ko­pöff­nung, erscheint die dem zen­tra­len Kern umge­ben­de Schei­be der Gala­xie bereits gemot­telt. Mit 72-facher Ver­grö­ße­rung sind nörd­lich und süd­lich des nun stern­för­mig erschei­nen­den Kerns zwei Kno­ten erkenn­bar. Ansatz­wei­se soll­te sogar schon ers­te Anzei­chen einer Spi­ral­struk­tur erkenn­bar sein, die von der Spit­ze des elon­gier­ten Zen­tral­be­reichs aus­geht. Mit indi­rek­tem Sehen und hoher Ver­grö­ße­rung, um 130-fach, ist eine S‑förmige Struk­tur wahr­nehm­bar. Mit noch grö­ße­rer Öff­nung sind wei­te­re der 70 ver­zeich­ne­ten Kno­ten in den Spi­ral­ar­men sicht­bar, die abwech­selnd von hel­le­ren und dunk­le­ren Struk­tu­ren unter­bro­chen wer­den. Die äuße­ren Arme erschei­nen nun eben­falls S‑förmig. NGC 2905, nahe des Kerns, ist nun deut­lich ausgeprägt.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für NGC 2903 – erstellt mit SkytechX

NGC 2903 ist am bes­ten in den Früh­lings­mo­na­ten beob­acht­bar, wenn das Früh­lings­stern­bild Löwe hoch im Süden kul­mi­niert. Um die Gala­xie auf­zu­su­chen, peilt man zuerst Epsi­lon Leo (2,9 mag) an, der den süd­li­chen Teil des sichel­för­mi­gen Löwen­kop­fes mar­kiert. 3° west­lich die­ses Sterns befin­det sich Lamb­da Leo (4,3 mag). NGC 2903 steht 1,5° süd­lich die­ses Sterns und bil­det mit zwei wei­te­ren Ster­nen der 7. Grö­ßen­klas­se ein recht­wink­li­ges Drei­eck. Die Gala­xie soll­te unter einem dunk­len Him­mel schon in einem 6x30 Sucher als schwa­cher ova­ler Licht­fleck zu erken­nen sein.

Auf­such­kar­te NGC 2903 (67,5 KiB, 243 hits)

Steckbrief für NGC 2903

Objekt­na­meNGC 2903
Kata­log­be­zeich­nungNGC 2905, PGC 27077, UGC 5079
TypGala­xie, SBbc
Stern­bildLöwe (Leo)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)09h 32m 09,7s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)+21° 29′ 57″
V Hel­lig­keit9,6 mag
Flä­chen­hel­lig­keit13,6 mag
Win­kel­aus­deh­nung12,6′ x 6,0′
Posi­ti­ons­win­kel17°
Abso­lu­te Helligkeit-20,759 mag
Durch­mes­ser79.000 Licht­jah­re
Ent­fer­nung21,5 Mil­lio­nen Lichtjahre
Beschrei­bungH I 56;short B nucleus bar;fine mul­ti arm spi­ral; cB,vL,E,gmbM,r,sp of 2
Ent­de­ckerWil­helm Her­schel, 1784
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 10
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 35 & 47
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 685–686 (Vol II) 
Pocket Sky Atlas: Chart 35
Sky Atlas 2000.0: Chart 6
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 74

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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