Webb bietet Einblick in galaktische Kollisionen

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Eine Wech­sel­wir­kung zwi­schen einer ellip­ti­schen Gala­xie und einer grö­ße­ren Spi­ral­ga­la­xie, die zusam­men als Arp 107 bekannt ist, scheint der Spi­ra­le dank der bei­den hel­len „Augen“ und des dar­aus resul­tie­ren­den brei­ten halb­kreis­för­mi­gen „Lächelns“ ein glück­li­che­res Aus­se­hen ver­lie­hen zu haben. Die­ses Bild ist ein Kom­po­sit, das Beob­ach­tun­gen von Webbs MIRI (Mid-InfraRed Instru­ment) und NIR­Cam (Near-InfraRed Came­ra) kombiniert.

Die­ses zusam­men­ge­setz­te Bild von Arp 107 ent­hüllt eine Fül­le von Infor­ma­tio­nen über die Stern­ent­ste­hung in die­sen bei­den Gala­xien – Cre­dit: NASA, ESA, CSA, STScI

NIR­Cam hebt die Ster­ne in bei­den Gala­xien her­vor und zeigt die Ver­bin­dung zwi­schen ihnen: eine trans­pa­ren­te, wei­ße Brü­cke aus Ster­nen, die wäh­rend des Zusam­men­sto­ßes aus bei­den Gala­xien gezo­gen wur­den. MIRI-Daten, dar­ge­stellt in Oran­ge-Rot, zei­gen Stern­ent­ste­hungs­re­gio­nen und Staub, der aus ruß­ähn­li­chen orga­ni­schen Mole­kü­len besteht, die als poly­zy­kli­sche aro­ma­ti­sche Koh­len­was­ser­stof­fe bekannt sind. MIRI lie­fert auch eine Moment­auf­nah­me des hel­len Kerns der gro­ßen Spi­ra­le, in der sich ein super­mas­se­rei­ches Schwar­zes Loch befindet.

Die Spi­ral­ga­la­xie ist als Sey­fert-Gala­xie klas­si­fi­ziert, eine der bei­den größ­ten Grup­pen akti­ver Gala­xien, zusam­men mit Gala­xien, die Qua­sa­re beher­ber­gen. Sey­fert-Gala­xien leuch­ten nicht so hell und sind nicht so weit ent­fernt wie Qua­sa­re. Daher eig­nen sie sich bes­ser für die Unter­su­chung ähn­li­cher Phä­no­me­ne in ener­gie­är­me­rem Licht, z. B. im Infrarotbereich.

Die­se Regi­on ähnelt stark der Cart­wheel-Gala­xie, einer der ers­ten inter­agie­ren­den Gala­xien, die Webb beob­ach­te­te. Arp 107 mag im Aus­se­hen der Cart­wheel-Gala­xie sehr ähn­lich gewe­sen sein, aber da die klei­ne­re ellip­ti­sche Gala­xie eine außer­mit­ti­ge Kol­li­si­on anstel­le eines direk­ten Tref­fers hat­te, kam die Spi­ral­ga­la­xie davon, ohne dass nur ihre Spi­ral­ar­me gestört wurden.

Die Kol­li­si­on ist nicht so schlimm, wie sie klingt. Auch wenn vor­her schon vie­le Ster­ne ent­stan­den sind, kön­nen Kol­li­sio­nen zwi­schen Gala­xien das Gas kom­pri­mie­ren und so die Bedin­gun­gen für die Ent­ste­hung wei­te­rer Ster­ne ver­bes­sern. Ande­rer­seits, so zeigt Webb, zer­streu­en Kol­li­sio­nen auch viel Gas, wodurch neu­en Ster­nen mög­li­cher­wei­se das Mate­ri­al ent­zo­gen wird, das sie zur Bil­dung benötigen.

Webb hat die­se Gala­xien in ihrem Ver­schmel­zungs­pro­zess ein­ge­fan­gen, der Hun­der­te von Mil­lio­nen Jah­ren dau­ern wird. Wenn sich die bei­den Gala­xien nach dem Cha­os ihrer Kol­li­si­on wie­der zusam­men­fin­den, wird Arp 107 viel­leicht ihr Lächeln ver­lie­ren, aber sie wird sich unwei­ger­lich in etwas eben­so Inter­es­san­tes ver­wan­deln, das künf­ti­ge Astro­no­men unter­su­chen können.

Arp 107 befin­det sich 465 Mil­lio­nen Licht­jah­re von der Erde ent­fernt im Stern­bild Löwe.

Hintergrundinformationen

Webb ist das größ­te und leis­tungs­stärks­te Tele­skop, das jemals ins All geschos­sen wur­de. Im Rah­men einer inter­na­tio­na­len Koope­ra­ti­ons­ver­ein­ba­rung stell­te die ESA den Start­dienst des Tele­skops mit­hil­fe der Trä­ger­ra­ke­te Aria­ne 5 bereit. In Zusam­men­ar­beit mit Part­nern war die ESA für die Ent­wick­lung und Qua­li­fi­zie­rung von Aria­ne-5-Anpas­sun­gen für die Webb-Mis­si­on sowie für die Beschaf­fung des Start­diens­tes durch Aria­nespace ver­ant­wort­lich. Die ESA stell­te außer­dem den leis­tungs­star­ken Spek­tro­gra­phen NIR­Spec und 50 % des Mit­tel­in­fra­rot­in­stru­ments MIRI zur Ver­fü­gung, das von einem Kon­sor­ti­um natio­nal finan­zier­ter euro­päi­scher Insti­tu­te (dem MIRI Euro­pean Con­sor­ti­um) in Zusam­men­ar­beit mit dem JPL und der Uni­ver­si­ty of Ari­zo­na ent­wor­fen und gebaut wurde.

Webb ist eine inter­na­tio­na­le Part­ner­schaft zwi­schen NASA, ESA und der Cana­di­an Space Agen­cy (CSA).

Bild­quel­le: NASA, ESA, CSA, STScI

Links

Link zur Pres­se­mit­tei­lung: ESA/Hubble/Webb weic2423

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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