Objekte des Monats: Die Galaxie Messier 49

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Mes­sier 49 (NGC 4472) ist eine ellip­ti­sche Gala­xie im Stern­bild Jung­frau (Vir­go). Sie wur­de am 19. Febru­ar 1771 von dem fran­zö­si­schen Astro­no­men Charles Mes­sier ent­deckt, als er in die­ser Nacht einen Kome­ten beob­ach­te­te. In der­sel­ben Nacht ent­deck­te er auch die drei offe­nen Stern­hau­fen M 46, M 47 und M 48. Er beschrieb das Objekt als Nebel in der Nähe von Rho Vir­gi­nis, der nur schwach mit dem Tele­skop zu erken­nen sei. M 49 wur­de am 22. April 1779 von dem Ita­lie­ner Bar­na­bas Oria­ni unab­hän­gig wie­der­ent­deckt, so dass ihm lan­ge Zeit die Ent­de­ckung von M 49 zuge­schrie­ben wur­de. Dar­über hin­aus ist Mes­sier 49 ist erst die zwei­te Gala­xie außer­halb unse­rer Loka­len Grup­pe und die ers­te Gala­xie des Vir­go­hau­fens, die ent­deckt wur­de. Die Ers­te war die „Süd­li­che Feu­er­rad­ga­la­xie“ (Mes­sier 83) in der Was­ser­schlan­ge (Hydra) im Jah­re 1752 durch den fran­zö­si­schen Astro­no­men Nico­las-Lou­is de Lacail­le. Der ame­ri­ka­ni­sche Astro­nom Hal­ton Arp nahm die Gala­xie, zusam­men mit der irre­gu­lä­ren Gala­xie UGC 7636, als Num­mer 134 in sei­nen Kata­log „Atlas of Pecu­li­ar Gala­xies“ auf. Er ord­ne­te sie der Klas­se „Ellip­ti­sche Gala­xien mit nahen Frag­men­ten“ zu.

Das hellste Mitglied des Virgo-Galaxienhaufens

Mes­sier 49 ist ein Mit­glied des 55,9 Mil­lio­nen Jah­re ent­fern­ten Vir­go-Gala­xien­hau­fens. Gleich­zei­tig ist sie die Haupt­ga­la­xie des Vir­go B Sub­clus­ters, der sich 4,5 Grad süd­lich des Zen­trums befin­det. Sie steht 4,4 Mil­lio­nen Licht­jah­re vom eigent­li­chen Zen­trum des Vir­go­hau­fens ent­fernt. Dort befin­det sich die mas­se­reichs­te Gala­xie des Hau­fens, die ellip­ti­sche Gala­xie Mes­sier 87. M 49 ist wie Mes­sier 60 und Mes­sier 87 eine ellip­ti­sche Rie­sen­ga­la­xie vom Hub­ble-Typ E2/S0. Sie hat eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 8,3 mag und eine Win­kel­aus­deh­nung von 10,2 x 8,3 Bogen­mi­nu­ten. Dies ent­spricht einer abso­lu­ten Hel­lig­keit von ‑22,9 mag und einem wah­ren Durch­mes­ser von mehr als 157.000 Licht­jah­ren. Die hel­le­re Zen­tral­re­gi­on hat einen Durch­mes­ser von etwa 85.000 Licht­jah­ren. Sie ist grö­ßer als die Milch­stra­ße (100.000 Licht­jah­re) und die Andro­me­da­ga­la­xie (140.000 Licht­jah­re). M 49 leuch­tet fer­ner hel­ler als jede ande­re Gala­xie in unmit­tel­ba­rer Nähe der Milch­stra­ße und gilt als hells­tes Mit­glied die­ses Hau­fens. Visu­ell ist von ihr jedoch nur ein sehr kom­pak­ter Kern und ein dif­fu­ser Halo zu erken­nen. Der Halo reicht bis in eine Ent­fer­nung von 3,5 Mil­lio­nen Lichtjahren.

Messier 49
Mes­sier 49 im Stern­bild Jung­frau – Auf­nah­me von Micha­el Brei­te, Ste­fan Heutz & Wolf­gang Ries, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Mes­sier 49 ver­ei­nigt etwa 200 Mil­li­ar­den Ster­ne. Die Gesamt­mas­se (ein­schließ­lich der dunk­len Mate­rie im Halo) beträgt mehr als eine Bil­li­on Son­nen­mas­sen. Die Gala­xie erscheint deut­lich gel­ber als die ande­ren Mit­glie­der des Vir­go­hau­fens. Das ist ein Hin­weis, dass Mes­sier 49 nahe­zu frei von Gas und Staub ist und dort kei­ne neu­en Ster­ne mehr ent­ste­hen. Die letz­te Stern­ent­ste­hung fand wahr­schein­lich vor etwa 6 Mil­li­ar­den Jah­ren statt, vor der Geburt unse­rer Son­ne. Die Gala­xie besitzt etwa 5.900 Kugel­stern­hau­fen und somit deut­lich mehr als in unse­rer Gala­xis, aber nur etwa halb so vie­le wie Mes­sier 87. Die­se Kugel­stern­hau­fen sind im Durch­schnitt etwa 10 Mil­li­ar­den Jah­re alt. In der Rie­sen­ga­la­xie M 60 gibt es ähn­lich vie­le Kugel­stern­hau­fen. In Mes­sier 87 sind es 13.400. Einer die­ser Kugel­hau­fen in M 49 ist die Quel­le einer star­ken Rönt­gen­strah­lung. Ver­mut­lich wird die­se Strah­lung von einem Schwar­zen Loch im Zen­trum des Kugel­hau­fens ver­ur­sacht. Ein wei­te­rer Kugel­stern­hau­fen mit einem Schwar­zen Loch wur­de im Jahr 2011 gefunden.

Im Zen­trum von M 49 befin­det sich eben­falls ein super­mas­se­rei­ches Schwar­zes Loch von mehr als 565 Mil­lio­nen Son­nen­mas­sen. Das Objekt rotiert mit hoher Geschwin­dig­keit und macht sich eben­falls durch Rönt­gen­strah­lung bemerk­bar. Eine Stu­die aus dem Jahr 2018 geht sogar von einer Mas­se von 2,5 Mil­li­ar­den Son­nen aus. Den­noch zeigt die Gala­xie für ihre Grö­ße recht nor­ma­le Radio­emis­sio­nen. Sie gilt als akti­ve Gala­xie vom Typ Seyfert‑2. Die Rönt­gen­emis­si­on zeigt nörd­lich von Mes­sier 49 eine Struk­tur, die einem 330.000 Licht­jah­re lan­gen Bug­schock ähnelt. Die­ser wird wahr­schein­lich durch die Bewe­gung der Gala­xie, mit einer Geschwin­dig­keit von 2000 km/s, rela­tiv zum inter­ga­lak­ti­schen Medi­um des Vir­go-Hau­fens ver­ur­sacht. Dabei erhitzt sich das Gas auf 10 Mil­lio­nen Kel­vin. Süd­west­lich des Gala­xien­kerns lässt sich der hel­le Umriss von Mes­sier 49 bis zu einer Ent­fer­nung von 260 kpc oder 847.000 Licht­jah­ren verfolgen.

Messier 49 Hubble
Mes­sier 49 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: ESA/Hubble, CC BY 4.0, via Wiki­me­dia Commons

Dar­über hin­aus steht M 49 in gra­vi­ta­ti­ver Wech­sel­wir­kung mit der irre­gu­lä­ren Zwerg­ga­la­xie UGC 7636. Die­se befin­det sich etwa 5,5 Bogen­mi­nu­ten süd­öst­lich des Zen­trums. Auf lang belich­te­ten Auf­nah­men zeigt die Zwerg­ga­la­xie eine Art Ster­nen­strom in Rich­tung M 49, der mehr als 100.000 Licht­jah­re lang und 19.000 Licht­jah­re breit ist. Die blau leuch­ten­de Zwerg­ga­la­xie wird ver­mut­lich gera­de von den star­ken Gezei­ten­kräf­ten von M 49 zer­ris­sen. Im Jahr 1998 wur­den in UGC 7636 meh­re­re blaue Objek­te beob­ach­tet – jun­ge, mas­se­rei­che Ster­ne, die erst 100 Mil­lio­nen Jah­re alt sind. Außer­dem wird Mes­sier 49 von einer Rei­he wei­te­rer klei­ner Gala­xien beglei­tet, die mit ihr in gra­vi­ta­ti­ver Wech­sel­wir­kung ste­hen. Am 1. Juni 1969 wur­de in M 49 eine Super­no­va unbe­kann­ten Typs mit der Kata­log­be­zeich­nung SN1969Q und einer maxi­ma­len Hel­lig­keit von 13 mag gefunden.

Beobachtung

Mes­sier 49 ist schon im 10x50 Feld­ste­cher als fast kreis­run­der Nebel­fleck zu erken­nen. Mein 16x70 Fuji­non zeigt die Gala­xie als klei­nen, schwa­chen, ver­schwom­me­nen Licht­fleck, der nicht stern­för­mig erscheint. Im 3 bis 4‑Zöller erkennt man einen etwa 3 Bogen­mi­nu­ten gro­ßen, leicht ellip­ti­schen Nebel mit einem etwas hel­le­ren und dich­te­ren run­den Kern­be­reich. Die­ser erscheint wie ein unauf­ge­lös­ter Kugel­stern­hau­fen. Ab 6 bis 8‑Zoll Öff­nung wird das hel­le Gala­xien­zen­trum und der in nord­öst­li­cher bis süd­west­li­cher Rich­tung aus­ge­dehn­te Halo, der das Zen­trum umgibt, auf­fäl­li­ger. Der 4 Bogen­mi­nu­ten gro­ße Halo bleibt struk­tur­los. Nur eine Bogen­mi­nu­te öst­lich des Zen­tral­be­reichs befin­det sich ein schwa­cher Stern der 12,5 Grö­ßen­klas­se. Die­ser Stern soll­te nicht mit einer Super­no­va ver­wech­selt wer­den. Ab 10 bis 12-Zoll Öff­nung und mitt­le­rer Ver­grö­ße­rung erscheint das etwa 2 Bogen­mi­nu­ten gro­ße Zen­trum von M 49 deut­lich dif­fu­ser und geht lang­sam in den äuße­ren Halo über. Bei sehr hohen Ver­grö­ße­run­gen erscheint der Kern­be­reich leicht gemot­telt. Selbst in 20-Zoll gro­ßen Dobsons erscheint die Gala­xie rela­tiv struk­tur­arm. Knapp 10 Bogen­mi­nu­ten süd­süd­west­lich von M 49 befin­det sich noch die 12 mag hel­le Gala­xie NGC 4470.

Aufsichkarte Messier 49
Auf­such­kar­te für Mes­sier 49 – erstellt mit SkytechX

Mes­sier 49 ist am bes­ten in den Früh­lings­mo­na­ten von März bis in den Mai zu sehen, wenn das Stern­bild Jung­frau hoch am Him­mel steht. Die Gala­xie steht etwa 11° west­süd­west­lich des 2,8 mag hel­len Sterns Epsi­lon Vir­gi­nis oder Vin­dem­ia­trix, dem dritt­hells­ten Stern in die­sem Stern­bild. Um die Gala­xie zu fin­den, stel­len wir die Ster­ne Rho (4,9 mag) und 27 Vir­gi­nis (6,2 mag) in die Mit­te des Suchers ein, die sich knapp 5° west­lich von Vin­dem­ia­trix befin­den. Wei­te­re 5° süd­west­lich die­ses Ster­nen­paa­res befin­det sich ein Stern der 6. Grö­ßen­klas­se, der mit zwei wei­te­ren 6 bis 7 mag hel­len Ster­nen im Osten eine Linie bil­det. M 49 steht etwa ein hal­bes Grad nord­west­lich davon.

Auf­such­kar­te Mes­sier 49 (60,7 KiB, 70 hits)

Steckbrief für Messier 49

Daten und Fak­ten für die Gala­xie Mes­sier 49 in der Jung­frau (Vir­go)
Objekt­na­meMes­sier 49
Kata­log­be­zeich­nungNGC 4472, UGC 7629, PGC 41220, MCG 1–32-83, ZWG 42.134, ARP 134
TypGala­xie, E2
Stern­bildJung­frau (Vir­go)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)12h 29m 46,7s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)+08° 00′ 00″
V Hel­lig­keit8,3 mag
Flä­chen­hel­lig­keit13,2 mag
Win­kel­aus­deh­nung10,2′ x 8,3′
Posi­ti­ons­win­kel155°
Abso­lu­te Helligkeit-21,380 mag
Durch­mes­ser157.000 Licht­jah­re
Ent­fer­nung55,9 Mil­lio­nen Lichtjahre
Beschrei­bungvB,L,R,mbM,r; NGC 4467 @ 4.2′;NGC 4470 @ 10.5′;NGC 4465 @ 5.8′
Ent­de­ckerCharles Mes­sier, 1771
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 10 & 11
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 45, 57 & D3
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 749–750 (Vol II)
Pocket Sky Atlas: Chart 45
Sky Atlas 2000: Chart 13
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 91

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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