Am 2. Juni 2019 fuhr ich zu meinem angestammten Platz nach Radensdorf um mal wieder den Himmel zu beobachten. Den ganzen Tag war der Himmel wolkenlos und zeigte ein intensives Blau. Gegen Abend zogen aus Richtung Nordwesten zunehmende hohe Zirrusbewölkung hinein, so dass ich schon befürchtete, dass die Beobachtung des Sternenhimmels mal wieder ins Wasser fallen würde. Der Wetterbericht versprach aber eine Verbesserung der Situation gegen Mitternacht. Allerdings wollte ich unbedingt auch mal mein Samyang 135 mm F2 Objektiv am Sternenhimmel ausprobieren, das schon seit Oktober bei mir im Schrank herumlag. Ich hatte bisher noch keine Gelegenheit gehabt, es ausgiebig zu testen. Deshalb nahm ich auch die Fotoausrüstung und die Astrotrac mit zur Beobachtung. Als Hauptinstrument für diese Nacht sollte mein 8 Zoll GSO-Dobson dienen, mit dem ich seit einem Dreivierteljahr nicht mehr beobachtet hatte.
Im letzten Drittel des Monats Mai wird an meinem Standort die astronomische Dämmerung nicht mehr erreicht. Das bedeutet auch, dass die Sonne in dieser Zeit nicht mehr als 18 Grad unter den Nordhorizont sinkt und der Himmel nicht mehr richtig dunkel wird. Ich kam gegen 21:30 Uhr in Radensdorf an und konnte noch in der hellen Dämmerung in Ruhe meine Ausrüstung aufbauen. Neben dem Dobson, hatte ich noch meinen neuen Fujinon 16x70 Feldstecher mit, den ich auf die Orion Paragon Binomount montierte. Und auch die Astrotrac, auf dem schweren Berlebach-Stativ, stand recht schnell etwas abseits des Dobson. Leider war es noch zu hell, um mit der Einnordung zu beginnen. Gegen 23.00 und 23:30 Uhr sollten auch die Starlink-Satelliten über meinen Standort erscheinen und so wollte ich sie fotografisch mit der Canon EOS 6D festhalten. Während des Überflugs sah ich sie nicht und auch auf dem Foto konnte ich sie nicht entdecken. Es gelang mir nur eine hübsches Bild des Sternenfeldes um den Großen Bären herum, ohne die Satelliten, mit reichlich vorhandenen Zirrusbewölkung.
Schließlich war es kurz vor Mitternacht dunkel genug, um die Astrotrac einzunorden, was schnell von der Hand ging. Ich schoss einige Probeaufnahmen und konnte mich schon dort von der guten Qualität des Objektivs überzeugen. Als Belichtungszeit wählte ich 4 Minuten und hoffte nebenbei, dass die immer noch vorhandenen Mitternachtsdämmerung sich nicht negativ auf das Gesamtergebnis auswirkte. Glücklicherweise blieb der östliche Sternenhimmel lange Zeit von der Zirrusbewölkung verschont. In Richtung Westen und Norden zeigten sich zu diesem Zeitpunkt allerdings immer noch größere Wolkenfelder.
Aus diesem Grund konzentrierte ich mich vorwiegend auf den östlichen und südlichen Bereich des Himmels und beobachtete mit dem Dobson und mit dem Feldstecher bekannte Objekte des Sommerhimmels in den Sternbildern Schwan, Leier, Herkules, Schütze und Schlange. In der Zwischenzeit machte die Canon EOS 1000Da fleißig Fotos von der Region um den Nordamerikanebel. Diesen konnte ich auch im Fernglas ohne Filter schwach erkennen. Allerdings war der Anblick im Dobson nicht gerade berauschend, trotz des Einsatzes eines O3 Nebelfilters. Dieses Objekt verlangt wohl wirklich dunkleren Himmel. Mit dem SQM‑L maß ich kurz nach Mitternacht nur 21,21 mag/arcsec^2. Normalerweise liegt dieser Wert an meinem Standort 0,3 bis 0,4 mag/arcsec^2 höher. Da nun auch der Jupiter und das Zentrum der Milchstraße immer höher stand, schoss ich einige Stimmungsfotos von der Gegend und beobachtet diese Region parallel mit dem 16x70 Fujinon Feldstecher und dem Dobson. Neben dem hellen Kugelhaufen M 4 nahe Antares, nahm ich noch die galaktischen Nebel M 8, M 16, M 17, M 20 sowie die Sternhaufen M18 und M 22 aufs Korn. Leider war das Seeing in dieser Nacht ebenfalls nicht gerade berauschend, so dass ich nur wenig Details in der Atmosphäre des Jupiters wahrnehmen konnte. Der Riesenplanet stand im südlichen Bereich des Schlangenträgers, nur 15 Grad über dem Horizont. Und auch der Ringplanet Saturn im Sternbild Schütze stand zu diesem Zeitpunkt noch zu niedrig im Südosten, so dass auch dieser Anblick kein Genuss war. In Namibia, wo sich zum selben Zeitpunkt noch unser Astrokumpel Mario aufhielt, standen beide Objekte zum selben Zeitpunkt nahe des Zenits.
Messier 51, noch halbhoch im Sternbild Jagdhunde, war das letzte Objekt auf meiner Liste, bis ich um 2:15 Uhr die Beobachtung beendete. Es hatte nun wieder angefangen deutlich zu dämmern und jede Minute wurde der Himmelshintergrund heller. Zu diesem Zeitpunkt meldetet sich auch die Astrotrac, so dass ich auch die Belichtung der Himmelsregion um den Nordamerikanebel beendete. Ich nahm dann noch Dunkelbilder und Flats auf, währenddessen ich die Ausrüstung wieder im Auto verstaute. In Richtung NNO bemerkte ich plötzlich eine helle Wolkenbank dicht über dem Horizont, die mir seltsam vorkam. Ein Foto bestätigte meine Vermutung, dass es sich dabei um Leuchtende Nachtwolken handeln musste. So war diese Sichtung gleichzeitig auch die frühste Beobachtung dieses atmosphärischen Phänomens. Die NLC bewegten sich währenddessen beständig Richtung Osten und verblassten immer weiter in der zunehmenden Morgendämmerung. Gegen 3:15 Uhr war ich schließlich soweit, die Heimreise anzutreten.
Am darauffolgenden Dienstag bearbeitet ich dann das Foto von der Himmelsregion um den Nordamerikanebel im Sternbild Schwan. Ich entschied, alle Bilder zu verwenden, obwohl einzelne Zirruswolken während der Belichtung durch das Gesichtsfeld zogen. Durch die Zirren wurden die helleren Sterne etwas aufgebläht, was sich im Nachhinein als Glücksfall erwies. Nach dem Stacken mit Astro Pixel Processor, war die Farbgebung und der Detailreichtum der Aufnahme fast perfekt. Ich musste das Bild in Photoshop nur noch leicht bearbeiten und in der Farbgebung etwas anpassen. Herausgekommen ist schließlich das bisher beste Bild dieser Himmelsregion von mir, das sich meiner Meinung nach auch mit den besten Weitfeldaufnahmen im Internet messen kann. Die helleren Sterne erscheinen so, wie bei der Verwendung eines Weichzeichners und zeigen dementsprechend sehr schön ihre Eigenfarbe. Und auch der Nordamerika- und Pelikannebel, zusammen mit der Region um Sharpless 119 am linken unteren Bildrand, zeigen viele Details in der Aufnahme.
Ein kleines Gedicht über die Sternengucker:
ASTROFREUNDE
Sie blicken zu Mond und Sternen,
sind den Planeten auf der Spur;
reisen zu des Weltalls Fernen,
wenn auch mit Teleskopen nur.
Unterwegs in finsterer Nacht,
im Banne der himmlischen Pracht;
Licht aus, Sterne an, klare Sicht -
viel mehr brauchen sie dazu nicht.
Rainer Kirmse , Altenburg