Am 11. November 2019 fand ein Merkurtransit statt, der auch von Mitteleuropa aus sichtbar war. Der Osten Deutschlands hatte an diesem Montag Nachmittag Glück mit dem Wetter. Denn fast überall konnte dort das Himmelsereignis bis zum Sonnenuntergang verfolgt werden. Der Westen der Republik kam nicht so gut weg. Entweder trübten Wolken die Beobachtung oder der Ort lag unter einer dichten Hochnebelsuppe. Ich hatte mich diesmal mit meinem Astrokumpel Horst Lindberg aus Lübben verabredet, bei dem ich schon zu DDR-Zeiten mit seinen selbst gebauten Fernrohren in die Sterne geguckt habe.
Als Beobachtungsinstrumente für den Merkurtransit dienten mein 70 mm f/10 Skylux Refraktor, ein 63 mm f/13 Refraktor mit Zeiss AS Optik sowie einen Selbstbau Refraktor von 80 mm Öffnung mit Zeiss-Optik, der sogar ein Öffnungsverhältnis von f/15 aufwies. Somit waren wir bestens gerüstete, das Himmelsereignis zu verfolgen. Rund eine Stunde vor dem 1. Kontakt, der um 13:35 Uhr MEZ stattfinden sollte, traf ich bei Hottie ein und sogleich bauten wir die Teleskope auf seinem Gartengrundstück auf. Leider konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht das größere Teleskop verwenden, weil eine Baumgruppe die Sonne verdeckte. Als Sonnenfilter für meinen Refraktor diente eine Selbstbau aus Baader Sonnenfolie. Mein Mitbeobachter setzte einen Original Zeiss-Filter ein, der im Gegensatz zum weißen Folienbild, ein hübsches oranges Sonnenbild zeigte.
Kurz nach 13:35 Uhr schob sich der Merkur vor die Sonnenscheibe, der 1. Kontakt fand statt, der in unseren Instrumenten nicht sichtbar war. Leider war das Seeing an diesem Nachmittag sehr schlecht. Der Sonnenrand war kaum scharf zu stellen und zeigte sich bei höherer Vergrößerung als ausgefranste Linie. Auch trübten einige hohe Wolkenfelder ab und zu mal das Bild. Knapp eine Minute nach dem 1. Kontakt war die kleine Einbuchtung des winzigen Merkurs am westlichen Rand der Sonne bereits erkennbar. In den ersten Minuten des Durchgangs bewegte sich Merkur deutlich vom Sonnenrand weg und vermittelte somit einen recht dynamischen Vorgang der unteren Konjunktion unseres äußeren Planeten. Auf der Sonnenscheibe selber war an diesem Tag kein einziger Sonnenfleck sichtbar. Die Minimum-Sonne präsentierte sich komplett fleckenfrei. Das winzige, nur 11 Bogensekunden große Merkurscheibchen wirkte dort wie eine Art Fremdkörper auf der nahezu makellos blank geputzten Sonnenscheibe. In der Zwischenzeit schaute auch mal der Nachbar vorbei und und konnte auch mal einen Blick riskieren.
Nachdem die Sonne weiter in Richtung Westen gewandert war, konnten wir endlich mit dem größeren Instrument der Sternwarte beobachten. Bei hoher Vergrößerung meinte ich sogar die Sonnengranulation zu erkennen. Und auch erste Bilder aus unserer Whatsapp-Gruppe trudelten langsam auf mein Handy ein. Kurz vor 15 Uhr verschwand die Sonne hinter der Scheune, so dass wir von unserem momentanen Standort aus nicht weiter beobachten konnten. Deshalb packte ich meine Ausrüstung schnell ins Auto und fuhren raus nach Treppendorf aufs Feld. Die Zufahrt zur kleinen Anhöhe westlich der Stadt war leider von einer Baustelle versperrt, so dass auf die schnelle eine Umleitung suchen musste. Einige hundert Meter entfernt fand ich endlich eine Stelle, wo ich den Hügel mit dem Fahrzeug hinauffahren konnte. Wir positionierten uns so, dass wir die Sonne noch lange Zeit verfolgen konnten.
Merkur hatte nach Transitbeginn schon fast den geringsten Abstand zum Sonnenmittelpunkt erreicht, als die ersten Blätter der entfernte Bäume im Okular meines Teleskops auftauchten. Ich schnappte mir das Teleskop und stellt es ca. 50 Meter weiter westlich auf, wo noch eine größere Lücke in den Bäumen zu sehen war. So konnten wir den Transit noch ein paar Minuten länger beobachten. Zwischendurch flogen auch einige Flugzeuge vor der Sonnenscheibe vorüber, was eine hübsche Abwechslung war. Die Sonne war zu diesem Zeitpunkt, aufgrund der dichteren Atmosphärenschichten in Horizontnähe, zu einer ovalen Scheibe verformt und stand nur noch gut 1,5 Grad hoch über dem Horizont. Kurz nach 16:15 Uhr verschwand die Sonne mit dem Merkur langsam hinter der entfernte Baumgruppe und die Abenddämmerung setzte ein.
Nachdem wir die Ausrüstung wieder ordentlich im Auto verstaut hatten und nach Hause zurückgekehrt waren, gönnten wir uns beide noch einige Folgen der Original-Serie Star Trek auf der großen Leinwand und bei einer heißen Tasse Tee. Das war auch dringend nötig, denn die Beobachtung des Merkurdurchgangs an diesem kalten Novembernachmittag hat schon etwas an den Knochen gezerrt.