Am Abend des 27. März 2017 fuhr ich wieder raus an meinem angestammten Beobachtungsplatz nachn Radensdorf, um den Winterhimmel nun endgültig zu verabschieden und den Frühlingshimmel zu begrüßen. Am Himmel zeigte sich keine einzige Wolke und auch der Horizont war nahezu dunstfrei. Deshalb entschied ich mich dazu, mal wieder meinen 10 Zöller auszupacken und die Objekte diesmal per Starhopping anzufahren. An diesem Abend wollte ich mich ganz auf die visuelle Deep-Sky-Astronomie konzentrieren und ließ deshalb auch die Ausrüstung für die Astrofotografie zu Hause. Die Beobachtungsbedingungen vor Ort waren sehr gut. Mein SQM‑L zeigte zu Beginn 21,33 mag/arcsec² und kurz nach Mitternacht einen Wert von 21,51 mag/arcsec² an, was überdurchschnittliche gute Bedingungen versprach. Während des Aufbaus stand auch unser innerster Planet Merkur, in seiner besten Abendsichtbarkeit des Jahres, noch relativ hoch über dem Westhorizont.
Beobachtungsbeginn
Der Aufbau der Ausrüstung geht überraschenderweise relativ schnell von statten und ich halte mich nicht groß auf, die Montierung nach Datum und Uhrzeit einzunorden. Denn die Kochab-Methode sollte theoretisch für eine mehr oder weniger genaues Anfahren der Objekte reichen. So dauert die Einstellung auf den nördlichen Himmelspol gerade einmal 1 Minute. Rekord! Nachdem das Teleskop steht, ist auch schon die Dunkelheit über die Spreewaldlandschaft hereingebrochen. Die Wintermilchstraße steht noch halbhoch am Himmel und die Sternbilder des Frühlingshimmels befinden sich noch recht niedrig im Osten.
Das erste Objekt, was ich mit der LXD 55 anfahre, ist der Orionnebel M 42 & M 43, der mit dem 17 mm Hyperion – übrigens mein Lieblingsokular – einfach beeindruckend aussieht. Zahlreiche Nebelfilamente und Dunkelgebiete füllen das gesamte Gesichtsfeld aus. Ich kann mich einfach nicht satt sehen an diesem Objekt und bedauere es sehr, dass der Orionnebel nicht ganzjährig sichtbar ist. Auch der Running Man Nebula NGC 1977, oberhalb von M42 gelegen, sticht schon ins Auge. Die markante Dunkelwolke hebt sich am besten mit dem UHC-Filter vom Nebelhintergrund ab. Im selben Gesichtsfeld prangt dann noch der lockere und mit hellen Sternen durchsetzte Sternhaufen NGC 1981. Beim Blick in Richtung Westen vernehme ich einen schwachen Schimmer, der sich vom Westhorizont hinauf in Richtung Plejaden erstreckt: Das Zodiakallicht! Deshalb baue ich mein Stativ mit der Canon EOS 600D auf. Gleichzeitig kann ich mein daran montiertes 15 mm IRIX UWW-Objektiv zum 1. Mal am Crop testen. Drei Stimmungsbilder sind schnell im Kasten. Leider versäume ich es, die Kamera in Richtung Norden zu halten. Denn, in dieser Richtung ist der Himmel ziemlich aufgehellt. Wie ich später dann im Polarlicht-Forum erfuhr (am Standort selber hatte ich leider keinen Internet-Empfang für die Mailingliste), war just zu diesem Zeitpunkt ein Polarlicht sichtbar, dessen Streamer auch visuell erkennbar waren.
Der Vorteil einer motorischen Nachführung ist, dass das Objekt auch bei längerer Abwesenheit am Teleskop im Gesichtsfeld verbleibt. Und so tauche ich noch einmal in die Nebellandschaft des Orionnebels ein, der zu diesem Zeitpunkt nur noch 20 Grad über dem Horizont steht. Als nächstes Objekt nehme ich NGC 2024 aufs Korn, der sich unmittelbar südöstlich von Alnitak im Orion befindet. Mit UHC kann man schon sehr gut die dunkle Teilungen im Nebel erkennen, die auch auf Fotografien sichtbar sind. Allerdings bin ich doch ein wenig überrascht, dass das Objekt deutlich schwächer als auf Fotos erscheint, selbst mit Nebelfilter. Deutlich besser ist hingegen ist NGC 2023, direkt unterhalb des Pferdekopfnebels, zu erkennen. Den Pferdekopfnebel selber, so glaube ich jedenfalls, kann ich Blickweise sehen, obwohl die Sichtung sehr unsicher ist. An der Stelle, wo sich der Emissionsnebel IC 434 befindet, kann ich indirekt aber einen schwachen Nebelschimmer erkennen. Das nächste Objekt auf meiner Liste ist M 78 mit seinem Nachbarn NGC 2071. Vor allem M 78 sticht hier mit seiner dem Nebel in zwei Hälften teilenden Dunkelwolke regelrecht ins Auge. Dagegen ist der Nebelnachbar auch mit UHC nur ein kleiner, schwacher Nebelschimmer.
Als nächstes fahre ich den sehr großen Rosettennebel NGC 2246 im Sternbild Einhorn an, der mit dem 26 mm Okular das gesamte Gesichtsfeld einnimmt und tatsächlich wie eine Art Rosette erscheint. Im Zentrum des Nebels befindet sich eine Art Loch mit dem jungen Sternhaufen, der den Nebel zum Leuchten anregt. Die Nebelregion habe ich damals schon mit dem 8 Zöller ins Visier genommen, mit 10 Zoll Öffnung erscheint sie aber deutlich eindrucksvoller. Nordöstlich des Rosettennebels steht der Weihnachtsbaumsternhaufen NGC 2264, dessen Spitze allerdings auf dem Kopf steht. Visuell ist auch eine Art Nebel, wenigstens andeutungsweise, zu erahnen. Schnell geht es dann weiter entlang der Milchstraße in die nördlicheren Gefilde. Hier wartet der Eskimonebel mit der Katalognummer NGC 2329. Leider reicht mein 6 mm Okular nicht aus, um die Eskimohaube eindeutig zu erkennen. Und mit einer Brennweiten verlängernden 2x Barlowlinse komme ich leider nicht in den Fokus. Der winzige Zentralstern sticht aber schon mit geringer Vergrößerung, der mit dem reichen Sternenfeld in dieser Region schon von sich aus einen interessanten Anblick bietet, ins Auge.
Nun ist der Offene Sternhaufen M 35 in den Zwillingen an der Reihe, der mit dem 17 mm Hyperion schon fast das gesamte Gesichtsfeld einnimmt. Ein herrlicher Anblick. Auf über der Hälfte der Fläche des Vollmondes zeigen sich eine Menge fast gleich heller Sterne. Unmittelbar südwestlich des Haufens ist noch ein deutlich schwächerer kompakter Sternhaufen (NGC 2158) der mit 12.000 Lichtjahren Entfernung deutlich im Hintergrund liegt. Mit dem 9 mm Okular ist dieser schon in schwache Einzelsterne aufgelöst und zeigt eine annähernd dreieckige Struktur.
Zwei Kometen
Um den Kometen 41P/Tuttle-Giacobini-Kresak im Sternbilder Großer Bär – und damit fast in Zenitnähe – aufzufinden, fahre ich eine nahe Galaxie, die leider unsichtbar bleibt, mit dem Teleskop an und hangele mich dann via Starhopping zum Kometen weiter, der als ca. 7 mag heller diffuser und fast kreisrunder Lichtfleck schon im Sucher oberhalb einer Sternenkette erkennbar ist. Mit dem 17mm Hyperion ist der Komet ein leichtes Objekt und erscheint als eine 15–20 Bogenminuten große kreisrunde Wolke. Ein Schweifansatz ist nicht erkennbar, allerdings zeigt sich, dass sich die innere Koma von der diffusen deutlich abhebt. Da ich mich schon in der Gegend befinde, steuere ich zugleich die Whirlpool-Galaxie M 51 an. Mit dem 9 mm Okular ist schon deutlich eine Spiralstruktur erkennbar, die bei indirekter Methode schon direkt erscheint. Fantastisch!
In der Nähe eines 9,5 Sterns befindet sich die Galaxie 12,5 mag helle NGC 6155, die ich zum Aufsuchen des Kometen C/2015 V2 Johnson nutze. Allerdings ist vorher eine Neuinitialisierung der Go-To-Montierung erforderlich, da die LXD55 das fragliche Gebiet um mehrere Grad verfehlt. Die ovale Galaxie ist überraschend einfach zu erkennen und steht nur wenige Bogenminuten nordöstlich des besagten Sterns. Der Schweifstern selber steht nur wenige Grad südwestlich dieser Galaxie und ist ebenfalls schon im Sucher als ovaler Lichtfleck in der Nähe einer Dreiergruppe von Sternen zu erkennen. Die 5 Bogenminuten große Koma erscheint im 17 mm Hyperion Okular gut kondensiert mit hellerem Zentrum. Ein fast 10 Bogenminuten langer und relativ breiter Schweifansatz ist ebenfalls deutlich zu erkennen. Ich schätze die Helligkeit des Schweifsterns auf ca. 9,5 mag.
Nach diesem kurzen Ausflug ins Sonnensystem geht es weiter zur Galaxie NGC 4449 in den Jagdhunden, dass zufälligerweise auch mein Objekt des Monats für den April 2017 ist. Die Galaxie ist schon sehr leicht zu sehen und erscheint auf Fotos wie ein entfernter Zwilling der Großen Magellanschen Wolke. Mit dem 9 mm Okular kann man eine Art quadratförmig Zentrum erkennen und im oberen Teil der Galaxie, sind einige Verdichtungen und Knoten wahrnehmbar. In unmittelbarer Nähe von NGC 4449 befindet sich die 11 mag helle Galaxie NGC 4460 die spindelförmig erscheint. Das Zentrum ist leicht heller als die Galaxienscheibe. Kurz bevor ich gegen 1 Uhr morgens abbaue, kommen noch das Paradeobjekt M 81 & M 82 im Großen Bären an die Reihe, die im 10 Zöller eine Augenweide sind. Mit dem 9er Okular erscheint M 81 sehr hell mit hellem Zentrum und relativ ausgedehnt. M 82 zeigt in der Scheibe dagegen schon erste Strukturen in Form einzelner Knoten.