In der Nacht vom 29. auf den 30. Mai belichtete ich die interessanten Milchstraßenregionen im Sternbild Schütze und Skorpion. Diese Gebiete sind zwar schon von Deutschland aus sichtbar, befinden sich aber in den Sommermonaten zum Teil recht niedrig über dem Horizont. Nicht so in Namibia, wo die Sternbilder Schütze und Skorpion durch den Zenit gehen.
Die Antares & Rho Ophiuchi Nebelregion gehört zu den farbenprächtigsten und faszinierendsten Gebieten an unserem Himmel, das man schon mit relativ geringen Brennweiten sehr gut ablichten kann. Selbst ein 3 Minuten Single-Shot reicht aus, um zahlreiche Staub- und Gasnebel sichtbar zu machen. Der Wolkenkomplex, aus HII-Regionen, Dunkel- und Reflexionsnebel, befindet sich nur 430 Lichtjahre von der Erde entfernt. Der helle, gelbliche Stern auf dem Bild ist Antares, der Hauptstern des Sternbilds Skorpion, der in einem Reflexionsnebel (IC 4606) eingebettet ist. Antares ist ein Überriese mit der 10.000-fachen Leuchtkraft unserer Sonne und besitzt eine Masse von 15 bis 18 Sonnenmassen. Er ist das hellste und massereichste Mitglied der Scorpius-Centaurus-OB2-Assoziation, zu dem auch der auf dem Foto abgebildete Nebelkomplex gehört. In unmittelbarer Nachbarschaft zu Antares, aber mit mehr als 7.200 Lichtjahren weiter im Hintergrund, befindet sich noch der lockere Kugelsternhaufen Messier 4. Weitere auffällige Nebel sind der bläulich leuchtende Reflexionsnebel um Rho Ophiuchi (IC 6404) und die langgezogene auffällige Dunkelwolke Barnard 44. Die große und relativ schwach erscheinende HII-Region im unteren linken Bereich des Bildes trägt die Bezeichnung RCW 129. Der kleine rötliche Nebel, in der ein Stern (Sigma Scorpii) eingebettet ist, wird als Cederblad 130 bezeichnet.
Nachdem die 1. Belichtungsreihe abgeschlossen war, schwenkte ich die Kamera in Richtung der Region um den Omega- und Adlernebel (Messier 17 & Messier 16). Diese Milchstraßenregion, im Grenzgebiet der Sternbilder Schütze, Schild und Schlange, befindet sich innerhalb eines Gebietes mit viel interstellaren Staub. Der Adlernebel, mit dem darin eingebetteten Sternhaufen Messier 16, liegt ungefähr 7.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Das mittlere Alter der Sterne beträgt 800.000 Jahre, die jüngsten davon sind gerade einmal 50.000 Jahre alt. 1995 lichtete das Weltraumteleskop Hubble den Nebel ab. Die so genannten „Säulen der Schöpfung“, im Zentrum des Nebels gelegen, wurden auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt und gaben Einblicke in die Entstehungsprozesse der Sterne. Etwas westlich vom Adlernebel befindet sich noch der Omega- oder auch Schwanennebel. Schwanennebel ist meiner Meinung nach die treffendere Bezeichnung für diese Nebelregion, erscheint doch der hellste Nebelanteil wie ein auf dem See schwimmender Wasservogel. Diese Sternentstehungsregion befindet sich 6.000 Lichtjahre entfernt und besitzt einen Durchmesser von gut 15 Lichtjahren. Die große HII-Region links unterhalb vom Adlernebel ist Sharpless 54. Oben rechts ist die helle Sternwolke Messier 24 erkennbar. Die markante Dunkelwolke, die die Form eines Rochens besitzt, trägt die Bezeichnung Barnard 312.
Im Stachel und Schwanz des Sternbilds Skorpion befinden sich ebenfalls einige schöne Deep-Sky-Objekte. Leider befindet sich dieses Himmelsareal, von unseren Breiten aus gesehen, stets unter bzw. nahe am Horizont, so dass ein südlicher Standort von Vorteil ist. Das Ziel der Canon EOS 1000Da war deshalb der Katzenpfotennebel (NGC 6334), auch Bärenklauennebel genannt, im Stachel des Skorpions. Dieser Wasserstoffnebel wurde von John Herschel im Jahr 1837 am Kap der Guten Hoffnung in Südafrika entdeckt und befindet sich 5.500 Lichtjahre von der Erde entfernt. In unmittelbarer Nähe vom Katzenpfotennebel gelegen befindet sich noch die 8.000 Lichtjahre entfernte HII-Region NGC 6357. Im englischen Sprachraum ist dieser Nebel auch als War and Peace Nebula bekannt. Im Nebel befindet sich der junge Sternhaufen Pismis 24 indem sich ein Dreifachstern befindet. Alle Komponenten des Mehrfachsterns besitzen eine Masse von annähernd 100 Sonnenmassen! Die große HII-Region, am unteren Bildrand, ist Sharpless 12. Daneben ist der Schmetterlingshaufen Messier 6 erkennbar. Am rechten Bildrand, inmitten der Sternenwolken der Milchstraße gelegen, befindet sich noch der offene Sternhaufen Messier 7.
Ursprünglich hatte ich geplant, den großen Kugelsternhaufen Omega Centauri (NGC 5139) mit 135 mm Brennweite abzulichten, entschied mich aber dagegen und widmete mich zuerst der Antares und Rho Ophiuchi Nebelregion. Ich war der Meinung, dass der Kugelsternhaufen mit nur 135 mm Brennweite seine Wirkung nicht so richtig entfalten kann. Ein Irrtum, wie sich später herausstellen sollte. So nahm ich testweise nur ein 3 Minuten belichtetes Bild dieser Himmelsregion auf. Omega Centauri ist der hellste und beeindruckendste Kugelhaufen an unserem Himmel und bereits in jedem Fernglas in Einzelsterne aufgelöst. Selbst mit dem bloßem Auge erscheint das Objekt als heller rundlicher Nebelfleck. Er ist mit 150 Lichtjahren Durchmesser und 10 Millionen Mitgliedssternen der massereichste Kugelhaufen der Milchstraße und befindet sich ungefähr 17.300 Lichtjahre von der Erde entfernt. In scheinbar unmittelbarer Nachbarschaft zum Haufen befindet sich auch die helle elliptische Galaxie Centaurus A (NGC 5128), deren auffälliges Staubband selbst in kleinen Teleskopen zu erkennen ist und strukturiert erscheint. Diese Galaxie befindet sich 12 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt und ist gleichzeitig die fünfhellste Galaxie an unserem Himmel. Des Weiteren ist sie die nächstgelegen Radiogalaxie und die dritthellste Radioquelle. Wahrscheinlich ist Centaurus A vor ungefähr 100 Millionen Jahren mit einer Spiralgalaxie kollidiert und hat diese vollständig in sich aufgenommen. Am linken unteren Bildrand steht die ebenfalls helle Galaxie NGC 4945. Alle drei vorgestellten Objekte sind Highlights des Südhimmels. So ist es auch kein Wunder, dass wir das Trio nahezu in jeder Nacht beobachtet haben.
Aufnahmedaten: Canon EOS 1000Da, Zeiss Sonnar 135/4, bei f/4.8, ISO-1600, 38, 37, bzw. 32 x 3 Min.