Objekte des Monats: Der Kugelsternhaufen Messier 30

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Mes­sier 30 (NGC 7099) ist ein Kugel­stern­hau­fen im süd­li­chen Stern­bild Stein­bock (Capri­cor­nus). Das Objekt wur­de in der Nacht vom 3. auf den 4. August 1764 von dem fran­zö­si­schen Astro­no­men Charles Mes­sier in Paris beob­ach­tet und kata­lo­gi­siert. Mes­sier beschrieb ihn als schwie­rig zu beob­ach­ten­den run­den Nebel ohne Ster­ne. M 30 gehört zu den weni­gen Objek­ten in sei­nem berühm­ten Nebel­ka­ta­log, die von Mes­sier eigen­hän­dig ent­deckt wur­den. Der deutsch-bri­ti­sche Astro­nom Fried­rich Wil­helm Her­schel war der ers­te Beob­ach­ter, der den Stern­hau­fen im Jahr 1784 in sei­ne Ein­zel­ster­ne auf­lö­sen konn­te. Im 1880 erschie­nen New Gene­ral Cata­lo­gue von John L.E. Dey­er wird M 30 als hel­ler, gro­ßer und außer­or­dent­li­cher leicht ova­ler Kugel­hau­fen beschrie­ben. Im angel­säch­si­schen Sprach­raum wird der Hau­fen oft als „Jel­ly­fi­sh Clus­ter“ (Qual­len­hau­fen) bezeichnet.

Ein kompakter Kugelhaufen und frühes Mitglied einer Zwerggalaxie

Mes­sier 30 ist mit einer Hel­lig­keit von 7,7 mag und einer schein­ba­ren Aus­deh­nung von 12 Bogen­mi­nu­ten bereits in Fern­glä­sern und klei­nen Tele­sko­pen erkenn­bar. Der sehr metall­ar­me Kugel­stern­hau­fen befin­det sich nach neus­ten Erkennt­nis­se 27.140 Licht­jah­re von der Erde ent­fernt und besitzt eine Mas­se von 160.000 Son­nen­mas­sen. Sein Alter wird mit 12,93 Mil­li­ar­den Jah­re und sein wah­rer Durch­mes­ser mit knapp 93 Licht­jah­ren ange­ge­ben. Im Durch­schnitt ent­hält M 30 etwa 1/186 so viel „Metall“ pro Was­ser­stoff­ein­heit wie die Son­ne. Damit gehört Mes­sier 30 zu den größ­ten und ältes­ten Kugel­stern­hau­fen unse­rer Gala­xis. Die hells­ten Ster­ne des Hau­fens sind Rote Rie­sen und besit­zen schein­ba­re Hel­lig­keit von 12,1 mag. Bei sei­nem 160 Mil­lio­nen Jah­re dau­ern­den retro­gra­den Umlauf um das Galak­ti­sche Zen­trum, im inne­ren Bereich des Halos unse­rer Milch­stra­ße, kann sich der Kugel­stern­hau­fen die­sem bis auf 10.000 Licht­jah­re annä­hern und sich bis zu 25.000 Licht­jah­re vom Zen­trum ent­fer­nen. Wahr­schein­lich war der Kugel­stern­hau­fen in der Ver­gan­gen­heit ein Mit­glied einer Zwerg­ga­la­xie, die sich unse­re Milch­stra­ße ein­ver­leibt hat. Im Lau­fe der Zeit hat M 30 vie­le sei­ner Mit­glie­der an die Milch­stra­ße verloren.

Messier 30
Mes­sier 30 im Stein­bock – Auf­nah­me von Dani­el Ver­schat­se, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Unter­su­chun­gen bele­gen, dass der Kern von M 30 vor ein oder zwei Mil­li­ar­den Jah­ren einen Kern­kol­laps erlit­ten hat. Auch bei ande­ren Kugel­stern­hau­fen unse­rer Gala­xis ver­mu­tet man einen Kern­kol­laps wie bei Mes­sier 15 im Pega­sus und Mes­sier 70 im Schüt­zen sowie bei 18 wei­te­ren Kugel­hau­fen. Dabei wur­den die Mit­glieds­stern des Hau­fens in Rich­tung des Zen­trums geschleu­dert. Das hat­te zur Fol­ge, dass das Zen­trum jetzt deut­lich dich­ter und kom­pak­ter erscheint und eine Aus­deh­nung von nur noch 0,9 Licht­jah­ren auf­weist. Die Dich­te der Ster­ne im Zen­trum des Hau­fens beträgt das Mil­lio­nen­fa­che die der Son­nen­um­ge­bung. So ist es nicht ver­wun­der­lich, dass in sei­nem Kern­be­reich eine hohe Anzahl an „Blau­en Nach­züg­lern“ ent­deckt wur­den. Die­se Ster­ne ent­ste­hen wahr­schein­lich aus einer Ver­schmel­zung bzw. Mas­sen­ak­kre­ti­on zwei­er Ster­nen in einem engen Dop­pel­stern­sys­tem. In sei­ner 20 Bogen­se­kun­den gro­ßen Kern­re­gi­on machen das rund ein Vier­tel der Ster­ne aus. Aus die­sem Grund weist das Zen­trum auch eine unge­wöhn­lich blaue Far­be auf. Die hal­be Mas­se des Kugel­stern­hau­fens kon­zen­triert sich sogar auf ein kugel­för­mi­ges Gebiet mit einer Aus­deh­nung von nur 17,4 Licht­jah­ren. Dies macht ihn zu einer der Regio­nen mit der höchs­ten Dich­te in der Milchstraße.

Binärer Millisekundenpulsar

Der Stern­hau­fen besitzt einen gro­ßen Gezei­ten­ra­di­us. Das ist der Bereich, über den die Mit­glieds­ster­ne gra­vi­ta­tiv an den Kugel­stern­hau­fen gebun­den sind. Die­ser erstreckt sich über 18,3 Bogen­mi­nu­ten oder 139 Licht­jah­re im linea­ren Durch­mes­ser. Nur 12 ver­än­der­li­che Ster­ne wur­den in M 30 bis­her gefun­den, dar­un­ter eine Zwerg­no­va. Die meis­ten die­ser Ver­än­der­li­chen sind Rönt­gen­dop­pel­ster­ne. Auch zwei Mil­li­se­kun­den­pul­sa­re wur­den im Kugel­stern­hau­fen ent­deckt. Einer von die­sen Pul­sa­ren (PSR J2140-2311B oder M30B) wur­de im Jahr 2023 mit Hil­fe des Meer­KAT-Radio­te­le­skop in Süd­afri­ka wie­der­ent­deckt. Die­ser binä­re Mil­li­se­kun­den­pul­sar besitzt eine Puls­pe­ri­ode von nur 13 Mil­li­se­kun­den und umkreist sei­nen Beglei­ter auf einer stark exzen­tri­schen Umlauf­bahn, mit einer Peri­ode von 6,2 Tagen. Der Beglei­ter in die­sem 2,5 Son­nen­mas­sen schwe­ren Sys­tems könn­te ent­we­der ein mas­se­rei­cher Wei­ßer Zwerg oder ein Neu­tro­nen­stern sein. M30B ist wahr­schein­lich bei einer sekun­dä­ren Aus­tausch­be­geg­nung entstanden.

Mes­sier 30 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: ESA/Hubble, CC BY 4.0, via Wiki­me­dia Commons

Lei­der ist Mes­sier 30 für Beob­ach­ter der nörd­li­chen Hemi­sphä­re nicht leicht zu sehen. Denn auf­grund sei­ner Lage im süd­öst­li­chen Bereich des Stern­bilds Capri­cor­nus und sei­ner gerin­gen Dekli­na­ti­on von ‑23°, steigt Mes­sier 30 nie sehr hoch über dem mit­tel­eu­ro­päi­schen Hori­zont. Auf­grund sei­ner ungüns­ti­gen Posi­ti­on am Him­mel ist Mes­sier 30 auch das­je­ni­ge Objekt, das bei den so genann­ten „Mes­sier-Mara­thons“, in den mond­schein­lo­sen Näch­ten im März, von den Beob­ach­tern zumeist nicht beob­ach­tet wer­den kann.

Beobachtung

Mes­sier 30 besitzt eine gerin­ge­re Flä­chen­hel­lig­keit als die meis­ten der Mes­sier-Kugel­stern­hau­fen. Aller­dings ist er bereits mit einem 10x50 Fern­glas als 4 Bogen­mi­nu­ten gro­ßes, leicht läng­li­ches Nebel­chen direkt neben 41 Capri­cor­ni auf­find­bar. Im 2 bis 3‑Zöller zeigt sich der Stern­hau­fen nahe­zu rund, mit einem unschar­fen Rand und einem hel­le­ren Zen­tral­be­reich. Nur 7 Bogen­mi­nu­ten west­lich von M 30 steht ein Stern der 8. Grö­ßen­klas­se. Mit grö­ße­ren Tele­sko­pen ab 4 bis 6‑Zoll Öff­nung kön­nen schon indi­rekt ein­zel­ne Ster­ne in den Rand­be­rei­chen des Hau­fens auf­ge­löst wer­den. Das Kern­ge­biet erscheint bei 80-facher Ver­grö­ße­rung recht kom­pakt, deut­lich hel­ler und läng­lich sowie in Ost-West-Rich­tung leicht elon­giert. Ab 8 bis 10-Zoll Öff­nung und 120-facher Ver­grö­ße­rung erscheint der Halo recht groß. In den Rand­be­rei­chen des Hau­fens sind rund ein Dut­zend Ein­zel­ster­ne auf­ge­löst. Es erschei­nen zwei par­al­le­le Ster­nen­ket­ten, die bereits von Her­schel beschrie­ben wur­den. Eine ver­läuft vom Zen­trum aus­ge­hend nach Nor­den. Die Ande­re ver­läuft par­al­lel dazu und ver­fehlt das Zen­trum von M 30 nach Nord­wes­ten. Eine schwä­che­re Ster­nen­ket­te ver­läuft öst­lich des Zen­trums. Der Zen­tral­be­reich des Kugel­hau­fens bleibt eher klein und dif­fus, mit einem kör­ni­gen Hin­ter­grund nicht auf­ge­lös­ter Ster­ne. Der Kern erscheint klein und deut­lich kom­pri­miert. Mit zuneh­men­der Öff­nung jen­seits der 12-Zoll wird das Objekt immer ein­drucks­vol­ler und zeigt über­all ver­streu­te Ster­ne, Bögen, Schlei­fen und Sternenketten.

Aufsuchkarte Messier 30
Auf­such­kar­te für Mes­sier 30 – erstellt mit SkytechX

Der Stern­hau­fen steht nahe der Gren­ze zum Stern­bild Capri­cor­nus, in Rich­tung Piscis Aus­tri­nus und 3 1/3 Grad süd­öst­lich von Zeta Capri­cor­ni (3,8 mag). Um Mes­sier 30 auf­zu­fin­den, gehen wir zuerst von dem 2,9 mag hel­len Stern Deneb Algie­di (Del­ta Cap) aus. Die­ser steht an der öst­li­chen Sei­te des Stein­bocks. Der Stern bil­det eine Art Drei­eck mit den Ster­nen Gam­ma (3,7 mag) und Kap­pa Cap (4,7 mag). Ver­län­gern wir nun die Ver­bin­dungs­li­nie zwi­schen Gam­ma und Kap­pa um das Drei­fa­che in Rich­tung Süden, sto­ßen wir 4,5° süd­lich von Kap­pa auf 41 Cap, einem Stern der 5,2ten Grö­ßen­klas­se. Der Kugel­stern­hau­fen befin­det sich nur 23 Bogen­mi­nu­ten west­lich die­ses Sterns.

Auf­such­kar­te Mes­sier 30 (58,0 KiB, 190 hits)

Steckbrief für Messier 30

Objekt­na­meMes­sier 30
Kata­log­be­zeich­nungNGC 7099, GCL 122, ESO 531-SC21
Eigen­na­meJel­ly­fi­sh Cluster
TypKugel­stern­hau­fen, V
Stern­bildStein­bock (Capri­cor­nus)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)21h 40m 22,0s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)-23° 10′ 43″
V Hel­lig­keit6,9 mag
Flä­chen­hel­lig­keit11,0 mag
Win­kel­aus­deh­nung12,0′
Durch­mes­ser93 Licht­jah­re
Ent­fer­nung27.100 Licht­jah­re
Beschrei­bung!,B,L,lE,gpmbM,st 12…16; Wm. Her­schel saw very ellip­ti­cal shape
Ent­de­ckerCharles Mes­sier, 1764
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 13 & 19
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 65 & 77
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 1381–1382 (Vol III)
Pocket Sky Atlas: Chart 77
Sky Atlas 2000: Chart 23
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 143

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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