Die Woche vom 9. bis zum 15. November steht ganz im Zeichen der Schulastronomie, mit der Absicht, besonders in Schulen das Interesse an der Astronomie zu wecken. In der Regel wird dort Astronomie nur beiläufig im Physikunterricht behandelt – wenn denn überhaupt. Mit gutem Beispiel gehen schon drei ostdeutsche Bundesländern wie Sachsen Anhalt, Thüringen und Mecklenburg Vorpommern voran, die Astronomie als eigenständiges Pflichtfach in ihrem Lehrplan haben – und das seit 1957. Im Gegenzug wurde im Jahr 2007 der Unterricht in Sachsen leider abgeschafft.
Pünktlich zur Projektwoche der Schulastronomie, die im Rahmen des Internationalen Jahres der Astronomie (IYA 2009) abgehalten wird, gab es dann am 13. November auch einen Offenen Brief und die Forderung an die Vertreter in der Politik, den Astronomieunterricht bundesweit einzuführen. Auch viele bekannte Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Forschung haben diesen Brief unterzeichnet. Das Thema wurde am Freitag auch im Internet und anderen Medien, astronomischen Blogs sowie im Astrotreff-Forum publik gemacht und diskutiert.
In meiner Schule gab es Astronomie als Wahlpflichtfach in der Sekundarstufe I. Leider konnte ich damals den Unterricht nicht besuchen, da ich eine weitere Fremdsprache für die Abiturstufe benötigte (ich bin Abijahrgang ’99). Davor hatte ich aber schon Naturwissenschaft als Wahlpflichtfach belegt, wo das Thema Astronomie einige Male behandelt wurde. So konnten wir wenigstens einige wenige Grundkenntnisse erlangen. Dieser Unterricht war dann auch ein Anlass, mich näher mit Astronomie als Hobby zu beschäftigen.
„Wissen, was die Welt zusammenhält“
Auch ich unterstütze diese Forderung der Initiatoren, weil mit dem Astronomieunterricht ein wunderbares Mittel geschaffen wird, sich mit unserer Welt als Ganzes zu beschäftigen und mal über den Tellerrand zu schauen. Nicht ohne Grund gilt die Astronomie als älteste Wissenschaft der Menschheit, die auch verschiedene Teildisziplinen wie Mathematik, Physik, Chemie, Biologie, Archäologie, Geschichte, Philosophie, Kultur und Technik in sich vereinigt. Aber wie soll ein gewinnbringender Unterricht aussehen, um das Thema für die Schülerinnen und Schüler interessant zu gestalten?
Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass es sicherlich ein Fehler wäre, den Stoff von einer unmotivierten Lehrkraft vermitteln zu lassen, die von der Thematik unter Umständen keine Ahnung hat und den Lehrstoff staubtrocken runterbetet. Um den Unterricht interessant zu gestalten und praxisnah zu vermitteln könnte man deshalb die engere Zusammenarbeit mit Vereinen und wissenschaftlichen Institutionen suchen. Auch moderne Medien, wie das Internet, können ein wertvolles Mittel sein, um den Stoff weiter und vor allem anschaulicher zu vertiefen. Wichtig wäre natürlich auch die Einbeziehung der Praxis in Form von eigenen Beobachtungsprojekten und Exkursionen zu astronomischen Stätten und Sehenswürdigkeiten. Durch diese Art von interdisziplinärer naturwissenschaftlicher Wissensvermittlung kann unter Umständen auch der neuerdings wieder gestärkte Aberglaube und andere esoterische bzw. pseudowissenschaftliche Strömungen – wie zum Beispiel die berühmt berüchtigte Mondlandelüge, 2012 Weltuntergangsphantasien und die Astrologie – ad absurdum geführt werden.
Für abwegig halte ich allerdings die Meinung von einigen Theoretikern die fordern, dass unsere Schüler nicht mit noch mehr „unnützen Kram“ belastet werden sollen, weil das Fach angeblich keinen praktischen (sprich wirtschaftlichen) Nutzen hat und es viel wichtiger sei, die Kinder und Jugendlichen für die zukünftigen Arbeitgeber zu „drillen“. Schließlich dient die Schule immer noch zur Bildung (sprich die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und Werte) sowie der Persönlichkeitsentwicklung unserer jungen Generation.
Auch wenn Astronomie nicht als Pflichtfach eingeführt wird, sollte es meiner Meinung nach mindestens als Wahlpflichtfach in den Schulen angeboten werden. Auf Grund notorisch leerer Kassen, dem allgemeinen Lehrkräftemangel und wirtschaftlicher Interessen, sehe ich allerdings kaum Aussichten auf Erfolg. Denn die astronomische Ausstattung der Schulen mit Teleskopen und Arbeitsmaterialien wäre hier sicherlich die kleinste Hürde wenn man bedenkt, dass jede Polytechnische Oberschule in der ehemaligen DDR einen Zeiss Telementor in ihrem Fundus hatte. 😀
Weitere Informationen zum Thema gibt es auch auf der Webseite von ProAstro-Sachsen. Ganz interessant ist es auch mal, sich die Kommentare zu den einzelnen Artikeln durchzulesen. 🙂
Weitere Artikel zum Thema:
Einsteins Kosmos – Schul-Lehrpläne und Astronomie
Einsteins Kosmos – Moderne Bildung mit einem Schulfach Astronomie
Uhura Uraniae – 275 Unterschriften für „Astronomie in die Schulen“
Astrodicticum Simplex – Warum die Astronomie in drei Bundesländern…
Lichtecho – Astronomieunterricht für alle
SZ – Klassenzimmer mit Blick auf die Sterne
heise.de – Für ein Pflichtfach Astronomie an den Schulen
Spektrum.de – Astronomie bundesweit als Schulfach?
Wisseschaft.de – Wissenschaftler und Lehrer fordern: Astronomie in die Schule!
Astronews.com – IAU fordert Astronomie als Schulfach
heute.de – Sternkunde in die Schule
Beim Betrachten der illustren Liste der unterzeichnenden Organisationen (wie auch immer diese „Unterschriften“ im Einzelnen zustande kamen; beim Rat deutscher Planetarien z.B. soll es nur eine knappe Mehrheit gegeben haben) fällt vor allem auf, wer da nicht steht: die beiden wichtigsten astronomischen Organisationen des Landes, die Astronomische Gesellschaft und der Rat deutscher Sternwarten!
Auf Nachfrage erklärte mir ein Vorstandsmitglied der ersteren, man halte die Forderungen des Offenen Briefes unisono für völlig utopisch und sogar für schädlich, da die Einführung eines zusätzlichen Schulfaches v.a. in den alten Ländern absolut unmöglich sei. Stattdessen setzen AG und RdS auf subtilere Wege, wie einer gemeinsamen Erklärung von diesem Januar zu entnehmen ist.
Im Prinzip wollen die AG und der RdS das gleiche mit dem Unterschied, dass sie kein eigenständiges Schulfach etablieren wollen. Da frage ich mich aber: Warum eigentlich nicht?
Die Einführung der Astronomie als Pflichtfach, besonders in den alten Bundesländern, halte ich aber ebenfalls für recht unwahrscheinlich wenn man bedenkt, dass dieser Unterricht Bestandteil des Lehrplans in der ehemaligen DDR war. Und das kann ja per Definition nur schlecht oder in diesem Fall schädlich sein. 😉
Astronomie als Wahlpflichtfach anzubieten, halte ich aber immer noch für eine gute Idee. Meiner Meinung nach ist das auf jeden Fall sinnvoller, als zum Beispiel Religion an unseren Schulen zu lehren.
Astronomie wird leider nach wie vor recht stiefmütterlich im Physikunterricht behandelt. In meinem Fall wurde es überhaupt nicht angerissen, obwohl ein großes Kapitel zum Thema im Physik-Lehrbuch der Sek II vorhanden war. Ich kann mir aber vorstellen, dass Astronomie bei den Schülern auf Interesse stoßen wird, besonders wenn praktische Elemente und moderne Medien in den Unterricht mit einfließen.