Am frühen Abend des 15. Mai unternahmen wir eine kleine Farmrundfahrt. Die letzte Rundfahrt auf Tivoli vor vier Jahren ist uns noch gut in Erinnerung geblieben. Diese Rundfahrt sollte uns auf den Etosha-Nationalpark einstimmen. Im Gegensatz zu damals, wurde der Pickup mit drei Reihen von Sitzbänken auf der Ladefläche aufgerüstet. Das bedeutet auch für die Passagiere eine deutliche Steigerung des Komforts. Schließlich besteht jetzt nicht mehr die Gefahr, bei plötzlichen Bremsmanövern jemanden in die Hacken zu treten.
Zu Beginn machten wir einen kurzen Abstecher zu den Erdmännchen, die sich uns sogar zeigten. Beim letzten Mal kamen wir diese nicht zu Gesicht. Wir fuhren einen kleinen Umweg denn Reinhold wollte uns das Farm-Maskottchen vorstellen. Wir sollten nun Boki der Springbock kennenlernen, der von Familie Schreiber vor knapp 2 Jahren gefunden und aufgezogen wurde. Im Gegensatz zu anderen Böcken seiner Art, besitzt dieser zwei verkümmerte Hörner. Gerade diese Hörner verletzten Kirsten im letzten Jahr ziemlich schwer am Bein, als Boki sie plötzlich attackierte. Reinhold war zu diesem Zeitpunkt nicht auf der Farm. Reinholds Ehefrau hatte nach dieser unfreiwilligen Begegnung Glück im Unglück: Die Hörner verfehlten ihre Beinarterie nur um Haaresbreite. Sonst wäre die Sache wahrscheinlich nicht so glimpflich ausgegangen vor allem, wenn erst in 180 km Entfernung die nächste Notaufnahme zu finden ist. Trotz seiner Gewöhnung an den Menschen, ist der Springbock immer noch ein wildes Tier und dementsprechend unberechenbar, erklärte uns Reinhold. Der Springbock lief eine Zeit lang neben und hinter dem Fahrzeug her und vollführte diese Art von Sprüngen, die dem Tier den Namen gegeben haben. Für Außenstehende sehen diese Sprünge recht eigentümlich aus. Zeitweise dachte ich, dass Boki mit dem Fahrzeug kollidieren könnte, da er immer wieder den Fahrweg des Autos streifte und nur wenige Zentimeter von der Karosserie entfernt war. Wenigstens hatten wir die Gelegenheit, zahlreiche Fotos schießen. Als wir zum Gatter zurück fuhren und Boki wieder einsperren wollten, trafen wir auf eine größere Herde von Springböcken. Reinhold hoffte, dass sich Boki dieser anschließen würde. Ein fataler Irrtum, wie sich knapp 24h später herausstellen sollte.
Auf dem Weg zum Wasserloch sahen wir einen nur wenige Tage altes Blessbockkitz mit seiner Mutter. Das Problem war, dass beide von uns aufgeschreckt, von einem Zaun getrennt wurden. Das Kitz fand auch nicht den Durchgang zum anderen Gehege, so dass es in Panik geriet und herumlief. Irgendwann fand es dann den richtigen Durchgang und beide waren wieder vereint. Für uns bot sich die Gelegenheit, einen Jungbock mal aus nächster Nähe zu beobachten und zu fotografieren. Auf dem Weg zum Baumhaus trafen wir noch auf eine kleine Herde Oryxantilopen sowie auf eine Kudu Antilope, die uns interessiert beobachtete und keine Anstalten machte wegzulaufen. Alles in allem sahen wir die meisten Tiere in größerer Entfernung, so dass wir Schwierigkeiten hatten, diese zu fotografieren. Denn aufgrund des hohen Grases nach der für Namibia recht ungewöhnlichen Regenzeit im März und April diesen Jahres, stand das Gras noch sehr hoch und dicht. Wir konnten auch nicht einfach, wie damals, querfeldein fahren, sondern mussten überwiegend die Hauptwege nutzen. Die Gefahr, in irgendwelche Erdferkellöcher zu fahren und stecken zu bleiben, war zu groß. Die Tiere hielten deshalb immer ein etwas größeren Abstand zu uns und flüchten, sobald sie uns witterten. Am Baumhaus angekommen, genossen wir bei einem kühlen Bierchen den Sonnenuntergang und fuhren dann zurück auf die Astrofarm, wo das Abendessen mit gegrillten Blessbocksteaks auf uns wartete.