Objekte des Monats: Der Kugelsternhaufen Messier 15

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Der Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 15 (NGC 7078), im nörd­li­chen Stern­bild Pega­sus, wur­de am 7. Sep­tem­ber 1746 von dem in Ita­li­en gebo­re­nen fran­zö­si­schen Astro­no­men Jean-Domi­ni­que Maral­di ent­deckt. Sei­ne Ent­de­ckung erfolg­te bei sei­ner Suche nach dem Kome­ten de Che­seaux von 1746. Er beschrieb ihn als ziem­li­chen hel­len Nebel­stern, der aus vie­len Ster­nen besteht. Maral­di ver­öf­fent­lich­te sei­ne Beob­ach­tung in den „Mémoi­res de l’A­ca­dé­mie“ des glei­chen Jah­res. Der fran­zö­si­sche Astro­nom Charles Mes­sier ent­deck­te M 15 am 3. Juni 1764 unab­hän­gig von Maral­di und beschrieb ihn als run­den Nebel ohne Ster­ne, zwi­schen dem Kopf des Pega­sus und dem Equue­leus. Im Gegen­satz zu Maral­di, konn­te Mes­sier den Hau­fen noch nicht in Ein­zel­ster­ne auf­lö­sen. Dies gelang erst dem deutsch-bri­ti­schen Astro­nom Wil­helm Her­schel, der ihn im Jahr 1783 in zahl­rei­che Ein­zel­ster­ne auf­lö­sen und damit sei­ne wah­re Natur offen­ba­ren konn­te. Als eines der berühm­te­ren Objek­te im Mes­sier-Kata­log, ist M 15 unter Hob­by­as­tro­no­men auch als „Gro­ßer Pega­sus­hau­fen“ bekannt.

Kompakter und heller Kugelsternhaufen

Mes­sier 15 ist mit einer schein­ba­ren Hel­lig­keit von 6,2 mag der zweit­hells­te kugel­för­mi­gen Stern­hau­fen des Nord­him­mels und kann bereits mit jedem Feld­ste­cher, knapp 4° nord­west­lich des Sterns Enif, auf­ge­fun­den wer­den. Er steht 33.900 Licht­jah­re von der Erde ent­fernt und besitzt einen schein­ba­ren Durch­mes­ser von 18 Bogen­mi­nu­ten, was einer tat­säch­li­chen Aus­deh­nung von rund 175 Licht­jah­ren ent­spricht. Sein Gezei­ten­ra­di­us beträgt sogar 210 Licht­jah­re und sei­ne Mas­se 450.000 Son­nen­mas­sen. Des Wei­te­ren ent­hält der Kugel­stern­hau­fen min­des­tens 100.000 Ster­ne. Die hells­te Mit­glie­der errei­chen eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 12,6 Magni­tu­den oder 1.000 Son­nen­leucht­kräf­te. Mit einer abso­lu­ten Hel­lig­keit von ‑9,2 Grö­ßen­klas­sen, zählt M 15 auch zu den größ­ten und mas­se­reichs­ten Kugel­stern­hau­fen unse­rer Milch­stra­ße. Die Zen­tral­re­gi­on ist nicht exakt rund, son­dern leicht elliptisch.

Messier 15
Mes­sier 15 im Stern­bild Pega­sus – Auf­nah­me von Bern­hard Hubl, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

M 15 umrun­det das Zen­trum unse­rer Gala­xis auf einer 40° gegen die Milch­stra­ßen­ebe­ne geneig­ten Bahn und kann sich bis zu 45.000 Licht­jah­re vom Zen­trum unse­rer Gala­xis ent­fer­nen. Für einen voll­stän­di­gen Umlauf benö­tigt der Kugel­hau­fen rund 250 Mil­lio­nen Jah­re. Mit einem Alter von 13,2 Mrd. Jah­re – sei­ne Mit­glieds­ster­ne wei­sen nur eine sehr gerin­ge Metal­li­zi­tät auf – gehört Mes­sier 15 zu den ältes­ten Objek­ten sei­ner Klas­se. Gleich­zei­tig ist Mes­sier 15 auch der kom­pak­tes­te Kugel­stern­hau­fen unse­rer Gala­xis (Kon­zen­tra­ti­ons­klas­se IV), der in der Ver­gan­gen­heit einen so genann­ten Kern­kol­laps erlit­ten hat. Kern­kol­lap­se sind in der dyna­mi­schen Ent­wick­lung von Kugel­hau­fen kei­ne Sel­ten­heit. Ins­ge­samt 21 der 157 bekann­ten Kugel­stern­hau­fen in der Milch­stra­ße – und mög­li­cher­wei­se 8 wei­te­re – haben einen Kern­kol­laps erlit­ten. Bei M 15 setz­te die­ser aber erst vor weni­gen Mil­lio­nen Jah­ren ein. Selbst das Hub­ble-Welt­raum­te­le­skop (HST) konn­te den ver­dich­te­ten Kern, bis auf 0,06 Licht­jah­re vom Zen­trum, kaum in Ein­zel­ster­ne auf­lö­sen. Im Kern­be­reich des Hau­fens drän­gen sich unglaub­lich vie­le Ster­ne auf engs­ten Raum. Im nur 22 Licht­jah­re gro­ßen inne­ren Bereich wer­den mehr als 30.000 Ster­ne vermutet.

Messier 15 (HST)
Mes­sier 15 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: NASA, ESA, CC BY 3.0, via Wiki­me­dia Commons

Um das 10 Licht­jah­re gro­ße Zen­trum von Mes­sier 15, der einen schein­ba­ren Durch­mes­ser von nur 1 Bogen­mi­nu­te auf­weist, ist unge­fähr die Hälf­te der Hau­fen­mas­se kon­zen­triert. Somit herrscht dort eine der höchs­ten Stern­dich­ten die wir im loka­len Uni­ver­sum ken­nen! Der mitt­le­re Abstand der Ster­ne beträgt im Zen­trum gera­de ein­mal die Ent­fer­nung zwi­schen der Son­ne und dem Zwerg­pla­ne­ten Plu­to. Das Zen­trum ent­hält ver­mut­lich ein mit­tel­schwe­res Schwar­zes Loch, mit bis zu 4.000 Son­nen­mas­sen. Das Rönt­gen­te­le­skop Uhu­ru und das Chandra X‑Ray-Obser­va­to­ri­um haben in Mes­sier 15 auch zwei hel­le Rönt­gen­quel­len ent­deckt mit der Bezeich­nung M15 X‑1 und M 15 X‑2. Die ers­te Quel­le ist auch die ers­te astro­no­mi­sche Rönt­gen­quel­le, die im Stern­bild Pega­sus gefun­den wurde.

Neutronensterne und ein planetarischer Nebel

Unter sei­nen zahl­rei­chen Mit­glieds­ster­nen sind min­des­tens 130 ver­än­der­li­che Ster­ne bekannt, dar­un­ter 47 RR-Lyrae Ster­ne, so genann­te Hau­fen­ver­än­der­li­che, zwei Cep­hei­den, davon einer vom W‑Vir­gi­nis-Typ, sowie zwei Zwerg­no­vae. Somit steht Mes­sier 15 auf Platz 3 der­je­ni­gen Kugel­hau­fen, mit den meis­ten Ver­än­der­li­chen. Die Ande­ren sind Ome­ga Cen­tau­ri (NGC 5139), im süd­li­chen Stern­bild Zen­taur, sowie Mes­sier 3 in den Jagd­hun­den. Auch 9 Pul­sa­re und ein Dop­pel­stern­sys­tems aus zwei Neu­tro­nen­ster­nen (PSR 2127+11C) wur­den ent­deckt. Die­se sind die Über­res­te alter Super­no­va­ex­plo­sio­nen vor vie­len Mil­li­ar­den Jah­ren, als der Hau­fen noch jung war. Das Neu­tro­nen­stern-Dop­pel­stern­sys­tem zeigt sogar die Aus­wir­kun­gen rela­ti­vis­ti­scher Effek­te in einem star­ken Gra­vi­ta­ti­ons­feld wie Peri­hel­dre­hung, Licht­ab­len­kung und Ener­gie­ver­lus­te durch Gravitationswellen.

Pease 1 (Detail)
Pease 1 – Cre­dit: Judy Schmidt, CC BY 2.0, via Wiki­me­dia Commons

Im Gegen­satz zu den meis­ten Kugel­stern­hau­fen unse­res Milch­stra­ßen­sys­tems, ent­hält Mes­sier 15 einen pla­ne­ta­ri­schen Nebel: Pease 1 oder PK 65–27.1 besitzt einen Durch­mes­ser von nur 3 Bogen­se­kun­de und eine Hel­lig­keit von 13,8 Magni­tu­den. Der Nebel wur­de im Jahr 1928 von dem ame­ri­ka­ni­schen Astro­no­men Fran­cis Glad­heim Pease auf einer Foto­plat­te des 100-Zoll Tele­skops auf dem Mount Wil­son ent­deckt. Auf­merk­sam mach­te ihm das unge­wöhn­li­che Erschei­nungs­bild die­ses „Sterns“. Pease 1 befin­det sich 1,5 Bogen­mi­nu­ten nord­öst­lich des Hau­fen­zen­trums. Der 0,6 Son­nen­mas­sen schwe­re, sehr hei­ße Zen­tral­stern besitzt eine Tem­pe­ra­tur von 40.000 Kel­vin und eine schein­ba­re Hel­lig­keit von rund 15,0 mag. Seit­dem wur­den nur 5 wei­te­re pla­ne­ta­ri­sche Nebel in Kugel­stern­hau­fen gefun­den, dar­un­ter in M 22, NGC 6441 und Palo­mar 6. Mes­sun­gen der Radi­al­ge­schwin­dig­keit des Nebels bestä­ti­gen eine Zuge­hö­rig­keit des pla­ne­ta­ri­schen Nebels zum Haufen.

Um Pease 1 visu­ell auf­zu­fin­den, benö­tigt man aber min­des­tens ein Tele­skop von 12 bis 14 Zoll Öff­nung, hohe Ver­grö­ße­run­gen, von min­des­tens 200-fach, einen O‑III-Fil­ter sowie sehr ruhi­ge Luft. Die Kennt­nis sei­ner genau­en Posi­ti­on ist eben­falls erfor­der­lich, weil sich der Nebel visu­ell kaum von den Hau­fen­ster­nen unter­schei­det. Schnel­les Wech­seln mit einem O‑III-Fil­ter hilft bei sei­ner Iden­ti­fi­zie­rung, weil der Fil­ter die Hel­lig­keit der Umge­bungs­ster­ne stark unterdrückt.

Beobachtung

Durch sei­ne Hel­lig­keit liegt Mes­sier 15 bereits an der Sicht­bar­keits­gren­ze für das blo­ße Auge vor­aus­ge­setzt, der Him­mel ist dafür dun­kel genug. Spä­tes­tens mit einem klei­nen Opern­glas oder einem 8x42 Feld­ste­cher soll­te rund 4,2° nord­west­lich von Epsi­lon Pega­si ent­fernt ein rund­li­cher Nebel­fleck sicht­bar sein. Die­ser befin­det sich inner­halb eines Drei­ecks aus Ster­nen der 7. bis 8 Grö­ße. Im 16x70 Fuji­non erscheint M 15 als hel­ler, run­der Nebel, mit einem deut­lich hel­le­rem Zen­trum. Selbst aus der Stadt her­aus und unter Mond­schein ist der Stern­hau­fen ein dank­ba­res Objekt. Mit 3 bis 4 Zoll Tele­s­ko­pöff­nung zei­gen sich die Rand­be­rei­che bereits kör­nig. Auf­fäl­lig ist hier auch der dich­te Zen­tral­be­reich, der zur Mit­te hin deut­lich an Hel­lig­keit zunimmt. Tele­sko­pe von 5 bis 6 Zoll Öff­nung und min­des­tens 100-fache Ver­grö­ße­rung zei­gen schon Dut­zen­de Mit­glieds­ster­ne der 12. Grö­ßen­klas­se, vor allem in den äuße­ren Regio­nen des Kugel­hau­fens. Um den dich­ten Zen­tral­be­reich her­um bleibt aber nach wie vor ein neb­li­ger Schim­mer von nicht auf­ge­lös­ten Ster­nen übrig. Ein 8 Zoll Tele­skop zeigt das kom­pak­te Zen­trum immer noch nicht auf­ge­löst. Immer­hin sind jetzt mehr als 100 Ein­zel­ster­ne sicht­bar, die sich aus dem Zen­trum her­aus, zu lan­gen Ket­ten, Stern­bö­gen, unter­bro­chen von dunk­len Bah­nen, anord­nen. Inter­es­sant ist eine dunk­ler Fleck neben einer los­ge­lös­ten Ket­te aus Ster­nen, am nord­öst­li­chen Rand des dich­ten Zen­tral­be­reichs. Ein enge­rer Bogen aus Ster­nen, öst­lich des Kerns, lässt den Zen­tral­be­reich ver­setzt und den Hau­fen leicht oval erschei­nen. Im All­ge­mei­nen bleibt der Umriss des Hau­fens aber eher unre­gel­mä­ßig. Selbst mit 10 bis 12 Zoll bleibt das inne­re Zen­trum des Hau­fens unauf­ge­löst. Aller­dings sind nun vie­le Ster­ne über die gesam­te Flä­che des Hau­fens erkenn­bar. Durch die gro­ße Anzahl an Ster­nen und der hohen Stern­dich­te nahe des Zen­trums, ergibt sich in unver­gess­li­cher nahe­zu drei­di­men­sio­na­ler Anblick.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für Mes­sier 15 – erstellt mit SkytechX

Mes­sier 15 ist am bes­ten in den Herbst­mo­na­ten zu beob­ach­ten, wenn das Stern­bild Pega­sus hoch am Him­mel steht. Der Kugel­hau­fen ist rela­tiv leicht in Sucher­te­le­sko­pen auf­find­bar, indem wir die Stre­cke zwi­schen Baham (The­ta Peg, 3,5 mag) und Enif (Epsi­lon Peg, 3,5 mag), die den Kopf des geflü­gel­ten Pfer­des bil­den, um unge­fähr die Hälf­te nach Nord­wes­ten ver­län­gern. M 15 liegt 3 ½ Grad west­lich und 2 ¼ Grad nörd­lich von Enif und nur 20 Bogen­mi­nu­ten west­lich eines auf­fäl­li­gen Sterns der 6. Grö­ßen­klas­se. Ein wei­te­rer Stern, mit 7,5 mag Hel­lig­keit, steht 5 Bogen­mi­nu­ten nörd­lich des Haufens.

Auf­such­kar­te Gro­ßer Pega­sus­hau­fen (Mes­sier 15) (95,4 KiB, 282 hits)

Steckbrief für Messier 15

Objekt­na­meMes­sier 15
Kata­log­be­zeich­nungNGC 7078, GCL 120
Eigen­na­meGro­ßer Pega­sus­hau­fen, Gre­at Clus­ter in Pegasus
TypKugel­stern­hau­fen, IV
Stern­bildPega­sus (Pega­sus)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)21h 29m 58,3s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)+12° 10′ 03″
V Hel­lig­keit6,3 mag
Flä­chen­hel­lig­keit11,0 mag
Win­kel­aus­deh­nung18,0′
Durch­mes­ser175 Licht­jah­re
Ent­fer­nung33.900 Licht­jah­re
Beschrei­bung!,vB,vL,iR,vsmbM,rrr,st vS; Stars mags 13…
Ent­de­ckerJean-Domi­ni­que Maral­di, 1746
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 13
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 41
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 1237–1238 (Vol III)
Pocket Sky Atlas: Chart 75
Sky Atlas 2000: Chart 16
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 83

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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