Die Nacht der leuchtenden Wolken

  • Letz­te Ände­rung:7 Jah­ren 
  • Lese­zeit:4Minu­ten
  • Wör­ter:878
  • Bei­trags­auf­ru­fe:833

Beob­ach­ter, die in der Nacht vom 2. auf den 3. Juli 2017 Glück mit dem Wet­ter hat­ten, wer­den die­ses Ereig­nis wahr­schein­lich nicht so schnell ver­ges­sen. Vom Nor­den Deutsch­lands bis deut­lich hin­un­ter nach Süd­deutsch­land, waren in die­ser Nacht sehr hel­le Leuch­ten­de Nacht­wol­ken (NLC) zu beob­ach­ten, die vor allem in der zwei­ten Nacht­hälf­te eine gewal­ti­ge Show bis in die spä­te Mor­gen­däm­me­rung hin­ein boten.

Leuch­ten­de Nacht­wol­ken in gerin­ger Höhe über dem Nord­ho­ri­zont um 2:02 Uhr MESZ (Pan­ora­ma aus 3 Bil­der á 50 mm)

Die ers­te Nacht­hälf­te war hier in Süd­bran­den­burg noch nahe­zu voll­stän­dig bewölkt, so dass ich mir an die­sem Abend kei­ner­lei Hoff­nung mach­te, NLC zu sehen, obwohl das Meso­sphä­ren­ra­dar des IAP ein deut­lich spä­tes Echo zeig­te. Gegen 23:00 Uhr warf ich dann doch einen Blick in das AKM-Forum, wo schon ers­te Sich­tungs­mel­dun­gen Nacht­leuch­ten­der Wol­ken auf­lie­fen. Und auch auf diver­sen Wet­ter­cams in Nordeutsch­land, zeig­te sich ein über­aus deut­lich sicht­ba­res Dis­play. Des­halb schau­te ich noch schnell beim Wet­ter­dienst Meto­blue rein und war schon etwas opti­mis­ti­scher. Tat­säch­lich soll­te es in der zwei­ten Nacht­hälf­te nun end­lich auch im Spree­wald auf­kla­ren. Beim Blick aus dem Bade­zim­mer­fens­ter zeig­te sich schon ers­te grö­ße­re Wol­ken­lü­cken, aber noch kei­ne NLC über dem Nord­ho­ri­zont die, so ver­mu­te­te ich, wahr­schein­lich von den umlie­gen­den Häu­sern ver­deckt wur­den. Schnell schnapp­te ich mir mei­ne Canon EOS 6D, die mit dem 24–105 mm Kit-Objek­tiv bestückt war und mei­ne EOS 600D, mit dem 55–250 mm Tele­ob­jek­tiv, und fuhr kurz nach Mit­ter­nacht raus nach Raden­s­dorf. Denn dies­mal woll­te ich die NLC vor inter­es­san­te­rer Kulis­se vor dem Wind­park Briesensee/Radensdorf ablichten.

Das NLC-Dis­play wird gegen 2:30 Uhr MESZ deut­li­cher sicht­bar (Pan­ora­ma aus 4 Bil­der á 50 mm)

Am Stand­ort ange­kom­men war ich schon etwas ent­täuscht, da das NLC-Feld im Nor­den rela­tiv schwach war und nur weni­ge Grad über dem Nord­ho­ri­zont hin­aus­rag­te. Auch herrsch­te ein schar­fer Nord­west­wind vor, so dass ich sicht­lich Mühe hat­te, einen wind­ge­schütz­te­ren Platz zu fin­den. Auch trieb der Wind ab und zu tro­po­sphä­ri­sche Wol­ken­fel­der über den Him­mel, so dass ich schon befürch­te­te, die Foto­aus­rüs­tung wie­der ein­pa­cken zu kön­nen. Ich schau­te auf das Wol­ken­ra­dar in mei­ner Wet­ter-App und war deut­lich zuver­sicht­li­cher: Denn Kurz nach 1 Uhr soll­te der Him­mel voll­stän­dig aufreißen!

Um 3:11 Uhr MESZ wer­den nun auch höher lie­gen­de NLC von der Son­ne ange­strahlt (Pan­ora­ma aus 3 Bil­der á 50 mm)

Gegen 1 Uhr, hat­te ich mei­ne Foto­aus­rüs­tung end­lich auf­ge­baut und schoss auch schon die ers­ten Fotos mit dem Tele­ob­jek­tiv. Bei 10 Sekun­den Belich­tungs­zeit waren die NLC schon sehr gut über dem nörd­li­chen Hori­zont zu erken­nen, obwohl die Sich­tung mit dem blo­ßen Auge sich über­ra­schen­der­wei­se deut­lich schwie­ri­ger gestal­te­te, vor allem zum Zeit­punkt der loka­len Mit­ter­nacht gegen 1:30 Uhr, als die Son­ne am tiefs­ten unter dem Nord­ho­ri­zont stand. Ein wun­der­schö­nes Wel­len­mus­ter zeig­te sich hin­ter den Wind­rä­dern des Wind­parks, das sich mit der Zeit auch visu­ell deut­lich ver­stärk­te und zum Teil in ver­schie­de­nen Farb­ab­stu­fun­gen leuch­te­te. Wäh­rend der Auf­nah­men muss­te ich die Kame­ra mit mei­nem Kör­per und mei­ner Jacke schüt­zen, da der Wind stel­len­wei­se recht kräf­tig in Böen blies. Je wei­ter der Mor­gen aber vor­an schritt, des­to höher stie­gen auch Leuch­ten­den Nacht­wol­ken. Stel­len­wei­se war eine Ver­än­de­rung des Fel­des inner­halb von ein paar Minu­ten zu erken­nen. Und auch der For­men­reich­tum die­ses mitt­ler­wei­le schon sehr beein­dru­ckend gewor­de­nen Dis­plays war überwältigend.

Kurz vor Beob­ach­tungs­en­de hat­te das Feld die maxi­ma­le Aus­deh­nung (Pan­ora­ma aus 2 Bil­der á 24 mm)

Zum Höhe­punkt der Beob­ach­tung gegen 3:30 Uhr MESZ umfass­te das Feld eine Aus­deh­nung von mehr als 120° in Azi­mut und eine Höhe von 30° bis 40° und stand somit deut­lich höher als der hel­le Stern Capel­la. Wol­ken, die ein deut­li­ches Rip­pel­mus­ter zeig­ten, stan­den zu die­sem Zeit­punkt fast sta­tio­när im äußers­ten NNW und ver­stärk­ten sich noch. Das Feld reich­te weit in den NO und stand über der schon höher ste­hen­den Venus. Gegen 4 Uhr, kurz bevor ich die Heim­rei­se antrat, erreich­ten ers­te NLC fast die Zenit­re­gi­on. Und auch auf Nach­hau­se­fahrt war vor allem das Feld im NNW noch deut­lich sicht­bar, obwohl die Mor­gen­däm­me­rung nun schon weit fort­ge­schrit­ten war. Somit gehör­te die­ses Dis­play Nacht­leuch­ten­der Wol­ken defi­ni­tiv zu den aus­ge­dehn­tes­te und hells­te Fel­dern der letz­ten Jahre!

Auf den sozia­len Netz­wer­ken, wie Twit­ter und Face­book sowie im AKM-Forum, tauch­ten schon früh die ers­ten Bil­der auf, die die Sich­tung der NLC ein­drucks­voll doku­men­tier­ten. Eini­ge Beob­ach­ter bezeug­ten eben­falls, dass eini­ge NLC die Zenit­re­gi­on erreich­ten und sogar in süd­li­che Rich­tung sicht­bar ware. Die maxi­ma­le Aus­deh­nung des Fel­des lag vor allem im Nor­den Deutsch­lands sogar bei unge­fähr 180°. Für Vie­le war es die beein­dru­ckends­te Sich­tung Leuch­ten­der Nacht­wol­ken über­haupt und konn­te mit dem weit aus­ge­dehn­ten Dis­play vom Juli letz­ten Jah­res am Mor­gen­him­mel locker mit­hal­ten. Da die NLC noch in der hel­len Däm­me­rung – kurz vor Son­nen­auf­gang – erkenn­bar waren, kön­nen Aus­sa­gen, dass NLCs nur bis zu einer maxi­ma­len Son­nen­hö­he von ‑6° sicht­bar sind, somit ad acta gelegt werden.

Die Pan­ora­men wur­den übri­gens alle mit der frei erhält­li­chen Pan­ora­ma-Soft­ware „Hugin 2017″ erstellt… 🙂

Weiterführende Links

AKM-Forum – Leuch­ten­de Nachtwolken
Astro­treff-Forum
Astronomie.de Forum
Sky­week 2.0
Leuch­ten­de Nacht­wol­ken – die Zweite!

Bildergalerie

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert