Objekte des Monats: Der Segelboot-Haufen NGC 225

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Der offe­ne Stern­hau­fen NGC 225, im nörd­li­chen Stern­bild Kas­sio­peia (Cas­sio­peia), wur­de am 27. Sep­tem­ber 1783 von Caro­li­ne Her­schel mit ihrem 4,2‑Zoll-Kometensucher auf der Suche nach Kome­ten ent­deckt. Sie beschrieb ihn als klei­nen Stern­hau­fen, der anschei­nend durch Nebu­lo­si­tät durch­mischt ist. Am 23. Febru­ar 1784 beob­ach­te­te sie ihre Ent­de­ckung zum zwei­ten Mal. Ihr Bru­der Wil­helm beob­ach­te­te den Stern­hau­fen am 12. März 1784, kata­lo­gi­sier­te ihn jedoch erst am 26. Novem­ber 1788 und beschrieb ihn als „Hau­fen sehr grob ver­streu­ter gro­ßer Ster­ne”. Auf­grund sei­nes Erschei­nungs­bil­des wur­de der Stern­hau­fen von Rod Pom­mier im US-Maga­zin Astro­no­my auch als „Sailboat Clus­ter“ (Segel­boot-Hau­fen) bezeich­net, da die hells­ten Ster­ne des Hau­fens den Umriss eines nach Osten segeln­den Boo­tes nach­zeich­nen. Im angel­säch­si­schen Sprach­raum ist NGC 225 auch als „Caroline’s Clus­ter” bzw. „Bro­ken Heart” bekannt.

Ein Sternhaufen mit Reflexionsnebel

NGC 225 ist ein eher unschein­ba­rer offe­ner Stern­hau­fen mit einer schein­ba­ren Hel­lig­keit von 7,0 Grö­ßen­klas­sen. Auf­grund sei­ner Hel­lig­keit ist er bereits mit einem klei­nen Feld­ste­cher erkenn­bar. Auf einem Gebiet, das der hal­ben schein­ba­ren Grö­ße des Voll­mon­des ent­spricht, sind rund 30 Mit­glieds­ster­ne der 9. bis 10. Grö­ßen­klas­se ver­teilt. Ins­ge­samt ent­hält der Stern­hau­fen etwa 75 Mit­glieds­ster­ne, wobei der hells­te von ihnen eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 9,3 mag auf­weist. Die Ent­fer­nung zur Erde beträgt nach neu­es­ten Erkennt­nis­sen 2.143 Licht­jah­re, sein wah­rer Durch­mes­ser knapp 9 Licht­jah­re. Sein Alter wird auf 120 Mil­lio­nen Jah­re geschätzt. Damit ist er etwa dop­pelt so alt wie die berühm­ten Ple­ja­den (Mes­sier 45) im Stern­bild Stier.

NGC 225
NGC 225 in der Kas­sio­peia – Auf­nah­me von BTB-Astro­team Bren­ten­rie­gel, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

In die­sem Stern­hau­fen ist ein blau­er Refle­xi­ons­ne­bel „van den Bergh 4“ (vdB 4) ein­ge­bet­tet, der auf lang belich­te­ten Fotos die­ser Him­mels­re­gi­on sicht­bar wird. Das macht den Stern­hau­fen zu einem attrak­ti­ven Foto­mo­tiv. Der Nebel wird von dem 10,4 mag hel­len, ver­än­der­li­chen Stern V594 Cas­sio­peiae beleuch­tet, der sich inner­halb von NGC 225 befin­det. Die ame­ri­ka­ni­sche Astro­no­min Bever­ly T. Lynds iden­ti­fi­zier­te meh­re­re Dun­kel­ne­bel um den Stern­hau­fen und ver­öf­fent­lich­te 1965 einen Kata­log hel­ler Nebel. Dabei kata­lo­gi­sier­te sie den Refle­xi­ons­ne­bel als LBN 604. Direkt ober­halb von VdB 4 befin­det sich der Dun­kel­ne­bel LDN 1291, der zur sel­ben Mole­kül­wol­ke gehört aus der das „kos­mi­sche Segel­boot“ wahr­schein­lich ent­stan­den ist. Die nahe Umge­bung die­ses Stern­hau­fens wird im All­ge­mei­nen von wei­te­ren aus­ge­dehn­ten Nebel- und Staub­struk­tu­ren der stern­rei­chen Herbst­milch­stra­ße durch­zo­gen. Durch den inter­stel­la­ren Staub wird NGC 225 aller­dings um ca. 0,2 Grö­ßen­klas­sen abgeschwächt.

Direkt ein hal­bes Grad nord­west­lich des Segel­boot-Hau­fens befin­det sich der klei­ne, mit einer schein­ba­ren Hel­lig­keit von 8,8 mag etwas schwä­che­re, offe­ne Stern­hau­fen Stock 24. Er ent­hält rund 20 Mit­glieds­ster­ne der 13. Grö­ßen­klas­se. Tat­säch­lich han­delt es sich hier­bei um einen ver­gleichs­wei­se rei­chen Stern­hau­fen ähn­li­cher Grö­ße wie NGC 225, der sich jedoch mit einer Ent­fer­nung von über 6.000 Licht­jah­ren wei­ter im Hin­ter­grund befin­det. Ein wei­te­rer Stern­hau­fen, NGC 189 (8,8 mag), befin­det sich nur 50 Bogen­mi­nu­ten süd­west­lich von NGC 225 und erscheint klein und rund. Die­ser nur 20 Mil­lio­nen Jah­re alte Stern­hau­fen ist 4.000 Licht­jah­re von der Erde ent­fernt und befin­det sich somit eben­falls im Hintergrund.

Beobachtung

NGC 225 ist bereits mit einem han­dels­üb­li­chen 10×50 Fern­glas erkenn­bar. Er erscheint als neb­li­ger, unre­gel­mä­ßig geform­ter und gra­nu­lier­ter Licht­fleck knapp zwei Grad nord­west­lich von Gam­ma Cas­sio­peiae. In mei­nem 16x70 Fuji­non-Feld­ste­cher ist der Stern­hau­fen nahe­zu voll­stän­dig in ein­zel­ne Ster­ne auf­ge­löst und erscheint dabei recht groß. Es sind acht bis neun Ster­ne zu sehen, die in einer Art Wel­len­form von Nord­wes­ten nach Süd­os­ten ange­ord­net sind. Im 3 bis 4‑Zoll Refrak­tor mit 25-facher Ver­grö­ße­rung steht der Stern­hau­fen in einem rei­chen Ster­nen­feld der Herbst­milch­stra­ße. Es sind zwei Grup­pen aus Ster­nen zu erken­nen, von denen die eine etwas schwä­cher ist. Rund ein Dut­zend fast gleich hel­le Ster­ne der 9. und 10. Grö­ßen­klas­se sind direkt erkenn­bar. Die Form des „Segel­boo­tes” ist dabei gut nach­voll­zieh­bar. Vier Ster­ne bil­den einen Bogen, der die Vor­der­kan­te eines Segels umreißt. Ein Mast aus drei bis vier Ster­nen stützt das Segel. Eine Ket­te aus Ster­nen ver­bin­det sich mit einem Rumpf, der aus acht in einer läng­li­chen Ellip­se ange­ord­ne­ten Ster­nen gebil­det wird. Der hells­te Stern des „Segel­boo­tes” leuch­tet mit einer schein­ba­ren Hel­lig­keit von 9,3 mag.

Kassiopeia
Das Stern­bild Kassiopeia

Bei einer Öff­nung von 6 bis 8‑Zoll und mitt­le­rer Ver­grö­ße­rung erscheint der zen­tra­le Bereich des Stern­hau­fens als Ring. Schwä­che­re Ster­ne sind in nach Osten und Wes­ten zei­gen­den Ster­nen­ket­ten ange­ord­net. Eine Grup­pe aus acht Ster­nen steht ziem­lich iso­liert vom Zen­trum. Süd­west­lich des Zen­trums befin­det sich ein hüb­scher Dop­pel­stern mit Kom­po­nen­ten der Hel­lig­keit 8,5 und 11 mag in einem Abstand von 12 Bogen­se­kun­den. Aber auch ande­re, schwä­che­re Paa­re sind ver­streut zu fin­den. Bei noch höhe­rer Ver­grö­ße­rung wirkt der Stern­hau­fen weni­ger ein­drucks­voll und neigt dazu, mit dem rei­chen Hin­ter­grund der Milch­stra­ße zu verschmelzen.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für NGC 225 – erstellt mit SkytechX

NGC 225 ist am bes­ten in den Herbst- und Win­ter­mo­na­ten zu beob­ach­ten, wenn das Stern­bild Cas­sio­peia hoch am Him­mel steht. Der Stern­hau­fen befin­det sich nord­west­lich des 2,2 mag hel­len Sterns Gam­ma Cas­sio­peiae, direkt west­lich der Ver­bin­dungs­li­nie zwi­schen Gam­ma und Kap­pa Cas­sio­peiae (4,2 mag) und etwa auf hal­bem Wege zwi­schen bei­den Ster­nen. Wir stel­len Gam­ma, den mitt­le­ren Stern des W‑Asterismus der Kas­sio­peia, in die Sucher­mit­te ein und schwen­ken das Tele­skop ein hal­bes Grad in Rich­tung Nord­wes­ten. Dort befin­det sich ein gel­ber Stern der 5. Grö­ßen­klas­se. Nun schwen­ken wir das Tele­skop rund 40 Bogen­mi­nu­ten nach Nord­wes­ten, bis wir auf einen ein­sa­men Stern der 6. Grö­ßen­klas­se tref­fen. NGC 225 befin­det sich knapp ein Grad west­lich die­ses Sterns.

Auf­such­kar­te Segel­boot-Hau­fen (NGC 225) (171,8 KiB, 34 hits)

Steckbrief für NGC 225

Daten und Fak­ten für den Segel­boot-Hau­fen (NGC 225) in der Kas­sio­peia (Cas­sio­peia)
Objekt­na­meNGC 225
Kata­log­be­zeich­nungCol­lin­der 7, OCL 305
Eigen­na­meSailboat Clus­ter, Segel­boot-Hau­fen, Caroline’s Clus­ter, Bro­ken Heart
Typoffe­ner Stern­hau­fen, III 1 p
Stern­bildKas­sio­peia (Cas­sio­peia)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)00h 43m 36,3s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)+61° 46′ 00″
V Hel­lig­keit7,0 mag
Win­kel­aus­deh­nung15,0′
Anzahl der Sterne15
Hells­ter Stern9,3 mag
Durch­mes­ser9 Licht­jah­re
Ent­fer­nung2.143 Licht­jah­re
Beschrei­bungCl,L,lC,st 9…10; H VIII 78;W shaped
Ent­de­ckerCaro­li­ne Her­schel, 1783
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 1, 2 & 7
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 8 & 15
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 49–50 (Vol I)
Pocket Sky Atlas: Chart 1
Sky Atlas 2000: Chart 1
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 18

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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