Das Leo-Triplett ist eine Galaxiengruppe im südöstlichen Bereich des Sternbilds Löwe (Leo). Die beiden hellsten Galaxien des Tripletts, Messier 65 (NGC 3623) und Messier 66 (NGC 3627), wurden am 1. März 1780 von dem französischen Astronomen Charles Messier entdeckt und katalogisiert. Messier beschrieb die beiden Galaxien als schwache Nebel ohne Sterne im selben Gesichtsfeld seines Fernrohres. Bei M 66 bemerkte er noch, dass sie ihm „sehr lang und sehr schwach“ erschien. Der englische Astronom Admiral William Henry Smyth schrieb die Entdeckung versehentlich Messiers Freund und Kollegen Pierre Méchain zu. Abgesehen von M 81 und M 82 im Sternbild Großer Bär (Ursa Major), sind M 65 und M 66 wahrscheinlich das meistgesuchte Galaxienpaar für Amateurastronomen. Die Galaxie NGC 3628 ist gerade schwach genug, um Messier entgangen zu sein. Sie wurde erst am 8. April 1784 von dem deutsch-britischen Astronomen Friedrich Wilhelm Herschel beobachtet und beschrieben. Später nahm der amerikanische Astronom Halton Arp das Leo-Triplett als Nummer 317 in seinem 1966 erschienen Katalog der wechselwirkenden Galaxien (Atlas of Peculiar Galaxies) auf. Messier 66 wird ebenfalls als Nummer 16 in Arps Katalog zu der Klasse der „Spiralgalaxien mit abgetrennten Abschnitten“ geführt. NGC 3628 wird aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes auch als „Hamburger-Galaxie“ bezeichnet. Im angelsächsischen Sprachraum ist sie auch als „Sarah’s Galaxy“ bekannt.
Messier 65
Messier 65 ist eine 9,2 mag helle Balkenspirale vom Hubble-Typ SAB(rs)a. Sie besitzt eine scheinbare Ausdehnung von 8,7 x 2,5 Bogensekunden. Das entspricht einer wahren Größe von ungefähr 94.000 Lichtjahre. Zusammen mit Messier 66 und NGC 3628 bildet sie das so genannte Leo-Triplett. Die Gruppe befindet sich 32,8 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt und konzentriert sich auf ein Areal von 0,6° Durchmesser. Wahrscheinlich ist die weiter westlich liegende M96-Gruppe mit der M66-Gruppe assoziiert und Teil eines viel größeren Galaxienhaufens. Für einen außerirdischen Bewohner in einer der Galaxien des Leo-Triplett wäre der Anblick des Nachthimmels spektakulär. Denn denn die Galaxien würden mehrere Quadratgrad des Himmels überspannen.
In der Scheibe von M 65, die 74° zu unserer Sichtlinie geneigt ist, existiert nur wenig interstellares Gas und Staub. Demzufolge ist die Sternentstehungsrate dort sehr niedrig. Die Scheibe besitzt zwei eng gewundenen Spiralarme, die Sterne überwiegend älteren Typs enthalten. Ihr sehr hell erscheinendes Zentrum enthält ebenfalls Sterne einer älteren Population. Durch eine nahe Begegnung mit den beiden anderen Galaxien des Leo-Triplett, vor ca. 800 Millionen Jahren, wurde die Scheibe der Galaxie nachhaltig verbogen. Dieser so genannte „Warp“ macht sich vor allem im Radiolicht der 21-cm Wasserstofflinie bemerkbar. Neuere Forschungsergebnisse zeigen vermutlich einen Balken im Zentrum der Galaxie, was ebenfalls auf eine Gezeitenstörung mit ihren Nachbarn hindeutet. Insgesamt scheint M 65 aber die am wenigstens von der gravitativen Wechselwirkung betroffene Galaxie der Gruppe zu sein. Eine auffällige Staubspur, entlang eines ihrer Spiralarme, markiert den gegenüberliegenden Rand der Scheibe. In der Nähe dieser Staubspur sind einige hellere Knoten und Spiralarmfragmente zu sehen. Das ist ein weiterer Hinweis auf eine Wechselwirkung mit ihren Nachbarn in der Vergangenheit, weil diese Knoten als Regionen von Sternentstehung interpretiert werden.
In Messier 65 wurde bisher nur eine Supernova entdeckt. SN 2013am leuchtete am 21. März 2013 südlich des Zentrums auf und erreichte eine scheinbare Helligkeit von 15,6 mag. Sie wurde als Supernova vom Typ II (Kernkollaps-Supernova) klassifiziert. Ferner enthält Galaxie eine Radioquelle, die etwa 2 Bogenminuten vom Kern der Galaxie entfernt liegt. Der Ursprung dieser Quelle wurde noch nicht identifiziert und ihre Natur ist ungewiss.
Messier 66
Messier 66 ist ebenfalls eine Balkenspirale vom Hubble-Typ SAB(s)b. Die Galaxie besitzt eine scheinbare Helligkeit von 8,9 mag und eine Ausdehnung von 8,3 x 4,2 Bogenminuten. Sie ist die östlichste Galaxie der Gruppe und, wie ihr Nachbar M 65, ebenfalls in einem lichtstarken Feldstecher zu erkennen. Sie bildet den Kern der M66-Galaxiengruppe, zu dem auch die linsenförmige Galaxie NGC 3593, 1,2° westlich von M 65 und M 66, gehört. M 66 ist sogar noch etwas größer als M 65 und besitzt eine Ausdehnung von 100.000 Lichtjahre. Morphologisch wird sie als Spiralgalaxie mit locker gewundenen Armen beschrieben. Beide Galaxien befinden sich 20 Bogenminuten voneinander entfernt, was einem linearen Abstand von etwa 200.000 Lichtjahren entspricht. Entlang ihrer Spiralarme erkennt man zahlreiche auffällige Staubbänder sowie helle Sternhaufen, die wahrscheinlich durch die Wechselwirkung mit NGC 3628 entstanden sind. Die Spiralarme setzen an einem kurzen, hellen Balken im Zentrum an.
Die Begegnung mit NGC 3628, vor ungefähr einer Milliarde Jahre, führte auch zu einer extrem hohen Konzentration der zentralen Masse, asymmetrischen Spiralarmen und einer großen abgelösten Wasserstoffregion aus neutralem atomaren Gas. Beide Galaxien standen bei ihrer Begegnung nur 80.000 Lichtjahre auseinander. Einer der Spiralarme erscheint auf Fotos extrem auffällig und ungewöhnlich sowie über die Ebene der Galaxie verschoben zu sein. An seinem Ende sind helle Sternentstehungsgebiete erkennbar. Auch die anderen Spiralarme in M 66 erscheinen deutlich deformiert, wobei sie sich enger um das Zentrum wickeln. Sie zeigen viele HII-Regionen aus ionisiertem Wasserstoffgas, großflächige Staubspuren und helle Starburst-Regionen aus jungen und heißen blauen Sternen. Die Zentralregion in M 66 erscheint gegenüber der Scheibe ebenfalls verschoben. Im Zentrum und im Balken der Galaxie herrscht eine ältere Sternpopulation vor, frei von Sternentstehung.
In M 66 wurden in jüngster Zeit gleich fünf Supernovae entdeckt: SN 1973R, SN 1989B, SN 1997bs und SN 2009hd. Die hellste von ihnen (SN 1989B) erreichte eine Helligkeit von 12,2 mag. Die letzte Supernova, SN 2016cok wurde am 28. Mai 2016 entdeckt und als Supernova vom Typ IIp (Kernkollaps-Supernova) eingestuft. Beobachtungen der Galaxie mit Röntgenobservatorium Chandra haben eine Reihe von Kandidaten für Schwarze Löcher aufgedeckt, darunter ein Kandidat für ein supermassereiches Schwarzes Loch im Zentrum der Galaxie. Ihr leuchtschwacher aktiver galaktische Kern besitzt einige typische Merkmale von Seyfert‑2 und LINER-Galaxien.
NGC 3628
NGC 3628 ist eine aktive Spiralgalxie vom Hubble-Typ Sab, die wir genau von der Kante sehen. Sie besitzt eine scheinbare Helligkeit von 9,5 mag und eine Ausdehnung von 13,5 x 4,3 Bogenminuten, was einem wahren Durchmesser von ungefähr 145.000 Lichtjahren entspricht. Damit besitzt sie die ungefähre Ausdehnung unserer Galaxis. Die Galaxie ist eine typische Edge-on Galaxie, die durch ein auffälliges und breites Dunkelband geteilt wird, welches ein Teil der hellen und jungen Sterne in den Spiralarmen verdeckt. In den äußeren Regionen der Scheibe ist das Staubband auffallend verzerrt und deformiert. Diese Verformung ist durch den gravitativen Einflüsse ihrer beiden Nachbargalaxien, M 65 und M 66, zurückzuführen. Aufgrund der Gezeitenkräfte ihrer Nachbarn findet in NGC 3628 ein Starburst statt, wo innerhalb kurzer Zeit viele massereiche Sterne entstehen. Ihre Scheibe ist deshalb geprägt von zahlreichen Sternentstehungsgebieten. Auch ihr Kern zeigt Anzeichen von erhöhter Sternentstehung. Aus diesem Grund wird NGC 3628 auch als Starburst-Galaxie klassifiziert.
Beobachtet man die Scheibe von NGC 3628 bei verschiedenen Wellenlängen, zeigt sie eine x‑förmige Ausbuchtung. Aus diesem Grund wird angenommen, dass es sich bei NGC 3628 ebenfalls um eine Balkenspiralgalaxie handelt. Auch eine Röntgenquelle ist bekannt, die sich mehrere Tausend Lichtjahre vom Kern entfernt befindet. Hierbei könnte es sich um ein massereiches Schwarzes Loch handeln. Auf extrem lang belichteten und tiefen Aufnahmen des Leo-Triplett ist in der Nähe von NGC 3628 ein ca. 400.000 Lichtjahre langer Gezeitenschweif erkennbar, der auf Fotos eine Länge von 40 Bogenminuten besitzt. Dieser entstand wahrscheinlich bei dem Zusammenstoß mit M 66 vor ungefähr 800 Millionen Jahren. Der Sternenstrom wurde durch die Gezeitenkräften aus der Galaxie herausgezogen. NGC 3628 verlor dabei einige Hunderttausend Sonnenmassen an Sternen und rund 15% ihrer Gesamtmasse an atomaren Wasserstoffgas. Spektroskopische Untersuchungen der Galaxienscheibe legen nahe, dass die Sterne in NGC 3628 in der entgegengesetzten Richtung des Gases rotieren. Wahrscheinlich ist das das Ergebnis einer kürzlichen Verschmelzung mit einer Satellitengalaxie.
NGC 3628 befindet sich von den beiden anderen Galaxien des Trios 35 Bogenminuten oder rund 340.000 Lichtjahre entfernt. Würden wir unseren Standort in eine dieser Galaxien verändern und in Richtung unserer Lokalen Galaxiengruppe blicken, würden wir unsere Milchstraße und die Andromeda-Galaxie (M 31) als zwei Lichtflecken ähnlicher Helligkeit wie M 65 und M 66 betrachten können. Dabei würden sie mehr als 5° voneinander entfernt auseinaderstehen. Von diesem Standpunkt aus betrachtet wäre unsere Milchstraße eine hübsche, frontale Balkenspirale. Die Andromedagalaxie würden wir im Gegenzug direkt von der Kante sehen, ähnlich wie bei NGC 3628.
Beobachtung
Ohne Zweifel gehört das Leo-Triplett zu den schönsten und hellsten Galaxiengruppen für kleinere Teleskope am Frühlingshimmel. Messier 65 und Messier 66 sind aufgrund ihrer hohen Flächenhelligkeiten bereits in einem 10x50 Fernglas schwach zu sehen. Unter dem dunklen südbrandenburger Himmel sind sogar alle drei Galaxien in meinem 16x70 Fujinon wahrnehmbar. Spätestens unter Zuhilfenahme eines 3 bis 4 Zoll großen Teleskops sollte die schwächste Galaxie des Trios, als schmaler diffuser Lichtfleck von geringer Flächenhelligkeit, erkennbar sein. M 65 besitzt einen hellen Kern und eine dünne Scheibe, die in Nord-Süd-Richtung orientiert ist. Bei hohen Vergrößerungen befinden sich nur M 65 und M 66 im selben Gesichtsfeld. Messier 66 erscheint dabei genau so hell wie Messier 65. NGC 3628, die nahezu senkrecht zu den beiden helleren Galaxien orientiert ist, bleibt selbst bei mittleren Öffnungen und hoher Vergrößerung nur ein diffuser Lichfleck. Im Gegensatz zum Duo, besitzt NGC 3628 eine deutlich geringere Flächenhelligkeit. Nur in größeren Teleskopen ist in einer dunklen und klaren Nacht das Staubband zu erahnen. Spätestens ab 5 bis 6 Zoll Öffnung sollten in M 65 und M 66 erste Strukturen sichtbar sein. Bei M 65 ist ein heller, ovaler unregelmäßiger Kern wahrnehmbar. Ihr Zentrum erscheint nahezu punktförmig, an dem sich ein in Nord-Süd-Richtung ausgerichteter Balken anschließt. Südwestlich des Kerns befindet sich ein Stern der 12. Größenklasse. M 66 ist in Nord-Süd-Richtung elongiert. Sie besitzt einen starken Helligkeitsanstieg zur Mitte und einen länglichen hellen Kern mit sternförmigen Zentrum. Nur 3 Bogenminuten nordwestlich des Kerns erkennt man einen Stern von 10. Größenklassen. Das Staubband in NGC 3628 ist mit dieser Öffnung nur indirekt erkennbar. Mit Öffnungen von 8 bis 10 Zoll erscheinen M 65 und M 66 leicht gemottelt, mit subtilen Details in der Galaxienscheibe. Das Zentrum von M 66 wird dabei von einem schwachen Nebelhalo umgeben, der Anzeichen einer Spiralstruktur besitzt. Das Staubband in NGC 3628 ist nun kaum zu übersehen. Der nördliche Bereich der Scheibe von NGC 3628 ist ziemlich scharf definiert, während die Südflanke diffus in den Himmelshintergrund übergeht. Mit Teleskopöffnungen ab 12 Zoll Öffnung ist in M 65, im östlichen Bereich der Scheibe, ein dunkler Staubstreifen wahrnehmbar.
Das Leo-Triplett ist am besten in den Frühlingsmonaten beobachtbar, wenn das Sternbild Löwe hoch am Himmel steht. Die Galaxiengruppe befindet sich inmitten einer gedachten Linie zwischen Chertan (Theta Leo, 3,3 mag) und Iota Leo (4,0 mag). Chertan, Zosma (Delta Leo, 2,6 mag) und Denebola (Beta Leo, 2,1 mag) bilden zusammen ein markantes rechtwinkliges Dreieck. Um die Galaxien aufzusuchen, schwenken wir von Chertan ausgehend 2° nach Süden. Nun erkennen wir im Sucher einen 6 mag hellen Stern (73 Leo) und noch weiter südlicher ein Paar aus 7 mag hellen Sternen. Nun schwenken das Fernrohr ungefähr 1° in Richtung Osten, bis ein weiter Stern der 7. Größenklasse auftaucht. Die beiden hellsten Galaxien des Tripletts sollten nun bei geringer Vergrößerung im Okulargesichtsfeld erscheinen. M 65 liegt ¾ Grad östlich von 73 Leo und M 66 weitere 1/3 Grad südöstlich von M 65. Ein halbes Grad nördlich der beiden befindet sich das dritte Mitglied des Leo-Triplett, NGC 3628.
Aufsuchkarte Leo-Triplett (Messier 65, Messier 66 & NGC 3628) (68,7 KiB, 290 hits)
Steckbrief für Messier 65, Messier 66 & NGC 3628
Objektname | Messier 65 Messier 66 NGC 3628 |
Katalogbezeichnung | NGC 3623, UGC 6328, PGC 34612, MCG 2–29-18, ARP 317 NGC 3627, UGC 6346, PGC 34695, MCG 2–29-19, ARP 317 UGC 6350, PGC 34697, MCG 2–29-20, ZWG 67.58, ARP 317 |
Eigenname | Leo-Triplett, Leo Triplet |
Typ | Galaxie, SBa Galaxie, SBb Galaxie, Sb |
Sternbild | Löwe (Leo) |
Rektaszension (J2000.0) | 11h 18m 55,6s 11h 20m 15,1s 11h 20m 16,7s |
Deklination (J2000.0) | +13° 05′ 27″ +12° 59′ 24″ +13° 35′ 24″ |
V Helligkeit | 9,2 mag 8,9 mag 9,6 mag |
Flächenhelligkeit | 12,8 mag 13,1 mag 13,4 mag |
Winkelausdehnung | 9,8′ x 2,9′ 9,1′ x 4,1′ 13,1′ x 3,1′ |
Positionswinkel | 174° 173° 104° |
Absolute Helligkeit | -20,775 mag ‑21,123 mag ‑21,127 mag |
Durchmesser | 94.000 Lichtjahre 100.000 Lichtjahre 140.000 Lichtjahre |
Entfernung | 32,8 Millionen Lichtjahre |
Beschreibung | B,vL,mE 165,gbMBN; M66 subgroup B,vL,mE 150,mbM,2 st np; brightest in group;M 65 & NGC 3628 in field pB,vL,vmE 102; H V 8;Leo group;disturbed |
Entdecker | Charles Messier, 1780 |
Sternatlanten | Cambridge Star Atlas: Chart 10 Interstellarum Deep Sky Atlas: Chart 46 Millennium Star Atlas: Charts 729–730 (Vol II) Pocket Sky Atlas: Chart 34 Sky Atlas 2000: Chart 13 Uranometria 2nd Ed.: Chart 92 |