Selten lagen Genie und Wahnsinn näher beieinander als bei dieser Sonnenfinsternis. In den Tagen vor dem kosmischen Ereignis, schrieben sich schon diverse Journalisten die Finger wund, ob es eventuell zu einen Blackout, aufgrund der verminderten Sonneneinstrahlung, kommen wird? Es wurde regelrecht Panik verbreitet und das Thema füllte die Schlagzeilen der bekannten Gazetten. Und selbst als kritische Stimmen behaupteten, dass es kein Blackout geben wird, zitterte man der Sonnenfinsternis am 20. März 2015 entgegen. Das kommt einem doch irgendwie bekannt vor? Richtig, zur totalen Sonnenfinsternis am 11. August 1999 in Deutschland gab es ähnliche Panikmache in den Medien.
Plötzlich fielen den Mitmenschen ein, dass sie noch dringend eine Sonnenfinsternisbrille bräuchten, um das Ereignis gefahrlos zu beobachten. Schon sehr bald waren diese Brillen und Filterfolien bei diversen Händlern restlos vergriffen. Oder man hatte einfach versäumt, welche zu ordern. Schließlich ist eine Sonnenfinsternis ein seltenes Ereignis, worauf man auch mal eher hinweisen könnte. 😉 Einige zwielichtige Geschäftsleuten nutzten in kapitalistisch manischer Manier den Mangel aus und vertickten diese für astronomische Wucherpreisen von 200 bis 400 auf Ebay. Wer eine Ebay-Finsternisbrille ergattern konnte, war mit 30 bis 40 Euro schon gut bedient. Die Schlauen hatten sich schon vorher eine für 1,90 € bis 4,90 € bei den Händlern ihres Vertrauens besorgt.
Regelrecht den Vogel abgeschossen haben aber die Verantwortlichen, die den Lehrern und Erziehern die Anweisung gegeben haben, sich und ihre Kinder, während der Finsternis, sich im Klassenzimmer regelrecht zu verbarrikadieren, um die schädliche Auswirkung der Sonnenstrahlen während der Finsternis zu entfliehen. Zwar hat man ein gewisses Verständnis, die lieben Kinder und Schüler nicht zu gefährden. Allerdings gab es ja auch Alternativen im Internet zur sicheren Sonnenbeobachtung. Hier hat man es einfach versäumt, dem Nachwuchs ein faszinierendes Naturschauspiel näher zu bringen und ihnen eine Lehrstunde im Basteln einer Lochkamera zu erteilen. So versagten nicht nur die Leute, die den Schülern im Lehrplan eine gewisse naturwissenschaftliche Grundbildung vermitteln sollten, sondern auch wir Hobbyastronomen, allen voran aber die Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS), die in den Wochen vor der Finsternis mal mit der Schulleitung und diversen Bildungsträgern hätte reden und für die Finsternis mehr Werbung machen können.
Allerdings gab es auch positive Nachrichten zum Thema. Zahlreiche astronomische Vereine, Volkssternwarten und Planetarien führten öffentliche Beobachtungen durch und konnten sehr viele Besuchern begrüßen, die mal einen gefahrlosen Blick auf die Sonne riskieren wollten. Mein besonderer Dank gilt all den Hobbyastronomen, die sich auf öffentliche Plätze stellten und den vorbeigehenden Passanten die SoFi durch ihr Fernrohr zeigten. Dann hatte das Wetter wenigstens für die Menschen in der Mitte und im Süden Deutschlands ein Einsehen und schickte die Wolkenfront des Zwischentiefs etwas verspätet auf Reisen.
Auch die HTT-Südkurve verabredeten sich zur Finsternisbeobachtung in Finsterwalde.
Nach einem reichen Frühstück bei einem Bäcker in Finsterwalde, fuhren wir bei strahlenden Sonnenschein raus ins Gewerbegebiet und bauten dort unsere Instrumente auf. Gegen 9:38 Uhr kam es dann zum 1. Kontakt des Neumondes mit der Sonnenscheibe. Kurz Maximum der Finsternis bemerkten wir einen deutlichen Temperaturabfall, jedenfalls kam es uns so vor. Uwes Wetterstation zu Hause in Finsterwalde verzeichnete während der Finsternis eine Stagnation der Temperatur und des Taupunktes. Auch die Landschaft trübte sich ein und das Licht zeigte sich nahezu in einem bläulich-silbernen Grau. Erinnerungen an die Sonnenfinsternis 1999 kamen hoch, wo es ein ähnliches Licht vor der maximalen Bedeckung gab. Die Schatten, so viel uns auf, wurden bis zur maximalen Verfinsterung um 10:47 Uhr ebenfalls immer schärfer. Danach ging es subjektiv betrachtet relativ schnell, bis der Mond die Sonne kurz vor Mittag wieder verließ. Zwischendurch kamen auch einige Autofahrer vorbei, die aber leider nicht anhalten wollten, um sich das Naturschauspiel durch unsere Teleskope anzugucken. Schließlich hatten wir die verschiedensten Instrumente aufgebaut, die entweder mit einem Glassonnenfilter, Sonnenfilterfolie oder mit einem Herschelkeil ausgestattet waren. Durch drei H‑Alpha-Teleskope konnten wir das Geschehen auch im Licht des ionisierten Wasserstoffs betrachten und bemerkten zahlreiche Protuberanzen am Sonnenrand und Fackelgebiete auf der Sonnenscheibe.
Mein ganz persönlicher Wahnsinn zur SoFi war dann noch, als meine Kamera aus der Tasche fiel und nach 0,8 Meter Flug unsanft auf dem harten Betonboden aufschlug. Ich Genie hatte es leider versäumt, die Kamera in der Tasche mit dem Verschluss zu sichern. Die Canon EOS 600D hat den Sturz mehr oder weniger gut überstanden. Am Gehäuse des eingebauten Blitzes habe ich nun ein paar kräftige Schrammen, eine ziemlich deutliche Erinnerung an die Sonnenfinsternis 2015. Mein teures Tamron-Objektiv machte bei der Zoomfunktion anfangs einige Probleme, funktioniert jetzt aber wenigstens wieder. Das Ganze werde ich weiterhin beobachten und hoffe, das das Equipment doch keinen größeren Schaden davongetragen hat. 🙂
Fazit: Es grenzt an ein Wunder, dass alle Bürger die SoFi überlebt haben – am Ende auch meine Kamera. 😉 Zwar werden einige Augenärzte in der nächsten Zeit noch mehr Patienten als üblich haben, weil diese – der Warnung zum Trotz – entweder ungeschützt oder zu lange durch diverse Sonnenbrillen, Rettungsfolien und CDs die Sonne angestarrt hatten. Und auch der uns in den Medien versprochene Blackout blieben aus. Den Leuten des Bildungsministeriums sollte bei der Gelegenheit auch mal auf die Finger klopfen, was in den Schulen eigentlich gelehrt wird und ob der naturwissenschaftliche Unterricht eventuell zu kurz kommt. Das SoFi-Brillen-Sponsoring ganzer Klassensätze, wäre für die nächste verfinsterte Sonne auch mal eine Überlegung wert. Bleibt zu hoffen, dass die nächste von Deutschland aus sichtbare Sonnenfinsternis am 10. Juni 2021, mit einem Bedeckungsgrad von Knapp 25%, nur positive Meldungen und fernab der Panikmache in den Massenmedien generiert.
Weiterführende Links:
Sammlung von Links auf Daniel Fischers Blog zur Sofi – Skyweek 2.0
SPON – Artikel rund um die Sonnenfinsternis
Zwei sehr gute Artikel von Spektrum der Wissenschaft/Sterne & Weltraum zur Sonnenfinsternis 2015:
Chance genutzt – Chance vertan – Spektrum der Wissenschaft
http://www.spektrum.de/news/die-sonnenfinsternis-2015-chance-genutzt-chance-vertan/1339437
Meinung: Augen geschont – Bildung zerstört
http://www.spektrum.de/news/meinung-augen-geschont-bildung-zerstoert/1339488