Beobachten unter Freunden: Rückblick auf das 26. HTT

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Vom 18. bis 21. Sep­tem­ber 2025 fand das 26. Herz­ber­ger Tele­s­kop­tref­fen in Jeß­nigk (Land­kreis Elbe-Els­ter) statt. An die­sem Wochen­en­de tra­fen sich wie­der hun­der­te Stern­freun­de aus nah und fern, um gemein­sam zu beob­ach­ten und zu fach­sim­peln. Das Wet­ter prä­sen­tier­te sich durch­aus freund­lich mit guten Beob­ach­tungs­be­din­gun­gen am Tag und durch­wach­se­nen in der Nacht. Auch in die­sem Jahr waren vie­le Stern­freun­de schon eini­ge Tage vor­her ange­reist. Bei­de Wie­sen auf dem Gelän­de waren des­halb zum offi­zi­el­len Beginn des Tref­fens am Don­ners­tag bereits mit astro­no­mi­scher Aus­rüs­tung, Zel­ten und Wohn­wa­gen gut gefüllt.

Drohnenaufnahme
Droh­nen­auf­nah­me des Jeß­nig­ker HTT-Gelän­des am Samstagnachmittag

Der Platz­hirsch auf dem 26. HTT war ein Dobson mit einem Spie­gel­durch­mes­ser von 81 cm. Auf­fäl­lig war die gro­ße Anzahl von Wohn­mo­bi­len und zum Cam­ping umge­bau­ten PKWs. Auch der har­te Kern unse­rer HTT-Beob­ach­ter­trup­pe, die „Süd­kur­ve”, hat­te sich an unse­rem tra­di­tio­nel­len Stand­ort auf der gro­ßen Wie­se plat­ziert. Dies­mal waren auch Ingo und sein Jüngs­ter nach zwei Jah­ren Abs­ti­nenz wie­der vor Ort, was mich sehr freu­te. Ingo hat in den letz­ten Jah­ren sei­ne Pri­vat­stern­war­te zu Hau­se wei­ter aus­ge­baut und wid­met sich der Spek­tro­sko­pie und Aste­ro­iden. Neben Uwe aus Chem­nitz, Jörg und Ste­phan aus Dres­den war auch unser Tele­sko­pe­samm­ler Ste­fan und die Mül­lers als Tages­gäs­te vor Ort. Uwe aus Fins­ter­wal­de, der der­zeit eine eige­ne Pri­vat­stern­war­te plant, soll­te erst am Sams­tag­mit­tag zur Süd­kur­ve hinzustoßen.

Beobachterwiese
Die gro­ße Beob­ach­ter­wie­se war mit tele­sko­pi­scher Aus­rüs­tung gut gefüllt

Auf­grund des durch­wach­sen­den Wet­ters am Don­ners­tag reis­te der Autor die­ser Zei­len erst am Frei­tag­mit­tag an. Denn die Nacht davor war wol­kig mit ein­zel­nen Wol­ken­lü­cken, durch die hin und wie­der auch mal ein Blick auf die Ster­ne mög­lich war. Die Son­ne war der Star an die­sem Wochen­en­de: bei war­mer Wit­te­rung und nahe­zu wol­ken­lo­sen Him­mel, der nur von ein­zel­nen Zir­ren getrübt wur­de, zei­get sie zahl­rei­che gro­ße und struk­tur­rei­che Son­nen­fle­cken. Auch im H‑Al­pha-Licht prä­sen­tier­te sich unser Zen­tral­stern über­aus pro­tu­ber­an­zen­reich mit zahl­rei­chen Fackel­ge­bie­ten. Ich beob­ach­te­te sie mit mei­nem Sky­wat­cher Evo­star 100ED, das mit einem Her­schel­keil aus­ge­stat­tet war, sowie mit dem Coro­na­do PST H‑Al­pha-Tele­skop.

Equipment
Mei­ne Aus­rüs­tung am Frei­tag­nach­mit­tag an der Südkurve

Ich hat­te auch in die­sem Jahr wie­der am HTT-Sky­gui­de mit­ge­ar­bei­tet und war daher natür­lich über die Venus­be­de­ckung durch die Mond­si­chel am Frei­tag­nach­mit­tag von 14:07 Uhr bis 15:20 Uhr gut infor­miert. Ste­phan nahm den Ein- und Aus­tritt der Venus auf Video auf. Über­ra­schend kon­trast­arm prä­sen­tier­te sich die abneh­men­de Mond­si­chel am hel­len Tag­him­mel im Tele­skop. Man muss­te schon genau hin­schau­en, um unse­ren Erd­tra­ban­ten zu ent­de­cken. Ansons­ten begeis­ter­te Ste­phan mit sei­nem für die Astro­fo­to­gra­fie opti­mier­ten und selbst ent­wor­fe­nen New­ton-Tele­skop, des­sen Haupt­spie­gel sich per Motor ver­stel­len ließ. Er war die gan­ze Zeit des Tref­fens mit Test­auf­nah­men und der Opti­mie­rung sei­ner Aus­rüs­tung beschäftigt.

Venusbdeckung & Halo
Venus­be­de­ckung durch den Mond und Hal­o­er­schei­nung durch Zir­rus­be­wöl­kung auf dem 26. HTT © Ste­phan Sadow­ski, Ste­fan Schnelle

Lei­der fan­den die für das HTT obli­ga­to­ri­schen Vor­trä­ge nur am Frei­tag statt, sodass Besu­cher, die erst am Sams­tag anreis­ten, leer aus­gin­gen. Am Stand­ort der Els­ter­land-Stern­war­te zeig­te Ste­fan Simon jedem Inter­es­sier­ten die Venus­be­de­ckung durch ein Fern­glas und ein Tele­skop. Anschlie­ßend fand der schon zur Tra­di­ti­on gewor­de­ne „Work­shop Bild­be­ar­bei­tung” mit Mar­tin Fied­ler statt. Auch der Vor­trag von Uwe Pilz mit dem Titel „Die Objek­te des Nacht­him­mels“ ist ein fes­ter Bestand­teil des HTT und dient zur Vor­be­rei­tung auf die nächt­li­che Sky­gui­de-Füh­rung durch den Vor­sit­zen­den der Ver­ei­ni­gung der Stern­freun­de. Um 19:00 Uhr hielt Andre­as Jahn vom Pla­ne­ta­ri­um in Frank­furt (Oder) den Vor­trag „Die Geschich­te der Ster­nen­kar­to­gra­phie“. Dafür hat­te der Refe­rent zahl­rei­che Stern­at­lan­ten, die nur noch sel­ten zu bekom­men sind, im Ver­eins­haus ausgelegt.

Elsterland-Sternwarte
Die Els­ter­land-Stern­war­te

In der ers­ten Nacht war es sehr feucht und bis ca. 23 Uhr zeig­ten sich zahl­rei­che Zir­ren am Him­mel. Das hat­te auch Aus­wir­kun­gen auf mei­ne Astro­auf­nah­men des Nord­ame­ri­ka­ne­bel und der Milch­stra­ßen­re­gi­on um den „Nörd­li­chen Koh­len­sack“. Die hohe Bewöl­kung hielt sich recht lan­ge. Auch nach Abzug der Bewöl­kung war der Him­mel nicht ganz dun­kel. Mein SQM‑L zeig­te gegen Mit­ter­nacht ledig­lich 21,05 mag/arcsec² an. Man konn­te eini­ge Stan­dard­ob­jek­te und den Ring­pla­ne­ten Saturn beob­ach­ten, des­sen Ring nahe­zu von der Kan­te aus zu sehen war. Um 3 Uhr in der Früh fuhr ich nach Hau­se und ließ die drei Mon­tie­run­gen ein­gen­or­det an der Süd­kur­ve stehen.

Newtonteleskop
Ste­phan mit sei­nem neu­en Selbstbau-Newtonteleskop

Am Sams­tag­mit­tag war ich wie­der auf dem Platz. Das Ther­mo­me­ter zeig­te gut 28 °C an. Es war son­nig mit Zir­rus­be­wöl­kung. Am frü­hen Nach­mit­tag pro­du­zier­te die­se auch einen hüb­schen halb­kreis­för­mi­gen Bogen ober­halb der Son­ne. Die Zeit ver­trieb man sich mit Fach­sim­pe­lei­en und Stim­mungs­fo­tos. Schlich­te Begeis­te­rungs­stür­me lös­te bei mir der Blick durch einen Sky­wat­cher Helio­star mit 76 mm Optik­durch­mes­ser aus. Die Struk­tu­ren und Fackel­ge­bie­te im 2.800 Euro teu­ren H‑Al­pha-Tele­skop waren ein­fach unbe­schreib­lich. Das Bild war deut­lich kon­trast­rei­cher als das fast dop­pelt so teu­re 60-mm-Lunt und ver­gleich­bar mit dem von Ste­phans „sau­teu­rem“ und von der opti­schen Leis­tung her ein­ma­li­gen H‑Al­pha-Tele­skop.

Handyaufnahme
Sams­tag­nächt­li­che Han­dy­auf­nah­me (Goog­le Pixel 9 Pro) an der Südkurve

Am spä­ten Nach­mit­tag nahm die Bewöl­kung immer mehr zu, was kei­ne guten Vor­aus­set­zun­gen für die kom­men­de Nacht bedeu­te­te. Aus die­sem Grund bau­te ich die Astro­fo­to­aus­rüs­tung ab. Nach­dem wir uns in der H‑Al­pha-Bar mit küh­lem Bier und Gegrill­tem gestärkt hat­ten, war­te­ten wir in der Süd­kur­ve auf bes­se­re Beob­ach­tungs­be­din­gun­gen und tes­te­ten die Astro­fo­to­taug­lich­keit unse­rer Smart­phones. Und tat­säch­lich zeig­te sich kurz nach 23 Uhr, wie von mir vor­her­ge­sagt, eine grö­ße­re Wol­ken­lü­cke, sodass ich mein Tele­skop zur Beob­ach­tung start­klar machte.

Sommermilchstraße
Die Milch­stra­ße mit dem Som­mer­drei­eck nah am Hori­zont am frü­hen Samstagmorgen

In der Zwi­schen­zeit hat­te sich auch ein jun­ger Mann an der Süd­kur­ve ein­ge­fun­den, der Bio­lo­gie auf Lehr­amt stu­dier­te. Ich zeig­te ihm neben dem Saturn im Tele­skop auch eini­ge Stan­dard­ob­jek­te des Herbst­him­mels durch mei­nen 7x50-Fuji­non-Feld­ste­cher. Er war vom Anblick der astro­no­mi­schen Objek­te begeis­tert. Im All­ge­mei­nen waren in die­ser Nacht weni­ger aus­wär­ti­ge Besu­cher anwe­send als in den ande­ren Jah­ren zuvor. War dies dem unbe­stän­di­gen Wet­ter mit Wol­ken in der Nacht geschul­det? Oder hat­te das ande­re Grün­de? Im letz­ten Jahr, zum 25. HTT, hat­ten wir sehr vie­le Gäs­te aus der Umge­bung auf dem Platz und in der Südkurve.

Sonntagmorgen
Auf­gang des Ori­on über der Els­ter­land-Stern­war­te am Sonntagmorgen

Die Nacht von Sams­tag auf Sonn­tag war recht mild und vor allem tro­cken. Nach Mit­ter­nacht war der Him­mel klar genug, sodass die „Mut­zel-Astro­no­mers” auf der Foto­gra­fen­wie­se wei­te­re Deep-Sky-Objek­te foto­gra­fie­ren konn­ten. Zu die­sem Zeit­punkt mach­te ich mit mei­ner Kame­ra einen Rund­gang um den Platz und unter­hielt mich kurz vor mei­ner Heim­rei­se mit Mario. Er ist seit eini­gen Jah­ren fes­tes Mit­glied die­ser Beob­ach­ter­ver­ei­ni­gung auf dem HTT und hat Nami­bia als sein Mek­ka für die Astro­fo­to­gra­fie aus­er­ko­ren. Er war seit rund einer Woche vor Ort. Nach­dem ich die Kame­ra ver­staut hat­te, ver­ab­schie­de­te ich mich vom dies­jäh­ri­gen Tref­fen und fuhr nach Hause.

Beobachterwiese
Blick von der Stern­war­ten­kup­pel auf die gro­ße Beobachterwiese

Lei­der habe ich auch bei die­sem 26. Herz­ber­ger Tele­s­kop­tref­fen alle Vor­trä­ge ver­passt, da es seit Jah­ren offen­bar obli­ga­to­risch ist, kei­ne Laut­spre­cher­durch­sa­gen mehr zu machen. Ver­misst habe ich außer­dem die Astro-Händ­ler, die zwar ange­kün­digt waren, dann aber doch nicht erschie­nen sind. Für das leib­li­che Wohl der Hob­by­as­tro­no­men war natür­lich wie­der gesorgt. Seit ein paar Jah­ren über­neh­men das die Mädels und Jungs von KX-Events Fal­ken­berg. Man konn­te fast durch­gän­gig von 8:00 bis 0:00 Uhr Essen und küh­le Geträn­ke bekom­men. Lei­der macht auch die Gas­tro­no­mie vor der Infla­ti­on nicht halt, sodass die Stern­freun­de für das obli­ga­to­ri­sche Früh­stück oder eine Brat­wurst die­ses Jahr wie­der tie­fer in die Tasche grei­fen mussten.

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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