Objekte des Monats: Der Saturnnebel NGC 7009

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Der pla­ne­ta­ri­sche Nebel NGC 7009, im Stern­bild Was­ser­mann (Aqua­ri­us), wur­de am 7. Sep­tem­ber 1782 von dem deutsch-bri­ti­schen Astro­no­men Wil­helm Her­schel ent­deckt. Er beschrieb ihn als sehr hel­len, nahe­zu run­den Nebel, ohne klar defi­nier­ter Schei­be. Sei­nen Eigen­na­men „Saturn­ne­ben“ (Saturn Nebu­la) erhielt NGC 7009 im Jahr 1840 von dem iri­schen Astro­no­men Wil­liam Par­son, dem 3. Earl of Ros­se. Mit sei­nem 72 Zoll Rie­sen­te­le­skop ent­deck­te er zwei klei­ne Bögen in der Nebel­hül­le, die ihn an den Pla­ne­ten Saturn erin­ner­ten. Her­schel hat die­se Fort­sät­ze offen­sicht­lich nicht wahr­ge­nom­men. Par­son ver­öf­fent­lich­te sei­ne Beob­ach­tung, inklu­si­ve einer Zeich­nung, im Jahr 1850. In Sir Patrick Moo­res Cald­well-Kata­log ist der Saturn­ne­bel auch als Cald­well 55 verzeichnet.

Einer der hellsten planetarischen Nebel des Himmels

Der Saturn­ne­bel gehört, mit eine schein­ba­ren Hel­lig­keit von 8,3 Magni­tu­den, zu den hells­ten und berühm­tes­ten pla­ne­ta­ri­schen Nebeln an unse­rem Him­mel. Er besitzt einen schein­ba­ren Durch­mes­ser von 0,5 x 0,4 Bogen­mi­nu­ten und eine kom­ple­xe Scha­lens­ruk­tur. Über die Ent­fer­nung von NGC 7009 gibt es recht wider­sprüch­li­che Anga­ben. Die Ent­fer­nun­gen schwan­ken zwi­schen 2.400 und 5.000 Licht­jah­ren. Aktu­el­le­re For­schungs­er­geb­nis­se set­zen den Nebel in eine Ent­fer­nung von 4.600 Licht­jah­ren. Auf die­se Ent­fer­nung wür­de sei­ne äuße­ren Hül­le einen Durch­mes­ser von unge­fähr ein hal­bes Licht­jahr besit­zen. Der Nebel war vor eini­gen Mil­lio­nen Jah­ren noch ein mas­se­ar­mer Stern, mit der dop­pel­ten Mas­se unse­rer Son­ne. In der Rote-Rie­sen-Pha­se ver­lor der Stern, auf­grund sei­nes star­ken Ster­nen­win­des, sei­ne äuße­ren Schich­ten. Die­ser Mas­sen­ver­lust begann vor rund 6.000 Jah­ren. Zurück blieb ein Wei­ßer Zwerg, mit einer Tem­pe­ra­tur von 55.000 K.

NGC 7009
Der Saturn­ne­bel (NGC 7009) im Stern­bild Was­ser­mann – Auf­nah­me von Dani­el Ver­schat­se, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Der sehr hei­ße Zen­tral­stern von NGC 7009 (HD 200516) hat eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 11,5 mag, 20 Son­nen­leucht­kräf­te und regt mit sei­ner inten­si­ven UV-Strah­lung den Nebel zum Leuch­ten an. Die Strah­lung des Zen­tral­sterns erzeugt die cha­rak­te­ris­ti­sche fluo­res­zie­ren­de Grün­fär­bung des Nebels, durch dop­pelt ioni­sier­ten Sau­er­stoff (O‑III). Die Rota­ti­on des Sterns oder der Ein­fluss eines unsicht­ba­ren Beglei­ters hat ver­mut­lich die Unre­gel­mä­ßig­kei­ten ent­lang des inne­ren Rings ver­ur­sacht. Der inne­re Nebel ent­hält auch zwei Rin­ge, die auf ver­schie­de­ne Epi­so­den von Mas­se­aus­wür­fen des Zen­tral­sterns zurück­zu­füh­ren sind.

NGC 7009 in einer Auf­nah­me vom Very Lar­ge Telescope der ESO – Cre­dit: ESO/J. Walsh

Län­ger belich­te­te Fotos zei­gen seit­lich aus der ellip­ti­schen Nebel­hül­le her­aus­tre­ten­de Jets, die den Nebel sei­nen Namen gege­ben haben. Die­se erin­nern ent­fernt an ein unschar­fes Abbild des Saturn­rings in Kan­ten­la­ge. Am Ende die­ser Jets schlie­ßen sich klei­ne­re, annä­hernd punkt­för­mi­ge Fort­sät­ze an, die 50 Bogen­se­kun­den von­ein­an­der ent­fernt sind. Hier­bei han­delt es sich um Gas­wol­ken, die kine­ma­tisch jün­ger sind und deut­lich schnel­ler expan­die­ren als der Rest der Nebel­hül­le. Sie stel­len Ioni­sa­ti­ons­fron­ten dar, deren Mate­ri­al, in zwei Rich­tun­gen, mit Über­schall­ge­schwin­dig­keit aus­ge­sto­ßen wur­de. Die Jets wer­den als Ansae bzw. „Hen­kel“ bezeich­net. Auch in ande­ren pla­ne­ta­ri­schen Nebel wur­den Ansae gefun­den, dar­un­ter NGC 3242 in der Was­ser­schlan­ge, NGC 6543 im Dra­chen und NGC 2371 im Stern­bild Zwil­lin­ge. Im Saturn­ne­bel sind die­se Hen­kel aber am Deut­lichs­ten aus­ge­prägt. Astro­no­men bezeich­nen Objek­te wie NGC 7009 als bipo­la­re pla­ne­ta­ri­sche Nebel. Auch sonst ist die Hül­le des pla­ne­ta­ri­schen Nebels äußerst kom­plex: der zen­tra­le Ring misst 25 x 17 Bogen­se­kun­den, wäh­rend sich die äuße­re Hül­le auf 41 x 35 Bogen­se­kun­den erstreckt. Die äuße­re Hül­le umfasst auch einen 100 Bogen­se­kun­den gro­ßen, deut­lich licht­schwä­che­ren Halo. Außer­dem wur­den jet­ar­ti­ge Strö­me, meh­re­re ellip­ti­sche Scha­len sowie klein­räu­mi­ge Fila­men­te und Kno­ten in der Nebel­hül­le gefunden.

Saturnnebel (HST)
Der Saturn­ne­bel in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: Judy Schmidt, CC BY 2.0, via Wiki­me­dia Commons

Nur 2° süd­west­lich von NGC 7009 befin­det sich die merk­wür­di­ge Stern­grup­pe Mes­sier 73. Die­ser 9 mag hel­le Aste­ris­mus wur­de 1780 von Charles Mes­sier ent­deckt. Und auch ein wei­te­res Mes­sier-Objekt befin­det sich 1 ½ Grad süd­west­lich von M 73. Bei Mes­sier 72 han­delt es sich aber um einen hüb­schen kugel­för­mi­gen Stern­hau­fen der 9. Grö­ßen­klas­se, der bereits mit Tele­sko­pen von 6 bis 8 Zoll Öff­nung in ein­zel­ne Ster­ne auf­ge­löst wer­den kann. War­um Mes­sier den rela­tiv hel­len Saturn­ne­bel über­se­hen hat, wird wohl für immer ein Rät­sel bleiben.

Beobachtung

Der Saturn­ne­bel besitzt eine extrem hohe Flä­chen­hel­lig­keit und ist bereits mit einem 8x42 Fern­glas als 8 mag hel­ler Stern leicht zu erken­nen. Im 16x70 Fuji­non Feld­ste­cher erscheint er wie ein leicht unscharf gestell­ter blau­grü­ner Stern. Mit 2 bis 3 Zoll Öff­nung und mitt­le­rer Ver­grö­ße­rung ist nur ein ova­les Scheib­chen zu erken­nen. Selbst mit 4 bis 5 Zoll Öff­nung ist eine klei­ne, grün­lich leuch­ten­de, ova­le Nebel­hül­le sicht­bar, die kei­ne Ein­zel­hei­ten zeigt. Mit Tele­sko­pen zwi­schen 6 und 8 Zoll Öff­nung und hoher Ver­grö­ße­rung ist NGC 7009 ein sehr auf­fäl­li­ges Objekt. Der Nebel besitzt einen dich­ten und hel­le­ren inne­ren Ring, sowie eine deut­lich blas­se­re Nebel­hül­le. Beson­ders bei ruhi­ger Luft emp­fiehlt es sich, die Ver­grö­ße­rung bis zur vol­len Mil­li­me­ter­zahl der Tele­s­ko­pöff­nung zu stei­gern. Die bei­den Jets sind mit 10 Zoll Öff­nung nur unter den bes­ten Bob­ach­tungs­be­din­gun­gen (dunk­ler Him­mel und sehr gutes See­ing) und hoher Ver­grö­ße­rung erkenn­bar. Ein O‑III Fil­ter hilft bei der Beob­ach­tung sehr gut, weil er die licht­schwä­che­ren Struk­tu­ren des Nebels im Kon­trast ver­stär­ken kann. Ab die­ser Öff­nung fällt auch auf, dass die Hül­le im Nor­den und Süden scharf abge­grenzt ist. Die Rän­der sind nach Osten und Wes­ten etwas weni­ger gut aus­ge­prägt. In der Hül­le sind ein­zel­ne Fle­cken wahr­nehm­bar. Ab 12 bis 14 Zoll Öff­nung erscheint der Nebel tür­kis­far­bend. Die Ansae sind nun deut­lich bes­ser zu erken­nen. Bei sehr hoher Ver­grö­ße­rung und gutem See­ing ist dann even­tu­ell auch schon der Zen­tral­stern, inner­halb eines dunk­le­ren Bereichs in der Nebel­hül­le, sichtbar.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für NGC 7009 – erstellt mit SkytechX

Der Saturn­ne­bel ist ein typi­sches Objekt des Spät­som­mers und Herbst­him­mels und befin­det sich knapp 3° nörd­lich der Gren­ze zum Stern­bild Stein­bock, in der west­li­chen Ecke des Was­ser­manns. Um NGC 7009 auf­zu­fin­den, geht wir vom 2,9 mag hel­len Stern Sadal­suud (Beta Aqu) aus. Nun schwenkt wir das Tele­skop in Rich­tung Süd­wes­ten, auf das Stern­bild Stein­bock zu, bis wir den 4,5 mag hel­len Stern Nu Aqua­rii errei­chen. Wir zen­trie­ren die­sen Stern im Sucher und schwen­ken wei­te­re 1 ¼ Grad in Rich­tung Wes­ten, bis ein annä­hernd unschar­fes Stern­chen der 8. Grö­ßen­klas­se im Sucher­feld auftaucht.

Auf­such­kar­te Saturn­ne­bel (NGC 7009) (70,9 KiB, 212 hits)

Steckbrief für NGC 7009

Objekt­na­meNGC 7009
Kata­log­be­zeich­nungPK 37–34.1, PN G037.7–34.5, IRAS 21014–1133, ARO 16, VV 259, Cald­well 55
Eigen­na­meSaturn­ne­bel, Saturn Nebula
TypPla­ne­ta­ri­scher Nebel, PN 4(6)
Stern­bildWas­ser­mann (Aqua­ri­us)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)21h 04m 10,8s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)-11° 21′ 47″
V Hel­lig­keit8,3 mag
Flä­chen­hel­lig­keit6,2 mag
Win­kel­aus­deh­nung28,0″ x 23,0″
Hel­lig­keit Zentralstern12,9 mag
Expan­si­ons­ge­schwin­dig­keit20,6 km/s
Durch­mes­ser0,5 Licht­jah­re
Ent­fer­nung4.600 Licht­jah­re
Beschrei­bungCS=11.5; !!! vB,S,elliptic; Saturn Nebula;H IV 1;bright blue-green disk
Ent­de­ckerWil­helm Her­schel, 1782
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 13
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 65
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 1335–1336 (Vol III)
Pocket Sky Atlas: Chart 77
Sky Atlas 2000: Chart 17
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 123

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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