Objekte des Monats: Der Kugelsternhaufen Messier 75

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Der Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 75 (NGC 6864) befin­det sich im öst­li­chen Bereich des Stern­bilds Schüt­ze (Sagit­ta­ri­us) an der Gren­ze zum Stern­bild Stein­bock (Capri­cor­nus). Er wur­de in der Nacht vom 27. auf den 28. August 1780 von Mes­siers Freund und Kol­le­gen Pierre Méchain ent­deckt und als Nebel ohne Ster­ne beschrie­ben. Charles Mes­sier beob­ach­te­te den Kugel­stern­hau­fen am 5. Okto­ber des­sel­ben Jah­res. Er beschrieb ihn als Nebel mit schwa­chen Ster­nen zwi­schen dem Schüt­zen und dem Kopf des Stein­bocks. Am 18. Okto­ber 1780 beob­ach­te­te Mes­sier den Kugel­stern­hau­fen erneut und nahm ihn schließ­lich in sei­nen berühm­ten Kata­log kome­ten­ähn­li­cher Objek­te auf. Der deutsch-bri­ti­sche Astro­nom Fried­rich Wil­helm Her­schel konn­te den Stern­hau­fen im Jahr 1784 schließ­lich zum ers­ten Mal in sei­ne Ein­zel­ster­ne auf­lö­sen. Her­schel beschrieb ihn als Minia­tur­aus­ga­be von Mes­sier 3. Die­sel­be Beschrei­bung gab er auch für Mes­sier 62 und Mes­sier 70 ab.

Ein weit entfernter Kugelsternhaufen einer anderen Galaxie

Mes­sier 75 hat eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 8,5 mag und einen Durch­mes­ser von 6,8 Bogen­mi­nu­ten. Damit ist der Stern­hau­fen bereits als blas­ser Licht­fleck in jedem han­dels­üb­li­chen Fern­glas sicht­bar. Mit einer Ent­fer­nung von 67.500 Licht­jah­ren zählt das Objekt zu den am wei­tes­ten ent­fern­ten Kugel­stern­hau­fen der Milch­stra­ße und des Mes­sier-Kata­logs. Nur der Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 54 im glei­chen Stern­bild ist noch etwas wei­ter von uns ent­fernt. Eini­ge Quel­len geben sogar eine Ent­fer­nung von 95.000 Licht­jah­ren an. Der 134 Licht­jah­re gro­ße Stern­hau­fen befin­det sich von der Erde aus gese­hen direkt auf der dem Galak­ti­schen Zen­trum abge­wand­ten Sei­te unse­rer Gala­xis, 48.000 Licht­jah­re vom Zen­trum ent­fernt und 30.000 Licht­jah­re unter­halb der galak­ti­schen Ebe­ne. Sei­ne Umlauf­zeit beträgt 400 Mil­lio­nen Jah­re und er kann sich maxi­mal 57.000 Licht­jah­re von unse­rem Son­nen­sys­tem entfernen.

Messier 75
Mes­sier 75 im Schüt­zen – Auf­nah­me von Micha­el Brei­te, Ste­fan Heutz & Wolf­gang Ries, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Ins­ge­samt wur­den in Mes­sier 75 zahl­rei­che ver­än­der­li­che Ster­ne ent­deckt, dar­un­ter 38 RR-Lyrae-Ster­ne, die typisch für Kugel­stern­hau­fen sind, sowie 62 Blaue Nach­züg­ler. 60% der Blau­en Nach­züg­ler hal­ten sich im Kern­ge­biet des Stern­hau­fens auf. M 75 ist sehr metall­arm, was typisch für einen Hau­fen des äuße­ren galak­ti­schen Halos ist. Das bedeu­tet, dass alle Ele­men­te, die schwe­rer als Heli­um sind, eine deut­lich gerin­ge­re Häu­fig­keit als die Son­ne auf­wei­sen, näm­lich etwa 1/19. Auf­grund der gro­ßen Ent­fer­nung und des ver­dich­te­ten Kerns von M 75 ist selbst für grö­ße­re Instru­men­te eine Auf­lö­sung in ein­zel­ne Ster­ne eine Her­aus­for­de­rung. Denn sei­ne hells­ten Ster­ne errei­chen nur eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 14,6 Grö­ßen­klas­sen. Sei­ne abso­lu­te Leucht­kraft wird mit ‑8,5 mag oder 180.000 Son­nen ange­ge­ben. M 75 ist die Hei­mat von rund 400.000 bis 500.000 Ster­nen. Mit der Shap­ley-Sawy­er-Kon­zen­tra­ti­ons­klas­se I gehört M 75 zu den am stärks­ten kon­zen­trier­ten Kugel­stern­hau­fen der Milch­stra­ße. Gleich­zei­tig ist er der kom­pak­tes­te Stern­hau­fen im gesam­ten Messier-Katalog.

Messier 75 Hubble
Die Zen­tral­re­gi­on von Mes­sier 75 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: NASA, ESA, A. Sara­je­di­ni (Uni­ver­si­ty of Flo­ri­da) and G. Piot­to (Uni­ver­si­ty of Padua (Pado­va)), Public domain, via Wiki­me­dia Commons

Wei­te­re Unter­su­chun­gen bele­gen, dass M 75 noch kei­nen Kern­kol­laps erlit­ten hat und der Kugel­stern­hau­fen frü­her ver­mut­lich zu einer Zwerg­ga­la­xie gehör­te. Die­se ver­schmolz vor acht Mil­li­ar­den Jah­ren mit unse­rer Milch­stra­ße. Die Zwerg­ga­la­xie wird als „Gaia-Ence­la­dus-Sau­sa­ge“ bezeich­net und „über­ließ“ unse­rer Milch­stra­ße noch sie­ben wei­te­re Kugel­stern­hau­fen. Mes­sier 75 besitzt einen Gezei­ten­schweif sowie eine retro­gra­de Umlauf­bahn um das galak­ti­sche Zen­trum. Sein Alter wird auf 13 Mil­li­ar­den Jah­re geschätzt.

Beobachtung

Bei guter Hori­zont­sicht und unter einem dunk­len Land­him­mel ist M 75 über­ra­schend leicht in grö­ße­ren Fern­glä­sern und klei­nen Tele­sko­pen zu sehen. Mit einem 7x50 oder 10x50 Feld­ste­cher erscheint der Kugel­hau­fen aller­dings nur als win­zi­ger, kreis­run­der Licht­fleck, der kaum von einem ech­ten Stern zu unter­schei­den ist. In mei­nem Fuji­non-Feld­ste­cher mit 16-facher Ver­grö­ße­rung und 70-mm-Objek­tiv erscheint das Objekt etwas hel­ler und deut­lich flä­chen­haf­ter. Mit einer Öff­nung von 3 bis 4‑Zoll und mitt­le­rer Ver­grö­ße­rung ist eben­falls nur eine blas­se Licht­ku­gel mit einer Aus­deh­nung von 2 bis 3 Bogen­mi­nu­ten und einem hel­le­ren, kom­pak­ten Zen­trum zu erken­nen. Auf­fäl­lig ist ein Stern der 12. Grö­ßen­klas­se, der sich nur vier Bogen­mi­nu­ten süd­öst­lich des Hau­fen­zen­trums befindet.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für Mes­sier 75 – erstellt mit SkytechX

Selbst unter sehr guten Beob­ach­tungs­be­din­gun­gen zei­gen Tele­sko­pe mit 6 bis 8‑Zoll Öff­nung mit abge­wand­tem Blick und hoher Ver­grö­ße­rung nur in den Rand­be­rei­chen des Kugel­stern­hau­fens eine kör­ni­ge Struk­tur. Das Kern­ge­biet des Hau­fens erscheint dabei kno­ten­ar­tig, recht hell und ist von einem schwä­che­ren Halo umge­ben. Das Zen­trum erscheint stern­för­mig. Im öst­li­chen Bereich des Hau­fens ste­hen zwei schwa­che Vor­der­grund­ster­ne. Erst ab einer Öff­nung von 10 bis 12-Zoll und einer höhe­ren Ver­grö­ße­rung von 200-fach gelingt es, Mes­sier 75 am Rand­ge­biet in sei­ne Ein­zel­ster­ne auf­zu­lö­sen. Der Kern­be­reich erscheint dabei sehr hell und kompakt.

Mes­sier 75 ist am bes­ten in den Som­mer­mo­na­ten zu beob­ach­ten, wenn das Stern­bild Sagit­ta­ri­us tief über dem süd­li­chen Hori­zont steht. Der Stern­hau­fen selbst befin­det sich in einer eher stern­ar­men Regi­on des Him­mels im öst­li­chen Teil des Schüt­zen, direkt an der Gren­ze zum Stern­bild Stein­bock. Er befin­det sich auf hal­bem Weg zwi­schen Psi Capri­cor­ni (4,1 mag) und Rho Sagit­ta­rii (3,9 mag) und 7 ½ Grad süd­süd­west­lich von Dabih (Beta Cap, 3,1 mag). Zwi­schen dem Stern­bild Stein­bock und dem Tee­kan­nen-Aste­ris­mus des Schüt­zen befin­det sich ein Ster­nen­drei­eck aus fünf Ster­nen der 5. Grö­ßen­klas­se. Die­ses recht­wink­li­ge Drei­eck stel­len wir in die Sucher­mit­te ein. Nun schwen­ken wir 4° in Rich­tung Nor­den, wo wir auf ein Drei­eck aus 6 mag hel­len Ster­nen tref­fen. M 75 steht 50 Bogen­mi­nu­ten nord­öst­lich die­ses Drei­ecks und soll­te im Sucher bereits als 9 mag hel­ler, unschar­fer Stern erkenn­bar sein.

Auf­such­kar­te Mes­sier 75 (59,3 KiB, 40 hits)

Steckbrief für Messier 75

Daten und Fak­ten für den Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 75 im Schüt­zen (Sagit­ta­ri­us)
Objekt­na­meMes­sier 75
Kata­log­be­zeich­nungNGC 6864, GCL 116, ESO 595-SC13
TypKugel­stern­hau­fen, I
Stern­bildSchüt­ze (Sagit­ta­ri­us)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)20h 06m 04,8s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)-21° 55′ 15″
V Hel­lig­keit8,6 mag
Flä­chen­hel­lig­keit11,0 mag
Win­kel­aus­deh­nung6,8′
Durch­mes­ser134 Licht­jah­re
Ent­fer­nung67.500 Licht­jah­re
Beschrei­bungB,pL,R,vmbMBN,rr; * mags 17…
Ent­de­ckerPierre Méchain, 1780
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 12, 13 & 19
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 65, 66, 77 & 78
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 1385–1386 (Vol III)
Pocket Sky Atlas: Chart 66
Sky Atlas 2000: Chart 23
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 144

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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