Die linsenförmige Spiralgalaxie NGC 3115, im südlichen Sternbild Sextant (Sextants), wurde am 22. Februar 1787 von dem deutsch-britischen Astronomen Friedrich Wilhelm Herschel entdeckt. Er beschrieb das Objekt als hellen und beträchtliche großen ausgedehnten Nebel. Auch sein Sohn John beobachtete die Galaxie am 14. März 1827. Er beschrieb sie als ein sehr helles, großes und sehr ausgedehntes Objekt mit einem plötzlich heller werdenden Mitte. Merkwürdigerweise entging NGC 3115 dem aufmerksamen Blicken von Charles Messier, obwohl sie sich nahe der Ekliptik befindet und als eine der schönsten Galaxien für kleine Teleskope am Himmel gilt. Im Deep-Sky-Katalog von Sir Patrick Caldwell-Moore, der interessante Objekte jenseits des berühmten Messier-Katalogs auflistet, ist NGC 3115 ebenfalls enthalten und als Caldwell 53 katalogisiert. Neben Messier 102 (NGC 5866) im Sternbild Draco trägt NGC 3115 auch den offiziellen Eigennamen „Spindelgalaxie“ (Spindle Galaxy).
Linsenförmige Galaxie mit großer Masse
Die linsenförmige Spiralgalaxie mit großer Flächenhelligkeit hat eine scheinbare Winkelausdehnung von 7,2 x 3,2 Bogenminuten und eine Helligkeit von 9,1 mag. Damit kann sie bereits in kleineren Teleskopen beobachtet werden und verträgt auch höhere Vergrößerungen sehr gut. Nach neuesten Erkenntnissen ist die Galaxie 31,64 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt. Sie hat einen Durchmesser von 60.000 Lichtjahren und ist damit etwa halb so groß wie unsere Galaxis. Ihr stellarer Halo besitzt einen Durchmesser von 100.000 Lichtjahren. Mit 300 bis 400 Milliarden Sonnenmassen ist sie allerdings etwas massereicher als unser eigenes Milchstraßensystem.

Von der Erde aus blicken wir fast auf den Rand von NGC 3115. Sie ist gegenüber unserer Sichtlinie um 86° geneigt. Nach der Hubble-Klassifikation wird sie als lentikulare Galaxie vom Typ S0 klassifiziert. Sie besitzt eine ausgeprägte Galaxienscheibe und einen zentralen Bulge, aber keine sichtbaren Spiralarme. Aus diesem Grund wurde die Galaxie früher als elliptische Galaxie fehlinterpretiert. Denn auch auf langzeitbelichteten Aufnahmen konnte kein interstellares Gas in der Scheibe der Galaxie nachgewiesen werden. Die Sternpopulation in der Scheibe ist schon sehr alt. Deshalb entstehen in NGC 3115 derzeit kaum noch neue Sterne, was für spindelförmige Galaxien typisch ist.
Supermassereiches Schwarzes Loch
Im Jahr 1992 wurde im Zentrum der Galaxie ein extrem massereiches Schwarzes Loch von zwei Milliarden Sonnenmassen nachgewiesen. Die Astronomen vermuten daher, dass das Zentrum von NGC 3115 vor einigen Milliarden Jahren als hell leuchtender Quasar sehr aktiv war. Inzwischen sind die Gasvorräte im Zentrum der Galaxie fast aufgebraucht und die Aktivität des Schwarzen Lochs fast zum Erliegen gekommen. Auch sein Wachstum ist zum Stillstand gekommen, so dass NGC 3115 heute kaum noch Aktivität im Zentrum zeigt. Das Schwarze Loch verriet sich den Wissenschaftlern durch die hohe Geschwindigkeit der Sterne in Zentrumsnähe. Mit einer Milliarde Sonnenmassen ist es das Schwarze Loch, das der Erde am nächsten liegt.

Im Jahr 2011 untersuchte das Röntgenteleskop Chandra der NASA das Zentrum von NGC 3115. Das Teleskop entdeckte dabei einen heißen Gasstrom in Richtung des supermassereichen Schwarzen Lochs. Es war das erste Mal, dass ein solcher Strom heißen Gases in der Nähe eines Schwarzen Lochs eindeutig nachgewiesen wurde. Der Anstieg der Gastemperatur findet in einer Entfernung von 700 Lichtjahren zum Zentrum statt, was nur mit der großen Masse der Zentralregion vereinbar ist. Spektrographische Untersuchungen haben gezeigt, dass der zentrale Kern blauer ist als die umgebende Galaxie. Dies deutet auf eine Verschmelzung mit einer Begleitgalaxie in der Vergangenheit hin. Vermutlich ist durch diese Verschmelzung zusätzliches Gas in den Kernbereich von NGC 3115 gelangt, was zu neuer Sternbildung geführt hat.

Im April 1935 wurde in der Spindelgalaxie eine Supernova (SN 1935B) unbekannten Typs und Helligkeit beobachtet. Sie erschien etwa 36 Bogensekunden westlich und 60 Bogensekunden nördlich des Kerns der Galaxie. Nur 5 ½ Bogenminuten südöstlich der Galaxie befindet sich die mit 16,2 mag relativ lichtschwache Galaxie PGC 29299. Ob es sich dabei um eine Zwerggalaxie handelt, die neben 26 weiteren Zwerggalaxien gravitativ an NGC 3115 gebunden ist und diese umkreist, oder um eine Galaxie weit im kosmischen Hintergrund, ist noch unklar.
Beobachtung
Die Spindelgalaxie ist bereits in einem handelsüblichen 10x50 Fernglas als schwacher ovaler Lichtfleck zu erkennen. In meinem Fujinon 16x70 erscheint die Galaxie erstaunlich hell und langgestreckt. In 2,5 bis 3‑Zoll großen Teleskopen mit etwa 30-facher Vergrößerung erkennt man ein rundes Zentrum mit einem schwachen spindelförmigen Halo von 7 Bogenminuten Ausdehnung. 4 bis 6‑Zoll große Teleskope und höhere Vergrößerungen um 70-fach zeigen einen ovalen, stark nach NO-SW elongierten elliptischen Nebel mit hellerem Zentrum. Das Objekt bildet eine Art Dreieck mit zwei nahegelegenen Sternen. Der Zentralbereich selbst erscheint mehrschichtig und von einem ovalen Schleier umgeben. Mit indirektem Sehen erscheint NGC 3115 etwas dicker. Bei 8 bis 10-Zoll Öffnung ist die Galaxie sehr auffällig. Das hervorstechende Zentrum erscheint nun fast sternförmig und scharf abgegrenzt. Es ist von einem elliptischen Nebel umgeben. Ein Stern der 11,5ten Größenklasse befindet sich knapp 3 1/3 Bogenminuten südlich des Kerns. Vor allem im 10-Zöller kann man bei hoher Vergrößerung indirekt die dünner werdenden, messerscharfen Außenbereiche erkennen, die auch auf Fotos zu sehen sind. Sie gehen diffus in den Himmelshintergrund über. Ein weiterer Stern der 14. Größenklasse befindet sich nur 1,3 Bogenminuten südlich des Zentrums. Dieser Stern sollte nicht mit einer Supernova verwechselt werden.
Die Spindelgalaxie kann vor allem im Spätwinter sowie in den Frühlingsmonaten in mittlerer Höhe über dem Südhorizont beobachtet werden. Sie befindet sich etwa 20° südlich von Regulus im Sternbild Leo. Um NGC 3115 zu finden, stellen wir Alphard (Alpha Hyd, 2,0 mag) in die Mitte des Suchers ein. Nun verbinden wir die Linie zwischen Alpha und dem 5,1 mag hellen Stern Gamma Sextantis. Wenn wir diese Linie um die Hälfte verlängern, sollte die Galaxie, knapp 3° östlich von Gamma Sex, bereits im Sucher erkennbar sein. Zur Orientierung kann das 6 mag helle Sternenpaar 17 und 18 Sextantis dienen. Es befindet sich nur 2° südöstlich von NGC 3115 und bildet eine Art optischen Doppelstern. Ein halbes Grad östlich der Galaxie befindet sich ein weiteres auffälliges Sternenpaar der 6. und 7. Größenklasse.
Aufsuchkarte Spindelgalaxie (NGC 3115) (66,6 KiB, 54 hits)
Steckbrief für NGC 3115
Daten und Fakten für die Spindelgalaxie (NGC 3115) im SextantenObjektname | NGC 3115 |
Katalogbezeichnung | PGC 29265, MCG ‑1–26-18, UGCA 199 |
Eigenname | Spindelgalaxie, Spindle Galaxy |
Typ | Galaxie, E‑S0 |
Sternbild | Sextant (Sextants) |
Rektaszension (J2000.0) | 10h 05m 14,1s |
Deklination (J2000.0) | -07° 43′ 05″ |
V Helligkeit | 9,1 mag |
Flächenhelligkeit | 11,9 mag |
Winkelausdehnung | 7,2′ x 2,4′ |
Positionswinkel | 43° |
Absolute Helligkeit | -19,581 |
Durchmesser | 60.000 Lichtjahre |
Entfernung | 31,6 Millionen Lichtjahre |
Beschreibung | H I 163;Spindle Galaxy; vB,L,vmE 46,vgsmbMEN |
Entdecker | Friedrich Wilhelm Herschel, 1787 |
Sternatlanten | Cambridge Star Atlas: Chart 10 Interstellarum Deep Sky Atlas: Chart 58 & 70 Millennium Star Atlas: Charts 803–804 (Vol II) Pocket Sky Atlas: Chart 37 Sky Atlas 2000: Chart 13 Uranometria 2nd Ed.: Chart 133 |
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