Objekte des Monats: Der Kugelsternhaufen Messier 80

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Der Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 80 (NGC 6093), im süd­li­chen Stern­bild Skor­pi­on (Scor­pi­us), wur­de am 4. Janu­ar 1781 von dem fran­zö­si­schen Astro­no­men Charles Mes­sier ent­deckt und in sei­nem berühm­ten Nebel­ka­ta­log auf­ge­nom­men. Er beschrieb den Stern­hau­fen als run­den, stern­lo­sen Nebel mit einem hel­len Zen­trum, das dem Kern eines klei­nen Kome­ten ähnel­te. Nur drei Wochen spä­ter ent­deck­te Mes­siers Freund Pierre Méchain den Kugel­stern­hau­fen unab­hän­gig von ihm. Der deutsch-bri­ti­sche Astro­nom Wil­helm Her­schel war schließ­lich der ers­te Beob­ach­ter, der den Kugel­stern­hau­fen vor dem Jahr 1785 mit sei­nem 20-Fuß-Tele­skop in sei­ne Ein­zel­ster­ne auf­lö­sen konn­te. Er beschrieb M 80 als „einen Kugel­stern­hau­fen aus extrem klei­nen und sehr kom­pri­mier­ten Ster­nen mit einem Durch­mes­ser von etwa 3 bis 4 Minu­ten; in der Mit­te wird er sehr all­mäh­lich viel hel­ler; zum Rand hin sind die Ster­ne deut­lich zu erken­nen und so klein wie nur mög­lich.“ Laut Her­schel ist Mes­sier 80 „einer der reichs­ten und dich­tes­ten Hau­fen klei­ner Ster­ne, die ich je gese­hen habe“.

Ein komprimierter Kugelsternhaufen in reizvoller Umgebung

Mes­sier 80 befin­det sich in der Nähe von Ant­ares, dem Haupt­stern des Stern­bil­des Skor­pi­on. Er liegt in der Ant­ares-Ophiu­chus-Regi­on unse­rer Milch­stra­ße, die auf Him­mels­auf­nah­men reich­lich mit hel­len und dunk­len Wol­ken aus inter­stel­la­rer Mate­rie durch­setzt ist. Das Feld um M 80, beson­ders im Osten und Süden, zeigt eine gro­ße Anzahl die­ser dunk­len und eini­ge hel­le dif­fu­se Nebel. Mit einem schein­ba­ren Durch­mes­ser von 10 Bogen­mi­nu­ten am Him­mel und einer schein­ba­ren Hel­lig­keit von 7,3 Grö­ßen­klas­sen ist der Kugel­stern­hau­fen etwas licht­schwä­cher und klei­ner als ande­re Kugel­stern­hau­fen in Mes­siers berühm­tem Nebel­ka­ta­log. Mit einer Shap­ley-Sawy­er-Kon­zen­tra­ti­ons­klas­se von II gehört M 80 zu den am dich­tes­ten im Zen­trum kon­zen­trier­ten Kugel­stern­hau­fen unse­rer Milch­stra­ße. Mes­sier 4, der sich etwas süd­öst­lich von M 80 befin­det, ist dage­gen nur sehr schwach kon­zen­triert (Kon­zen­tra­ti­ons­klas­se IX). Unter den Kugel­stern­hau­fen gilt M 80 als das nörd­li­che Gegen­stück zu Ome­ga Cen­tau­ri (NGC 5139), dem größ­ten und mas­se­reichs­ten Kugel­stern­hau­fen der Milchstraße.

Messier 80
Mes­sier 80 im Skor­pi­on – Auf­nah­me von Micha­el Brei­te, Ste­fan Heutz & Wolf­gang Ries, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Mes­sier 80 steht in einer Ent­fer­nung von 32.600 Licht­jah­ren vom galak­ti­schen Zen­trum und hat einen wah­ren Durch­mes­ser von 96 Licht­jah­ren. Der Stern­hau­fen ist der­zeit 12.500 Licht­jah­re vom galak­ti­schen Zen­trum ent­fernt. Er umrun­det die­ses auf einer stark geneig­ten Bahn ein­mal in 70 Mil­lio­nen Jah­ren. M 80 ist ein typi­scher Bul­ge-Hau­fen. Er umkreist den zen­tra­len Bul­ge unse­rer Gala­xie und besitzt eine der kür­zes­ten Umlauf­zei­ten aller Kugel­stern­hau­fen in unse­rer Hei­mat­ga­la­xie. Sein ein Alter wird mit 12,54 Mil­li­ar­den Jah­ren ange­ge­ben. Damit ist M 80 nur wenig jün­ger als unse­re Milch­stra­ße. Ins­ge­samt sind in M 80 meh­re­re hun­dert­tau­send Ster­ne kon­zen­triert, deren hells­te Mit­glie­der eine Hel­lig­keit von 13,4 mag errei­chen. Außer­dem besitzt er eine Gesamt­mas­se von 400.000 Sonnen.

Antares Region
Die Ant­ares und Ophiu­chus-Nebel­re­gi­on in den Stern­bil­dern Skor­pi­on und Schlan­gen­trä­ger © Andre­as Schnabel

Das Bemer­kens­wer­tes­te an M 80 ist, dass das Welt­raum­te­le­skop Hub­ble im Jahr 1999 eine unge­wöhn­lich hohe Anzahl von so genann­ten Blau­en Nach­züg­lern (Blue Stragg­lers) im Kern nach­ge­wie­sen hat. Rund 300 die­ser Ster­ne wur­den gefun­den. Der Stern­hau­fen ent­hält etwa dop­pelt so viel die­ser Ster­ne wie in Mes­sier 3 im Stern­bild Canes Vena­ti­ci und auch dop­pelt so vie­le wie in ande­ren Kugel­stern­hau­fen in unse­rer Gala­xis. Dabei han­delt es sich um alte Ster­ne, die durch Kol­li­sio­nen und enge Wech­sel­wir­kun­gen mit Nach­bar­ster­nen jün­ger, blau­er und mas­se­rei­cher erschei­nen und ihre küh­le­re Außen­hül­le ver­lo­ren haben. Ein Grund dafür ist wahr­schein­lich die hohe Stern­dich­te im Zen­trum des Hau­fens. Dort kommt es viel häu­fi­ger zu Ein­fang- und Stern­kol­li­sio­nen. Denn die Dich­te im Zen­trum von M 80 beträgt 5,7 Son­nen­mas­sen pro Kubikparsec.

Nova T Scorpii

Am 21. Mai 1860 ent­deck­te der deut­sche Astro­nom Arthur von Auwers in Ber­lin eine Nova nur 3 Bogen­se­kun­den vom Zen­trum des Kugel­stern­hau­fens ent­fernt. Es war die ers­te Nova über­haupt, die in einem Kugel­stern­hau­fen ent­deckt wur­de. Wei­te­re Novae wur­den bei­spiels­wei­se in M 5, M 14 und M 30 nach­ge­wie­sen. Der „neue Stern“ mit dem Namen T Scor­pii ereich­te eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 7,0 mag und eine abso­lu­te Hel­lig­keit von ‑8,5 Grö­ßen­klas­sen. Damit war die Nova deut­lich hel­ler als Mes­sier 80 selbst und ver­än­der­te über meh­re­re Tage hin­weg das Aus­se­hen des Kugel­hau­fens. Am 16. Juni war die Nova schließ­lich nur noch 10,5 Grö­ßen­klas­sen hell. Bei T Sco han­del­te es sich also um eine „schnel­le Nova“.

Messier 80 HST
Mes­sier 80 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: NASA, Hub­ble, Public Domain, via Wiki­me­dia Commons

Novae ent­ste­hen, wenn ein naher Begleit­stern Was­ser­stoff auf einen aus­ge­brann­ten Wei­ßen Zwerg über­trägt. Ab einer bestimm­ten Mas­sen­kon­zen­tra­ti­on kann die­ser Was­ser­stoff zu einer ther­mo­nu­klea­ren Explo­si­on auf der Ober­flä­che des Wei­ßen Zwergs und zu einem deut­li­chen Hel­lig­keits­an­stieg füh­ren. Die­se Stern­ex­plo­si­on wur­de unab­hän­gig von dem eng­li­schen Astro­no­men Nor­man R. Pogson beob­ach­tet. Es wur­de berich­tet, dass Pogson Anfang 1864 eine erneu­te Auf­hel­lung des Sterns gese­hen habe. Die­se Beob­ach­tung ist jedoch umstrit­ten, da nie­mand sonst die­se Beob­ach­tung bestä­ti­gen konn­te. Neben T Scor­pii wur­den in M 80 nur 10 wei­te­re Ver­än­der­li­che gefun­den. Des Wei­te­ren ent­hält Mes­sier 80 eine gro­ße Anzahl von Radio­pul­sa­ren. Die­se sind von irdi­schen Instru­men­te nur nach­weis­bar, wenn der gebün­del­te Strahl in Rich­tung Erde zeigt.

Beobachtung

Mes­sier 80 ist von Mit­tel­eu­ro­pa aus nicht ein­fach zu beob­ach­ten, da er zu den licht­schwächs­ten Kugel­stern­hau­fen im Mes­sier-Kata­log gehört. Mit ‑23° Dekli­na­ti­on liegt er auch weit süd­lich des Him­mels­äqua­tors. Deut­lich bes­ser ist M 80 auf der Süd­halb­ku­gel der Erde zu beob­ach­ten. Denn in Nami­bia steht er im süd­li­chen Spät­herbst nahe des Zenits. Mit einem klei­nen 8x42 Fern­glas ist von Euro­pa aus bes­ten­falls ein win­zi­ger, run­der Nebel­fleck zu erken­nen. Mit einem 16x70 Feld­ste­cher erscheint er schon deut­lich hel­ler und auf­fäl­li­ger. Beob­ach­tet man aus unse­ren Brei­ten mit Tele­sko­pen von 2,5 bis 3‑Zoll Öff­nung und mitt­le­rer Ver­grö­ße­rung, ist der Stern­hau­fen noch nicht in sei­ne Ein­zel­ster­ne auf­ge­löst. Er erscheint nur als rela­tiv hel­le, run­de und stark gebün­del­te Licht­ku­gel, mit einem deut­lich hel­le­ren, struk­tur­lo­sen Zen­trum, zwi­schen zwei hel­le­ren Ster­nen. Indi­rekt erschei­nen sei­ne Rän­der jedoch leicht gemottelt.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für Mes­sier 80 – erstellt mit SkytechX

Bei 4 bis 6‑Zoll Öff­nung und mitt­le­ren Ver­grö­ße­run­gen um 100-fach erscheint der Rand­be­reich von M 80 bereits leicht kör­nig. Sein Zen­trum erscheint hell, sehr kom­pakt und fast stel­lar. Der Kern prä­sen­tiert sich leicht gelb­lich, die Außen­be­rei­che eher silb­rig. Erst bei 8 bis 10-Zoll Öff­nung und unter guten Bedin­gun­gen tau­chen im Rand­be­reich bei hohen Ver­grö­ße­run­gen lang­sam ein­zel­ne schwa­che Ster­ne auf, die wie Glim­mer wir­ken. Der kom­pak­te und hel­le Kern bleibt unauf­ge­löst und ist von einem dif­fu­sen Nebel mit einem Durch­mes­ser von 5 Bogen­mi­nu­ten umge­ben. Bei sehr hoher Ver­grö­ße­rung erscheint der Kern in drei Tei­le zer­bro­chen. Die Auf­lö­sung des Kugel­stern­hau­fens nimmt mit jeder Öff­nung des Tele­skops wei­ter zu. 12-Zoll gro­ße Reflek­to­ren zei­gen meh­re­re Dut­zend der hells­ten Mit­glie­der der 13. und 15. Grö­ßen­klas­se. Die Umge­bung des Stern­hau­fens ist reich an hel­len Ster­nen, was das Objekt im Stern­feld des Skor­pi­ons visu­ell sehr attrak­tiv macht.

Die bes­te Beob­ach­tungs­zeit für Mes­sier 80 ist von Mai bis Juli, wenn das Stern­bild Skor­pi­on im Süden steht. Mes­sier 80 ist rela­tiv ein­fach zu fin­den. Der Stern­hau­fen befin­det sich im nörd­li­chen Teil des Stern­bil­des Skor­pi­on. Er liegt fast genau in der Mit­te der Ver­bin­dungs­li­nie zwi­schen den hel­len Ster­nen Ant­ares (Alpha Sco, 1,0 mag) und Acrab (Beta Sco, 2,6 mag), etwa 4° nord­west­lich des Haupt­sterns. Um den Kugel­stern­hau­fen zu fin­den, stel­len wir den 2,9 mag hel­len Stern Sig­ma Scor­pii in die Mit­te des Suchers ein. Nun schwen­ken wir das Tele­skop 1 ½ Grad nach Nor­den. Dort befin­det sich ein Stern (Omic­ron Sco) der 5. Grö­ßen­klas­se. Jetzt schwen­ken wir das Tele­skop um ein wei­te­res Grad nach Nord­wes­ten. Dort befin­det sich ein Stern der 7. Grö­ßen­klas­se. Mes­sier 80 ist bereits im Sucher erkenn­bar und befin­det sich nur ein hal­bes Grad nord­west­lich die­ses Sterns.

Auf­such­kar­te Mes­sier 80 (55,6 KiB, 38 hits)

Steckbrief für Messier 80

Daten und Fak­ten für den Kugel­stern­hau­fen Mes­sier 80 im Skor­pi­on (Scor­pi­us)
Objekt­na­meMes­sier 80
Kata­log­be­zeich­nungNGC 6093, GCL 39, ESO 516-SC11 
TypKugel­stern­hau­fen, II
Stern­bildSkor­pi­on (Scor­pi­us)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)16h 17m 02,5s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)-22° 58′ 28″
V Hel­lig­keit7,3 mag
Flä­chen­hel­lig­keit11,0 mag
Win­kel­aus­deh­nung10,0′
Durch­mes­ser96 Licht­jah­re
Ent­fer­nung32.600 Licht­jah­re
Beschrei­bungvB,L,vmbM,rrr,st 14…; Extre­me­ly rich and compressed 
Ent­de­ckerCharles Mes­sier, 1781
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 12, 17 & 18
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 67 & 79
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 1397–1398 (Vol III)
Pocket Sky Atlas: Chart 57
Sky Atlas 2000: Chart 22
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 147

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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