Spechtelnacht mit Polarlicht

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Die ers­te Mai­wo­che war für uns Ster­nen­gu­cker opti­mal zum Beob­ach­ten. Nur sel­ten trüb­te eine Wol­ke den Him­mel. Nachts war es dann rela­tiv mild und ster­nen­klar, ohne Tau. Lei­der mach­te mir Anfang der Woche eine Erkäl­tung zu schaf­fen, so dass ich nicht nachts beob­ach­ten konn­te, obwohl ich in jener Woche Urlaub hat­te. Zu Him­mel­fahrt besuch­te ich dann eine Freun­din in Pir­na und kam erst am spä­ten Sonn­tag Nach­mit­tag des 8. Mai 2016 wie­der heim. Des­halb hat­te ich erst die Gele­gen­heit am Sonn­tag Abend in Raden­s­dorf zu beob­ach­ten. Mit im Gepäck hat­te ich wie­der die Astro­trac sowie mein 8 Zoll Dobson. Der Auf­bau der Astro­trac ging rela­tiv schnell von stat­ten, obwohl mein Pol­su­cher, beim Aus­rich­ten auf den Him­mels­nord­pol, schon wie­der auf den Boden klatsch­te. Hier müss­te ich mir mal was ein­fal­len las­sen. Die dün­ne Mond­si­chel ging zu die­sem Zeit bereits unter und schon bald wur­de es Zeit für die ers­ten Beob­ach­tun­gen und für die ers­te Auf­nah­me­se­rie mit der Astro­trac. Weil ich mit der Kame­ra nicht in den Zenit gelan­gen konn­te, nahm ich als ers­tes den Zen­tral­be­reich des Vir­go­hau­fens auf. Bei 200 mm Brenn­wei­te soll­te schon eine gro­ße Anzahl von Gala­xien sicht­bar wer­den. Mei­ne erst vor kur­zem gekauf­te preis­wer­te Sta­tiv­schel­le für das Canon EF 200 mm f/2.8 L II USM war über­aus nütz­lich. End­lich war die Kame­ra nicht mehr kopflastig.

Die Astrotrac mit dem 8 Zoll Dobson - im Hintergrund Aufgang von Saturn und Mars

Die Astro­trac mit dem 8 Zoll Dobson – im Hin­ter­grund: Saturn und Mars über dem Südosthorizont

Über­ra­schen­der­wei­se war der Dobson schon gut kol­li­miert, so dass ich nicht mehr Hand anle­gen brauch­te. Als ers­tes Objekt nahm ich den Pla­ne­ten Jupi­ter aufs Korn. Lei­der waber­te die­ser mun­ter im Gesichts­feld vor sich hin, was sehr schlech­tes See­ing bedeu­te­te. Danach beob­ach­te­te ich eini­ge Gala­xien im Stern­bild Gro­ßer Bär. Bei der Whirl­pool­ga­la­xie Mes­sier 51 konn­te ich, Dank der guten Durch­sicht und des dunk­len Him­mel, schon mit 8 Zoll die Spi­ral­ar­me sehen. Mes­sier 81 & Mes­sier 82 stan­den sehr schön im Gesichts­feld des 25 mm Oku­lars. Vor allem M 82 zeig­te schon reich­lich Struk­tu­ren. Auch die Nach­bar­ga­la­xie bei­der Objek­te, NGC 3077, war leicht zu sehen. Wei­ter ging es dann mit dem Pla­ne­ta­ri­schen Nebel Mes­sier 97, der Eulen­en­ebel, des­sen Augen über­ra­schend ein­fach zu erken­nen waren. Auch die Gala­xie Mes­sier 108, die mit im Gesichts­feld stand, zeig­te inter­es­san­te Strukturen.

Der Zentralbereich des Virgo-Galaxienhaufens im Sternbild Jungfrau - Canon EOS 1000Da, 200 mm, 31x3 Min., ISO-800, f/3.5

Der Zen­tral­be­reich des Vir­go-Gala­xien­hau­fens im Stern­bild Jung­frau – Canon EOS 1000Da, 200 mm, 31x3 Min., ISO-800, f/3.5

Mein Pla­ne­ta­ri­ums­pro­gramm auf dem Palm zeig­te in der Nähe bei­der Objek­te noch wei­te­re Gala­xien an. Die 12,1 mag hel­le Spi­ral­ga­la­xie NGC 3549 war schon direkt zu sehen. Sie erschien als schwa­che, recht lang­ge­zo­ge­ne mit­tel­gro­ße Gala­xie mit dem 9 mm Oku­lar. Die leicht oval erschei­nen­de Spi­ral­ga­la­xie NGC 3631 war hier deut­lich ein­fa­cher wahr­nehm­bar. Sie besitzt einen rela­tiv gro­ßes und hel­les Kern­ge­biet. Mit 10,1 mag ist sie schon in mit­tel­gro­ßen Tele­sko­pen leicht zu sehen. Die 10,7 mag hel­le Bal­ken­spi­ra­le erschien eben­falls recht hell. In unmit­tel­ba­rer Nähe, rund 12 Bogen­mi­nu­ten ent­fernt, steht noch die deut­lich schwä­cher und oval erschei­nen­de Gala­xie NGC 3729. NGC 3756 besitzt eine Hel­lig­keit von 11,2 mag und ist eben­falls elon­giert und rela­tiv schwach. In der Nähe befin­det sich noch die 11,5 mag hel­le ellip­ti­sche Gala­xie NGC 3738, die ein auf­fal­lend hel­les Zen­trum besitzt. NGC 3733, die die Drei­er­ket­te ver­voll­stän­dig­te, konn­te ich auf­grund des in der Nähe ste­hen­den Sterns SAO 28064 (5,6 mag) lei­der nicht erken­nen. Wahr­schein­lich wird die nur 11,8 mag hel­le Gala­xie von die­sem über­strahlt. Als nächs­te Gala­xie nahm ich Mes­sier 101 in der Deich­sel des Gro­ßen Wagens aufs Korn. Bei 17 mm Brenn­wei­te konn­te ich ein­deu­tig schon die Spi­ral­struk­tur erken­nen – erstaunlich!

Der Planet Jupiter im Westen im Sternbild Löwe

Der hel­le Pla­net Jupi­ter über dem west­li­chen Hori­zont im Stern­bild Löwe

Wenn ich beob­ach­te, tra­ge ich das SQM‑L eben­falls stän­dig mit in der Tasche. Es dient zur Bestim­mung der Hel­lig­keit des Him­mels­hin­ter­grun­des. Kurz nach Mit­ter­nacht konn­te ich einen Wert von 21,57 mag/arcsec² mes­sen, was für den Stand­ort sehr gute Beob­ach­tungs­be­din­gun­gen bedeu­tet. Den Wert über­mit­tel­te ich auch via Android-App „Ver­lust der Nacht“. Die ermit­tel­ten Daten kön­ne auf die­ser Web­sei­te für jeden ein­ge­se­hen wer­den. Selbst Mes­sier 13 im Her­ku­les, der als aus­ge­dehn­ter Licht­fleck schon direkt zu sehen war, bürg­te für die Dun­kel­heit des Him­mels an mei­nem Stand­ort. Mit hoher Ver­grö­ße­rung prä­sen­tier­te sich der schon bis ins Zen­trum auf­ge­lös­te Kugel­stern­hau­fen als über­aus ster­nen­reich. Zur sel­ben Sor­te von Objek­ten gehört auch Mes­sier 107 im Schlan­gen­trä­ger – mein Objekt des Monats für den Monat Juni. Lei­der nur in den Rand­be­rei­chen konn­te die­ser sehr schwa­che Kugel­stern­hau­fen auf­ge­löst wer­den. Weil ich mich schon in die­ser Him­mel­ge­gend befand, nahm ich sogleich den oppo­si­ti­ons­na­hen Nach­bar­pla­ne­ten Mars im Stern­bild Skor­pi­on aufs Korn, der auf­grund des schlech­ten Seeings und der Hori­zont­nä­he von weni­ger als 20 Grad, nur beschei­de­ne Struk­tu­ren zeig­te. Die gro­ße Syr­te konn­te ich als Dun­kel­struk­tur aber gut erken­nen. Eben­so recht unspek­ta­ku­lär prä­sen­tier­te sich Saturn, der im Schlan­gen­trä­ger kaum höher über dem Hori­zont stand.

Lei­der bemerk­te ich nicht das Ende der 1. Belich­tungs­rei­he. Als nächs­tes dreh­te ich die Kame­ra in Rich­tung M 101. Und tat­säch­lich zeig­ten sich nach 3 Minu­ten Belich­tungs­zeit schon deut­lich die Spi­ral­struk­tur die­ser Gala­xie, so wie ich es auch im Dobson in Erin­ne­rung hat­te. Selbst mit einer Brenn­wei­te von nur 200 mm, ist das Objekt also recht ausgedehnt.

Die 22 Millionen Lj. entfernte Galaxie M 101 im Großen Bären - Canon EOS 1000Da, 200 mm, 34x3 Min., ISO-800, f/3.5 (crop)

Die 22 Mil­lio­nen Lj. ent­fern­te Gala­xie Mes­sier 101 mit ihren Nach­barn im Stern­bild Gro­ßer Bär – Canon EOS 1000Da, 200 mm, 34x3 Min., ISO-800, f/3.5 (crop)

Kurz nach 1 Uhr schau­te ich auch mal auf mein Smart­phone. Die kos­ten­lo­se App „Twi­light“ half mir dabei, die Dun­kel­ad­ap­ti­on nicht zu ver­lie­ren, weil die App den Bild­schirm rot ein­färbt und etwas dimmt. Im Benach­rich­tungs­fens­ter zeig­te auch eine E‑Mail von der Polar­licht-Warn­lis­te an. Dort las ich, dass zur Zeit ein pho­to­gra­phi­sches Polar­licht im Nor­den Deutsch­land sicht­bar war. Aber auch süd­li­che­rer Gegen­den von Deutsch­land soll­te das Polar­licht sicht­bar sein. Die Polar­licht-App „Auro­ra Alert“ warn­te eben­falls davor, denn der Kp-Index stand schon seit meh­ren Stun­den bei 6. Und der Bz-Wert, ein guter Indi­ka­tor für die Sicht­bar­keit von Polar­lich­tern in unse­ren Brei­ten, zeig­te ein süd­lich gerich­te­tes Magnet­feld. Mir kam es sowie­so schon etwas selt­sam vor, dass der Nord­him­mel eine ungleich­mä­ßi­ge Hel­lig­keits­ver­tei­lung jen­seits der Lich­ter­glo­cke des 80 km ent­fern­ten Ber­lins zeig­te. Und tat­säch­lich: Mit der Canon EOS 6D und ISO-6400 konn­te ich ein rosa­far­ben­des Glü­hen bis 25 Grad hoch über dem Hori­zont ablich­ten. Auf einem Foto zeig­ten sich sogar röt­li­che Strea­mer. Ein­deu­tig ein Polarlicht!

Blick in Richtung Norden mit violetten Vorhängen & einzelnen Streamern des Polarlichts

Blick in Rich­tung Nor­den mit vio­let­ten Vor­hän­gen & ein­zel­nen Strea­mern des Polarlichts

Von dem Umstand moti­viert, ein Polar­licht von Süd­bran­den­burg nach­ge­wie­sen zu haben, wid­me­te ich mich wei­ter der Beob­ach­tung. Den alten Offe­nen Stern­hau­fen NGC 188, nahe des Him­mels­pols, nahm ich sogleich aufs Korn. Mit 17 mm Brenn­wei­te war der Hau­fen recht locker und zeig­te gleich­mä­ßig hel­le Sterne.

Mitt­ler­wei­le stand das Som­mer­drei­eck schon rela­tiv hoch am Him­mel, so dass ich zum Ring­ne­bel Mes­sier 57 rüber­schwenk­te. Mit dem 7mm X‑Cel Oku­lar von Celestron war sehr schön die Ring­form des Pla­ne­ta­ri­schen Nebels erkenn­bar. Selbst hel­le und dunk­le­re Struk­tu­ren im Ring waren sicht­bar. Das nächs­te Objekt war Mes­sier 4, unser am nächs­ten gele­ge­ner Kugel­stern­hau­fen im Stern­bild Skor­pi­on. Der Stern­hau­fen war bereits gut auf­ge­löst und stand mit dem Skor­pi­on im Meri­di­an. Erstaun­lich war der rela­tiv dunk­le Him­mels­hin­ter­grund in die­ser Höhe. Die Lich­ter­glo­cken von Cott­bus und Lüb­ben­au waren Dank der tro­cke­nen Luft nicht so stark aus­ge­prägt wie sonst. So konn­te ich selbst den Pfei­fen­ne­bel in der Bul­ge der Milch­stra­ße mit blo­ßem Auge erken­nen, der momen­tan noch dicht über dem süd­öst­li­chen Hori­zont stand. Erstaun­lich! Als letz­tes Objekt nahm ich dann den Kugel­hau­fen Mes­sier 80 aufs Korn.

Die Sommermilchstraße über dem östlichen Horizont

Die Som­mer­milch­stra­ße mit ihrer Bul­ge über dem öst­li­chen Horizont

Gegen 2:30 Uhr war dann auch die letz­te Auf­nah­me­se­rie von M 101 im Kas­ten. Wäh­rend ich noch Dun­kel­bil­der auf­nahm, pack­te ich in Ruhe die Aus­rüs­tung zusam­men und brach dann kurz nach 3 Uhr mor­gens – Soeben hat­te die Mor­gen­däm­me­rung ein­ge­setzt – in Rich­tung Hei­mat auf.

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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