Ein mit bloßem Auge sichtbarer Komet am Nachthimmel ist nicht nur für Hobbyastronomen ein unvergesslicher Anblick. So erinnere ich mich noch ganz genau an die beiden hellen Kometen Hyakutake und Hale-Bopp im Frühjahr 1996 und 1997. Und nach dem eher kometenarmen Jahr 2012 und nach einigen Jahren ohne wirklich helle Kometenerscheinung (jedenfalls bei uns auf der Nordhalbkugel), kommen in diesem Jahr gleich zwei Schweifsterne in Sonnennähe, die für einige Wochen auch von unserem mitteleuropäischen Standort aus mit bloßem Auge sichtbar sind. Wenn die Prognosen stimmen, können die beiden Kometen sogar negative Helligkeiten erreichen. Den Anfang macht der Komet C/2011 L4 PANSTARRS im Frühjahr 2013. Der Komet C/2012 S1 ISON könnte sich mit etwas Glück sogar zu einem der hellsten Kometen seit Jahrzehnten entwickeln. Allerdings haben wir, bis Komet ISON sein Perihel Ende November erreicht, noch einige Monate Zeit.
Aufgrund seiner Bahn wird Komet C/2011 L4 PANSTARRS von unseren Breiten aus erst Mitte März am Abendhimmel sichtbar werden, nachdem der Schweifstern am 10. März 2013 in rund 0,3 Astronomische Einheiten Abstand seine Sonnennähe durchlaufen hat. Davor kann der Anstieg der Helligkeit auf der Südhalbkugel beobachtet werden.
Benannt wurde der Komet nach dem Projekt Pan-STARRS, einem automatischen System zur Himmelsdurchmusterung. Bei diesem Projekt werden in jeder Beobachtungsnacht Bilder in mehreren Wellenlängen aufgenommen. Dabei soll ein Katalog erstellt werden, der mehr als 20 Milliarden Himmelsobjekte wie Kleinplaneten, Braune Zwerge und Galaxien umfasst. Auch potentiell gefährliche Asteroiden und Kometen sollen entdeckt werden. Es war erst die zweite Kometenentdeckung des seit Mai 2010 im vollen Betrieb befindlichen Teleskops. Das zweite, baugleiche Teleskop dieser Art soll noch in diesem Jahr seine Arbeit aufnehmen.
Entdeckung und Bahnverlauf
Der nicht periodische Komet C/2011 L4 PANSTARRS wurde in der Nacht vom 5. auf den 6. Juni 2011 von Richard Wainscoat mit Hilfe des 1,8 Meter großen Panchromatic Survey Telescope And Rapid Response System (Pan-STARRS) auf dem Mount Haleakala auf Hawaii als 19,5 mag helles Objekt in einer Entfernung von mehr als 7,9 Astronomischen Einheiten (1,18 Milliarden km) entdeckt. Der Komet befand sich zu diesem Zeitpunkt weit jenseits der Jupiterbahn. Nach seiner Entdeckung wurde der Komet noch auf einigen weiteren Pre-Discovery Aufnahmen als Objekt der 19. bis 20. Größenklasse gefunden. Dadurch war es nur zwei Tage nach seiner Entdeckung möglich, eine erste, noch unsichere Bahn zu berechnen. Es zeigte sich, dass der Komet im Frühjahr 2013 der Sonne bis auf weniger als 50 Millionen Kilometer nahekommen wird und eine maximale Helligkeit von 0. bis ‑1. Größenklasse erreichen wird.
Aufgrund seiner Bahnneigung von 84 Grad gegenüber der Ekliptik, wird Komet PANSTARRS zuerst auf der Südhalbkugel sichtbar sein und wechselt danach auf die Nordhalbkugel der Erde. Für Beobachter mittlerer nördlicher Breiten wird der Komet zwischen dem 8. und 20. März 2013 sichtbar und – vor allem in der Woche zwischen dem 12. und 17. März – rund ein halbe Stunde nach Sonnenuntergang tief über dem westlichen Horizont stehen. Deutlich bessere Beobachtungsbedingungen sind dann zwischen dem 16. und 23. März zu erwarten.
Nach seinem Periheldurchgang, wobei der Komet in weniger als Merkurentfernung an der Sonne vorbeiziehen wird, kann man ihn vom deutschen Sprachraum aus etwa ab dem 13. März in der hellen Abenddämmerung erspähen. Seine geringste Entfernung zur Erde erreicht der Schweifstern schon 5 Tage vor dem Perihel, nämlich am 5. März 2013 mit einem Abstand von 1,1 AE bzw. 164 Millionen Kilometern. Er bleibt dann noch bis Mitte/Ende April hinein für das bloße Auge sichtbar und wird ab April 2013 für Mitteleuropa aus zirkumpolar.
Nach aktuellen Bahnberechnungen bewegt sich Komet PANSTARRS aus der Oortschen Wolke kommend auf einer hyperbolischen Bahn um die Sonne und wird nach dem Perihel, aufgrund seiner dichten Annäherung an die Sonne, voraussichtlich eine Umlaufperiode von 110.000 Jahren haben. Es bleibt abzuwarten, wie hell PANSTARRS tatsächlich wird und wie sich das frische Kometenmaterial in Sonnennähe verhält.
Helligkeit und Sichtbarkeit
Komet PANSTARRS überschritt Ende Oktober 2012 die 10. Größenklasse und ist in den ersten Wochen des neuen Jahres ein Objekt für Beobachter auf der Südhalbkugel. Zu Beginn des neuen Jahres wurde seine Helligkeit auf 8,3 mag geschätzt. Im Februar bewegt sich der Schweifstern durch die südlichen Sternbilder Teleskop, Schütze, Indianer, Mikroskop, Kranich, Südlicher Fisch und Bildhauer und erreicht am 5. Februar mit ‑45,6 Grad seine südlichste Deklination. Die Helligkeit steigt im Laufe des Februars von 6,5 mag auf rund 2 mag, so dass südliche Beobachter ihn ab Mitte Februar leicht mit bloßem Auge erkennen können. Der Abstand zur Sonne (Elongation) wird aber immer geringer ausfallen, je weiter sich der Komet unserem Zentralgestirn nähert. Anfang März zieht der Schweifstern steil in Richtung Norden. Am 7. März steht Komet PANSTARRS zwar schon nördlich der Sonne, die Elongation wird bis zum 11. März aber weiterhin auf rund 15 Grad abnehmen. Der Komet befindet sich dann im Grenzbereich der Sternbilder Walfisch und Fische. Seine größte Helligkeit, mit +0,5 Magnituden, erreicht er zwischen dem 8. und 12. März. Am 10. März, am Tag des Perihels, könnte man mit etwas Glück seinen Schweif kurz nach Sonnenuntergang erkennen – beim Übergang von der bürgerlichen in die nautische Abenddämmerung (-6° Grad Sonnenhöhe). Der Komet steht zu diesem Zeitpunkt weniger als 10 Grad hoch über dem westlichen Horizont. Um den Kometen in der Abenddämmerung, tief über dem Horizont, besser zu erkennen, hilft ein normales Opernglas oder Feldstecher.
Die Entwicklung seiner Helligkeit ist nach wie vor sehr unsicher, denn die Helligkeit ist von vielen Parametern abhängig, wie zum Beispiel seine Aktivität und Gehalt an flüchtigen Stoffen. Unter Umständen könnte seine maximale Helligkeit noch weit unter den Prognosen liegen. So gehen die optimistischsten Schätzungen von einer Helligkeit um ‑4 mag aus, weniger optimistische von gerade einmal 5 mag! Neuere Beobachtungen zeigen inzwischen, dass sich die Helligkeitskurve etwas abgeflacht hat, so dass Komet PANSTARRS zur Zeit des Perihels nicht wie ursprünglich gedacht mit ‑1,0 mag an unserem Himmel stehen wird, sondern höchstwahrscheinlich „nur“ eine maximale Helligkeit von +0,5 bis 1,0 mag (oder auch weniger) erreichen wird. Einige Beobachter prognostizieren sogar eine maximale Helligkeit von nur noch 3,0 mag!
Der Abstand zur Sonne wird auch in der ersten Woche nach dem Perihel kaum zunehmen, so dass der Komet in der Dämmerung stets horizontnah bleibt. Deshalb ist ein ungetrübter Blick bis hinunter zum West- und Nordwesthorizont unabdingbar. Am 13. März gibt sich der Komet, mit seinem wahrscheinlich rund 10 Grad langen Schweif, ein hübsches Stelldichein mit der schmalen, nur 2 Tage alten zunehmenden Mondsichel, was auch für Fotografen ein reizvolles Motiv abgeben wird. Die Beobachtungsbedingungen über dem Westhorizont verbessern sich nach dem 17. März, wenn der Komet nahezu senkrecht oberhalb der Sonne steht. Zu diesem Zeitpunkt sollte auch der Schweif seine maximale Länge erreichen.
Schließlich verbesser sich nach der Monatsmitte die Sichtbedingungen spürbar. Die Elongation nimmt zu. Dabei werden Beobachter im Norden von Deutschland bevorzugt. Der Komet durchläuft dann rasch die Sternbilder Fische und Andromeda. Gleichzeitig wird er auch am Morgenhimmel sichtbar werden und steht dann dicht über dem nordöstlichen Horizont. Am 22. März wechselt C/2012 L4 PANSTARRS vom Sternbild Fische kommend in die Andromeda. Die Helligkeit beträgt zu diesem Zeitpunkt noch rund 2,5 mag. Danach wird der zunehmende Mond die Beobachtung immer mehr beeinträchtigen. Zur Vollmondzeit am 27. März läuft der 3,5 mag helle Komet an den hellen Sternen Epsilon und Delta Andromedae vorbei. Anfang April wird der Komet zirkumpolar, so dass er die ganze Nacht über beobachtet werden kann.
Anfang April, wenn seine Helligkeit voraussichtlich schon unter die 4. Größenklasse gesunken ist, geht der Mond erst nach Mitternacht auf. Nun kann die Annäherung an die Andromedagalaxie Messier 31 mit bloßem Auge verfolgt werden – einen dunklen Standort vorausgesetzt. Am 4. April passiert der 4,8 mag helle Komet die Galaxie mit einem westlichen Abstand von weniger als 2 Grad. Ein herrlicher Anblick im Fernglas und ein lohnendes Motiv für Astrofotografen. Der Anblick ähnelt der Zusammenkunft des Kometen 153P/Ikeya-Zhang mit der Andromedagalaxie am 4. April 2002 [Bild]!
Am 9. April tritt der 5,5 mag helle Schweifstern in das Sternbild Kassiopeia über und zieht am 11. April, in ungefähr 1,5 Grad Abstand, an den beiden Galaxien NGC 147 & NGC 185 vorbei. Weil am 10. April Neumond ist, kann die Zusammenkunft mit den beiden Galaxien gut beobachtet werden. Am 22. April kreuzt der Kopf des Komet die nur 11 Magnituden schwache Galaxie IC 10, was vor allem Beobachter in Nordamerika sehr gut verfolgen können. Mitte April unterschreitet er schließlich die 6. Größenklasse und ist dann nur noch in Ferngläsern und Teleskopen sichtbar. Zu diesem Zeitpunkt bewegt sich PANSTARRS oberhalb des Sternbildes Kassiopeia in Richtung auf das Sternbild Kepheus zu, das er Ende April als wahrscheinlich 7,5 mag helles Objekt auch erreicht. Am 13. Mai zieht der Komet dicht an den 3,2 mag hellen Stern Gamma Cephei vorbei, der die Spitze der Kepheusraute markiert. Die Helligkeit ist dann schon auf 8,5 Magnituden gefallen. In der Nacht vom 25. auf den 26. Mai tritt er in den Drachen über, den er am 31. Mai als 9,5 mag helles Objekt in Richtung des Sternbilds Kleiner Bär wieder verlässt. Am 28. Mai erreicht er mit 85,2 Grad noch seine größte nördlich Deklination. Bis Mitte Juni 2013 sinkt seine Helligkeit schließlich wieder unter die 10. Größenklasse.
Fazit
Spannend ist, wie helle C/2011 L4 PANSTARRS tatsächlich wird. Wird er ein faszinierendes Objekt in der hellen Abenddämmerung werden, ähnlich wie die Kometen C/2006 P1 McNaught und C/2011 W3 Lovejoy, oder wird er weit hinter seinen Erwartungen zurückbleiben? Denn Kometen, die zum ersten Mal das innere Sonnensystem besuchen, sind in ihrer Helligkeitsentwicklung nicht vorhersehbar. Auf jeden Fall lohnt sich die Beobachtung mit jedem Fernglas und Teleskop und vor allem mit bloßem Auge, falls PANSTARRS heller als 4. Größenklasse wird. Wer kein Teleskop besitzt, kann am bundesweiten Tag der Astronomie am 16. März 2013 einen astronomischen Verein oder eine Volkssternwarte besuchen und selbst mal einen Blick durch die dort aufgestellten Teleskope und auf den Kometen werfen.
Bahnelemente Komet C/2011 L4 PANSTARRSPeriheldatum T | 2013 März 10.1698 |
Perihelabstand q | 0.301545 |
Exzentrizität e | 1.000032 |
Argument des Perihels ω | 333.6514 |
Länge des aufsteigenden Knotens Ω | 65.6659 |
Inklination i | 84.2073 |
Helligkeitsparameter | m1 = 5.5 + 5 log d + 10.0 log r |
Passend zu diesem Artikel gibt es ein Infoblatt zur Sichtbarkeit mit Informationen, Ephemeriden und Aufsuchkarten als PDF-Datei zum kostenlosen Download hier im Blog. Eine tagesaktuelle Ephemeride mit optimalen Beobachtungszeiten und aktualisierten Helligkeitsparametern für den Kometen gibt es hier.
Komet C/2011 L4 PANSTARRS – Infoblatt (1,2 MiB, 4.085 hits)
Weiterführende Quellen & Links:
Informationen zum Kometen PANSTARRS
Garry W. Kronks Cometography – C/2011 L4 (PANSTARRS)
Kometen.info – Komet C/2011 L4 PANSTARRS
Sky & Telescope – Update on Comet PanSTARRS
Aktuelle Ephemeride des Minor Planet Centre
Astrodicticum simplex – Ein neuer Komet nähert sich der Sonne
Skyweek 2.0 – Zukunft von Komet PANSTARRS weiter umstritten
WAA Hotspots – Komet C/2011 L4 (PANSTARRS)
Komet PANSTARRS könnte im März doch noch heller als 2. Größenklasse werden. Siehe Skyweek 2.0
Und hier eine sehr informative Seite über die hellen Kometen des Jahres 2013: http://www.jahrhundertkomet.de/
Kometen im Anflug – Interessanter Artikel auf der Seite des Spektrum-Verlags
Ich habe gestern zum ersten Mal von Panstarrs gehört und bin schon ganz uffgeregt 🙂 kann mich noch bestens an Hale Bopp erinnern. Das war schon geil damals, der erste Komet den ich mit bloßem Auge sehen konnte… und wenn dann Komet Ison dieses jahr auch noch kommt, hallelulia, was für ein Kometen Jahr 🙂