Beobachtungsbericht und First Light der neuen AstroTrac

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Seit weni­gen Wochen bin ich stol­zer Besit­zer einer Astro­Trac TT320X-AG. In der Nacht vom 17. auf den 18. August 2012 habe ich den kla­ren Him­mel genutzt, um die Nach­führ­platt­form end­lich aus­zu­pro­bie­ren und mit mei­ner umge­bau­ten Canon EOS 1000D auf die inter­es­san­ten Nebel­ge­bie­te in der Nähe von Deneb im Schwan zu hal­ten. Um die Zeit für die Belich­tung sinn­voll zu über­brü­cken, beob­ach­te­te ich noch mit mei­nem Fuji­non 10x70 Fern­glas eini­ge hel­le­re Deep-Sky-Objek­te des Som­mer- und Herbsthimmels.

Astro­Trac und Canon EOS 1000Da mit Kitobjektiv

Der Abend beginnt mit einem Schock­mo­ment, als ich gegen 21 Uhr am Beob­ach­tungs­ort in Raden­s­dorf ein­tref­fe: Ein Land­wirt fährt mit sei­ner hell erleuch­te­ten Ern­te­ma­schi­ne her­um, so dass ich womög­lich gezwun­gen bin, einen Aus­weich­platz zu suchen. Ich fah­re wei­ter in das Bio­sphä­ren­re­ser­vat hin­ein und fin­de auf die Schnel­le aber kei­nen geeig­ne­ten, so dass ich frus­triert wie­der zum Aus­gangs­punkt zurück­keh­re. Glück­li­cher­wei­se ist der Land­wirt in der Zwi­schen­zeit mit sei­nem Mäh­dre­scher ver­schwun­den, so dass ich hier doch noch in aller Ruhe auf­bau­en kann. Plötz­lich biegt ein ein Fahr­zeug auf den Feld­weg hin­ter mir ein und kommt direkt auf mich zu. Der Fah­rer fragt mich was ich hier über­haupt mache. Als ich ihm erklä­re, dass ich den Him­mel beob­ach­ten und Stern­fel­der belich­ten möch­te, schüt­telt er ungläu­big den Kopf und kom­men­tiert mein Vor­ha­ben etwas lapi­dar „mit die­ser Aus­rüs­tung?“. Er fährt wei­ter ohne sich wei­ter um mich zu küm­mern. Von sei­ner Bemer­kung unbe­ein­druckt stel­le ich das Tri­ton Sta­tiv in Waa­ge und klem­me anschlie­ßend die Astro­Trac auf den Nei­ge­kopf. Die wei­te­re Aus­rich­tung auf den Him­mels­nord­pol mit Hil­fe des Pol­su­chers gestal­te­te sich über­ra­schend ein­fach. Aller­dings stel­le ich fest, dass die Pol­su­cher­be­leuch­tung selbst in der gerings­ten Ein­stel­lung etwas zu hell ist, um den 2. und 3. Mar­kie­rungs­stern zu fin­den. Nach 10 Minu­ten steht aber das Equip­ment bereit, den Lauf der Gestir­ne zu fol­gen. Lei­der ist der Him­mel noch nicht ganz dun­kel, so dass ich erst mal eini­ge Pro­be­auf­nah­men schie­ße um zu über­prü­fen, ob das Teil über­haupt ver­nünf­tig nach­führt. Ich belich­te also die ers­ten 5 Minu­ten und stel­le fest, dass ich Strichspu­ren auf dem Kame­ra­bild­schirm habe. Komisch, aber schnell fin­de ich den Feh­ler: Ich habe ver­ges­sen, auf den Knopf zu drü­cken, um die Nach­füh­rung zu akti­vie­ren. Nach wei­te­ren 5 Minu­ten zeigt die Auf­nah­me schön run­de Ster­ne. Die Nach­füh­rung funk­tio­niert also tadel­los. Ich bli­cke in Rich­tung Wes­ten und sehe einen hel­len Punkt der schnell auf mich zukommt. Es muss die ISS sein, die zenit­nah dicht an Wega in der Lei­er vor­bei­zieht und danach im Osten im Erd­schat­ten ver­schwin­det. Die Raum­sta­ti­on wer­de ich in 90 Minu­ten noch ein­mal sehen.

Bis es rich­tig dun­kel gewor­den ist, ver­su­che ich den pas­sen­den Him­mels­aus­schnitt für mei­ne ers­te Auf­nah­me zu fin­den. Und pünkt­lich zum Ende der astro­no­mi­schen Däm­me­rung begin­ne ich die Belich­tungs­se­rie. Ich habe vor, so vie­le Bil­der wie mög­lich auf die Spei­cher­kar­te zu ban­nen und set­ze Mit­ter­nacht als obe­re Gren­ze für die maxi­ma­le Belich­tungs­zeit der Auf­nah­men. Ich stel­le den Timer auf 3 Minu­ten pro Bild ein. Die Kame­ra blickt inzwi­schen in Rich­tung der Cyg­nus-Regi­on mit dem Nord­ame­ri­ka- und Pelikannebel.

cyg_ngc7000

Die Umge­bung des Nord­ame­ri­ka­ne­bels NGC 7000 im Stern­bild Schwan

Um die nächs­ten 1 ½ Stun­den tot zu schla­gen, mon­tie­re ich das Fuji­non Fern­glas auf mein zwei­tes Tri­ton Sta­tiv und stel­le zuerst den Andro­me­da­ne­bel M 31 ein. Der­wei­len macht die Kame­ra mun­ter Auf­nah­men. Die Gala­xie ist inklu­si­ve ihrer Nach­barn M 32 und M 110 schön im Gesichts­feld erkenn­bar. Über­ra­schend ist, dass die Gala­xie, mit ihrem hel­len und flä­chi­gen Zen­trum, sehr aus­ge­dehnt erscheint und nahe­zu 1/3 des Gesichts­fel­des ein­nimmt. Die bei­den Beglei­ter ste­chen der­wei­len nur als klei­ne, aber trotz­dem deut­lich sicht­ba­re Fle­cken her­vor – wirk­lich ein fan­tas­ti­scher Anblick. Danach schwen­ke ich auf den Drecks­ne­bel M 33, der nur als ova­ler Licht­fleck im Fern­glas erscheint aber trotz­dem über­ra­schend hell ist. Wei­te­re Details sind in die­ser Gala­xie nicht zu erken­nen. Wei­ter geht’s zu NGC 752, einem gro­ßen und rela­tiv aus­ge­dehn­ten Stern­hau­fen in der Andro­me­da. Der Stern­hau­fen ist rich­tig gehend prä­de­sti­niert für das Fern­glas. Sein Zen­trum erscheint etwas dich­ter. Am süd­west­li­chen Ende des Hau­fen ste­chen zwei oran­ge Ster­ne glei­cher Hel­lig­keit her­vor. Han­delt es sich dabei um einen opti­schen oder phy­si­schen Dop­pel­stern? Im Per­seus befin­det sich mit M 34 das nächs­te Mes­sier-Objekt. Es erscheint leicht recht­eckig und deut­lich klei­ner als NGC 752 und ist eben­falls schon in vie­le hel­le Ein­zel­ster­ne aufgelöst.

Nun schwen­ke ich auf den berühm­ten Dop­pel­stern­hau­fen h und Chi im Per­seus. Ein herr­li­cher Anblick bie­tet sich mir. Vie­le hel­le Ster­ne unter­schied­li­cher Far­ben sind sicht­bar, davon sehr vie­le Dop­pel­ster­ne. Nord­öst­lich des Dop­pel­stern­hau­fens befin­det sich mit Stock 2 ein wei­te­rer offe­ner und sehr aus­ge­dehn­ter Stern­hau­fen, der im Volks­mund auch als „Mus­kel­männ­chen“ bekannt ist. Der Grund dafür sind lan­ge Stern­ket­ten, die in Form einer Per­son mit nach oben ange­win­kel­ten Armen ange­ord­net sind. Wei­ter geht’s in Rich­tung Süd­os­ten mit Bar­nard 143 im Stern­bild Adler: Die­se Dun­kel­wol­ke in der Nähe von Ata­ir ist sehr auf­fäl­lig im Fern­glas und erscheint in Form des Buch­sta­ben „E“.

Ich unter­bre­che die Belich­tung, weil von der Stra­ße her ein Auto mit Auf­blend­licht auf mich zukommt. Gleich­zei­tig über­fliegt ein Flug­zeug genau die Stel­le, wo sich der Nord­ame­ri­ka­ne­bel befin­det. Beim ers­ten durch­schau­en der auf­ge­nom­me­nen Bil­der ent­de­cke ich zahl­rei­che Satel­li­ten­spu­ren. In hal­ber Höhe im Osten zischt plötz­lich eine hel­le Stern­schnup­pe der 0. Grö­ßen­klas­se par­al­lel zum Hori­zont über den Him­mel. Sie stammt aus Rich­tung des Stern­bilds Per­seus und muss ein Nach­züg­ler des Per­sei­den-Mete­or­stroms gewe­sen sein. Ich stel­le aber­mals den Timer auf 20 Bil­der ein und set­ze die Belich­tungs­se­rie fort. In Rich­tung West kommt aber­mals ein Punkt auf mich zu, der aber schnell schwä­cher wird. Ich schwen­ke das Fenrglas in die­se Rich­tung und kann noch erken­nen, wie die ISS immer schwä­cher wird und im Erd­schat­ten verschwindet.

Nach­dem ich die Dun­kel­wol­ke im Adler wun­der­bar erken­nen konn­te, schwen­ke ich in Rich­tung Zenit auf den Schwan und muss mir fast den Hals ver­ren­ken. Ich Stel­le Bar­nard 143 ein, eine wei­te­rer Dun­kel­ne­bel, der wie ein schwar­zer Strich inmit­ten der Milch­stra­ße erscheint. An sei­nem Ende befin­det sich der Kokon­ne­bel, den ich aber auf­grund der unbe­que­men Posi­ti­on nicht erken­nen kann.

Als ich dabei bin, M 13 im Her­ku­les zu beob­ach­ten, kommt mir wie­der ein Auto ent­ge­gen, dies­mal aus der ande­ren Rich­tung. Glück­li­cher­wei­se blen­det die­ser recht­zei­tig ab, bevor er mich erreicht. Mit dem Blick zum Him­mel erken­ne ich, dass sich die Durch­sicht etwas ver­schlech­tert hat. Mein SQM‑L regis­triert 0,15 mag/arcsec² schlech­te­re Wer­te als noch zu Beginn der Beob­ach­tung. Es muss sich dabei um hohe Zir­ren han­deln, die mitt­ler­wei­le den Him­mels­hin­ter­grund etwas auf­hel­len. Auch der Him­mel in Rich­tung Hori­zont erscheint deut­lich hel­ler als die Zenit­re­gi­on, so dass ich lei­der kei­ne Chan­ce sehe, den Helix­ne­bel im Was­ser­mann zu beobachten.

Es ist nun kurz vor Mit­ter­nacht, so dass ich zum Abschluss das Fern­glas in Rich­tung Stern­bild Gro­ßer Bär hal­te. Die Whirl­pool­ga­la­xie M 51 steht schon recht nied­rig, so dass sie im Fuji­non nur wie ein schwa­cher Licht­fleck erscheint. Deut­lich bes­ser ist das Gala­xien­duo M 81 und M 82 erkenn­bar, die noch etwas höher über dem Nord­ho­ri­zont ste­hen. Als letz­tes Objekt stel­le ich die Ple­ja­den im Stier ein, die mitt­ler­wei­le im Osten auf­ge­gan­gen sind und vom nahen­den Herbst künden.

Kurz nach Mit­ter­nacht stop­pe ich die Belich­tung. Ins­ge­samt sind in 1 ½ Stun­den 26 Auf­nah­men zusam­men­ge­kom­men. Ich mon­tie­re die Kame­ra ab und lege sie für eine wei­te­re hal­be Stun­de für Auf­nah­me von Dun­kel­bil­dern in mein Auto. Neben­bei ver­staue ich die Aus­rüs­tung wie­der im Kof­fer­raum. Vor­her mes­se ich noch mit SQM‑L die Hel­lig­keit des Him­mels­hin­ter­grunds in Rich­tung des Stern­bilds Klei­ner Bär. Das Gerät zeigt für die­sen Stand­ort einen recht unter­durch­schnitt­li­chen Wert von 21.10 mag/arcsec² an. Im Früh­jahr konn­te deut­lich bes­se­re Wer­te erzielt wer­den. Im Gegen­satz zum Früh­jahr war es die gan­ze Nacht über tro­cken, so dass ich kei­ner­lei Pro­ble­me mit Tau hatte.

Die nächs­te Beob­ach­tungs­nacht wird wohl erst wie­der zum 13. HTT Mit­te Sep­tem­ber statt­fin­den. Dies­mal wer­de ich nicht allein son­dern mit meh­re­ren 100 Gleich­ge­sinn­ten unter einem hof­fent­lich kla­ren Him­mel beobachten.

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

Ein Kommentar:

  1. Schö­ner Bericht, da bekom­me ich direkt auch Lust, mir so eine AstroT­rec zuzulegen 🙂

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