Nachdem ich es in unserer 1. Beobachtungsnacht auf Tivoli erstmal ruhig angehen lassen wollte – vor allem um den südlichen Sternenhimmel kennen zu lernen – wollte ich in der 2. Nacht endlich aufs ganze gehen und meine AstroTrac aufbauen. Schon einige Wochen vor meiner Reise nach Namibia hatte ich Bedenken, den südlichen Himmelspol nicht zu finden. Schließlich besitzt der Südhimmel keinen markanten Polarstern wie der Nordhimmel. Aber ein Artikel von Jan Hattenbach in seinem Blog, wo er über seine fotografischen Ergebnisse mit der AstroTrac in Chile berichtete, stimmte mich hoffnungsvoll. Nun sollte es also auch für mich am Südhimmel ernst werden.
An unserem Beobachtungsplatz angekommen, baute ich erstmal das leichte Carbonstativ in der Nähe unserer Beobachtungsplattform auf und nivellierte es mit einer Wasserwaage. Anschließend schraubte ich den Videoneiger und die AstroTrac mit dem Kugelkopf aufs Stativ. Ich brauchte ein Weile, um das Sternenmuster des Oktanten über dem südlichen Horizont zu erkennen. Vom Kreuz des Südens ausgehend, zeigt die Verlängerung der langen Achse des Kreuzes und die senkrechte Linie von der Mitte der Verbindungslinie zwischen Alpha und Beta Centauri (die so genanten Zeigersterne) direkt auf den Himmelssüdpol. Dort sollte sich ein Sternenmuster 5. Größenklasse befinden, das die Form eines Hausdaches oder Raute aufweist. Ich musste eine Sternenkarte zur Hilfe nehmen, um das Dreieck des Oktanten zu identifizieren. Unterhalb des kleinen Sternbilds Paradiesvogel (Apus), befindet sich die Spitze dieses langgezogenen rechtwinkligen Dreiecks. Nun ungefähr ein Drittel der Verbindungslinie zwischen Delta und Beta Octantis sollte das Sternenmuster theoretisch zu finden sein. Und tatsächlich war es relativ leicht zu sehen – kein Wunder unter dem dunklen Sternenhimmel Tivolis. Nun musste ich das Sucherfernrohr auf das Sternenmuster ausrichten, was sich aber gar nicht so einfach gestaltete. Mit etwas hin und her schwenken des Neigekopfes, hatte ich Sigma und Chi Octantis schließlich im Blickfeld des Suchers. Für die folgenden Nächte, so nahm ich mir vor, werde ich den Verkippungswinkel des Videoneigers nicht mehr verändern, da ein kurzer horizontaler Schwenk das Sternenmuster stets ins Blickfeld des Sucherfernrohrs bucksieren sollte. Und tatsächlich benötigte ich in den darauffolgenden Nächten nur noch knapp 5 Minuten, um die AstroTrac einzusüden. Die Nivelierung des Stativs dauerte dagegen deutlich länger. Als Beschwerung für das Stativ, und als Ablage für den Timer, benutze ich Uwes kleine Reisetasche. Auch die Befürchtung, dass das Stativ zu wacklig und zu leicht für die Astrotrac sei, bestätigte sich glücklicherweise nicht. Ich konnte mit mittleren Brennweiten 7 Minuten lang belichten und verwacklungsfreie Bilder aufnehmen.
Als erstes Motiv stellte ich das Kreuz des Südens mit dem Kohlensack ein. Der weiter westlich gelegene Eta Carinae Nebel und die beiden Zeigersterne Alpha und Beta Centauri im Osten zeigten sich ebenfalls im Gesichtsfeld des Canon EF 28 mm f/2.8 Objektivs. Leider hatte ich etwas Probleme mit dem Kugelkopf, denn für das Einstellen des Motivs musste ich mich regelrecht verbiegen und fast auf dem Boden entlang kriechen. Schließlich befand sich die Kamera auf den Kopf stehend mit dem Display nach unten. Auf diese Weise den richtigen Ausschnitt zu finden, gestaltete sich als ziemliche Herausforderung. So kam es auch, dass ich wohl aus Versehen an den Fokusring des Objektivs gelangte, so dass sich der Fokuspunkt etwas verstellte. Das bemerkte ich aber erst, als ich zu Hause die Bilder von der Speicherkarte sicherte. Auf dem Kameradisplay schien noch alles in Ordnung. So war die erste Belichtungsreihe mehr oder weniger verdorben. Glücklicherweise überprüfte ich, nach der 1. Belichtungsreihe, den Fokus noch einmal, so dass die Bilder der anderen Belichtungsreihen stets scharf waren.
Als zweites Motiv dieser Nacht wählte ich die Bulge unserer Milchstraße zwischen den beiden Sternbildern Schütze und Skorpion. Die Bulge passte genau ins Gesichtsfeld des 28 mm Objektivs. Auf dem Foto sind außerdem noch zahlreiche Deep-Sky Objekte erkennbar, die ich an den Folgeabenden noch mit größerer Brennweite aufnahm.
Das dritte Foto ist mir, wie ich finde, wohl am besten in dieser Nacht gelungen. Es zeigt vollständig das Sternbild Skorpion mit zahlreichen Dunkelnebeln und HII-Regionen. Als bemerkenswertestes Detail auf dem Bild sind wohl hier die hellen Wasserstoff- und Reflexionsnebel um den Hauptstern Antares zu nennen. Der einzige Unterschied zwischen den beiden anderen Bildern besteht darin, dass ich hier einen Weichzeichner vom Typ Cokin P820 verwendete. Die Farben der hellen Sterne treten hier besonders deutlich hervor.
Nach unserem reichen Beobachtungsprogramm mit dem 12,5 Zöller, blieb ich dann noch bis kurz vor Sonnenaufgang am Platz. Ich wollte die Morgendämmerung genießen und einige Stimmungsaufnahmen anfertigen. Schließlich sollte die Mondsichel kurz nach 5 Uhr Uhr morgens über dem Osthorizont erscheinen. Zusammen mit dem deutlich sichtbaren Zodiakallicht und dem Morgenstern Venus, ergab sich ein wunderschöner Anblick des Osthimmels. Das Zodiakallicht machte sich schon kurz nach 3 Uhr morgens bemerkbar, als deutlich pyramidenförmige Aufhellung über dem Osthorizont. Es störte sogar etwas die Beobachtung schwächerer Galaxien in dieser Richtung. Je weiter es auf die Morgendämmerung zuging, desto deutlich sichtbarer wurde es. Die Spitze des Kegels reichte fast bis zur Zenitregion empor. Von dort aus zog sich eine visuell gut sichtbare Lichtbrücke bis in Richtung zum Milchstraßenzentrum, was um 4 Uhr morgens schon im Westen lag.
Als die Venus über dem Osthorizont erschien, wirkte sie wie ein entfernter Autoscheinwerfer, der plötzlich angeknipst wurde. Aufgrund der steilen Ekliptiklage am Morgenhimmel, gewann unser Schwesterplanet sehr schnell an Höhe. Da ich meine Belichtungsreihe beendete hatte, holte ich meine EOS 600D hervor und machte einige Stimmungsaufnahmen vom morgendlichen Sternenhimmel. Das Kreuz des Südens mit dem Kohlensack war schon kurz vor dem Untergehen und kratzte schon am Nordwesthorizont entlang. Die beiden Magellanschen Wolken befanden sich nun zusammen über dem Südhorizont. Die Kleine Wolke erreichte dabei schon eine stattliche Höhe. Schließlich erreichte die mächtige Zodiakallichtpyramide kurz vor Beginn der astronomischen Dämmerung ihr Helligkeitsmaximum. Das diffuse Licht der Sonne, dass an Staubteilchen in unserem Sonnensystem gestreut wurde, warf einen sichtbare Schatten auf eine helle Fläche. Ich konnte den Schattenriss meiner Hand an einem weiß lackierten Sternwartengebäude erkennen. Später, als die helle Morgendämmerung schon deutlicher vorangeschritten war, ging auch die schmale Mondsichel über der Savanne Namibias auf. Dabei lag die Sichel des abnehmenden Mondes regelrecht am Horizont. Die Öffnung der Sichel zeigte nach oben. Faszinierend auch der Anblick des Zentrums unserer Milchstraße im Westen, das sogar noch in der nautischen Dämmerung auffiel und erst kurz vor Beginn der bürgerlichen Dämmerung schließlich verblasste.
Langsam aber sicher erwachten auch die Natur von der nächtlichen Ruhe. Ich packte meine Ausrüstung ein und machte mich auf den Weg zu unserer Lodge und war schon gespannt, was die kommende Nacht bringen wird.
Hallo Andreas,
vielen Dank für Deine Berichte und Bilder.
Fünf Links habe ich auf meine Routen-Seite gesetzt:
http://www.josef-graef.de/sterne/bedeckungen/namibia.html
Viele Grüße,
Josef